VwGH 2010/07/0096

VwGH2010/07/009628.4.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. Sulzbacher und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde der Gemeinde G, vertreten durch Saxinger, Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Europaplatz 7, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 22. April 2010, Zl. Wa-2010-602518/9-Mül/Ka, betreffend wasserrechtliche Bewilligung und wasserpolizeilicher Auftrag, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §39 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §10 Abs2;
WRG 1959 §138 Abs2;
WRG 1959 §32;
WRG 1959 §34 Abs1;
AVG §39 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §10 Abs2;
WRG 1959 §138 Abs2;
WRG 1959 §32;
WRG 1959 §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin betreibt ohne wasserrechtliche Genehmigung drei Brunnen auf Grundstücken in ihrem Eigentum. Ein Brunnen auf dem Grundstück Nr. 2352, KG G, versorgt die Volksschule. Der zweite Brunnen auf demselben Grundstück befindet sich unmittelbar neben der Mehrzweckhalle auf einem für den öffentlichen Straßenverkehr zugänglichen Vorplatz und wird als Entnahmebrunnen für eine Grundwasserwärmepumpe, für die Versorgung der Sanitär- und Küchenräumlichkeiten der Halle und für die Räumlichkeiten des Musikvereins und der Feuerwehr genützt. Der dritte Brunnen auf dem Grundstück Nr. 2505, KG G, versorgt das Gemeindeamt, den Kindergarten, eine "Einliegerwohnung" und den öffentlichen Brunnen vor dem Gemeindeamt. Die Trinkwasserqualität wird einmal jährlich überprüft, wobei die Befunde weitgehend unauffällig sind.

Mit Bescheid vom 17. März 2008 erteilte die Bezirkshauptmannschaft U (BH) der Beschwerdeführerin gemäß § 138 Abs. 2 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) den Auftrag, entweder die derzeit betriebenen Wasserversorgungsanlagen bis zum 30. Juni 2008 einzustellen oder bis zu diesem Zeitpunkt um die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Wasserentnahme unter gleichzeitiger Vorlage der erforderlichen Projektsunterlagen anzusuchen. Die Beschwerdeführerin betreibe die Anlagen ohne Genehmigung gemäß § 10 Abs. 2 WRG 1959.

Mit Schreiben vom 20. Mai 2008 ersuchte die Beschwerdeführerin um die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für die gegenständlichen Anlagen. Weil dem Ansuchen keine Projektsunterlagen beigelegt waren, wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, diese nachzureichen; die beigezogenen Amtssachverständigen lehnten aus Gründen des Gesundheitsschutzes eine Fristverlängerung des wasserpolizeilichen Auftrages ab.

Mit Schreiben vom 24. Juni 2008 erläuterte der von der Beschwerdeführerin für die Ausarbeitung der Projektunterlagen kontaktierte Zivilingenieur W. F., dass hinsichtlich der technischen Ausführung der Brunnenanlagen der Stand der Technik erreicht werden könne, aber im verbauten Einzugsgebiet der Anlagen ein den heutigen Anforderungen und Richtlinien gerecht werdendes Schutzgebiet praktisch kaum umsetzbar sein dürfte. Für die Erstellung eines vollständigen Einreichprojektes seien die Ergebnisse des Behördenortsaugenscheins abzuwarten.

Beim Ortsaugenschein vom 29. Juli 2008 erstellten die Amtssachverständigen für Hydrologie und Hygiene gemeinsam ein Gutachten. Dabei hielten sie fest, dass für eine Trinkwasserversorgungsanlage, die dem Stand der Technik entsprechen solle, die Einrichtung eines Schutzgebietes zu fordern sei. Für die Brunnen seien auf Grund bestehender Gefahrenpotentiale im engeren Zustrombereich dem heutigen Stand der Technik entsprechende Schutzgebiete kaum einrichtbar bzw. wäre zum Zweck der Beherrschung der Gefahrenpotentiale jegliche weitere örtliche Entwicklung in diesem Bereich unterbunden. Aus fachlicher Sicht sei der wasserpolizeiliche Auftrag dahingehend abzuändern, dass bis zum 31. Dezember 2009 von der Beschwerdeführerin bei der BH ein taugliches wasserrechtliches Einreichprojekt für eine öffentliche Trink- und Nutzwasserversorgungsanlage der Gemeinde einzureichen sei, welches jedenfalls die Wasserversorgungsanlage für das Gemeindeamt, den Kindergarten, die Volksschule und die Mehrzweckhalle mit einbeziehen müsse. Bis zur Umsetzung dürfe das über die bestehenden Anlagen bezogene Wasser nicht als Trinkwasser verwendet werden. Die Auslässe seien dauerhaft mit der Aufschrift "Kein Trinkwasser" zu kennzeichnen. Bei Einhaltung der Vorgaben, insbesondere des Verbotes der Nutzung als Trinkwasser, sei die sofortige Einstellung der Grundwassernutzung nicht erforderlich.

Mit Stellungnahme vom 4. August 2008 hielt die Beschwerdeführerin fest, dass die Objekte immer aus den gleichen Versorgungsanlagen, die bis zu 50 Jahre alt seien, mit einwandfreiem Trinkwasser versorgt worden seien. Dies wisse auch die Behörde und es sei bei Neubauten nie ein Problem für deren Inbetriebnahme gewesen. Die Wasserqualität werde ständig überprüft und es sei immer einwandfreies Trinkwasser in sämtlichen Gebäuden angeboten worden. Ebenso seien keinerlei Erkrankungen der Kinder oder anderer Personen in dieser Zeit bekannt. Es könne daher von einer hochqualitativen und unbedenklichen Wasserversorgung ausgegangen werden. Schließlich gebe es im Ort keine andere Art der Wasserversorgung; sämtliche Hausbrunnen seien Kleinanlagen, welche das Trinkwasser aus dem Grundwasserstrom bezögen. Die Wasserqualität sei einwandfrei, da hier eine oberflächliche Verschmutzung nicht möglich sei.

Bei einem weiteren Ortsaugenschein am 19. August 2008 erstattete der sanitätspolizeiliche Amtssachverständige Befund und Gutachten, in dem er festhielt, dass dann, wenn eine wasserrechtliche Bewilligung der Brunnenanlagen für Trinkwasserzwecke auf Grund der nicht vorhandenen Schutzgebiete nicht möglich sei, die Qualitätsanforderungen an Trinkwasser (definiert in der Trinkwasserverordnung) nicht erfüllt seien.

Mit Schreiben vom 24. September 2008 ersuchte die BH verschiedene Stellen des Amtes der Landesregierung um ergänzende gutachterliche Stellungnahme dahingehend,

"1. ob bzw unter welchen Voraussetzungen die gegenständlichen Brunnenanlagen der Gemeinde G genehmigungsfähig sind

2. sollte dies - entsprechend den bisherigen Ergebnissen - am Schutzgebiet scheitern, ersuchen wir um Klarstellung, wieso eine Schutzgebietsfestsetzung für die Brunnenanlagen nötig, aber nach den Gegebenheiten nicht möglich ist und wieso mit alternativen Maßnahmen (z.B. UV-Anlagen o.ä.) nicht das Auslangen gefunden werden kann.

3. ob der wasserpolizeiliche Auftrag vom 17. März 2008 aus fachlicher Sicht aufrecht zu erhalten ist und - wenn ja - ob eine vorläufige Fristerstreckung bis 31. Dezember 2009 aus fachlicher Sicht vertretbar ist."

Mit Schreiben vom 8. Oktober 2008 beantwortete der Amtssachverständige für Hygiene, Dr. T. E., die Anfrage der BH. Zur ersten Frage verwies er auf das Kapitel "Codexkapitel B1 TRINKWASSER" des vom Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend herausgegebenen Österreichischen Lebensmittelbuches, worin die hygienischen Anforderungen an Trinkwasser detailliert dargestellt seien. Aus fachlicher Sicht ergebe sich, dass für eine Trinkwasserversorgungsanlage, die dem Stand der Technik und des Wissens entsprechen solle, ein Schutzgebiet nach hydrogeologischen Gesichtspunkten zu fordern sei. Insbesondere, wenn das Wasser ein hohes Risiko gegenüber Außeineinflüssen aufweise, stellten Wasseruntersuchungsergebnisse ohne Vorliegen eines Schutzgebietes nur Momentaufnahmen dar, die keine zuverlässige prognostische Aussagekraft über die Wasserqualität böten. Die Verkürzung der Untersuchungsintervalle reduziere nicht das Verunreinigungsrisiko. Die Untersuchungsintervalle könnten realistischerweise nicht so eng gesetzt werden, dass damit Erkrankungen vermieden werden könnten. Daher seien Wässer ohne Schutzvorkehrungen wegen des bestehenden Verunreinigungsrisikos nicht für Trinkzwecke geeignet.

Zur zweiten Frage führte der Sachverständige aus, dass UV-Anlagen in der Lage seien, mikrobiologische Verunreinigungen zu beseitigen; keine Schutzwirkung bestehe gegenüber chemischen Verunreinigungen. Natives Wasser sei aufbereitetem Wasser vorzuziehen, das entsprechend vor Verunreinigung geschützt sei. UV-Anlagen (oder andere zulässige Aufbereitungsmaßnahmen) seien erst dann einzusetzen, wenn die Maßnahmen eines Schutzgebietes nicht ausreichten, um eine entsprechende Wasserqualität zu sichern. Schließlich stehe bezüglich der dritten Frage fest, dass in der bestehenden Situation für die Wasserspender ein Verunreinigungsrisiko bestehe, das die Wässer als nicht für Trinkzwecke geeignet erscheinen lasse. Aus hygienischer Sicht sei sicherzustellen, dass die geförderten Wässer wegen des Verunreinigungsrisikos nicht für Trinkzwecke genutzt würden.

Mit Schreiben vom 10. November 2008 erstattete der Amtssachverständige für Hydrologie, Dipl. Ing. K. W., ebenfalls eine gutachterliche Stellungnahme zu den im Schreiben vom 24. September 2008 gestellten Fragen. Zu Frage 1 führte der Sachverständige zusammenfassend aus, dass im Falle der Beschwerdeführerin die Gefahrenpotentiale nicht bzw. nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand aus dem Zustrombereich zur Wassererfassung entfernbar oder beherrschbar seien. Als Gefahrenpotentiale seien konkret die dichte Verbauung (z.B. wiederkehrende Grabungen), Friedhof, Kanalisation, Dachwasserversickerung, Oberflächenwasserversickerung von Straßen und Plätzen (Salzstreuung) zu sehen. Somit sei der Standort der Wasserfassung für Trinkwasserzwecke als ungeeignet zu bewerten und die Bewilligungsfähigkeit der Brunnenanlagen nicht gegeben. Bezüglich Frage 2 werde festgehalten, dass eine UV-Desinfektionsanlage lediglich als Ergänzung im Sinne eines umfassenden Schutzkonzeptes für eine Trinkwasserversorgungsanlage, nicht aber als Ersatz für ein dem Stand der Technik entsprechendes Schutzgebiet installiert werden könne. Schließlich sei hinsichtlich Frage 3 der wasserpolizeiliche Auftrag samt Fristerstreckung bis 31. Dezember 2009 aufrecht zu erhalten, sofern die Vorgaben des Amtssachverständigen für Hygiene gemäß Auflagepunkt 2 der Niederschrift vom 29. Juli 2008 umgesetzt und eingehalten würden.

Mit Schreiben vom 11. März 2009 legte die Beschwerdeführerin die Ergebnisse der letzten Trinkwasseruntersuchung der Brunnenanlagen vor und erklärte dazu, dass die Untersuchungsergebnisse den Anforderungen der Österreichischen Trinkwasserverordnung (BGBl. Nr. 304/2001) entsprächen, sodass wie bisher einwandfreie Trinkwasserqualität nachgewiesen werden könne.

Mit Stellungnahme vom 17. September 2009 hielten die Abteilungen Grund- und Trinkwasserwirtschaft und Oberflächengewässerwirtschaft unter anderem fest, dass die Gemeinde über keine öffentliche Wasserversorgung verfüge. Dies entspräche keiner zeitgemäßen Bewirtschaftungsform für die Sicherung des Grundbedürfnisses im Sinne einer hygienisch einwandfreien Trinkwasserversorgung in einer Gemeinde. Diese Baulandentwicklung widerspreche daher der Landesstrategie "Zukunft Trinkwasser" und sei aus Sicht der Wasserversorgung abzulehnen. Da in der Gemeinde keine nennenswerten Grundwasserüberdeckungen gegeben seien, sei auch das Verunreinigungsrisiko wegen fehlender Reinigungswirkung durch Deckschichten erhöht.

Bei der Besprechung am 20. Jänner 2010 erstellte der Amtssachverständige für Wasserbautechnik, Ing. K. G., ein Gutachten, wobei er festlegte, welche Maßnahmen für die Stilllegung und den Rückbau der drei Brunnen notwendig seien. Für die Stilllegung sei aus fachlicher Sicht eine Frist bis zum 30. April 2010 festzusetzen, für den Rückbau bis zum 31. Dezember 2010. Für den Brunnen der Mehrzweckhalle sei ein Rückbau nicht erforderlich, da dieser weiterhin als Entnahmebrunnen für die Grundwasser-Wärmepumpe diene.

Mit Bescheid vom 9. März wies die BH den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung als unbegründet ab. Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführerin der (im Detail ausgeführte) Auftrag erteilt, alle Brunnen bis zum 19. Juli 2010 stillzulegen und die Brunnen bei der Volksschule und beim Gemeindeamt/Kindergarten darüber hinaus bis zum 31. Dezember 2010 rückzubauen. Als Rechtsgrundlage wurde § 138 Abs. 1 lit a WRG 1959 angeführt.

In der Begründung führte die BH aus, dem Einwand der Gemeinde, die Objekte seien immer aus den gleichen Versorgungsanlagen mit einwandfreiem Trinkwasser versorgt worden, sei zu entgegnen, dass gemäß der Stellungnahme der Amtssachverständigen für Hydrologie und Hygiene für eine Trinkwasserversorgungsanlage, die dem Stand der Technik entsprechen solle, die Einrichtung eines Schutzgebietes zu fordern sei. Für die drei Brunnen seien auf Grund der bestehenden Gefahrenpotentiale im engeren Zustrombereich dem bestehenden Stand der Technik entsprechende Schutzgebiete kaum einrichtbar bzw. wäre zum Zweck der Beherrschung dieser Gefahrenpotentiale jegliche weitere örtliche Entwicklung in diesem Bereich unterbunden. Da hier die Schutzgebietsfeststellung nötig, aber nicht möglich sei, sei die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für eine Trinkwasserversorgungsanlage abzuweisen gewesen.

Mit Schreiben vom 23. März 2010 erhob die Beschwerdeführerin dagegen Berufung und beantragte die ersatzlose Behebung des wasserpolizeilichen Auftrages und der abweisenden Bewilligungsentscheidungen. Zusammengefasst führte sie aus, dass die Bewilligungspflicht für die Anlagen vorerst bestritten werde, da die jeweiligen Brunnen ausschließlich das jeweils auf dem Grundstück befindliche Objekt versorgten. Eine "In-Verkehr-Bringung" sowie eine Versorgung von Nachbarn oder anderen Objekten lägen nicht vor. Dazu komme, dass die Brunnen vor Inkrafttreten des WRG 1959 existiert hätten und auch die damit versorgten Gebäude zu diesem Zeitpunkt bereits denselben Zwecken gewidmet gewesen seien, sodass diese gemäß Art. II RWRG 1869 weiterhin als rechtmäßiger Bestand zu beurteilen seien.

Außerdem läge kein Grund für die Versagung gemäß § 105 WRG 1959 vor und die BH habe dies auch nicht dargelegt. Die Bedenken der BH rechtfertigten lediglich eine entsprechende Kontrolle bzw. Befristung, aber keinesfalls eine Beseitigung der Anlagen. Eine vollständige Demontage würde die Betriebe massiv beeinträchtigen, der Schul- und Kindergartenbetrieb sei ohne Wasserversorgung nicht möglich. Schließlich setze § 138 Abs. 1 lit a WRG 1959 eigenmächtig vorgenommene Neuerungen voraus, die auf Grund des dargestellten Konsenses gemäß Art. II RWRG 1869 nicht vorlägen, sodass die Aufträge ohne Rechtsgrundlage erfolgt seien. Auch seien die auferlegten Fristen unangemessen kurz und sollten als relative Fristen ab Rechtskraft formuliert werden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 22. April 2010 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin ab. Zur Abweisung des Bewilligungsantrages führte sie aus, dass unter dem "notwendigen Haus- und Wirtschaftsbedarf" der Bedarf für eine geschlossene Wirtschaftseinheit zu verstehen sei. Dabei könne es sich um den Haushalt eines Wohnhauses oder um einen landwirtschaftlichen oder kleingewerblichen Betrieb der geringsten Größenordnung handeln, insbesondere was die Anzahl der Mitarbeiter betreffe. Die gegenständlichen Brunnen versorgten jeweils wesentlich mehr Personen als in bewilligungsfrei zu versorgenden Wirtschaftseinheiten. Die Grundwasserentnahme bedürfe daher der wasserrechtlichen Bewilligung gemäß § 10 Abs. 2 WRG 1959.

Insofern vorgebracht werde, dass die Brunnen bereits vor Inkrafttreten der wasserrechtlichen Bewilligungspflicht der Nutzung des Grundwassers errichtet worden seien und die Beschwerdeführerin ein Recht zur Benutzung des Grundwassers erworben habe, sei festzuhalten, dass nach § 142 WRG 1959 binnen Jahresfrist nach Gesetzesänderung eine Eintragung im Wasserbuch zu beantragen gewesen sei. Das habe die Beschwerdeführerin nicht gemacht.

Zur Errichtung eines Schutzgebietes führte die belangte Behörde aus, dass im Hinblick auf die Lage der Brunnen im dicht verbauten Ortsgebiet und auf die vielfältigen Gefährdungspotentiale, welche durch Schutzgebietsanordnungen zum Teil nicht beeinflussbar seien, die Trinkwasserqualität des mit den Brunnen erschlossenen Grundwassers durch Bestimmung eines Schutzgebietes nicht sichergestellt werden könne. So habe der Amtssachverständige für Geologie im Protokoll der BH vom 1. Dezember 2009 ausgeführt, dass der Wasseruntersuchungsbefund vom 9. Juli 2008 für den Brunnen des Gemeindeamtes und jenen des Kindergartens einen klaren Einfluss von Straßensickerwässern belegt habe. Bei den jährlichen Wasseruntersuchungen der Beschwerdeführerin handle es sich um Momentaufnahmen der Wasserqualität, womit kurzzeitig wirksame Verunreinigungen, etwa nach starken Niederschlägen, unbemerkt blieben. Auch mit der Vorschreibung häufigerer Wasseruntersuchungen wäre eine vollständige Kontrolle nicht gewährleistet.

Hinsichtlich des wasserpolizeilichen Auftrages führte die belangte Behörde aus, dass es im öffentlichen Interesse sei, gesundheitliche Gefahren durch allenfalls verunreinigtes Trinkwasser zu vermeiden. In der Volksschule, im Kindergarten und im Gemeindeamt sei von einem nur sehr geringen Nutzwasserbedarf auszugehen, der die Herstellung getrennter Nutz- und Trinkwasserleitungen innerhalb dieser Bauten nicht rechtfertige und die Anordnung des Rückbaus begründe. Die eingeräumten Erfüllungsfristen seien zur Durchführung der angeordneten Maßnahmen zweifellos ausreichend.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 23. Juni 2010, B 772/10, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In ihrer über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde machte die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor und beantragte in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Abweisung des Bewilligungsantrages:

1.1. Die Beschwerdeführerin bringt zunächst vor, dass die gegenständlichen Brunnenanlagen bewilligungsfreie Grundwassernutzungen nach § 10 Abs. 1 WRG 1959 darstellten. So käme es zu keiner Beeinträchtigung der Grundwasserverhältnisse oder der Wasserversorgung, insbesondere hinsichtlich der benachbarten Liegenschaften. Die Wasserentnahme sei insgesamt sehr gering. Die belangte Behörde habe übersehen, dass sich der "notwendige Haus- und Wirtschaftsbedarf" bei verfassungskonformer Interpretation auch daran orientieren müsse, wer der zur Wasserentnahme berechtigte Grundeigentümer sei und wie dieser sein Grundstück zu nutzen beabsichtige. Auf den drei Grundstücken würden im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur abgegrenzte Wirtschaftseinheiten versorgt. Schließlich sei auch der Sachverhalt unvollständig erhoben, weil die Behörde nicht hinreichend festgestellt habe, welche Tätigkeiten in den durch die Brunnenanlagen versorgten Gebäuden verrichtet würden und wie hoch der konkrete Wasserbedarf sei; das Ergebnis dieser Ermittlungen hätte dazu geführt, das Vorliegen von geschlossenen Wirtschaftseinheiten anzunehmen.

1.2. Mit Bescheid vom 17. März 2008 hatte die BH der Beschwerdeführerin gemäß § 138 Abs. 2 WRG 1959 den Auftrag erteilt, entweder die derzeit betriebenen, nach § 10 Abs. 2 WRG 1959 bewilligungspflichtigen Wasserversorgungsanlagen bis zum 30. Juni 2008 einzustellen oder bis zu diesem Zeitpunkt um die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Wasserentnahme unter gleichzeitiger Vorlage der erforderlichen Projektsunterlagen anzusuchen. Dieser wasserpolizeiliche Auftrag nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 erwuchs in Rechtskraft.

Zwischen einem rechtskräftigen wasserpolizeilichen Auftrag nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 und einem Antrag auf Bewilligung desselben Vorhabens liegt hinsichtlich der Frage der Bewilligungspflicht Identität der Sache vor. Ein solcher wasserpolizeilicher Auftrag spricht über die wasserrechtliche Bewilligungspflicht desselben Vorhabens ab. Daraus folgt, dass die Bewilligungsbehörde an die dem Alternativauftrag nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 zu Grunde liegende Beurteilung des Vorhabens als bewilligungspflichtig gebunden ist. Dies allerdings nur dann, wenn sich seit dem wasserpolizeilichen Auftrag weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat. In rechtlicher Betrachtungsweise darf somit in den entscheidungsrelevanten Fakten keine wesentliche Änderung eingetreten sein (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 30. September 2010, 2009/07/0178, und zuletzt vom 17. Februar 2011, 2010/07/0128).

Es ist weder ersichtlich, dass sich die Rechtslage, noch, dass sich der wesentliche Sachverhalt geändert hätte; dies wird von der Beschwerdeführerin auch nicht behauptet. Über die Bewilligungspflicht des verfahrensgegenständlichen Vorhabens ist somit bereits durch den wasserpolizeilichen Auftrag der BH vom 17. März 2008 für das nachfolgende Verfahren bindend abgesprochen.

Die im Zusammenhang mit der Annahme der wasserrechtlichen Bewilligungspflicht von der Beschwerdeführerin aufgezeigte Rechtswidrigkeit liegt daher nicht vor.

1.3. Die Beschwerdeführerin bringt weiter vor, dass - bei Annahme der Bewilligungspflicht - die Bewilligung gemäß § 10 Abs. 2 WRG 1959 zu erteilen gewesen wäre. Insbesondere sprächen keine öffentlichen Interessen gegen den Betrieb der Anlagen, vielmehr seien diese dem öffentlichen Interesse zuträglich, weil dadurch die Allgemeinheit und insbesondere die Ortsbevölkerung in den öffentlich zugänglichen Gebäuden entsprechend mit Trinkwasser versorgt werde und dies mit geringem Kostenaufwand erfolge. Die Statuierung eines Wasserschutzgebietes sei nicht erforderlich, zumal die Trinkwasserqualität nachweislich gut sei. Das angebliche zusätzliche Bewilligungskriterium eines Schutzgebietes gemäß § 34 Abs. 1 WRG 1959 sei nur die Forderung bzw. der Wunsch der Sachverständigen für Hydrologie und Hygiene. Diese hätten außerdem selbst zugestanden, dass die Statuierung eines Schutzgebietes gegenständlich kaum möglich sei. Allenfalls fehlten auch Sachverhaltsfeststellungen zur Trinkwasserqualität des bezogenen Wassers und zur bestehenden Möglichkeit der Errichtung eines Schutzgebietes.

1.4. § 10 Abs. 2 WRG lautet samt Überschrift auszugsweise:

"Benutzung des Grundwassers.

§ 10. (1) ….

(2) In allen anderen Fällen ist zur Erschließung oder Benutzung des Grundwassers und zu den damit im Zusammenhang stehenden Eingriffen in den Grundwasserhaushalt sowie zur Errichtung oder Änderung der hiefür dienenden Anlagen die Bewilligung der Wasserrechtsbehörde erforderlich."

§ 34 WRG 1959 lautet samt Überschrift auszugsweise:

Schutz von Wasserversorgungsanlagen (Wasserschutzgebiete)

§ 34. (1) Zum Schutze von Wasserversorgungsanlagen gegen Verunreinigung (§ 30 Abs. 2) oder gegen eine Beeinträchtigung ihrer Ergiebigkeit kann die zur Bewilligung dieser Anlagen zuständige Wasserrechtsbehörde - zum Schutze von nicht bewilligungspflichtigen Wasserversorgungsanlagen die Bezirksverwaltungsbehörde - durch Bescheid besondere Anordnungen über die Bewirtschaftung oder sonstige Benutzung von Grundstücken und Gewässern treffen, die Errichtung bestimmter Anlagen untersagen und entsprechende Schutzgebiete bestimmen. Darüber hinaus kann - nach Anhörung der gesetzlichen Interessenvertretungen - auch der Betrieb bestehender Anlagen und Unternehmungen im notwendigen Ausmaß eingeschränkt werden. Die besonderen Anordnungen sind tunlichst gleichzeitig in jenem Bescheid, mit dem die wasserrechtliche Bewilligung für die zu schützende Anlage erteilt wird, zu treffen. Die Änderung solcher Anordnungen ist zulässig, wenn der Schutz der Wasserversorgung dies gestattet oder erfordert.

(…)"

Die Schutzgebietsbestimmungen nach § 34 Abs. 1 WRG 1959 sind Anordnungen, die im öffentlichen Interesse an einer einwandfreien Wasserversorgung erlassen werden (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 23. September 2004, 2003/07/0098). Die Wasserrechtsbehörde ist gemäß § 34 Abs. 1 WRG 1959 auch ohne Vorliegen eines Antrages des Wasserberechtigten verpflichtet (das Wort "kann" räumt nicht Ermessen ein), die hygienisch und wasserwirtschaftlich notwendigen Anordnungen von Amts wegen zu treffen bzw. die Möglichkeit der Einrichtung eines Schutzgebietes zu prüfen, weil es sich dabei um Maßnahmen im öffentlichen und nicht im privaten Interesse handelt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Juni 2007, 2005/07/0086). Das öffentliche Interesse ist somit zweifelsohne gegeben.

1.5. Die Beschwerdeführerin hat die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für Trinkwasserzwecke beantragt. Voraussetzung für die Bewilligung einer Trinkwasserversorgungsanlage ist die Eignung des verwendeten Wassers als Trinkwasser.

Nun ist die Ausweisung eines Schutzgebietes nicht zwingend als Voraussetzung für die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer Trinkwasserversorgungsanlage vorgesehen. Ob ein Schutzgebiet festzusetzen ist, hängt vielmehr davon ab, ob ein solches notwendig ist, um den erforderlichen Schutz des Wassers vor Verunreinigungen zu gewährleisten. Ist eine solche Schutzgebietsfestsetzung nötig, aber nicht möglich, dann ist ein auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für eine Trinkwasserversorgungsanlage gerichtetes Ansuchen abzuweisen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 28. April 2005, 2004/07/0197).

Im Beschwerdefall legten sämtliche beigezogenen Amtssachverständigen dar, dass im Einflussgebiet der drei Brunnenanlagen eine Vielzahl nicht kontrollierbarer Gefahrenquellen vorläge. Die Sachverständigen der Abteilungen Grund- und Trinkwasserwirtschaft und Oberflächengewässerwirtschaft stellten darüber hinaus fest, dass in der Gemeinde keine nennenswerten Grundwasserüberdeckungen gegeben seien und deshalb das Verunreinigungsrisiko wegen fehlender Reinigungswirkung durch Deckschichten erhöht sei.

Dem setzte die Beschwerdeführerin die jährlich durchgeführten Trinkwasserbefunde entgegen, denen zufolge das Trinkwasser nicht verunreinigt sei. Dazu legten die Amtssachverständigen in überzeugender Weise dar, dass auch unter Umständen häufiger durchgeführte Untersuchungen kurzfristig auftretende Verunreinigungen, wie etwa nach Niederschlägen, nicht rechtzeitig offen legen könnten. Aus den Gutachten der Sachverständigen ergab sich daher in schlüssiger Weise, dass angesichts der vorliegenden Gefahrenpotentiale die Notwendigkeit einer Schutzgebietsfestsetzung ausreichend begründet war.

Dass die Einrichtung eines Schutzgebietes praktisch kaum machbar sei, erklärten aber nicht nur die Amtssachverständigen, sondern auch der von der Beschwerdeführerin mit der Einreichung von Projektunterlagen betraute Zivilingenieur. Die Beschwerdeführerin irrt, wenn sie meint, dass dann, wenn die Amtssachverständigen die Ansicht vertreten, eine Statuierung eines Schutzgebietes sei nicht oder kaum möglich, die Bewilligung zu erteilen wäre. Das Gegenteil ist der Fall. Die sachverständige Überprüfung, die in diesem Punkt auch mit den Angaben des Projektanten der Beschwerdeführerin in Übereinstimmung steht, ergab die Notwendigkeit aber Undurchführbarkeit der Festlegung eines Schutzgebietes zur Gewährleistung der Wasserqualität. Angesichts dessen verletzte die Abweisung des Bewilligungsantrages keine Rechte der Beschwerdeführerin.

2. Zum wasserpolizeilichen Auftrag:

2.1. Dazu führt die Beschwerdeführerin aus, dass die Paritionsfrist (des wasserpolizeilichen Auftrages) mit 31. Dezember 2010 viel zu kurz bemessen sei. Die Beschwerdeführerin solle im Hinblick auf die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens indirekt dazu gezwungen werden, die Aufträge zu erfüllen. Im angefochtenen Bescheid seien außerdem keine Überlegungen zur Angemessenheit der Paritionsfrist zu finden, was den Bescheid mit einem wesentlichen Begründungsmangel bzw. mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belaste. Die Beschwerdeführerin riskiere aufgrund der zu kurzen Frist entweder eine Verwaltungsstrafe, wenn sie die Aufträge nicht befolge, oder "beseitige zusammen mit den Brunnenanlagen ihr Rechtsschutzinteresse."

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin richtet sich gegen den aufgetragenen Rückbau der Brunnenanlagen Volksschule und Gemeindeamt/Kindergarten, findet sich doch nur dort die genannte Frist.

Für die in einem wasserpolizeilichen Auftrag nach § 138 Abs. 1 lit a WRG 1959 vorgeschriebenen Maßnahmen ist eine Frist festzusetzen, die angemessen gemäß § 59 Abs. 2 AVG zu sein hat (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 3. Februar 2000, 99/07/0165). Kriterium der Gesetzmäßigkeit des in der Fristsetzung auszuübenden Ermessens ist die Frage der Angemessenheit der gesetzten Frist unter dem Gesichtspunkt, dass sie objektiv geeignet ist, dem Leistungspflichtigen unter Anspannung aller seiner Kräfte der Lage des konkreten Falles nach die Erfüllung der aufgetragenen Leistung zu ermöglichen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 1994, 92/07/0097).

Die Behörde richtete sich bei der Fristbemessung nach der aus fachlicher Sicht vom Amtssachverständigen für Wasserbautechnik beim Ortsaugenschein vom 20. Jänner 2010 festgelegten Frist. Auf gleicher fachlicher Ebene ist die Beschwerdeführerin dieser Einschätzung nicht entgegen getreten. Sie hat auch nicht vorgebracht, aus welchen konkreten Gründen die Frist nicht zur Erfüllung des Auftrages ausreichte. Ohne ein solches substantiiertes Vorbringen der Beschwerdeführerin, das auf eine Unschlüssigkeit dieser Beurteilung oder auf eine Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes hinwiese, kann im vorliegenden Fall angesichts der zur Verfügung stehenden Frist von acht Monaten nicht erkannt werden, dass die Frist unangemessen kurz wäre.

2.2. Was die übrigen Teile des wasserpolizeilichen Auftrages betrifft, so ist festzuhalten, dass die BH bereits im wasserpolizeilichen Auftrag vom 17. März 2008 der Beschwerdeführerin - als schlagend gewordene Alternative - die Einstellung der gegenständlichen Brunnenanlagen auftrug.

Es kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob es angesichts dieses rechtskräftigen Einstellungsauftrages überhaupt noch eines (weiteren) wasserpolizeilichen Auftrages in Gestalt des angefochtenen Bescheides bedurfte oder ob nicht schon - in Bezug auf die Einstellung - der wasserpolizeiliche Auftrag der BH vom 17. März 2008 als Exekutionstitel ausreichte. Selbst wenn man das bejahte - wogegen sprechen dürfte, dass fraglich ist, ob dieser Bescheid für eine Vollstreckung ausreichend bestimmt ist - wäre in diesem Fall nicht ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin durch die Erlassung des angefochtenen Bescheides in ihren Rechten verletzt wäre (vgl. auch dazu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 17. Februar 2011, 2010/07/0128).

3. Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

4. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 28. April 2011

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