Normen
AuslBG §2 Abs4 idF 2005/I/101;
AVG §37;
AuslBG §2 Abs4 idF 2005/I/101;
AVG §37;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, auf Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 2 Abs. 4 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) abgewiesen. Der Beschwerdeführer habe vorgebracht, dass er 75 % der Geschäftsanteile einer OG halte und ihm somit ein maßgebender bzw. beherrschender Einfluss auf die Beschlüsse dieser Gesellschaft zukomme. Er sei als alleiniger Geschäftsführer vorgesehen, und die übrigen Geschäftsanteile von 25 % würden von seinem Cousin gehalten. Der Zweck des Unternehmens sei die Führung einer Pizzeria, Herstellung und Zustellung von Pizzas. Bei der Familie des Beschwerdeführers handle es sich um eine türkisch-stämmige Gastronomenfamilie. Der Vater des Zweitgesellschafters betreibe in Dornbirn seit Jahren eine Pizzeria. Es dürfe dem Beschwerdeführer keinesfalls unterstellt werden, dass er nicht fähig sei, die Geschäftsführung der in Gründung befindlichen OG allein auszuüben. Bei ihm handle es sich um einen absoluten Fachmann in diesem Bereich. Das Unternehmen werde derzeit vom Vater des Zweitgesellschafters geführt und dieser wolle es dem Beschwerdeführer sowie auch seinem Sohn übergeben. Die Hilfe des Zweitgesellschafters sei jedoch lediglich in der Anfangsphase als Unterstützung gedacht und es entspreche keinesfalls der Richtigkeit, dass alle wichtigen Agenden gemeinsam mit dem Zweitgesellschafter wahrgenommen würden. Die belangte Behörde führte sodann wie folgt aus (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):
"Vom Berufungswerber wurde zum Nachweis seiner Gesellschaftertätigkeit am 23. März 2009 ein mit 18.03.2009 datierter Gesellschaftsvertrag vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass er mit 75% der Kapitalanteile an der L OG in 6850 Dornbirn beteiligt ist. Es handelt sich dabei um einen Pizzazustelldienst, den er zusammen mit seinem Cousin, Herrn V L, (25% der Kapitalanteile), betreiben will. Unter Punkt VIII. des Vertrages wird dem Berufungswerber allein die Geschäftsführung und die Vertretung der Gesellschaft gegenüber Dritten übertragen, während Herr V L, von der Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossen sein soll.
In einer Niederschrift, aufgenommen am 28. Mai 2009, gab der Berufungswerber an, dass er den Betrieb leiten und für die Personalangelegenheiten zuständig sein werde. Befragt nach einzelnen betrieblichen Angelegenheiten wie Personaleinstellung und -entlassung, Führung der Buchhaltung, Kundenakquirierung und rechtliche Belange, verwies er aber mehrfach auf seinen Kompagnon, der allein oder gemeinsam mit ihm für diese Angelegenheiten verantwortlich sein soll. Im Ergebnis konnte nicht festgestellt werden, worin nun sein persönlicher Einfluss auf die Geschäftsführung bestehen und inwiefern dieser Einfluss, abgesehen von der Verteilung der Kapitalanteile, ein wesentlicher sein sollte. Die Behauptung eines solchen Einflusses ist umso unglaubwürdiger, als sein Cousin als Österreichischer Staatsbürger und mit ausgezeichneten Deutschkenntnissen, mit den im Inland notwendigen betrieblichen Kenntnissen besser vertraut sein dürfte als der Berufungswerber. Nach den beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger gespeicherten Daten ist L V seit dem 20.12.2004 bis lfd. im Betrieb des Vaters L Y, R Pizzeria in Dornbirn als geringfügig beschäftigter Mitarbeiter pflichtversichert. Im Antrag vom 9. Februar 2009 ist angeführt, dass der Onkel des Berufungswerbers schwer krank sei und möchte, dass er mit seinem Sohn sein Geschäft gut weiter führe. Dass der Berufungswerber dabei die Stellung des Onkels einnehmen soll, obwohl dessen Sohn L V bereits seit beinahe fünf Jahren im Betrieb beschäftigt ist, ist ein Umstand der die Verteilung der Kapitalanteile und der Verantwortlichkeit laut Gesellschaftsvertrag wenig plausibel erscheinen lässt. Der Berufungswerber selbst ist erst seit Dezember 2005 in Österreich und hat derzeit den Aufenthaltsstatus eines Asylwerbers, dessen Asylantrag in Berufung ist. Aus aufenthaltsrechtlicher Sicht wäre in Österreich eine Niederlassungsbewilligung gemäß § 41 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes erforderlich, wofür es einer positiven Stellungnahme des Arbeitsmarkservices iS von § 24 AuslBG bedurfte.
Ein weiteres Parteiengehör, am 10. August 2009, nun in Anwesenheit des bevollmächtigten Vertreters, und des Teilhabers als Dolmetsch, förderte Abweichungen gegenüber den ersten Aussagen des Berufungswerbers zutage, die im Ergebnis nicht aufgeklärt werden konnten. So zeigte sich nur, dass die L OG ein Familienbetrieb ist, in dem der Onkel, dessen Frau und deren Sohn arbeiten, dass die Buchhaltung außer Haus gegeben wird und ein Steuerberater und ein Rechtsanwalt zur Verfügung stehen, kurzum, dass der Berufungswerber in einen etablierten Betrieb eintreten sollte, der auch eine Putzfrau und zwei Fahrer beschäftigt. Diese Ausführungen waren nicht geeignet, einen wesentlichen Einfluss des Berufungswerbers auf die Geschäftsführung unter Beweis zu stellen. Zum einen, weil Herr V L als Sohn des Betriebsgründers (welcher die Bareinlagen für beide Gesellschafter erlegt hat), den Betrieb auf Grund seiner Beschäftigung seit nahezu fünf Jahren kennt und über die sprachlichen und praktischen Fähigkeiten verfügt, die zur Fortführung der L OG auch nach dem Ausscheiden seines Vaters erforderlich sind.
Der Berufungswerber selbst hat nach der vorgelegten Übersetzung eines Arbeitszeugnisses drei Jahre lang als Pizza Macher in seinem Heimatland gearbeitet, weshalb anzunehmen ist, dass ihm diese Aufgaben auch bis auf weiteres im Rahmen der L OG zufallen soll. Vor dem Hintergrund der Aussage des Berufungswerbers, dass er alle darüber hinausgehenden Kenntnisse durch seinen Onkel erworben hätte, gibt es keinen ersichtlichen Grund, weshalb jener seinen Sohn mit nur 25% der Kapitalanteile ausstatten und ihn überdies von der Geschäftsführung gänzlich ausschließen wollte.
Nachdem im Sinne von § 2 Abs 4 AuslBG der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform eines Sachverhalts zu beurteilen ist, war der Feststellungsantrag des Berufungswerbers abzuweisen."
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage, Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde und Replik durch den Beschwerdeführer in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 2 Abs. 4 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 in der im gegenständlichen Fall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 101/2005, lautet:
"Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des
Abs. 2 vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht
die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Eine
Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 liegt insbesondere auch dann
vor, wenn
1. ein Gesellschafter einer Personengesellschaft zur
Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszweckes oder
2. ein Gesellschafter einer Gesellschaft mit
beschränkter Haftung mit einem Geschäftsanteil von weniger als 25%
Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbringt, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden, es sei denn, die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice stellt auf Antrag binnen drei Monaten fest, dass ein wesentlicher Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft durch den Gesellschafter tatsächlich persönlich ausgeübt wird. Den Nachweis hiefür hat der Antragsteller zu erbringen. Nach Ablauf dieser Frist darf die Tätigkeit auch ohne den erforderlichen Feststellungsbescheid aufgenommen werden. Wird der Antrag nach Ablauf der Frist abgewiesen, ist die bereits begonnene Tätigkeit umgehend, spätestens jedoch binnen einer Woche nach Zustellung des Bescheides, zu beenden."
Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil der Beschwerdeführer und sein Rechtsvertreter mehrfach ausgeführt hätten, dass es dem Firmengründer und Vater des Mitgesellschafters des Beschwerdeführers ein großes Anliegen sei, den Betrieb an seinen Neffen, den Beschwerdeführer, zu übergeben und nicht an seinen Sohn. Er habe offenbar weit höheres Vertrauen in den Beschwerdeführer als in seinen Sohn und sei auf Grund der mehrjährigen Geschäftstätigkeit imstande abzuschätzen, wer für die Übernahme des Familienbetriebes besser geeignet sei. Es sei nicht Angelegenheit der Behörde zu beurteilen, an wen ein Geschäftsbetrieb zu übergeben sei und der Firmengründer habe dahingehend freie Dispositionsmöglichkeiten. Der Gesellschaftsvertrag lege klar fest, dass der Beschwerdeführer 75 % der Geschäftsanteile halte und sein Partner lediglich 25 %. Auf dieser Grundlage hätte die belangte Behörde feststellen müssen, dass dem Beschwerdeführer schon von Gesetzes wegen ein maßgeblicher Einfluss auf die Beschlüsse der Gesellschaft zukomme. Mehrheitsgesellschafter einer Gesellschaft seien grundsätzlich als selbständig erwerbstätig anzusehen.
Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer im Ergebnis keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Zwar trifft zu, dass es Sache der Gesellschafter selbst ist, die Gesellschaftsanteile im Gesellschaftsvertrag sowie darin auch Regelungen betreffend den Einfluss auf die Geschäftsführung festzulegen. Allerdings ist es Sache der Behörden des Arbeitsmarktservice, auf Grund eines Antrages auf Feststellung gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG den wahren wirtschaftlichen Gehalt des Sachverhaltes zu beurteilen und in Form einer Prognose zu beurteilen, ob der Antragsteller tatsächlich einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft persönlich ausüben werde (vgl. das im Anschluss an eine erfolglose Anfechtung beim Verfassungsgerichtshof ergangene hg. Erkenntnis vom 17. April 2002, Zl. 98/09/0174, und das Erkenntnis vom 21. September 2005, Zl. 2002/09/0175, m.w.N.). Die belangte Behörde ist im vorliegenden Fall frei von Rechtsirrtum und Verfahrensfehlern zu der Prognose gelangt, dass ungeachtet des 75- %igen Anteiles des Beschwerdeführers an der gegenständlichen OG ein wesentlicher persönlicher Einfluss auf die Geschäftsführung durch den Beschwerdeführer nicht anzunehmen war. Der Beschwerdeführer, der bei seiner niederschriftlichen Einvernahme eines Dolmetschers bedurfte, hat in diesem Zusammenhang nämlich etwa die Feststellung des angefochtenen Bescheides unwidersprochen gelassen, dass er von der belangten Behörde nach einzelnen betrieblichen Angelegenheiten wie Personaleinstellung und - entlassung, Führung der Buchhaltung, Kundenakquirierung und rechtliche Belange befragt worden war und dabei mehrfach auf seinen Mitgesellschafter, den Sohn des Übergebers des Betriebes, der allein oder gemeinsam mit ihm für diese Angelegenheiten verantwortlich sein solle, verwiesen hatte. So gab der Beschwerdeführer zur Betriebsstätte an, es sei sein Mitgesellschafter, der alles mit dem Vermieter geregelt habe, und es sei allein dieser, der die Buchhaltung regeln werde.
Dass der Übergeber des Betriebes, der Vater des Mitgesellschafters des Beschwerdeführers hinsichtlich der Führung des Betriebes ein größeres Vertrauen in den Beschwerdeführer setze als in seinen eigenen Sohn, ist ein Vorbringen, das der Beschwerdeführer erst in der Beschwerde erstattet, es unterliegt dem im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltenden Neuerungsverbot.
Die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung erweist sich sohin als schlüssig und der angefochtene Bescheid frei von Rechtsirrtum (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2008, Zl. 2006/09/0023), weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 11. November 2011
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