VwGH 2009/21/0387

VwGH2009/21/038724.2.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des H, vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. April 2007, Zl. BMI-1008081/0003-II/3/2006, betreffend Aufhebung eines befristeten Rückkehrverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 2005 §12;
AsylG 2005 §13;
FrPolG 2005 §62 Abs1;
FrPolG 2005 §62 Abs3;
FrPolG 2005 §65 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
VwRallg;
AsylG 2005 §12;
AsylG 2005 §13;
FrPolG 2005 §62 Abs1;
FrPolG 2005 §62 Abs3;
FrPolG 2005 §65 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Nigeria, reiste am 7. Juli 2003 in das Bundesgebiet ein und stellte am 8. Juli 2003 einen Asylantrag. Gegen den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes erhob er Berufung an den unabhängigen Bundesasylsenat; das Verfahren war zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch anhängig.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 5. April 2005 verhängte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien über den Beschwerdeführer gemäß § 36 Abs. 1 und 2 Z 1 des (bis zum 31. Dezember 2005 in Geltung gestandenen) Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren.

Diese Maßnahme stützte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien darauf, dass der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 22. Jänner 2004 gemäß § 27 Abs. 1 und 2 Z. 2 erster Fall SMG und § 15 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten mit einer Probezeit von drei Jahren verurteilt worden sei, weil er am 9. Dezember 2003 gewerbsmäßig zwei Kugeln mit insgesamt ca. 0,5 Gramm Kokain an einen bekannten Suchtgiftkonsumenten verkauft habe sowie zumindest fünf Kugeln mit Kokain bzw. Heroin und ein Behältnis mit ca. zehn Gramm Kokain zum unmittelbaren Weiterverkauf bereitgehalten habe. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 27. September 2004 sei der Beschwerdeführer gemäß § 27 Abs. 1 und 2 Z. 2 erster Fall SMG, § 15 StGB und § 125 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt worden; die bedingte Strafnachsicht des Ersturteils sei widerrufen worden. Dieser Verurteilung sei zugrunde gelegen, dass er am 23. August 2004 gewerbsmäßig zwei Kugeln mit 1,4 Gramm Kokain brutto und zwei Kugeln mit 1,6 Gramm Heroin brutto einem verdeckten Ermittler verkauft habe, zwei weitere Kugeln mit 1,5 Gramm Kokain brutto und zwei Kugeln mit 0,8 Gramm Heroin brutto zum Verkauf bereitgehalten sowie in einem Supermarkt Weinflaschen (durch Werfen auf den Boden) beschädigt habe.

Am 8. August 2005 stellte der Beschwerdeführer, der am 22. Februar 2005 (bedingt) aus der Strafhaft entlassen worden war, einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes und begründete diesen im Wesentlichen damit, dass durch seine Verehelichung mit einer österreichischen Staatsbürgerin am 2. August 2005 nunmehr familiäre Bindungen zum Bundesgebiet bestünden, er seit dem Jahr 2004 einen untadeligen Lebenswandel führe, inzwischen über gute Deutschkenntnisse verfüge und die Absicht habe, sich vollständig zu integrieren und eine Familie in Österreich aufzubauen. Mit Eingabe vom 1. Dezember 2005 stellte er durch seinen Rechtsvertreter außerdem einen Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung als begünstigter Drittstaatsangehöriger gemäß § 49 Abs. 1 FrG 1997. Ergänzend zu seinem Antrag vom 8. August 2005 brachte er darin unter anderem vor, dass seine Ehefrau monatlich etwa 930 EUR netto verdiene und er selbst als Straßenkehrer bei der MA 48 rund 150 EUR monatlich erhalte. Am 14. April 2007 gab die Ehefrau des Beschwerdeführers die Geburt ihrer gemeinsamen Tochter am 31. März 2007 bekannt.

Mit dem nunmehr angefochtenen, im Devolutionsweg ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 18. April 2007 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Aufhebung des "Aufenthaltsverbotes" gemäß § 66 Abs. 4 iVm § 73 Abs. 1 und 2 AVG und § 65 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde - nach Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes - unter Hinweis auf § 73 AVG zunächst aus, dass die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien über die Berufung nicht innerhalb von sechs Monaten entschieden habe, weshalb dem Devolutionsantrag stattzugeben gewesen sei.

Gemäß § 125 Abs. 1 FPG seien Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, die bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes (am 1. Jänner 2006) anhängig seien, nach dessen Bestimmungen weiterzuführen. Das müsse auch für das gegenständliche Verfahren gelten, es komme daher das FPG zur Anwendung. Gemäß § 125 Abs. 3 FPG gälten Aufenthaltsverbote, deren Gültigkeit bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes nicht abgelaufen sei, als nach diesem Bundesgesetz erlassene Aufenthaltsverbote mit derselben Gültigkeitsdauer. Bestehe gegen einen Fremden, der am 1. Jänner 2006 Asylwerber sei, ein Aufenthaltsverbot, so gelte dieses als Rückkehrverbot.

Der Beschwerdeführer sei trotz seiner Heirat mit einer österreichischen Staatsbürgerin am 2. August 2005 "kein begünstigter Drittstaatsangehöriger iSd § 9 Abs. 1 FPG", weil sich aus dem Akteninhalt keinerlei Hinweise darauf ergäben, dass die österreichische Ehefrau ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen habe. Es sei daher die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien - und nicht der Unabhängige Verwaltungssenat für Wien - zur Behandlung der Berufung zuständig gewesen.

Weiter führte die belangte Behörde aus, dass ein Antrag auf Aufhebung eines "Aufenthaltsverbotes/Rückkehrverbotes" nur zum Erfolg führen könne, wenn sich seit seiner Erlassung die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert hätten. Bei der Entscheidung über einen solchen Antrag sei auch auf die nach der Erlassung des "Aufenthaltsverbotes/Rückkehrverbotes" eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen.

Durch die Heirat mit einer österreichischen Staatsbürgerin sei der Beschwerdeführer "begünstigter Drittstaatsangehöriger im Sinn des § 2 Abs. 4 Z. 11 FPG". "Sollten" auch im Verfahren zur Aufhebung eines Rückkehrverbotes die Sonderbestimmungen der §§ 85 und 86 FPG für begünstigte Drittstaatsangehörige zur Anwendung kommen, sei zu bemerken, dass das Verhalten des Beschwerdeführers auf Grund seiner Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Suchtgiftdelikten fortlaufende Einnahmen zu verschaffen, eine tatsächliche und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Selbst die Verhängung einer bedingten Freiheitsstrafe habe ihn nicht davon abhalten können, nur etwas mehr als ein halbes Jahr nach der Erstverurteilung wiederum ein schwerwiegendes Suchtgiftdelikt zu begehen. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet berühre ein Grundinteresse der Gesellschaft, nämlich das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf die Wahrung eines geordneten Fremdenwesens und der Sicherheit.

Die seit den beiden Verurteilungen im Jahr 2004 vergangene Zeitspanne sei zu kurz, um aus dem Unterbleiben weiterer Verurteilungen auf eine Läuterung durch die Verhängung und Vollstreckung der Freiheitsstrafe schließen zu können. Es sei somit weiterhin von einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit auszugehen. Die Dauer des gegen den Beschwerdeführer erlassenen "Aufenthaltsverbotes/Rückkehrverbotes" entspreche jenem Zeitraum, innerhalb dessen ein allfälliger positiver Gesinnungswandel in Bezug auf seine Einstellung zu den österreichischen Rechtsvorschriften erwartet werden könne.

Nach Wiedergabe des Inhaltes des Art. 8 Abs. 2 EMRK führte die belangte Behörde aus, dass die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung des gegenständlichen Rückkehrverbotes zum Schutz des wirtschaftlichen Wohles der Republik Österreich und zur Verhinderung strafbarer Handlungen, sohin zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, und die nachteiligen Folgen einer Aufhebung dieses Rückkehrverbotes im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der vom Beschwerdeführer begangenen Suchtgiftdelikte und der der Suchtgiftkriminalität innewohnenden Wiederholungsgefahr sowie der anhaltende Verstoß gegen das Fremdenrecht unverhältnismäßig schwerer wögen als die Auswirkungen auf seine konkrete Lebenssituation.

Auch die während des geltenden Aufenthaltsverbotes am 2. August 2005 mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossene Ehe und die am 31. März 2007 erfolgte Geburt eines gemeinsamen Kindes könnten nicht als wesentliche Änderung der für die Erlassung des "Aufenthaltsverbotes/Rückkehrverbotes" maßgebenden Umstände zu Gunsten des Beschwerdeführers gewertet werden. Die derart begründeten familiären Bindungen zum Bundesgebiet und die soziale Integration in Österreich ließen die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers dennoch nicht gewichtiger erscheinen als die durch sein wiederholtes Fehlverhalten massiv beeinträchtigten oben angeführten öffentlichen Interessen. Im Hinblick auf die Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes auch bei ansonsten völliger sozialer Integration des Fremden nicht rechtswidrig.

Da sich somit die für die Erlassung des auf zehn Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes - nunmehr Rückkehrverbotes - vom 13. Oktober 2004 maßgebenden Umstände nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers geändert hätten, komme eine vorzeitige Aufhebung im Sinn des § 65 Abs. 1 FPG derzeit nicht in Betracht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen hat:

Vorauszuschicken ist, dass die Ansicht der belangten Behörde, sie sei gemäß § 9 Abs. 1 Z. 2 FPG (im Devolutionsweg - als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien) als Berufungsbehörde zuständig geworden, weil die österreichische Ehefrau des Beschwerdeführers ihr Recht auf gemeinschaftsrechtliche Freizügigkeit (unstrittig) nicht in Anspruch genommen habe, der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entspricht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 2007, Zl. 2006/21/0115, mwN). Die belangte Behörde hat daher ihre Zuständigkeit als Berufungsinstanz zu Recht in Anspruch genommen.

Gemäß § 65 Abs. 1 FPG ist ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Ein darauf abzielender Antrag kann nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung der Maßnahme die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben. Bei Fremden, die seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes - wie der Beschwerdeführer - die Stellung eines Familienangehörigen (§ 2 Abs. 4 Z. 12 FPG) eines Österreichers erlangt haben, ist überdies zu beachten, dass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes oder Rückkehrverbotes nur im Grunde des § 87 iVm § 86 Abs. 1 FPG zulässig ist (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 29. November 2006, Zl. 2006/18/0314, und vom 22. Mai 2007, Zl. 2006/21/0115; zur Geltung des § 86 FPG auch für Rückkehrverbote vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. Oktober 2007, Zl. 2006/21/0155, und vom 20. Dezember 2007, Zl. 2007/21/0474). Die belangte Behörde hat im Ergebnis zutreffend - wenn auch fälschlicherweise auf § 2 Abs. 4 Z. 11 FPG gestützt - den Gefährdungsmaßstab des § 86 Abs. 1 FPG angewendet.

Gemäß § 62 Abs. 3 iVm § 66 Abs. 1 FPG ist, würde durch das Rückkehrverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, dieses zulässig, wenn es zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Gemäß § 62 Abs. 3 FPG iVm § 66 Abs. 2 FPG (in der hier maßgeblichen Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009) darf ein Rückkehrverbot nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen und die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen Bedacht zu nehmen.

Der Beschwerdeführer bringt vor, dass seine seit rund drei Jahren anhaltende "gute Führung" - er habe keine Straftat mehr begangen - nur das Urteil zulasse, dass gegen ihn zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides ein Aufenthaltsverbot gemäß § 86 Abs. 1 FPG nicht mehr hätte erlassen werden dürfen. Es lägen keinerlei Anzeichen dafür vor, dass er zu diesem Zeitpunkt eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die Gemeinschaft darstelle; die Auswirkungen auf seine Lebenssituation und die seiner Familie - er habe nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes geheiratet, eine Arbeit aufgenommen und sei Vater einer Tochter geworden - wögen wohl weitaus schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme vom Rückkehrverbot. Die belangte Behörde hätte daher von dem ihr eingeräumten Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch machen und das Rückkehrverbot aufheben müssen. Unrichtig sei der Vorwurf im angefochtenen Bescheid, einen anhaltenden Verstoß gegen das Fremdenrecht zu begehen. Am 14. April 2004 sei ihm die Bescheinigung über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 Abs. 2 AsylG 1997 ausgehändigt worden, seither sei er durchgehend zum Aufenthalt in Österreich berechtigt gewesen. Außerdem habe über seine Ausweisung die Asylbehörde zu entscheiden; an eine Entscheidung des unabhängigen Bundesasylsenats, dass Art. 8 EMRK die Ausweisung des Beschwerdeführers aus Österreich verbiete, wäre auch die belangte Behörde gebunden. "Zumindest" hätte die belangte Behörde das Verfahren gemäß § 38 letzter Satz AVG aussetzen müssen.

Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen:

Der Beschwerdeführer ist zwei Mal wegen gewerbsmäßigen Überlassens von Heroin und Kokain bestraft worden. Der zweiten Verurteilung lag ein kurz nach dem ersten Urteil vom 22. Jänner 2004 erfolgter massiver einschlägiger Rückfall (im August 2004) während offener Probezeit zu Grunde.

An der hieraus abzuleitenden Gefahr des Beschwerdeführers für die öffentliche Ordnung und Sicherheit (insbesondere die Gesundheit Dritter), die wegen der besonderen Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität ein Grundinteresse der Gesellschaft im Sinn des § 86 Abs. 1 zweiter Satz FPG berührt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. März 2007, Zl. 2007/21/0081, mwN), können selbst die Gründung einer Familie sowie die vom Beschwerdeführer dargestellte berufliche und soziale Integration nichts ändern (vgl. zu einem ähnlichen Sachverhalt das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 2007, Zl. 2006/21/0115). Auch diese Umstände bieten nämlich für sich genommen keinen ausreichenden Anlass dafür, von einem Wegfall der Gründe auszugehen, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt haben. Der Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu prüfen, ob und wie lange er sich in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Juni 2009, Zl. 2006/18/0102). Gerade in Anbetracht des schnellen Rückfalls des Beschwerdeführers im Jahr 2004 ist die seit der Entlassung aus der Strafhaft am 22. Februar 2005 (aber auch seit der letzten Straftat im August 2004) bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides am 18. April 2007 verstrichene Zeit zu kurz, um auf einen Wegfall oder eine erhebliche Minderung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Sinn des § 86 Abs. 1 (erster und zweiter Satz) FPG schließen zu können.

Der belangten Behörde kann im Ergebnis auch nicht entgegen getreten werden, wenn sie bei der gemäß § 62 Abs. 3 iVm § 66 Abs. 1 und 2 FPG vorzunehmenden Interessenabwägung zu der Auffassung gelangt ist, dass die Auswirkungen des Rückkehrverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie nicht schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Aufrechterhaltung:

Zum einen hat das öffentliche Interesse an der Unterbindung der (zumal auch "harte Drogen" wie Heroin betreffenden) Suchtgiftkriminalität einen sehr großen Stellenwert (vgl. neuerlich das hg. Erkenntnis vom 27. März 2007, Zl. 2006/21/0115). Zum anderen konnte der Umstand, dass der Beschwerdeführer (nunmehr) in Österreich familiäre Bindungen aufweist, nur eingeschränkt zu seinen Gunsten ausschlagen, weil die Eheschließung und die Geburt der Tochter erst zu einem Zeitpunkt erfolgt sind, zu dem der Beschwerdeführer und seine Ehefrau wussten, dass er nicht mit einem Verbleib in Österreich rechnen durfte (vgl. zum Ganzen etwa die hg. Erkenntnisse vom 29. November 2006, Zl. 2006/18/0327, vom 22. Mai 2007, Zl. 2006/21/0115, vom 27. Mai 2009, Zl. 2006/21/0134, und vom 4. Juni 2009, Zl. 2006/18/0102, mwN). Insgesamt ist daher die (in Verbindung mit einer allenfalls ergehenden Ausweisung bewirkte) Trennung von seiner österreichischen Familie infolge des dargestellten großen öffentlichen Interesses in Kauf zu nehmen.

Es sind auch keine besonderen Umstände ersichtlich, die die belangte Behörde hätten veranlassen müssen, im Rahmen des ihr gemäß § 62 Abs. 1 iVm § 86 Abs. 1 FPG eingeräumten Ermessens von der Aufrechterhaltung des Rückkehrverbotes Abstand zu nehmen.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er durchgehend zum Aufenthalt in Österreich berechtigt gewesen sei, ist darauf hinzuweisen, dass das Rückkehrverbot gemäß § 62 Abs. 1 zweiter Satz FPG als Entzug des Aufenthaltsrechtes gilt. Allerdings kommt dem Beschwerdeführer bis zur Beendigung seines Asylverfahrens gemäß § 62 Abs. 1 letzter Satz FPG iVm § 13 des Asylgesetzes 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, faktischer Abschiebschutz zu (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 6. September 2007, Zl. 2007/18/0496, vom 25. September 2007, Zl. 2007/18/0642, und vom 20. Juni 2008, Zl. 2008/01/0060). Die belangte Behörde hat dem - nicht weiter konkretisierten - Vorwurf des "anhaltenden Verstoßes gegen das Fremdenrecht" aber ohnedies keine entscheidende Bedeutung beigemessen, sondern den angefochtenen Bescheid vor allem mit den gerichtlichen Straftaten des Beschwerdeführers begründet, die nach dem oben Gesagten für sich allein schwer genug wiegen, um die Aufrechterhaltung des Rückkehrverbotes im öffentlichen Interesse zu rechtfertigen.

Schließlich war die belangte Behörde auch nicht gehalten, das Verfahren bis zum Abschluss des Asylverfahrens des Beschwerdeführers auszusetzen. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, ist ein Rückkehrverbot - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - gerade gegen Asylwerber zu erlassen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 6. September 2007, Zl. 2007/18/0496, und vom 31. März 2008, Zl. 2008/21/0076). Die vom Beschwerdeführer angesprochenen rechtlichen Auswirkungen der asylrechtlichen Entscheidung auf ein bestehendes Rückkehrverbot sind in § 62 Abs. 4 und § 65 Abs. 2 bis 4 FPG geregelt.

Da somit die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 24. Februar 2011

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