VwGH 2010/01/0001

VwGH2010/01/000120.9.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des W A in G, vertreten durch Mag. Dr. Anton Karner und Mag. Dr. Michael Mayer, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Steyrergasse 103/II, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 25. November 2009, Zl. FA7C-11-84/2009-40, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

StbG 1985 §10 Abs1 Z7 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §10 Abs5;
StbG 1985 §10 Abs1 Z7 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §10 Abs5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines tunesischen Staatsangehörigen, vom 16. Februar 2009 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß den §§ 11a Abs. 1, 10 und 11 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311 idF BGBl. I Nr. 4/2008 (StbG), ab.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, aus den vorgelegten Einkommensteuerbescheiden ergebe sich, der Beschwerdeführer habe von Juli bis Dezember 2006 ein Einkommen von EUR 9.744,41, im Jahr 2007 ein Einkommen von EUR 9.901,29, im Jahr 2008 ein Einkommen von EUR 7.887,39 und vom 1. Jänner 2009 bis 30. Juni 2009 ein Einkommen von EUR 8.187,-- bezogen. Die Ehegattin des Beschwerdeführers habe vom 1. Juli 2006 bis 8. September 2007 Kinderbetreuungsgeld in der Höhe von EUR 6.320,55 bezogen. Nach Gegenüberstellung des im Wege einer Durchrechnung über das Kalenderjahr errechneten monatlichen Durchschnittseinkommen (Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 4. September 2008, Zl. 2008/01/0494) habe der Beschwerdeführer jedenfalls im Jahr 2008 und somit innerhalb des Beobachtungszeitraumes von drei Jahren vor der Entscheidung kein Einkommen in der gesetzlich geforderten Höhe erzielt. Erforderlich gewesen wäre für das Jahr 2008 ein monatliches Einkommen in der Höhe von wenigstens EUR 1.293,03 (Richtsatz für ein Ehepaar und ein Kind), welches nicht erreicht worden sei. Im Rahmen des Parteiengehörs habe der Beschwerdeführer vorgebracht, er führe für das Jahr 2008 als weitere Einkommensquelle den Verkauf einer Eigentumswohnung in Wien an, welche aus einer Erbschaft stamme. Der Beschwerdeführer habe eine Kopie des Kaufvertrages beigelegt. Zu diesem Vorbringen verwies die Behörde darauf, dass die Annahme eines "hinreichend gesicherten Lebensunterhalts" eine Nachhaltigkeit der Einkommenssicherung erfordere, die nach den gesetzlichen Vorgaben nur dann gegeben sei, wenn vom Verleihungswerber zum Entscheidungszeitpunkt feste und regelmäßige eigene Einkünfte für die letzten drei Jahre nachgewiesen würden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Beschwerdevorbringen:

Die Beschwerde wendet gegen den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen ein, der Beschwerdeführer sei seit 2007 selbständig erwerbstätig. Es liege in der Natur der Sache, dass eine selbständige Tätigkeit immer Einkommensschwankungen unterworfen sei. Die belangte Behörde habe die Ermittlung der Einkünfte des Beschwerdeführers unrichtigerweise alleine auf die "Zahlen der Einkommensteuerbescheide" gestützt und nicht, wie in anderen Verfahren (etwa zur Ermittlung des Ehegattenunterhalts) üblich, bei einem selbständig Erwerbstätigen einen Buchsachverständigen betraut, um das tatsächliche Monatseinkommen zu ermitteln. Der Beschwerdeführer und seine Familie hätten keinerlei Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften in Anspruch genommen, woraus sich schon ergebe, dass ihr Lebensunterhalt hinreichend gesichert sei. Hinzu komme die zweimonatlich ausgezahlte Familienbeihilfe und auch die vom Beschwerdeführer lukrierte Erbschaft inklusive Eigentumswohnung, Schmuck und Antiquitäten.

2.1. Zum hinreichend gesicherten Lebensunterhalt (nach § 10 Abs. 1 Z. 7 iVm Abs. 5 StbG):

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 7 StbG in der Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006, darf die Staatsbürgerschaft einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn sein Lebensunterhalt hinreichend gesichert ist.

Gemäß § 10 Abs. 5 StbG ist der Lebensunterhalt (Abs. 1 Z. 7) dann hinreichend gesichert, wenn feste und regelmäßige eigene Einkünfte aus Erwerb, Einkommen, gesetzlichen Unterhaltsansprüchen oder Versicherungsleistungen zum Entscheidungszeitpunkt für die letzten drei Jahre nachgewiesen werden, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen.

2.2. Mit der zwingenden Verleihungsvoraussetzung eines hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes gab der Gesetzgeber zu verstehen, dass er die Staatsbürgerschaft nur an Fremde verliehen wissen will, die ihren Lebensunterhalt in Österreich durch entsprechendes Einkommen (oder gleichzusetzende Leistungen) ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften hinreichend gesichert haben. Diese gesetzlichen Voraussetzungen müssen objektiv erfüllt sein; dass den Verleihungswerber am Fehlen eines hinreichend gesicherten Lebensunterhalts im Sinne der vorgenannten Bestimmungen kein Verschulden trifft, ist nicht von Belang (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2010, Zl. 2008/01/0604, mit Verweisen auf die Vorjudikatur).

3. Regelmäßige Einkünfte nach § 10 Abs. 5 StbG:

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde die Abweisung des Verleihungsantrages des Beschwerdeführers im Wesentlichen damit begründet, er habe im Jahr 2008 die vom Gesetz geforderte Höhe des Einkommens nicht erreicht. Zu den vom Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs im Jahr 2008 angeführten weiteren Einkunftsquellen verweist die belangte Behörde darauf, dass das Gesetz eine Nachhaltigkeit der Einkommenssicherung verlange, die nur dann gegeben sei, wenn feste und regelmäßige eigene Einkünfte nachgewiesen würden.

Diese Auffassung besteht zu Recht:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem von der belangten Behörde zitierten hg. Erkenntnis vom 4. September 2008, Zl. 2008/01/0494, darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber mit der Anordnung eines dreijährigen Beobachtungszeitraumes das Erfordernis einer nachhaltigen Einkommenssicherung in entsprechender Höhe postuliert hat. Dem berechtigten Einwand, es müsse bei der Ermittlung der "festen und regelmäßigen" Einkünfte auch (etwa saisonbedingten) Einkommensschwankungen Rechnung getragen werden (wie dies auch vorliegend die Beschwerde im Hinblick auf die selbständige Tätigkeit des Beschwerdeführers vorbringt) kann - wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis ausgeführt hat - dadurch ausreichend Rechnung getragen werden, dass bei der Einkommensermittlung eine Durchrechnung über das Kalenderjahr stattfindet und das zu errechnende monatliche Durchschnittseinkommen dem für dieses Jahr maßgeblichen Richtsätzen nach § 293 ASVG gegenübergestellt wird.

Im Sinne der vom Gesetz postulierten nachhaltigen Einkommenssicherung verlangt § 10 Abs. 5 StbG unter anderem den Nachweis von "regelmäßigen" eigenen Einkünften. Regelmäßig sind Einkünfte aber nur dann, wenn sie über einen längeren Zeitraum mit einer gewissen Kontinuität bezogen werden.

Der nur einmalig erzielte Erlös aus dem Verkauf einer Eigentumswohnung ist daher nicht als "regelmäßige Einkünfte" anzusehen. Der Beschwerdeführer hat auch nicht dargetan, dass er im maßgeblichen Beobachtungszeitraum aus diesem einmaligen Erlös regelmäßige Einkünfte (etwa aus Zinserträgnissen) erzielt habe.

Dass der Beschwerdeführer und seine Familie in diesem Beobachtungszeitraum keinerlei Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften in Anspruch genommen haben, ändert nichts an dem Umstand, dass die von ihm nachgewiesenen regelmäßigen Einkünfte nicht die vom Gesetz geforderte Höhe erreichten.

4. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 20. September 2011

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