VwGH 2011/17/0124

VwGH2011/17/012414.12.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch sowie Hofrat Dr. Köhler und Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde des M H in T, vertreten durch Dr. Erich Jungwirth, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Trautsongasse 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 26. April 2011, Zl. UVS-1-969/E1-2010, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

GSpG 1989 §2 Abs3;
VStG §5 Abs2;
GSpG 1989 §2 Abs3;
VStG §5 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde über den Beschwerdeführer als handelsrechtlichen Geschäftsführer der F G GmbH in W wegen Übertretung des Glücksspielgesetzes durch die Aufstellung eines Glücksspielautomaten der Marke "Fun-Wechsler" am 7. Juni 2010 am Standort einer Tankstelle in Hohenems eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.000,-- und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 15 Stunden verhängt.

Die belangte Behörde legte ausführlich dar, weshalb es sich beim "Fun-Wechsler" um einen Glücksspielautomaten im Sinne des § 2 Abs. 3 Glücksspielgesetz - GSpG handle.

Soweit hier von Interesse führte die belangte Behörde weiters aus, der Beschwerdeführer habe vorgebracht, er sei auf Grund des Sachverständigengutachtens P. der Meinung gewesen, dass es sich beim "Fun-Wechsler" nicht um einen Glücksspielautomaten im Sinne des Glücksspielgesetzes handle und dass damit auch keine Ausspielungen im Sinne des Glücksspielgesetzes erfolgten. Er habe sich daher auf den Schuldausschließungsgrund des Rechtsirrtums nach § 5 Abs. 2 VStG berufen. Die Auskunft gebende Stelle sei kompetent gewesen, zumal der Sachverständige P. nicht nur als privater Gutachter tätig sei, sondern auch als Amtssachverständiger, insbesondere in Niederösterreich.

Dem sei entgegenzuhalten, dass dem Beschwerdeführer als dem Geschäftsführer eines Unternehmens u.a. für den Betrieb von Glücksspielautomaten folgende zwei Umstände hätten bewusst sein müssen: Es falle nicht in die Zuständigkeit des Sachverständigen die Rechtsfrage, ob der "Fun-Wechsler"-Apparat ein Glücksspielautomat im Sinne des Glücksspielgesetzes sei oder nicht, zu beantworten; hinsichtlich dieser Frage hätte sich der Beschwerdeführer mit der zuständigen Behörde in Verbindung setzen müssen. Zum anderen sei die Unvollständigkeit der Beschreibung des Spielvorganges in der "Sachverständigenstellungnahme" P. für jeden Betreiber eines solchen Apparates offensichtlich. Das Gutachten übergehe die wesentliche Tatsache, dass durch das Drücken der Taste "Kaufen" nicht nur die Melodie oder ein Euro-Betrag zwischen 2 und 20 Euro (z.B. mit einem Ein-Euro-Einsatz) "gekauft" werde, sondern dass gleichzeitig auch wieder der Vorgang zur Beleuchtung einer Zahl oder eines Musiknotensymbols neu durchgeführt werde und der Spieler damit die Chance gewinne, durch den Einwurf einer weiteren Euro-Münze wieder einen Gewinn eines Geldbetrages zwischen 2 und 20 Euro zu realisieren. Ebenso verschweige das Gutachten die Tatsache, dass der Spieler das Abspielen der Musikstücke nicht abwarten müsse, sondern den Lichterkranz gleich wieder in Bewegung setzen könne. Der "wahre wirtschaftliche Gehalt" einer solchen Verwendung des Apparates sei der, dass der Spieler in rascher Abfolge Ein- oder Zwei-Euro-Münzen einsetzen könne:

a) Werde in der Folge eine Zahl beleuchtet, realisiere er den Geldgewinn durch den Einsatz einer weiteren Euro-Münze und setze damit gleichzeitig den Lichterkranz für das nächste Spiel in Bewegung.

b) Werde das Notensymbol beleuchtet, habe er den bereits eingesetzten Euro verloren und setze durch den Einsatz einer weiteren Euro-Münze den Lichterkranz für das nächste Spiel in Bewegung - hoffend, dass diesmal das Licht auf eine Zahl falle und er damit den der Zahl entsprechenden Geldbetrag gewinne, wobei er zur Realisierung des Gewinnes lediglich wieder eine Euro-Münze einzusetzen habe.

Auf ein in seinem Befund so offensichtlich unvollständiges Gutachten hätte der Beschwerdeführer nicht vertrauen dürfen. Er hätte Zweifel an der Richtigkeit dieses Gutachtens haben müssen, sodass ihn das Vorliegen dieses Gutachtens nicht entschuldigen könne. Lediglich der Vollständigkeit halber werde darauf hingewiesen, dass auch europarechtliche Gesichtspunkte der gegenständlichen Bestrafung nicht entgegenstünden. Dies schon deswegen, weil es im gegenständlichen Verfahren im Gegensatz zu den Urteilen des EuGH vom 9. September 2010 in der Rechtssache C- 64/08 (Engelmann) und vom 6. März 2007 in der Rechtssache C- 338/04 u.a. (Placanica) nicht um den Betrieb einer Spielbank, sondern um den verbotenen Betrieb eines einzelnen Automaten außerhalb einer Spielbank gehe. Dementsprechend habe auch der Beschwerdeführer nie behauptet, eine Spielbank betreiben zu wollen.

Weiters sei auf folgende Aussage des EuGH-Urteils Placanica (Rn. 69) hinzuweisen:

"… ein Mitgliedsstaat darf keine strafrechtlichen Sanktionen wegen einer nicht erfüllten Formalität verhängen, wenn er die Erfüllung dieser Formalität unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht abgelehnt oder vereitelt hat."

Im konkreten Fall dürfte der Beschwerdeführer dann nicht bestraft werden, wenn nur der fehlende Unternehmenssitz im Inland gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 GSpG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 111/2010 das Hindernis für die Erlangung einer Konzession durch das Unternehmen, dessen Geschäftsführer der Beschwerdeführer sei, gewesen wäre.

Tatsächlich hätten die Betreiber des gegenständlichen Glücksspielautomaten (eine GmbH in Deutschland und eine GmbH in Wien) aber schon deswegen keine Konzession nach § 21 GSpG erlangen können, weil sie nicht das - nach dem Urteil Engelmann grundsätzlich zulässige - Erfordernis der Rechtsform einer Aktiengesellschaft erfüllten. Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle ausgeführt, dass die genannten Betreiber des Glücksspielautomaten ebenso wenig das nunmehr maßgebliche Erfordernis einer "Kapitalgesellschaft mit Aufsichtsrat" im Sinne des § 21 Abs. 2 Z 1 GSpG in der Fassung nach der Novelle BGBl. I Nr. 111/2010 erfüllten.

Im Weiteren wurden Ausführungen zur Strafhöhe getätigt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit in der Beschwerde die Eigenschaft des hier gegenständlichen Apparates der Marke "Fun-Wechsler" als Glücksspielautomat bestritten wird, ist gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe der hg. Erkenntnisse vom 28. Juni 2011, Zl. 2011/17/0068, und vom 20. Juli 2011, Zl. 2011/17/0136, zu verweisen. Aus den dort genannten Gründen trifft die Qualifikation der belangten Behörde zu, dass ein Glücksspielautomat im Sinne des § 2 Abs. 3 GSpG vorliegt.

Zu den geltend gemachten unionsrechtlichen Bedenken ist auf das bereits genannte hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2011, Zl. 2011/17/0068, das über eine Beschwerde der Gesellschaft deren Geschäftsführer der Beschwerdeführer ist, erging, zu verweisen. Aus den dort genannten Gründen trifft die von der belangten Behörde gezogene Schlussfolgerung zu, dass Unionsrecht im Beschwerdefall nicht der Anwendung der von der belangten Behörde herangezogenen Regelungen des Glücksspielgesetzes entgegensteht.

Betreffend die weiteren Ausführungen, es liege eine Inländerdiskriminierung des Beschwerdeführers vor, wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 15. September 2011, Zl. 2011/17/0200, verwiesen. Aus den dort angestellten Überlegungen ist auch aus den in diesem Zusammenhang in der Beschwerde vorgetragenen Argumenten für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts zu gewinnen.

Soweit in der Beschwerde das Vorliegen eines Verbotsirrtums gemäß § 5 Abs. 2 VStG geltend gemacht wird, ist auf die eingehende Begründung der belangten Behörde zu verweisen. Wenn im Gutachten P. ungeachtet der (dem Beschwerdeführer auch bekannten) Tatsache, dass ein Betrag von bis zu 20 Euro lukriert werden kann, die Aussage getroffen wird, dass es sich nicht um einen Glücksspielautomaten handle, stellt diese Aussage ohne nähere Erläuterung eine bloße Rechtsbehauptung dar, deren mangelnde Begründung auch dem Beschwerdeführer hätte auffallen müssen. Gutachten, deren Schlussfolgerungen in derart eklatanter Weise unschlüssig sind, sind nicht geeignet, einen entschuldbaren Verbotsirrtum zu begründen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juli 2011, Zl. 2011/17/0136). Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. Februar 2006, Zl. 2005/17/0195, dargelegt hat, ist gerade dann, wenn bewusst eine Konstruktion gewählt wird, mit der die rechtlichen Möglichkeiten bis zum Äußersten ausgereizt werden sollen, eine besondere Sorgfalt hinsichtlich der Erkundigung über die Rechtslage an den Tag zu legen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 7. Oktober 2010, Zl. 2006/17/0006).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 14. Dezember 2011

Stichworte