Normen
ASVG §111 Abs1 Z1;
ASVG §111 Abs2;
ASVG §33 idF 2007/I/037;
VStG §20;
VStG §21;
VStG §5 Abs1;
ASVG §111 Abs1 Z1;
ASVG §111 Abs2;
ASVG §33 idF 2007/I/037;
VStG §20;
VStG §21;
VStG §5 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er sei als handelsrechtlicher Geschäftsführer der G GmbH, welche persönlich haftende Gesellschafterin der G GmbH & Co KG in B sei, somit als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der G GmbH & Co KG dafür verantwortlich, dass dieses Unternehmen als Dienstgeber vier namentlich und mit dem Geburtsdatum bezeichnete Personen, bei welchen es sich um vollversicherte pflichtversicherte Personen handle, am 14. Mai 2009 um 15.30 Uhr in L beschäftigt und diese Personen nicht vor Arbeitsantritt zur Pflichtversicherung als vollversicherte Personen bei der Vorarlberger Gebietskrankenkasse angemeldet habe.
Er habe dadurch in vier Fällen die Bestimmungen des § 111 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 33 Abs. 1 und § 471a ASVG verletzt und es wurde über ihn wegen dieser Verwaltungsübertretungen gemäß § 111 Abs. 2 ASVG jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.180,-- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 146 Stunden) verhängt.
Die belangte Behörde stellte fest, dass die G GmbH & Co KG unter anderem ein Catering betreibe. Dieses Unternehmen habe als Dienstgeber am 14. Mai 2009 um 15.30 Uhr - wie anlässlich einer zu diesem Zeitpunkt durchgeführten Kontrolle durch die KIAB festgestellt worden sei - an einer näher angegebenen Adresse bei einem Cateringevent vier namentlich und mit dem Geburtsdatum bezeichnete Personen beschäftigt; drei dieser Personen seien ab dem 14. Mai 2009 um 9.00 Uhr beschäftigt worden, eine weitere Person ab dem 13. Mai 2009.
Diese Personen seien von der G GmbH & Co KG nicht vor Arbeitsantritt bei der Vorarlberger Gebietskrankenkasse zur vollversicherten Pflichtversicherung angemeldet worden, obwohl es sich bei diesen vier Personen um vollversicherungspflichtige Personen gehandelt habe. Sie seien erst am 14. Mai 2009 um
16.33 Uhr bzw. 16.42 Uhr bei der Vorarlberger Gebietskrankenkasse gemeldet worden.
Das Bruttogehalt der Dienstnehmer IB und BÖ, die jeweils am 14. Mai 2009 acht Stunden beschäftigt worden seien, habe EUR 114,40 betragen; MF sei vom 13. Mai 2009 bis 15. Mai 2009 beschäftigt worden, wobei das Bruttogehalt EUR 343,20 betragen habe. RÖ sei am 14. und 15. Mai 2009 beschäftigt worden, das Bruttogehalt habe EUR 228,80 betragen.
Der Beschwerdeführer sei handelsrechtlicher Geschäftsführer der G GmbH, welche persönlich haftende Gesellschafterin der G GmbH & Co KG sei.
Dieser Sachverhalt sei vom Beschwerdeführer nicht bestritten worden.
Nach Darlegung der anzuwendenden Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde aus, es stehe fest, dass der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegten Taten in objektiver Hinsicht erfüllt habe. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen sei festzuhalten, dass das den beschäftigten Personen für einen Arbeitstag im Durchschnitt gebührende Entgelt die Geringfügigkeitsgrenze nach § 5 Abs. 2 Z. 1 ASVG überstiegen habe, weshalb für diese Personen eine Versicherungspflicht nach § 33 Abs. 1 in Verbindung mit § 471a ASVG bestanden habe.
Hinsichtlich der subjektiven Tatseite sei auf § 5 Abs. 1 VStG hinzuweisen, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genüge, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimme. Dem Einwand des Beschwerdeführers, die Buchhalterin, die die Meldungen hätte machen müssen, sei auf einer Fortbildungsveranstaltung gewesen, worüber seine Mitarbeiter vor Ort keine Kenntnis gehabt hätten, sei entgegen zu halten, dass es am Beschwerdeführer gelegen gewesen wäre, ein entsprechendes Kontrollsystem einzurichten, das sichergestellt hätte, dass Verletzungen von Verstößen gegen das ASVG vermieden werden. Mit seinem Vorbringen habe der Beschwerdeführer das Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems nicht glaubhaft gemacht.
Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde aus, dass der zweite Strafrahmen des § 111 Abs. 2 ASVG heranzuziehen sei, weil der Beschwerdeführer eine einschlägige Vorstrafe aufweise. Schutzzweck der Norm sei es sicherzustellen, dass versicherungspflichtig beschäftigte Personen auch im gesetzlich vorgesehenen Ausmaß sozialversichert werden und die Sozialversicherungsbeiträge rechtzeitig und vollständig abgeführt werden. Diesem Schutzzweck sei im vorliegenden Fall in nicht unerheblichem Ausmaß zuwider gehandelt worden. Als Verschuldensform werde Fahrlässigkeit angenommen; Erschwerungs- bzw. Milderungsgründe seien keine hervorgekommen. Unter Würdigung des Sachverhaltes erachte die belangte Behörde die von der Erstbehörde festgesetzte Strafe, bei der es sich um die gesetzliche Mindeststrafe handle, als schuld- und tatangemessen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.
Die Pflichtversicherung (Vollversicherung) fallweise beschäftigter Personen (§ 471b ASVG) tritt gemäß § 471c ASVG nur ein, wenn das dem Dienstnehmer im betreffenden Beitragszeitraum für einen Arbeitstag im Durchschnitt gebührende Entgelt den nach § 5 Abs. 2 Z 1 ASVG geltenden Betrag übersteigt.
Gemäß § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.
Gemäß § 111 Abs. 2 ASVG ist die Ordnungswidrigkeit nach § 111 Abs. 1 ASVG von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von EUR 730,-- bis EUR 2.180,--, im Wiederholungsfall von EUR 2.180,-- bis EUR 5.000,-- (bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen).
2. Die Beschwerde stellt das Vorliegen des objektiven Tatbestands der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Übertretungen nicht in Abrede. Sie rügt jedoch, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die belangte Behörde zur Ansicht gelange, der Beschwerdeführer habe das Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems nicht glaubhaft gemacht. "Sämtliche Aufgaben wie insbesondere das Anmelden von Arbeitnehmern" würden von der Buchhalterin des Unternehmens erledigt. Die Buchhalterin habe ihr Büro im Hauptsitz des Unternehmens, weshalb sie gewöhnlich immer vor Ort sei und sich somit unproblematisch darum kümmern könne und dies auch mache. Dies sei auch sämtlichen Mitarbeitern "des Beschwerdeführers" bekannt. Probleme seien bis zum gegenständlichen Vorfall nicht aufgetreten, wobei das Unternehmen seit dem Jahr 1980 bestehe. Es könne somit dem Beschwerdeführer nicht angelastet werden, dass das von ihm eingerichtete Kontrollsystem nicht ausreiche.
Zu diesem Vorbringen ist zunächst festzuhalten, dass der Beschwerdeführer in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid kein Vorbringen im Hinblick auf das Bestehen eines Kontrollsystems erstattet hat. In der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde am 11. Juni 2010 hat der Beschwerdeführer dazu wörtlich Folgendes angegeben:
"Es war damals eine unglückliche Verknüpfung von Umständen, dass es zu gegenständlichem Sachverhalt gekommen ist. Früher haben wir die Anmeldungen nur über das Buchhaltungsbüro direkt erledigt. Inzwischen haben sich seit dem gegenständlichen Vorfall folgende Veränderungen ergeben:
Die verantwortlichen Mitarbeiter im jeweiligen Lokal haben die entsprechenden Faxunterlagen mit der Adresse von der in Linz zuständigen Stelle. Jeder dieser Verantwortlichen kann die entsprechende Unterlage nunmehr selbst ausfüllen oder diese im erforderlichen Umfang abändern und dann abschicken. Die frühere Vorgangsweise war komplizierter und hat Fehler nicht verhindert.
Damals hätte Frau (D) als Buchhalterin die Meldung machen müssen. Sie war aber am gegenständlichen Tag nicht im Büro, sondern auf einer Fortbildungsveranstaltung. Deshalb ist die Meldung durch sie nicht erfolgt, während die Mitarbeiter auf der Messe der Meinung waren, sie sei im Büro und würde die Meldung entsprechend erstatten. Frau (D) hatte keine Abwesenheitsnotiz aktiviert, daher konnte die vorher erwähnte Mitarbeiterin bei der Messe deren Abwesenheit nicht erkennen. Es hätte Frau (D) damals alle vier hier gegenständlichen Mitarbeiter anmelden müssen.
Frau (D) ist damals erst am Nachmittag wieder aus der erwähnten Fortbildungsveranstaltung zurückgekommen."
Die Meldepflichten gemäß § 33 ASVG treffen grundsätzlich den Dienstgeber; dieser kann jedoch gemäß § 35 Abs. 3 ASVG die Erfüllung der ihm nach den §§ 33 und 34 ASVG obliegenden Pflichten auf Bevollmächtigte übertragen. Name und Anschrift dieser Bevollmächtigten sind unter deren Mitfertigung dem zuständigen Versicherungsträger bekannt zu geben. Eine derartige Übertragung der Meldepflicht auf die vom Beschwerdeführer genannte Buchhalterin wurde weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde behauptet. Es lag damit weiterhin am Beschwerdeführer, für die ordnungsgemäße Erstattung der Meldungen Sorge zu tragen.
Bei Ungehorsamsdelikten - um solche handelt es sich bei den dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nach § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG - verlangt die in § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG verankerte widerlegliche Schuldvermutung zu Lasten des Täters, dass dieser von sich aus sein mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1997, Zl. 97/03/0215). Dazu hätte es der Darlegung bedurft, dass er im Betrieb ein wirksames Kontrollsystem eingerichtet hat, sodass er unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten konnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. November 2009, Zl. 2008/03/0176).
Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers hat er lediglich die Aufgabe, die in dem von ihm vertretenen Unternehmen beschäftigten Dienstnehmer zur Sozialversicherung anzumelden, an eine Mitarbeiterin delegiert und offensichtlich darauf vertraut, dass diese Mitarbeiterin sich um die Meldungen "kümmern" werde. Er hat damit nicht einmal im Ansatz das Bestehen eines Kontrollsystems dargelegt, durch das hätte verhindert werden können, dass Dienstnehmer vor durchgeführter Meldung zur Sozialversicherung ihre Tätigkeit aufnehmen. Dass die faktisch gepflogene Vorgangsweise bei der Anmeldung von Dienstnehmern Fehler nicht verhindern konnte, hat der Beschwerdeführer in der Verhandlung vor der belangten Behörde eingeräumt und wird auch durch das Vorliegen einer einschlägigen Vorstrafe belegt.
3. Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, die belangte Behörde habe übersehen, dass dem Schutzzweck der Norm nicht zuwider gehandelt worden sei, jedenfalls nicht in erheblichem Ausmaß. Die Dienstnehmer seien jeweils nur für ein bis drei Tage beschäftigt und "auch sonst (abgesehen von der Beschäftigung beim Beschwerdeführer) anderweitig sozialversichert" gewesen. Auch seien die Sozialversicherungsbeiträge vom Beschwerdeführer anschließend abgeführt und die Anmeldung vorgenommen worden. Jedenfalls hätte die belangte Behörde von einem geringfügigen Verschulden und unbedeutenden Folgen der Übertretung ausgehen müssen. Demgemäß hätte die Mindeststrafe unterschritten werden können bzw. wäre ein Vorgehen nach § 21 VStG geboten gewesen.
Dazu ist festzuhalten, dass der Schutzzweck der übertretenen Norm nicht bloß darauf gerichtet ist, die Pflichtversicherung für die Beschäftigten sicherzustellen. Wesentlicher Zweck der - vor Arbeitsantritt zu erfüllenden - Meldepflicht gemäß § 33 ASVG in der Fassung des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 2007, BGBl. I Nr. 37/2007, ist die Bekämpfung der Schwarzarbeit (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 77 BlgNR 23. GP, 3). Dieser Zweck würde konterkariert, wenn im Falle einer Anmeldung - und Entrichtung der Beiträge - kurz nach Betretung bei einer Kontrolle jedenfalls unter Anwendung des § 20 VStG eine Herabsetzung der Strafe unter die Mindeststrafe zu erfolgen hätte oder - unter Anwendung des § 21 VStG - überhaupt von der Verhängung einer Strafe abzusehen wäre. Es kann daher dem Beschwerdeführer nicht darin gefolgt werden, dass dem Schutzzweck nicht in erheblichem Ausmaß zuwider gehandelt worden sei. Auch das Bestehen einer - auf Grund einer Beschäftigung bei einem anderen Dienstgeber allenfalls gegebenen - Pflichtversicherung für die beschäftigten Dienstnehmer ändert nichts am Verschulden des Beschwerdeführers an den ihm vorgeworfenen Übertretungen.
Der belangten Behörde kann daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie nicht von der Möglichkeit des Absehens von der Strafe gemäß § 21 VStG oder einer Unterschreitung der Mindeststrafe gemäß § 20 VStG Gebrauch gemacht hat.
4. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, dass keine einschlägige Vorstrafe vorliege, steht dies nicht im Einklang mit den vorgelegten Verwaltungsakten, nach denen über den Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft B vom 2. Oktober 2008 eine Bestrafung wegen einer Übertretung des § 111 Abs. 1 in Verbindung mit § 33 Abs. 1 ASVG ausgesprochen wurde (Geldstrafe von EUR 730,--, Ersatzfreiheitsstrafe von 112 Stunden).
5. Unter dem Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer schließlich, die belangte Behörde habe es unterlassen, Feststellungen zu treffen bzw. Erhebungen zu tätigen, ob die beim Beschwerdeführer beschäftigten Personen auch anderweitig sozialversichert sind. Wie bereits ausgeführt, kommt es für die Beurteilung des Verschuldens des Beschwerdeführers an den ihm vorgeworfenen Übertretungen (ebenso wie für das Vorliegen des objektiven Tatbildes der Übertretungen) nicht auf das Bestehen einer weiteren Pflichtversicherung der beschäftigten Personen an, sodass die belangte Behörde auch nicht gehalten war, dazu Feststellungen zu treffen.
6. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Von der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 27. April 2011
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