VwGH 2011/17/0200

VwGH2011/17/020015.9.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, Hofrat Dr. Köhler und Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde der SW in F, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Vorarlberg vom 3. Juni 2011, Zl. UVS- 1-700/E3-2010, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (weitere Partei: Bundesministerin für Finanzen), zu Recht erkannt:

Normen

EURallg;
EURallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem mit ihr in Kopie vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 6. Juli 2010 wurde die Beschwerdeführerin der Verwaltungsübertretung schuldig erkannt, es als Inhaberin des Lokals D Cafe Gisingen zu verantworten zu haben, dass in diesem Lokal der Glücksspielautomat "Fun-Wechsler" (ohne Nummer), der dem Glücksspielmonopol unterliege, außerhalb einer Spielbank zugänglich gemacht worden sei, indem dieses Gerät im Lokal der Beschwerdeführerin links neben dem Eingang aufgestellt gewesen sei und von jedermann hätte benutzt werden können. Bei dem Gerät handle es sich um einen Geldspielautomaten mit Wechselfunktion, der einen Gewinn bis zu EUR 20,-- pro Einzelfall erlaube, wobei der Einsatz je Spiel EUR 1,-- betrage.

Die Beschwerdeführerin habe dadurch § 52 Abs. 1 Z. 5 in Verbindung mit § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 2 und 3, § 3 und § 4 Abs. 2 Glücksspielgesetz verletzt.

Über die Beschwerdeführerin wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.000,--, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt.

Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG wurden EUR 100,-- vorgeschrieben.

Auf Grund der Berufung der Beschwerdeführerin erging der angefochtene Bescheid, mit dem die belangte Behörde die Berufung als unbegründet mit der Maßgabe abwies, dass der erste Satz der Tatumschreibung zu lauten habe: "Sie haben als Inhaberin des Lokals D Cafe Gisingen in F in diesem Lokal den Glücksspielautomaten 'Fun-Wechsler' (ohne Nummer), der dem Glücksspielmonopol unterliegt, außerhalb einer Spielbank zugänglich gemacht, indem Sie zuließen, dass dieser Automat in Ihrem Lokal aufgestellt wurde und von jedermann benützt werden konnte."

Die Übertretungsnorm bzw. die Strafnorm ergänzte die belangte Behörde jeweils um das Zitat "BGBl Nr 620/1989, idF BGBl I Nr 126/2008". Gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG wurde der Beschwerdeführerin ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20 % der über sie verhängten Strafe, somit EUR 200,--, vorgeschrieben.

Begründend gab die belangte Behörde zunächst das Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Berufung wieder und stellte die Funktionsweise des gegenständlichen "Fun-Wechslers" sowie die Rechtslage nach dem Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 126/2008, dar. Beim gegenständlichen "Fun-Wechsler"-Apparat handle es sich nach Auffassung der belangten Behörde um einen Glücksspielautomaten im Sinne des § 2 Abs. 3 GSpG (in der genannten Fassung). Dass mit dem Apparat auch das Wechseln von Geldscheinen in Euromünzen bewerkstelligt werden könne, sei unerheblich. Es genüge, dass mit dem Apparat jedenfalls auch ein Glücksspiel durchgeführt werden könne. Es sei unstrittig, dass der Spieler keinerlei Einfluss darauf habe, ob nach dem Einwurf einer Euromünze in den Apparat das Musiknotenzeichen aufscheine oder eine bestimmte Zahl. Die Entscheidung über Gewinn und Verlust werde unstrittigerweise durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung durch den Apparat selbst, also nicht zentralseitig, herbeigeführt. Es liege somit eine Ausspielung mittels eines Glücksspielapparates im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG vor. Der Fun-Wechsler-Apparat führe die Entscheidung über Gewinn und Verlust selbsttätig herbei und folge den Gewinn selbsttätig aus. Es handle sich bei ihm somit um einen Glücksspielautomaten im Sinn des § 2 Abs. 3 des Glücksspielgesetzes.

In der Folge setzte sich die belangte Behörde mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit dem hg. Erkenntnis vom 12. März 2010, Zl. 2010/17/0017, zu einem ähnlichen Gerät auseinander und kam zum Schluss, dass die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Unterschiede zwischen dem in dem damaligen Erkenntnis und dem im nunmehrigen Beschwerdefall zu beurteilenden Apparat für die Qualifikation als Glücksspielapparat nicht maßgeblich seien.

Das Glücksspielgesetz enthalte keine Regelung, welche die Durchführung des gegenständlichen Glücksspiels vom Glücksspielmonopol des Bundes ausnähme. Insbesondere komme auch nicht die Ausnahme nach § 4 Abs. 2 GSpG zum Tragen, weil die vermögensrechtliche Leistung des Spielers den Betrag von EUR 0,50 übersteige (Hinweis auf § 4 Abs. 2 Z 2 GSpG). Unstrittig sei weiters, dass der gegenständliche Apparat außerhalb einer Spielbank betrieben worden sei und dass die Beschwerdeführerin keine Bewilligung zum Betrieb des Apparats nach dem Glücksspielgesetz habe. Die Beschwerdeführerin habe somit den Tatbestand der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG verwirklicht. Dass sie an der Verletzung der gegenständlichen Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe, habe sie nicht glaubhaft gemacht.

Die belangte Behörde behandelte sodann eingehend die von der Beschwerdeführerin angesprochenen Gutachten zum fehlenden Glücksspielcharakter der auf dem Gerät angebotenen Spiele.

Europarechtliche Gesichtspunkte stünden der Bestrafung nicht entgegen, weil im gegenständlichen Verfahren im Gegensatz zu den Urteilen des EuGH vom 9. September 2010, Rs C-64/08 , Engelmann, und vom 6. März 2007 in der Rechtssache C- 338/04 u.a., Placanica und andere, nicht um den Betrieb einer Spielbank, sondern um den verbotenen Betrieb eines einzelnen Automaten außerhalb einer Spielbank gehe. Dementsprechend habe auch die Beschwerdeführerin nie behauptet, eine Spielbank betreiben zu wollen. Abschließend wird auf Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofes vom 1. März 2010, B 1531/10, B 1473/10, B 1474/10, B 1475/10 und B 1476/10, hingewiesen, mit welchen der Verfassungsgerichtshof die Behandlung von Beschwerden, in denen es um die Beschlagnahme von Fun-Wechsler-Apparaten gegangen sei, abgelehnt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Verletzung im Recht, nicht bestraft zu werden, wenn die Beschwerdeführerin keine Norm übertreten habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit in der vorliegenden Beschwerde die Eigenschaft des Apparats "Fun-Wechsler" als Glücksspielautomat bestritten wird, kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe im hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2011, Zl. 2011/17/0068, verwiesen werden. Aus den dort angeführten Gründen ist die belangte Behörde zutreffend davon ausgegangen, dass ein Gerät mit den von ihr festgestellten Funktionen ein Glücksspielautomat im Sinne des (im Beschwerdefall nach dem Tatzeitpunkt maßgebenden) § 2 Abs. 3 GSpG in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2008 ist und insbesondere die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Unterschiede gegenüber jenem Gerät, welches im hg. Erkenntnis vom 12. März 2010, Zl. 2010/17/0017, zu beurteilen war, für diese Qualifikation nicht relevant sind. Auch der in der Beschwerde gezogene Vergleich mit Rabattaktionen von Möbelhäusern ("2 + 1 gratis") ändert an dieser Beurteilung nichts. Abgesehen davon, dass die Nichtanwendung des Gesetzes gegenüber anderen Personen für die Beurteilung der korrekten Rechtsanwendung im Beschwerdefall nicht ausschlaggebend ist, besteht der Unterschied zu den angesprochenen Rabattaktionen jedenfalls darin, dass bei diesen jeder Kunde in den Genuss der Zusatzleistung kommt und der beim sog. "Fun-Wechsler" vorgeschaltete Schritt, bei dem auf Grund des vom Spieler nicht beeinflussbaren Ablaufs im Apparat eine Note oder eine Zahl aufscheint, wegfällt. Wie weit die in der Beschwerde weiters genannten Gewinnaktionen eines bestimmten Möbelhauses darüber hinaus uU bereits den Charakter von Glücksspielen aufweisen, ist im Hinblick auf die angesprochene Rechtslage, derzufolge die Beschwerdeführerin aus der allfälligen Nichtanwendung des Gesetzes gegenüber anderen Personen keine Rechte für sich ableiten kann, nicht näher zu untersuchen.

In der Beschwerde wird weiters unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH (insbesondere in den Urteilen vom 9. September 2010, Rs C-64/08 , Engelmann, und vom 8. September 2010, Rs C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a.) ausgeführt, dass auch angesichts des Umstandes, dass die Beschwerdeführerin österreichische Staatsbürgerin sei und man von einem reinen Inlandssachverhalt ausgehen müsste, "der Beschwerdeführer (gemeint: die Beschwerdeführerin) bei Nichtanwendbarkeit der Artikel 43 und 49 (nunmehr Art. 49 und56 AEUV) an den verfassungsgesetzlich gezogenen Rahmen in Österreich verwiesen" sei. Hiezu ist festzustellen, dass die Frage der Inländerdiskriminierung nur dann relevant ist, wenn eine nationale Umsetzungsregelung oder der Vorrang des Gemeinschaftsrechts zu einer Differenzierung zwischen EU-Bürgern und Inländern führt. Da dies - wie ebenfalls in dem bereits genannten Erkenntnis vom 28. Juni 2011, Zl. 2011/17/0068, dargelegt - für Sachverhalte wie dem im Beschwerdefall gegebenen jedoch nicht der Fall ist, ist es hier nicht entscheidend, welche Konsequenz die Annahme der Anwendbarkeit der verfassungsrechtlichen Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes zum Grundverkehrsrecht auch auf den vorliegenden Zusammenhang hätte. Hinzuweisen ist allerdings darauf, dass dem österreichischen Verfassungsrecht die Rechtsfolge der Nichtanwendbarkeit innerstaatlicher Rechtsvorschriften im Falle ihrer Verfassungswidrigkeit fremd ist. Eine Nichtanwendung von geltenden Vorschriften des Glücksspielgesetzes aus verfassungsrechtlichen Gründen käme daher selbst unter der Annahme des Vorliegens einer Unionsrechtswidrigkeit, die zu einer Inländerdiskriminierung führen würde, nicht in Betracht. Es kommt lediglich die verfassungskonforme Interpretation oder aber die Antragstellung eines Gerichts an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 89 undArt. 140 B-VG in Betracht. In diesem Zusammenhang ist überdies mit der belangten Behörde auf die von ihr im angefochtenen Bescheid genannten Ablehnungsbeschlüsse des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen.

Soweit in der Beschwerde darauf hingewiesen wird, dass "die durch die EuGH-Judikatur hervorgerufene Inländerdiskriminierung" in Österreich am Gleichheitssatz zu messen sei, ist überdies hervorzuheben, dass für die Frage der Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten nicht der Verwaltungsgerichtshof, sondern der Verfassungsgerichtshof zuständig ist (vgl. Art. 133 Z 1 B-VG in Verbindung mit Art. 144 Abs. 1 B-VG).

Soweit in der Beschwerde unter dem Gesichtspunkt des mangelnden Verschuldens geltend gemacht wird, dass sich die Beschwerdeführerin auf die Gutachten gerichtlich beeideter Sachverständiger hätte verlassen können, ist ebenfalls gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des bereits genannten hg. Erkenntnisses vom 28. Juni 2011, Zl. 2011/17/0068, zu verweisen.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Wien, am 15. September 2011

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