VwGH 2008/18/0464

VwGH2008/18/046421.11.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätinnen Mag. Merl und Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerden des W A in W, vertreten durch Dr. Susanne Schuh, Rechtsanwältin in 2380 Perchtoldsdorf, Wienergasse 7, gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien, je vom 9. April 2008, 1.) Zl. SD 265/05, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes (hg. Zl. 2008/18/0464), und 2.) Zl. SD 266/05, betreffend Feststellung gemäß § 51 FPG (hg. Zl. 2008/18/0470), zu Recht erkannt:

Normen

FlKonv Art33 Z1;
FrPolG 2005 §50 Abs1;
FrPolG 2005 §50 Abs2;
FrPolG 2005 §51;
EMRK Art1;
EMRK Art2;
EMRK Art3;
EMRK Art8;
FlKonv Art33 Z1;
FrPolG 2005 §50 Abs1;
FrPolG 2005 §50 Abs2;
FrPolG 2005 §51;
EMRK Art1;
EMRK Art2;
EMRK Art3;
EMRK Art8;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.163,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem erstangefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen pakistanischen Staatsangehörigen, ein auf § 87 iVm § 86 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG gestütztes auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei im Oktober 1997 in das Bundesgebiet gelangt und habe einen Asylantrag gestellt, der in erster Instanz abgewiesen worden sei. Am 17. Jänner 2003 habe er eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet, darauf gestützt die Erteilung eines Aufenthaltstitels beantragt und seine Berufung im Asylverfahren zurückgezogen. Anhand der Ergebnisse von Erhebungen sei hervorgekommen, dass es sich bei der Ehe um eine Aufenthaltsehe handle.

Beweiswürdigend legte die belangte Behörde dar, das wiederholte Eingeständnis der Ehefrau sei nachvollziehbar und schlüssig, auch wenn sie zuerst eine aufrechte Ehe bezeugt habe, weil es gerade im Wesen einer Aufenthaltsehe liege, zunächst eine aufrechte Ehe vorzutäuschen. Der Beschwerdeführer bestreite zwar das Vorliegen einer Aufenthaltsehe, habe jedoch dafür keinerlei Beweismittel anbieten können. Ein Video von einer Hochzeitsfeier sei per se nicht geeignet, ein gemeinsames Ehe- und Familienleben zu beweisen. Es sei nicht ersichtlich, wie aus der Existenz eines Hochzeitsvideos auf das Vorliegen eines Ehewillens geschlossen werden solle. Ein gemeinsames Zusammenwohnen sei ohnedies von der Ehefrau eingeräumt worden, allerdings nur für drei Wochen und für eine allfällige Kontrolle seitens der Behörden. Mehr als das ohnedies im angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte "gemeinsame Zusammenleben" sei mit dem Beweisantrag auf Einvernahme des Schwagers des Beschwerdeführers nicht geltend gemacht worden, weshalb diese unterbleiben könne. Das Berufungsvorbringen, der Beschwerdeführer habe in die Eheschließung andere Erwartungen - nämlich die Aufnahme einer Familiengemeinschaft - gesetzt, scheine geradezu zu bestätigen, dass eine solche nie vorgelegen habe. Die vom Beschwerdeführer behaupteten sonstigen Widersprüche in der Aussage der Ehefrau lägen nicht vor, weil die Aussagen über Zahlungen jeweils andere Geldflüsse betroffen hätten. Die angebliche Ehewohnung gehöre dem wirklichen Lebensgefährten der Ehefrau, dessen Aussage, dass der Beschwerdeführer ebenfalls dort wohne, nicht glaubwürdig sei, weil sich auch andere Teile seiner Aussage als wahrheitswidrig erwiesen hätten.

Die belangte Behörde sah es daher als erwiesen an, dass der Beschwerdeführer zur Erlangung eines Aufenthaltstitels eine Aufenthaltsehe geschlossen habe.

Das Fehlverhalten des Beschwerdeführers gefährde die öffentliche Ordnung tatsächlich, erheblich und gegenwärtig und berühre ein Grundinteresse der Gesellschaft.

Bei der Interessenabwägung sei auf die aus der zehnjährigen Dauer des inländischen Aufenthalts ableitbare Integration des Beschwerdeführers mit der Einschränkung Bedacht zu nehmen, dass fünf Jahre auf einen unberechtigten Asylantrag und der Folgezeitraum auf die gegenständliche Aufenthaltsehe gestützt würden. Die familiären Bindungen zu einer Schwester und zwei Brüdern seien infolge deren Volljährigkeit zu relativieren. Auch das Eingehen sämtlicher Beschäftigungsverhältnisse sei dem Beschwerdeführer ausschließlich wegen der Aufenthaltsehe möglich gewesen. Demgegenüber stehe das hohe öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens und an der Verhinderung von Aufenthaltsehen, gegenüber welchem die Auswirkungen des Aufenthaltsverbots auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers keinesfalls schwerer wögen.

2. Mit dem zweitangefochtenen, ebenfalls im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde auf Grund des Antrages des Beschwerdeführers gemäß § 51 FPG festgestellt, es bestünden keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass er in Pakistan (gemäß § 50 Abs. 1 oder 2 FPG) bedroht sei.

Der Beschwerdeführer habe den verfahrenseinleitenden Antrag gleichsam unbegründet gelassen und erst in der Berufung geltend gemacht, bereits im Asylverfahren mehrfach Unterlagen zur Bestätigung seines glaubhaften Fluchtvorbringens vorgelegt zu haben. Er habe als Mitglied der PPP im Fall seiner Rückkehr nach Pakistan mit politischer Verfolgung nicht nur von staatlicher Seite, sondern auch von Privaten, nämlich Anhängern der Opposition zu rechnen. Er sei nach einer Wahlveranstaltung der PPP am 18. Jänner 1997 in seiner Heimatstadt davongelaufen, weil es zu einer Auseinandersetzung zwischen den Mitgliedern der PPP und der PML gekommen sei, wobei zwei Mitglieder der PML getötet worden seien. Zwar habe er mit dem Tod der beiden nichts zu tun gehabt, fürchte jedoch, von der Polizei dahingehend verdächtigt zu werden. In der Berufung im Asylverfahren habe er vorgebracht, er sei bei der Polizei des Mordes angezeigt und von dieser auch gesucht worden.

Die belangte Behörde sprach dem Beschwerdeführer hinsichtlich der behaupteten Verfolgungs- und Gefährdungslage in seiner Heimat die Glaubwürdigkeit ab, weil er entgegen seinen Behauptungen im Asylverfahren keinerlei Unterlagen dazu vorgelegt habe und auch die Feststellung des unabhängigen Bundesasylsenates (UBAS), wonach es für die behauptete Wahlveranstaltung keine Hinweis gebe, nicht habe entkräften können. Er habe auch einräumen müssen, kurz nach der angeblichen Wahlveranstaltung problemlos einen Reisepass erhalten zu haben, obwohl er nach seinen ursprünglichen Angaben einen solchen gar nie besessen und sich nicht am Ausstellungsort des Dokuments befunden habe. Weiters habe er keine konkreten gegen ihn stattgefundenen Verfolgungshandlungen spezifizieren und vor allem nicht darlegen können, weshalb auf Grund der zwischenzeitig geänderten politischen Situation in Pakistan, wo nach den Parlamentswahlen vom 18. Februar 2008 die PPP als stärkste Partei hervorgegangen, mit der PML-M eine Koalitionsregierung geschlossen und Gilani von der PPP als Premier gewählt worden sei, der Beschwerdeführer noch immer bedroht werden sollte. Es fehlten daher stichhaltige Gründe für die Annahme, dass der Beschwerdeführer in Pakistan gemäß § 50 Abs. 1 oder 2 FPG bedroht sei.

3. Gegen die beiden genannten Bescheide richtet sich die Beschwerde mit dem Begehren, sie wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

4. Die belangte Behörde erstattete jeweils eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde und reichte die zunächst beim Verfassungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten gemeinsam zu beiden Beschwerden nach.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbundenen Beschwerden erwogen:

A) Zum Aufenthaltsverbot:

1.1. Die Beschwerde wendet sich zunächst gegen die der Annahme einer Aufenthaltsehe zugrunde liegende Beweiswürdigung, weil der Beschwerdeführer bei der ihm angelasteten Eheschließung, um sich für die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf diese berufen zu können, ohne ein Eheleben zu führen oder führen zu wollen, mit der Erstantragstellung auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung wohl kaum mehr als drei Monate zugewartet hätte. Der Ehewille des Beschwerdeführers könne nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass seine Frau drei Monate nach der Eheschließung einen anderen Mann kennengelernt habe und zu diesem gezogen sei. Seine Ehefrau habe wegen der offenkundig von ihr gesetzten Eheverfehlung keine Scheidungsklage eingebracht, und auch die Staatsanwaltschaft habe keine ausreichenden Verdachtsmomente oder Anhaltspunkte für eine Ehenichtigkeitsklage gefunden.

Dem steht jedoch die Aussage der Ehefrau des Beschwerdeführers entgegen, dass sie mit ihm nur drei Wochen für eine allfällige Kontrolle zusammengewohnt habe und dort trotz Übersiedlung zu ihrem Freund die nach melderechtlichen Vorschriften gebotene Abmeldung nicht vorgenommen habe, um die Aufenthaltsehe "aufrecht zu erhalten". Da nach dem von der belangten Behörde als auch maßgebend bezeichneten erstinstanzlichen Bescheid vom 1. Februar 2005 der Beschwerdeführer die Berufung im Asylverfahren erst am 22. Juli 2003 zurückzog, kann sein Zuwarten mit der Erstantragstellung auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung bis 24. April 2003 eine Missbrauchsabsicht nicht ausschließen. Auch die Mutmaßung des Beschwerdeführers, seine Ehefrau würde eine Aufenthaltsehe fingieren, um trotz von ihr gesetzter Verfehlungen eine Auflösung der Ehe zu erreichen, kann ebenso wenig über das von der belangten Behörde zugrunde gelegte Fehlen eines gemeinsamen Familienlebens hinweghelfen. Im Verwaltungsakt findet sich über die Ankündigung, eine Ehenichtigkeitsklage bei der Staatsanwaltschaft anzuregen (AS 144), nichts zum weiteren Verlauf dieser Maßnahme, sodass nicht von einem Unterbleiben einer dahingehenden Antragstellung durch die Staatsanwaltschaft wegen fehlender Verdachtsmomente ausgegangen werden kann. Die behördliche Beweiswürdigung stellt sich sohin gemessen an der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Prüfbefugnis insoweit nicht als unschlüssig dar.

1.2. Als Verfahrensmangel macht der Beschwerdeführer die unterbliebene Anhörung seines von ihm als Zeugen beantragten Schwagers zum Beweis des Ehewillens und des gemeinsamen Zusammenlebens geltend, ohne allerdings konkret darzulegen, was der Zeuge hätte aussagen können und zu welchen konkreten Feststellungen die belangte Behörde im Fall der Vernehmung hätte kommen können. Die Beschwerdeausführung, der Schwager hätte die Angaben des Beschwerdeführers, wonach die Eheschließung nicht rechtsmissbräuchlich erfolgt sei, bestätigt, betrifft lediglich eine Rechtsfrage und keine konkreten Umstände, Vorfälle oder Begebenheiten, aus denen auf ein tatsächliches Eheleben hätte geschlossen werden können. Die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels wird somit nicht dargetan (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2011, Zl. 2009/18/0010).

Vor diesem Hintergrund begegnet letztlich die Auffassung der belangten Behörde, es sei auf Grund der vorliegenden Beweisergebnisse der Schluss gerechtfertigt, es liege eine Aufenthaltsehe vor, keinen Bedenken.

2. Die vom Beschwerdeführer zitierten Erkenntnisse betreffend Wegfall der Gefährdung der öffentlichen Ordnung wegen fünf Jahre oder länger zurückliegenden rechtsmissbräuchlichen Eingehens der Ehe sind zum Fremdengesetz 1997 - FrG ergangen. Diese Judikatur wurde für den Anwendungsbereich des FPG nicht übernommen, zumal sie in einen Wertungswiderspruch zu § 60 Abs. 2 Z. 6 FPG geraten würde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 12. April 2011, Zl. 2007/18/0869, mwN).

3. Im Rahmen der Interessenabwägung begehrt der Beschwerdeführer eine stärkere Bedachtnahme auf seinen über zehn Jahre dauernden Aufenthalt in Österreich, wo auch seine Schwester und zwei Brüder leben, kaum noch bestehende Verbindungen zu seiner Familie, seinen Freunden und Bekannten in Pakistan, seine Beschäftigung und Unbescholtenheit. Im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer erlangte Integration führte die belangte Behörde zu Recht ins Treffen, dass sie durch das mehr als fünf Jahre dauernde Asylverfahren, dessen Antrag sich als unberechtigt erwiesen hat, und in weiterer Folge durch die gegenständliche Aufenthaltsehe zu relativieren ist, und dass alle Beteiligten längst volljährig sind. In Anbetracht des Fehlverhaltens des Beschwerdeführers kann der Auffassung der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgeht, die Auswirkungen des Aufenthaltsverbots auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers wögen trotz des langen Aufenthaltes und seiner Berufstätigkeit im Bundesgebiet keinesfalls schwerer, als das in seinem Fehlverhalten gegründete hohe öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung.

4. Da dem erstangefochtenen Bescheid sohin die behaupteten Rechtsverletzungen nicht anhaften, war die dagegen erhobene Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

B) Zur Abweisung des Antrags auf Feststellung, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestehen, der Beschwerdeführer sei in Pakistan gemäß § 50 Abs. 1 oder 2 FPG bedroht:

1. Im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 51 Abs. 1 FPG hat der Fremde das Bestehen einer aktuellen, also im Fall seiner Abschiebung in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 50 Abs. 1 oder Abs. 2 FPG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mit konkreten, die Person des Fremden betreffenden, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben darzutun ist. Ebenso wie im Asylverfahren ist auch bei der Beurteilung des Vorliegens einer Gefahr gemäß § 50 Abs. 1 oder Abs. 2 FPG im Verfahren gemäß § 51 FPG die konkrete Einzelsituation in ihrer Gesamtheit, gegebenenfalls vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse, in Form einer Prognose für den gedachten Fall der Abschiebung des Antragstellers in diesen Staat zu beurteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. September 2011, Zl. 2007/18/0864).

2. Zur Bekämpfung des zweitangefochtenen Bescheides macht der Beschwerdeführer geltend, dass an seinem bereits im Verwaltungsverfahren erstatteten Berufungsvorbringen, wonach im Fall seiner Abschiebung mit behördlichen Nachforschungen über die Gründe für das Verlassen von Pakistan, Befragungen und Anhaltungen zu rechnen sei, auch der nunmehrige Machtwechsel in Pakistan nichts zu ändern vermöge. Im November 2007 sei nämlich die Verfassung Pakistans außer Geltung gesetzt und in weiterer Folge massiven Änderungen unterworfen worden. Vollständige amtswegige Ermittlungen hätten zu einer Anfrage an die PPP führen müssen, ob am 18. Jänner 1997 die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Wahlveranstaltung stattgefunden habe und dass es bei Ausschreitungen zum Tod zweier Mitglieder der PML gekommen sei. Über Anfrage der belangten Behörde hätten pakistanische Behörden darüber Auskunft erteilen können, ob gegen den Beschwerdeführer Anzeige wegen Mordes erstattet oder ein Haftbefehl erlassen worden sei.

Auf das von der belangten Behörde in dem Zusammenhang herangezogene zentrale Argument, die PPP, als deren Mitglied der Beschwerdeführer verfolgt zu sein behauptet, sei bei den Parlamentswahlen vom 18. Februar 2008 als stärkste Partei hervorgegangen und sie habe mit der PML eine Koalitionsregierung geschlossen, geht der Beschwerdeführer, der diese Umstände in seiner Befragung durch die belangte Behörde am 26. März 2008 nicht in Abrede stellte, nicht ein. Die vom Beschwerdeführer vor Erlassung des angefochtenen Bescheids vorgelegten Dokumente gehen ins Leere, weil sie überwiegend aus der Zeit vor den Parlamentswahlen stammen und die einzige danach erstellte Urkunde eine partielle Reisewarnung des Außenministeriums für andere Provinzen vor Terroranschlägen gegen Militärpersonen, Polizisten, Politiker und andere staatliche Funktionäre oder auch gegen religiöse Minderheiten und deren Anhänger zum Inhalt hat. Der in der Beschwerde nun zitierte periodische Rückblick des HRW datiert - wie von der belangten Behörde in der Gegenschrift zutreffend aufgezeigt - laut der ausgewiesenen Internetadresse vom 11. April 2008, also zwei Tage nach Erlassung des angefochtenen Bescheides. Unabhängig davon geht dieses Dokument mit keinem Wort auf die politische Situation anlässlich der Parlamentswahlen vom 18. Februar 2008 ein, sodass nicht ersichtlich ist, warum der Beschwerdeführer als PPP-Mitglied nun unter einer von dieser Partei geführten Regierung verfolgt oder bedroht werden sollte. Darüber hinaus stellen die vom Beschwerdeführer verlangten Ermittlungen in Richtung eines gegen ihn ausgestellten Haftbefehls eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung dar (§ 41 Abs. 1 VwGG).

3. Die vom Beschwerdeführer verlangte Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK hat nicht im Verfahren nach § 51 FPG zu erfolgen, weil in dem darin zitierten § 50 Abs. 1 FPG explizit auf Art. 2 und 3 EMRK sowie auf das Protokoll Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe, und in § 50 Abs. 2 auf Art. 33 Z. 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge verwiesen wird. Die von Art. 8 EMRK geschützten Interessen sind vielmehr im Verfahren über das Aufenthaltsverbot zu beachten (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. April 2006, Zl. 2005/18/0622, und vom 24. November 2009, Zl. 2009/21/0262, mwN).

4. Der Beschwerde über den zweitangefochtenen Bescheid kommt daher ebenso wenig Berechtigung zu, weshalb auch sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

C) Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Der Vorlageaufwand war dem Bund nur einmal zuzusprechen, weil es sich bei den vorgelegten Verwaltungsakten um einen zu beiden Verfahren gemeinsamen Akt gehandelt hat.

Wien, am 21. November 2011

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