Normen
AVG §56;
VStG §24;
ZustG §13 Abs1;
ZustG §13 Abs2;
ZustG §16;
ZustG §2 Z4;
ZustG §6;
AVG §56;
VStG §24;
ZustG §13 Abs1;
ZustG §13 Abs2;
ZustG §16;
ZustG §2 Z4;
ZustG §6;
Spruch:
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 610,60, insgesamt somit EUR 1.221,20, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war Bürgermeister der Gemeinde L, Bezirk I, sowie Gemeindeverbandsobmann des Gemeindeverbandes Bezirkskrankenhaus H. Von letztgenannter Funktion wurde er mit Beschluss der Tiroler Landesregierung vom 23. Dezember 2008 abberufen. Dagegen wenden sich die vorliegenden Beschwerden.
Zur hg. Zl. 2009/11/0022 ficht der Beschwerdeführer mit am 3. Februar 2009 zur Post gegebener Beschwerde ein von ihm als Bescheid gewertetes und vorgelegtes E-Mail folgenden Inhalts an:
"Von: Gemeinde L
An: < r.l@aon.at >
Gesendet: Montag, 29. Dezember 2008 09:39
Betreff: WG: Gemeindeverband Bezirkskrankenhaus
H, Auflösung des
Gemeindeverbandsausschusses und Bestellung eines
Amtsverwalters
und eines Beirates
--------Ursprüngliche Nachricht--------
Von: P H (mailto:H.P@TIROL.GV.AT ) Gesendet: Dienstag, 23. Dezember 2008 14:58 An: #Verteiler Gemeinden Bezirk I
Cc: #Büro LH Platter; #Büro LR Tilg; vdion@bkhh. or.at
Betreff: WG: Gemeindeverband Bezirkskrankenhaus
H, Auflösung des Gemeindeverbandsausschusses und Bestellung eines Amtsverwalters und eines Beirates
Sehr geehrter Herr Bürgermeister !
Die Tiroler Landesregierung hat in ihrer Sitzung vom 23.12.2008 beschlossen:
Die Tiroler Landesregierung löst gemäß § 13 lit. c des Bezirkskrankenhäuser-Gemeindeverbände-Gesetzes, LGBl. Nr. 32/1984, zuletzt geändert durch das Gesetz LGBl. Nr. 22/2006, in Verbindung mit § 118 Abs. 1 der Tiroler Gemeindeordnung 1966, LGBl. Nr. 4, zuletzt geändert durch das Gesetz LGBl. Nr. 98/1991, den Gemeindeverbandsausschuss des Gemeindeverbandes Bezirkskrankenhaus H auf. Damit verlieren die nach dem Rücktritt der Mitglieder des Gemeindeverbandsausschusses (K. H., N. J., …) und der Ersatzmitglieder des Gemeindeverbandsausschusses (J. K., W. S., …) verbliebenen Gemeindeverbandsobmann (der Beschwerdeführer) und Gemeindeverbandsobmann-Stellvertreter (L. V.)) ihre Ämter.
Die Tiroler Landesregierung setzt gemäß § 13 lit. c des Bezirkskrankenhäuser-Gemeindeverbände-Gesetzes in Verbindung mit § 118 Abs. 2 der Tiroler Gemeindeordnung den Vorstand der Abteilung Gemeindeangelegenheiten des Amtes der Tiroler Landesregierung (Dr. H. P.) als Amtsverwalter ein. Zu seiner Beratung wird ein Beirat bestellt; als Mitglieder dieses Beirates werden (der Beschwerdeführer, L. V., K. H., …) berufen.
Nachdem mit 24.11.2008 zehn Mitglieder und neun Ersatzmitglieder des Gemeindeverbandsausschusses mit dem Hinweis auf Auseinandersetzungen mit dem Gemeindeverbandsobmann zurückgetreten sind, 26 weitere Bürgermeister in schriftlichen Erklärungen zum Ausdruck gebracht haben, für eine Zusammenarbeit mit dem im Amt befindlichen Gemeindeverbandsobmann nicht zur Verfügung zu stehen, und schließlich zu einer auf den 18.12.2008 einberufenen Gemeindeverbandsversammlung nur der Gemeindeverbandsobmann und zehn weitere Bürgermeister erschienen sind, geht die Gemeindeaufsichtsbehörde von der dauerhaften Beschlussunfähigkeit des Gemeindeverbandsausschusses aus. Für diesen Fall sieht das Bezirkskrankenhäuser-Gemeindeverbände-Gesetz ein Einschreiten der Gemeindeaufsichtsbehörde vor. Das Einschreiten besteht in der Auflösung des Gemeindeverbandsausschusses und in der Bestellung eines Amtsverwalters und Beirates.
Der Amtsverwalter wird zum nächstmöglichen Zeitpunkt die für die Neuwahl des Gemeindeverbandsobmannes, dessen Stellvertreters und der Mitglieder und Ersatzmitglieder des Gemeindeverbandsausschusses zuständige Gemeindeverbandsversammlung einzuberufen und bis dahin die laufenden unaufschiebbaren Angelegenheiten des Gemeindeverbandes zu besorgen haben.
Mit freundlichen Grüßen
Für die Landesregierung
Dr. (H. P.)
Amt der Tiroler Landesregierung
…"
Zur hg. Zl. 2009/11/0028 ficht der Beschwerdeführer den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 23. Dezember 2008 an, mit dem der Gemeindeverbandsausschuss des Gemeindeverbandes Bezirkskrankenhaus H aufgelöst und (u.a.) der Beschwerdeführer seines Amtes als Gemeindeverbandsobmann für verlustig erklärt wurde. In seiner dagegen am 25. Februar 2009 zur Post gegebenen Beschwerde nannte der Beschwerdeführer als Tag der Zustellung dieses Bescheides den 6. Februar 2009.
Mit Verfügungen vom 25. Februar 2009 (zu Zl. 2009/11/0022) und vom 13. März 2009 (zu Zl. 2009/11/0028) leitete der Verwaltungsgerichtshof über die - nunmehr wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen - Beschwerden gemäß § 35 Abs. 3 VwGG die Vorverfahren ein.
Aus dem von der belangten Behörde zu beiden Verfahren vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich, dass am 23. Dezember 2008 ein E-Mail mit oben zitiertem Inhalt unter anderem an den "Verteiler Gemeinden Bezirk I" versandt und dass der Bescheid vom 23. Dezember 2008 dem - zu diesem Zeitpunkt nach der Aktenlage noch unvertretenen - Beschwerdeführer laut Rückschein am 29. Dezember 2008 zugestellt wurde. Die Übernahme des Bescheides wurde durch Unterschrift und Ankreuzen des Kästchens "Postbevollmächtigter für Rsb-Briefe" bestätigt. Mit Schreiben vom 21. Jänner 2009 an die Tiroler Landesregierung beantragten die Rechtsvertreter des Beschwerdeführers "betreffend den in der Sitzung vom 23.12.2008 getroffenen Beschluss einen Bescheid auszustellen", da das "Mail vom 23.12.2008 gerichtet an die Bürgermeister (...) kein Bescheid" sei. Laut im Verwaltungsakt einliegendem Aktenvermerk der Tiroler Landesregierung vom 5. Februar 2009 hatte die Gemeindekassierin der Gemeinde L, wie sie auf telefonische Rückfrage angegeben hatte, den Rsb-Brief mit dem Bescheid am 29. Dezember 2008 übernommen, dies mit ihrer Unterschrift auf dem Rückschein bestätigt und den Brief sodann in die Postmappe des Beschwerdeführers gelegt. Daraufhin wurde dem Beschwerdeführer am 5. Februar 2009 in Entsprechung des Antrags vom 21. Jänner 2009 eine "Ablichtung des seinerzeit über den Beschluss der Landesregierung vom 23.12.2008 … ausgefertigten Bescheides übermittelt".
1. In ihrer Gegenschrift zu Zl. 2009/11/0028 wies die belangte Behörde darauf hin, dass ihrer Ansicht nach die (am 25. Februar 2009 erhobene) Beschwerde gegen den Bescheid vom 23. Dezember 2009 verspätet sei, da die Beschwerdefrist, ausgehend von der Zustellung am 29. Dezember 2008, am 9. Februar 2009 geendet habe. Die auf Antrag der Rechtsanwälte des Beschwerdeführers (mit einfacher Post) erfolgte "weitere Übermittlung des Bescheides" sei nicht geeignet, eine neue Beschwerdefrist auszulösen.
In seiner dazu erstatteten Replik brachte der Beschwerdeführer vor, der Bescheid sei ihm am 6. Februar 2009 erstmals zugestellt worden, eine Zustellung am 29. Dezember 2008 habe nicht stattgefunden. Die Gemeindekassierin habe "aufgrund der Nachforschungen der belangten Behörde lediglich angegeben …, dass sie sämtliche Schriftstücke in die Mappe des Beschwerdeführers legen würde." Diese Auskunft beziehe sich "somit ausdrücklich nicht explizit auf den gegenständlichen Bescheid, wie dies die belangte Behörde in der Gegenschrift zu vermitteln versucht".
1.1. Ist ein Dokument zugestellt, so löst gemäß § 6 ZustG die neuerliche Zustellung des gleichen Dokuments keine Rechtswirkungen aus.
Wird das gleiche Schriftstück mehrmals gültig zugestellt, so ist gemäß § 6 ZustG nur die erste Zustellung maßgebend; der zugestellte Akt gilt damit als "erlassen". Einer neuerlichen Zustellung kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine rechtliche Bedeutung mehr zu (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom 17. November 2010, Zl. 2010/13/0118, mwN).
Gemäß § 13 Abs. 1 ZustG ist das Dokument dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen. Gemäß § 13 Abs. 2 ZustG darf bei Zustellungen durch Organe eines Zustelldienstes - somit (u.a.) der Post (vgl. § 2 Z. 7 leg. cit.) - auch an eine gegenüber dem Zustelldienst zur Empfangnahme solcher Dokumente bevollmächtigte Person zugestellt werden, soweit dies nicht durch einen Vermerk auf dem Dokument ausgeschlossen ist. Die Zustellung an einen Bevollmächtigten gemäß § 13 Abs. 2 ZustG ist auch dann wirksam, wenn sich der Empfänger nicht regelmäßig an der Abgabestelle aufhält und daher eine Ersatzzustellung gemäß § 16 leg. cit. unzulässig wäre (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2010, Zl. 2010/10/0041, mwN).
1.2. Für eine wirksame Zustellung des zur hg. Zl. 2009/11/0028 angefochtenen Bescheides am 29. Dezember 2008 spricht zum einen der im Verwaltungsakt einliegende Rückschein, zum anderen der von der belangten Behörde angefertigte Aktenvermerk über das Telefonat mit der Gemeindekassierin, wonach diese angegeben habe, das Poststück am 29. Dezember 2008 übernommen zu haben. Diesen Dokumenten tritt der Beschwerdeführer nur mit der unbelegten Behauptung entgegen, die Gemeindekassierin habe derartige Angaben nicht gemacht. Damit vermag er jedoch die insbesondere durch den Rückschein dokumentierte Zustellung nicht zu widerlegen. Dass die genannte Gemeindekassierin als Postbevollmächtigte zur Übernahme des Rsb-Briefs berechtigt war, wird vom Beschwerdeführer im Übrigen nicht bestritten, weshalb von einer wirksamen Zustellung des angefochtenen Bescheides am 29. Dezember 2008 auszugehen ist.
Dem weiteren Einwand des Beschwerdeführers, der Bescheid hätte ihm als Gemeindeverbandsobmann des Gemeindeverbandes Bezirkskrankenhaus H beim Gemeindeverband zugestellt werden sollen, ist zu erwidern, dass die Auswahl der Abgabestelle, wenn - wie im Fall des Beschwerdeführers, der als Bürgermeister der Gemeinde L unzweifelhaft einen Arbeitsplatz im dortigen Gemeindeamt und damit eine Abgabestelle im Sinn des § 2 Z 4 ZustG hatte - mehrere bestehen, der Behörde überlassen bleibt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2010, Zl. 2009/07/0042, mwN).
1.3. Da somit der angefochtene Bescheid bereits am 29. Dezember 2008 wirksam zugestellt worden war, erweist sich die am 25. Februar 2009 zur Post gegebene Beschwerde zu Zl. 2009/11/0028 als verspätet und war daher - in dem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
2. Wie zuvor dargestellt, war die Zustellung einer Bescheidkopie am 6. Februar 2009 aufgrund eines Antrags der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers vom 21. Jänner 2009 erfolgt, in dem diese davon ausgegangen waren, dass es sich bei der zu Zl. 2009/11/0022 angefochtenen Erledigung vom 23. Dezember 2008 um eine "Mail-Mitteilung" handelte, nicht jedoch um einen Bescheid. In ihrer Gegenschrift zu Zl. 2009/11/0022 brachte die belangte Behörde unter Hinweis auf das genannte Schreiben vom 21. Jänner 2009 vor, dass dem Beschwerdeführer schon damals bekannt war, dass es sich bei der nunmehr angefochtenen Erledigung lediglich um eine Mitteilung über den Beschluss der Landesregierung vom 23. Dezember 2008 handelte.
2.1. Abgesehen von diesen plausiblen Ausführungen (vgl. zu einem ähnlichen Fall hinsichtlich der Information über eine bereits getroffene Entscheidung das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2004, Zl. 2003/03/0228, mwN) der belangten Behörde spricht auch die Form der Erledigung gegen die Bescheidqualität:
Gemäß § 58 AVG ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat Spruch und Rechtsmittelbelehrung zu enthalten. Bescheide sind zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in jedem Fall, in dem der Inhalt einer Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt, die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung essenziell. Nur dann, wenn der Inhalt einer behördlichen Erledigung, also ihr Wortlaut oder ihre sprachliche Gestaltung, keinen Zweifel darüber aufkommen lässt, dass die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für das Vorliegen eines Bescheides nicht wesentlich (vgl. das zitierte Erkenntnis vom 28. Jänner 2004).
Mangelt es - wie im Beschwerdefall - der dem Verfahren zu Grunde liegenden Erledigung an der für Bescheide vorgesehenen Form, muss deutlich erkennbar sein, dass die Behörde dennoch den - objektiv erkennbaren - Willen hatte, mit der Erledigung gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Regelung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit zu treffen. Bei Zweifeln über den Inhalt kommt auch der sonstigen Form der Erledigung entscheidende Bedeutung zu, wie etwa dem Gebrauch von Höflichkeitsfloskeln. Aus einer solchen Form einer Erledigung ist eher darauf zu schließen, dass kein Bescheid, sondern eine nicht normative Willenserklärung oder eine bloße Wissenserklärung vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. April 2011, Zl. 2010/11/0224, mwN).
An eine behördliche Erledigung, die nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist, muss hinsichtlich der Wertung als Bescheid nach ihrem Inhalt ein strenger Maßstab angelegt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. März 2011, Zl. 2011/12/0023, mwN).
2.2. Bereits aus dem Umstand, dass die belangte Behörde gleichzeitig mit der Versendung des E-Mails an den "Verteiler Gemeinden Bezirk I" am 23. Dezember 2008 den zu Zl. 2009/11/0028 angefochtenen Bescheid aus- und abfertigte, ergibt sich, dass Inhalt des E-Mails lediglich eine Information, nicht jedoch ein normativer Abspruch sein sollte. Überdies ist das E-Mail nicht als Bescheid bezeichnet, Geschäftszahl sowie Rechtsmittelbelehrung fehlen, und es enthält für Bescheide untypische Höflichkeitsfloskeln ("Sehr geehrter Herr Bürgermeister!", "Mit freundlichen Grüßen"). Die Erledigung ist somit auch nach ihrem gesamten Erscheinungsbild nicht als Bescheid zu qualifizieren.
2.3. Die dagegen zu Zl. 2009/11/0022 erhobene Beschwerde war daher mangels eines tauglichen Beschwerdegegenstandes im Sinne des Art. 131 Abs. 1 B-VG - in dem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
3. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 23. November 2011
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