VwGH 2010/11/0224

VwGH2010/11/022428.4.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde der Dr. H A in W, vertreten durch Dr. Eike Lindinger, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Wickenburggasse 26/5, gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien (im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vertreten durch Foidl Trappmaier Rechtsanwälte in 1030 Wien, Ungargasse 53) vom 3. Dezember 2008, Zl. B 10/08-5/080514, Arzt Nr.: 11311, betreffend Zurückweisung einer Berufung iA Ratenzahlung iZm. Wohlfahrtsfondsbeiträgen (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §59 Abs1;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §59 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Ärztekammer für Wien Aufwendungen in Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach Ausweis der Verwaltungsakten stellte die Beschwerdeführerin mit an den Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien gerichtetem Schreiben vom 7. Juli 2005 einen Antrag auf Gewährung einer Ratenzahlung von monatlich EUR 100,--.

In Erledigung dieses Antrags erging an die Beschwerdeführerin eine als "Bescheid" bezeichnete Erledigung des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds vom 10. Oktober 2005 mit folgendem Wortlaut (auszugsweise):

"Der Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien hat aufgrund seines Beschlusses vom 07.07.2005 in seiner Sitzung am 13.09.2005 beschlossen:

1. Der Antrag vom 07.07.2005 auf Begleichung des aushaftenden Fondsbeitrages für das Jahr 1999 in monatlichen Raten zu je EUR 100,-- wird abgewiesen.

2. Der Verwaltungsausschuss bewilligt die Begleichung der aushaftenden Fondsbeiträge 1999 und 2004 in monatlichen Raten zu je EUR 500,-- unter der Bedingung, dass der Beitragsrückstand zur ehemaligen Todesfallbeihilfe und zur Krankenunterstützung in der Höhe von EUR 3.835,22 beglichen wird und die Einkommensunterlagen des Jahres 2000 für die Berechnung des Fondsbeitrages für 2003 binnen 3 Wochen ab Zustellung des Bescheides übermittelt werden. Wahlweise …. . Für den Fall, dass diese Raten nicht eingehalten werden, werden die aushaftenden Beiträge sofort fällig gestellt.

B e g r ü n d u n g

……

Aufgrund der Aktenlage wird folgender Sachverhalt festgestellt:

Der Verwaltungsausschuss hat hiezu Folgendes erwogen:

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

… "

Eine dagegen gerichtete Beschwerde (Berufung) wurde vom Beschwerdeausschuss des Wohlfahrtsfonds mit Bescheid vom 28. Juni 2006 abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Mit an den Verwaltungsausschuss gerichtetem Schreiben vom 12. September 2007 stellte die Beschwerdeführerin den Antrag, der Wohlfahrtsfonds möge die Höhe ihrer Beitragszahlungen zum Wohlfahrtsfonds zur Begleichung der Beitragsrückstände bis einschließlich 2006 sowie einschließlich zukünftiger Beitragsjahre ab 2007 pauschal auf monatlich EUR 500,-- gesamt sohin auf EUR 6.000,-- pro Jahr, beginnend mit 1. Jänner 2008, festsetzen.

Daraufhin erging folgende mit 11. Dezember 2007 datierte Erledigung des Verwaltungsausschusses zum Betreff "Ansuchen um Ratenvereinbarung; Ihr Schreiben vom 12. September 2007":

"Sehr geehrte Frau Kollegin,

der Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien hat sich mit Ihrem Schreiben vom 12. September 2007 in seiner Sitzung am 03. November 2007 befasst und Ihr Ratenansuchen abgelehnt

Dies aus folgenden Gründen:

Der Wohlfahrtsfonds ist eine Versorgungseinrichtung, deren vorrangiger Zweck die finanzielle Versorgung der Fondsmitglieder selbst sowie ihrer anspruchsberechtigten Hinterbliebenen (Witwe(r)/Waisen) im Alter und für den Fall der Invalidität oder des Todes ist.

Zumal dieser verstärkte Versicherungsschutz für Sie und Ihre allfälligen Hinterbliebenen jedenfalls, selbst in Zeiten des Zahlungsverzuges in voller Höhe vom Wohlfahrtsfonds aufrecht erhalten wird, erscheint es dem Verwaltungsausschuss durchaus angemessen, dass hiefür auch die entsprechenden Beiträge innerhalb eines angemessenen Zeitraumes eingezahlt werden.

Dass der Verwaltungsausschuss die Erkenntnisse der höchstgerichtlichen Verfahren abwartet, was praktisch einer mehrjährigen Stundung gleichkommt, stellt bereits ein weitgehendes Entgegenkommen dar.

Aus den genannten Gründen werden jene Fondsbeiträge, hinsichtlich derer keine Verfahren mehr anhängig sind, fällig gestellt."

Die dagegen gerichtete Beschwerde (Berufung) wurde vom Beschwerdeausschuss des Wohlfahrtsfonds mit Bescheid vom 3. Dezember 2008 zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, bei der Erledigung des Verwaltungsausschusses vom 11. Dezember 2007 handle es sich um keinen Bescheid.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1.1. Im Beschwerdefall geht es ausschließlich um die Frage, ob die erstbehördliche Erledigung vom 11. Dezember 2007 als Bescheid zu qualifizieren ist, weil bei Bejahen dieser Frage die mit dem angefochtenen Bescheid - auf Basis der Auffassung, es handle sich dabei nicht um einen Bescheid - vorgenommene Zurückweisung der Berufung rechtswidrig wäre.

1.2. Die erstbehördliche Erledigung ist nicht als Bescheid bezeichnet und enthält auch keine Rechtsmittelbelehrung.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinn auch aus der Form der Erledigung, ergeben. Wiedergaben einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen und dergleichen können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinn des § 58 Abs. 1 AVG gewertet werden (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom 7. September 2005, Zl. 2005/12/0141 mwN, sowie das hg. Erkenntnis vom 9. September 2009, Zl. 2008/10/0252).

1.3. Mangelt es - wie im Beschwerdefall - der dem Verfahren zu Grunde liegenden erstbehördlichen Erledigung an der für Bescheide vorgesehenen Form, muss deutlich erkennbar sein, dass die Behörde dennoch den - objektiv erkennbaren - Willen hatte, mit der Erledigung gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Regelung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit zu treffen. Bei Zweifeln über den Inhalt kommt auch der sonstigen Form der Erledigung entscheidende Bedeutung zu, wie etwa dem Gebrauch von Höflichkeitsfloskeln. Aus einer solchen Form einer Erledigung ist eher darauf zu schließen, dass kein Bescheid, sondern eine nicht normative Willenserklärung oder eine bloße Wissenserklärung vorliegt (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 19. Dezember 2001, Zl. 2001/12/0053 mwN). Angesichts des Umstands, dass die in Rede stehende erstbehördliche Erledigung mit einer für Bescheide des Verwaltungsausschusses gänzlich untypischen Anrede ("Sehr geehrte Frau Kollegin,") eingeleitet ist, keinerlei Bezugnahme auf Rechtsvorschriften enthält und auch in ihrem Aufbau nicht mit dem sonstiger bescheidförmiger Erledigungen des Verwaltungsausschusses übereinstimmt (wie der Vergleich mit dem oben wiedergegebenen Bescheid vom 10. Oktober 2005 zeigt), kann jedenfalls nicht gesagt werden, dass sich aus Inhalt und Form der in Rede stehenden erstbehördlichen Erledigung vom 11. Dezember 2007 unmissverständlich und unzweifelhaft ergäbe, dass der Verwaltungsausschuss damit einen normativen Abspruch über den Antrag der Beschwerdeführerin treffen wollte.

1.4. Die Zurückweisung des von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid erhobenen Rechtsmittels mangels Vorliegens eines bekämpfbaren Bescheids erweist sich mithin nicht als rechtswidrig, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

1.5. Von der Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

2. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 28. April 2011

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