Normen
FrPolG 2005 §125 Abs3;
FrPolG 2005 §65 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
FrPolG 2005 §9 Abs1 Z2;
StGB §70;
FrPolG 2005 §125 Abs3;
FrPolG 2005 §65 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
FrPolG 2005 §9 Abs1 Z2;
StGB §70;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 23. Februar 2006 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines nigerianischen Staatsangehörigen, vom "2. Dezember 2005" (laut dem in den Verwaltungsakten erliegenden Antrag richtig: 30. November 2005) auf Aufhebung des mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 4. Februar 2003 erlassenen, auf die Dauer von zehn Jahren befristeten Aufenthaltsverbotes gemäß § 65 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, abgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei laut seinen Angaben am 6. Dezember 2001 in das Bundesgebiet eingereist und habe einen Tag später einen Asylantrag gestellt.
Am 29. November 2002 sei der Beschwerdeführer vom Jugendgerichtshof Wien gemäß § 27 Abs. 1 und 2 Z. 2 erster Fall Suchtmittelgesetz - SMG zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von sieben Monaten rechtskräftig verurteilt worden, weil er am 7. Oktober 2002 zwei Kugeln Kokain an Suchtgiftabnehmer in der Absicht verkauft habe, sich dadurch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Auf Grund dieser Verurteilung habe die Bundespolizeidirektion Wien (Erstbehörde) mit Bescheid vom 4. Februar 2003 das Aufenthaltsverbot erlassen, wobei dieser Bescheid in Rechtskraft erwachsen sei.
Dessen ungeachtet sei der Beschwerdeführer weiterhin im Bundesgebiet geblieben und bereits wenige Monate nach der ersten Verurteilung wieder straffällig geworden. Am 20. Jänner 2004 sei er vom Landesgericht für Strafsachen Wien neuerlich wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 und 2 Z. 2 erster Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Gleichzeitig sei die mit Urteil des Jugendgerichtshofes Wien gewährte bedingte Strafnachsicht widerrufen worden. Dieser weiteren Verurteilung sei zugrunde gelegen, dass er im Zeitraum von April bis August 2003 Heroin bzw. Kokain an mehrere Suchtgiftabnehmer verkauft habe, wobei er auch hiebei in gewerbsmäßiger Absicht gehandelt habe.
Schließlich sei der Beschwerdeführer wegen eines solchen Vergehens nach dem SMG am 13. Oktober 2004 vom Landesgericht Wiener Neustadt verurteilt worden, wobei dieses Gericht unter Bedachtnahme auf die beiden vorangegangenen Verurteilungen auf eine Zusatzstrafe verzichtet habe.
Am 11. Mai 2005 habe der Beschwerdeführer eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet und in weiterer Folge den Antrag vom 30. November 2005 auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes mit der Begründung eingebracht, dass er durch die Heirat mit einer Österreicherin nunmehr die privilegierte Stellung eines begünstigten Drittstaatsangehörigen erlangt hätte und strafrechtliche Verurteilungen alleine noch nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen könnten. Es läge auch keine hinreichend schwere Gefährdung der Grundinteressen der Gesellschaft vor, hätte er sich doch seit seiner Heirat wohlverhalten.
Begründend führte die belangte Behörde weiter aus, dass dem Beschwerdeführer der Status eines begünstigten Drittstaatsangehörigen nicht zukomme, weil er die in § 2 Abs. 4 Z. 11 FPG normierten Voraussetzungen nicht erfülle, habe er doch seine Ehegattin weder begleitet noch sei er ihr nachgezogen. Darüber hinaus ergebe sich auch kein Hinweis für die Annahme, dass seine Ehegattin ihr Recht auf Freizügigkeit wahrgenommen hätte. Im Hinblick darauf sei die Zuständigkeit der belangten Behörde gegeben.
Da das Verfahren über den genannten Asylantrag derzeit in zweiter Instanz anhängig sei und der Beschwerdeführer im Sinn des § 2 Abs. 1 Z. 14 des Asylgesetzes 2005 - AsylG 2005 Asylwerber sei, gelte das gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 125 Abs. 3 zweiter Satz FPG als Rückkehrverbot, weshalb der vorliegende Aufhebungsantrag als Antrag auf Aufhebung eines Rückkehrverbotes und dieser im Hinblick auf die Eheschließung des Beschwerdeführers mit einer österreichischen Staatsbürgerin unter dem Blickwinkel des § 86 FPG zu beurteilen sei.
Der Beschwerdeführer verweise zutreffend auf seine geänderte familiäre Situation, doch könne damit für ihn nichts gewonnen werden. Als Angehöriger einer österreichischen Staatsbürgerin könne auch gegen ihn unter den Voraussetzungen des § 86 Abs. 1 FPG ein Aufenthaltsverbot (bzw. ein Rückkehrverbot) erlassen werden bzw. könnten derartige Maßnahmen aufrecht erhalten werden.
Angesichts des aufgezeigten Gesamt(fehl)verhaltens des Beschwerdeführers bestehe kein Zweifel, dass dessen persönliches Verhalten die öffentliche Ordnung und Sicherheit in höchstem Maße gefährde. Die Tatsache, dass ihn weder eine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung noch die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes davon habe abhalten können, unmittelbar darauf neuerlich dem gewerbsmäßigen Suchtgifthandel nachzugehen, verdeutliche die von ihm ausgehende erhebliche Gefahr für die Grundinteressen der Gesellschaft. Dass er sich seit seiner Eheschließung wohlverhalten habe, könne daran nichts ändern, sei doch der seither verstrichene Zeitraum noch viel zu kurz, um verlässlich davon ausgehen zu können, dass er sich tatsächlich von der Suchtgiftszene gelöst habe. Im Übrigen habe der Beschwerdeführer die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin zu einem Zeitpunkt geschlossen, als er auf Grund des gegen ihn bestehenden rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes nicht mit einem weiteren gemeinsamen Aufenthalt mit seiner Ehegattin (in Österreich) habe rechnen dürfen. Von daher gesehen erweise sich die Aufrechterhaltung der vorliegenden Maßnahme auch im Grunde des § 66 Abs. 1 und 2 FPG als zulässig.
Zusammengefasst ergebe sich, dass sich die für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände keinesfalls zu Gunsten des Beschwerdeführers geändert hätten. Zum einen sei er - wie dargelegt - auch nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes straffällig geworden. Zum anderen stelle die nach Erlassung dieser Maßnahme geschlossene Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin keinen entscheidenden Umstand dar, der die Aufhebung dieser Maßnahme rechtfertigen würde. Schließlich hätten auch keine besonders berücksichtigungswürdigen Umstände festgestellt werden können bzw. seien solche auch nicht behauptet worden, sodass die belangte Behörde keine für den Beschwerdeführer positive Ermessensentscheidung habe treffen können.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Da - bezogen auf den hier maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - das gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid der Erstbehörde vom 4. Februar 2003 erlassene Aufenthaltsverbot noch nicht abgelaufen war und der Beschwerdeführer Asylwerber war, gilt dieses als Rückkehrverbot mit derselben Gültigkeitsdauer (vgl. dazu § 125 Abs. 3 FPG).
2. Gemäß § 65 Abs. 1 FPG ist ein Aufenthaltsverbot oder ein Rückkehrverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.
Nach der hg. Judikatur kann ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes oder Rückkehrverbotes nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung der Maßnahme die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes oder Rückkehrverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist. Weiters kann bei der Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes oder Rückkehrverbotes die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 2. September 2008, Zl. 2006/18/0512, mwN).
3.1. Die Beschwerde vertritt die Auffassung, dass der Beschwerdeführer, selbst wenn er nach dem FPG nicht mehr "per se" als begünstigter Drittstaatsangehöriger anzusehen sein sollte, einem solchen gleichzuhalten sei und im Sinne einer verfassungskonformen Auslegung des FPG als Ehegatte einer österreichischen Staatsbürgerin nicht schlechter gestellt werden dürfe als Ehegatten von anderen EWR-Bürgern, mit denen sie gemeinsam in Österreich lebten. Ferner sei die erst Anfang Mai 2006 außer Kraft tretende Richtlinie 64/221/EWG zu berücksichtigen gewesen.
3.2. Diesem Vorbringen ist zu erwidern, dass die belangte Behörde den Beschwerdefall ohnedies unter dem Blickwinkel des gemäß § 87 FPG anzuwendenden § 86 Abs. 1 leg. cit., der insoweit Ehegatten von österreichischen Staatsbürgern, die ihr (gemeinschaftliches) Freizügigkeitsrecht nicht ausgeübt haben, mit Ehegatten von anderen freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürgern gleichstellt, beurteilt hat. Wenn die Beschwerde vorbringt, dass die belangte Behörde, wenn diese ausführe, dass dem Beschwerdeführer der Status eines begünstigten Drittstaatsangehörigen nicht zukomme, den für die Erledigung maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und festzustellen gehabt hätte und "nicht auszuschließen sei, dass die belangte Behörde im Fall der ordnungsgemäßen Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung gelangt wäre", so zeigt sie damit bereits deshalb keinen wesentlichen Verfahrensmangel auf, weil sie nicht behauptet, dass die österreichische Ehegattin des Beschwerdeführers ihr (gemeinschaftliches) Recht auf Freizügigkeit ausgeübt habe. Ferner entspricht die Ansicht der belangten Behörde, dass sie gemäß der - im Verfassungsrang stehenden - Bestimmung des § 9 Abs. 1 Z. 2 FPG als Berufungsbehörde zuständig sei, weil die österreichische Ehegattin des Beschwerdeführers ihr (gemeinschaftliches) Recht auf Freizügigkeit nicht in Anspruch genommen habe, der hg. Judikatur (vgl. die hg. Erkenntnis vom 18. Mai 2006, Zl. 2006/18/0119, und vom 2. Dezember 2008, Zl. 2007/18/0295, mwN). Es ist daher auch das auf die Richtlinie 64/221/EWG in Verbindung mit dem Gleichheitssatz abzielende Beschwerdevorbringen nicht zielführend.
4. Mit ihrem weiteren Vorbringen, dass, weil der Beschwerdeführer, der die über ihn verhängte Strafe verbüßt habe, nunmehr in geordneten Verhältnissen lebe und finanziell ausreichend versorgt sei, die Gefährlichkeitsprognose jedenfalls zu seinen Gunsten zu treffen sei, zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Der Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer lag zugrunde, dass er im Oktober 2002 gewerbsmäßig mit Suchtgift gehandelt hatte und deshalb am 29. November 2002 zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt worden war. Trotz dieser Verurteilung und der Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen ihn wurde der Beschwerdeführer binnen kurzem in einschlägiger Weise erneut straffällig, indem er von April bis August 2003 neuerlich mit Suchtgift (Heroin bzw. Kokain) handelte und dieses an mehrere Suchtgiftabnehmer verkaufte, wobei er wiederum in gewerbsmäßiger Absicht - somit in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Straftat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (vgl. § 70 StGB) - vorging, sodass er zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten rechtskräftig verurteilt wurde. Zutreffend hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid darauf hingewiesen, dass ein allfälliger Gesinnungswandel eines Straftäters daran zu prüfen ist, ob und wie lange sich dieser in Freiheit wohlverhalten hat. In Anbetracht des schnellen Rückfalles des Beschwerdeführers im Jahr 2003 kann der Ansicht der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, dass der seit der Begehung der genannten Straftaten verstrichene Zeitraum viel zu kurz ist, um auf einen Wegfall oder auch nur eine erhebliche Minderung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit im Sinn des § 86 Abs. 1 (erster und zweiter Satz) FPG und des § 66 Abs. 1 leg. cit. schließen zu können.
Darüber hinaus stellt auch die von der Beschwerde ins Treffen geführte Verstärkung der persönlichen Bindungen und Interessen des Beschwerdeführers auf Grund seiner Eheschließung mit einer österreichischen Staatsbürgerin keinen Umstand dar, der die Aufhebung des gemäß § 125 Abs. 3 FPG als Rückkehrverbot geltenden Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 66 Abs. 1 und 2 FPG rechtfertigen könnte, hat doch die Behörde zu Recht darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer bei Eingehen der Ehe mit der österreichischen Staatsbürgerin nicht damit rechnen durfte, mit ihr trotz des gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes in Österreich ein gemeinsames Familienleben führen zu dürfen.
5. Schließlich kann auch keine Rede davon sein, dass die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid nicht ausreichend begründet habe.
6. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
7. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am 4. Juni 2009
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