VwGH 2008/18/0027

VwGH2008/18/002722.3.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl sowie die Hofräte Mag. Haunold und Mag. Straßegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde der BY in W, vertreten durch Mag. Oliver Ertl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Riemergasse 14, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 1. März 2007, Zl. E1/22450/2007, betreffend Erlassung einer Ausweisung gemäß § 54 FPG, zu Recht erkannt:

Normen

NAG 2005 §2 Abs1 Z15;
NAG 2005 §47 Abs3;
NAG 2005 §2 Abs1 Z15;
NAG 2005 §47 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde die Beschwerdeführerin, eine chinesische Staatsangehörige, gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) aus dem Bundesgebiet aus.

Begründend führte die belangte Behörde - auf das hier Wesentliche zusammengefasst - aus, der Beschwerdeführerin sei erstmals am 17. September 2004 nach den damals geltenden Vorschriften des Fremdengesetzes 1997 (FrG) eine Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittsta. - § 49 Abs. 1 FrG" erteilt worden. Die "fremdenrechtliche Begünstigung" habe die Beschwerdeführerin von ihrem Schwiegersohn, der österreichischer Staatsbürger und seit dem Jahr 2002 mit ihrer Tochter verheiratet sei, abgeleitet. Darüber hinaus habe dieses Ehepaar mittlerweile zwei Kinder.

Am 30. August 2005 habe die Beschwerdeführerin die Verlängerung ihrer Niederlassungsbewilligung begehrt. Da die Niederlassungsbehörde bei der Beurteilung nach dem - nunmehr anzuwendenden - Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) die Ansicht vertreten habe, die nach diesem Gesetz aufzubringenden Unterhaltsmittel lägen nicht vor, habe sie ein Verfahren gemäß § 25 NAG eingeleitet und sei in weiterer Folge an die Fremdenpolizeibehörde herangetreten.

Es sei - so die belangte Behörde in ihrer Begründung weiter - davon auszugehen, dass das vorhandene "Nettofamilieneinkommen" EUR 1.300,-- betrage. Für die Beschwerdeführerin sei nach dem Richtsatz des § 293 ASVG ein Betrag von EUR 726,-- aufzubringen. Mit dem festgestellten Nettoeinkommen von EUR 1.300,-- sei es aber nicht möglich, sowohl den Lebensunterhalt für den Zusammenführenden und dessen Familie, also dessen Ehefrau (die Tochter der Beschwerdeführerin) sowie die gemeinsamen zwei Kinder (Enkel der Beschwerdeführerin), als auch für die Beschwerdeführerin sicherzustellen. Das im Verfahren geltend gemachte Sparguthaben von EUR 10.000,-- könne bei der Berechnung der zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel nicht berücksichtigt werden.

Im Weiteren legte die belangte Behörde dar, weshalb ihrer Ansicht nach die Erlassung der Ausweisung auch unter dem Blickwinkel des § 66 FPG zulässig sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 14. Dezember 2007, B 615/07-6, ablehnte und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - im Verfahren ergänzte - Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Zunächst ist hinsichtlich der Berechnung der insgesamt aufzubringenden Mittel auf das hg. Erkenntnis vom 18. März 2010, Zl. 2008/22/0637, zu verweisen, in dem der Verwaltungsgerichtshof mit ausführlicher Begründung für Konstellationen, wie sie auch hier vorliegt, jene Grundsätze dargelegt hat, nach denen die Beurteilung, ob ausreichende Unterhaltsmittel vorliegen, vorzunehmen ist. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird daher insoweit auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen (vgl. auch das diese Grundsätze auf einen Fall des - so wie hier relevanten - § 47 Abs. 3 Z 1 NAG anwendende hg. Erkenntnis vom 29. April 2010, Zlen. 2009/21/0304, 0305). Unter Heranziehung der dort dargestellten Berechnungsgrundsätze - nach den damals gültigen Richtsätzen des § 293 Abs. 1 ASVG ergibt sich für den Lebensunterhalt der Familie des Zusammenführenden ein Betrag von EUR 1.243,32 und für die Beschwerdeführerin von EUR 726,--; sohin insgesamt notwendige monatliche Mittel von EUR 1.969,32 - kann der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie davon ausgeht, dass das festgestellte Einkommen von EUR 1.300,-- an sich nicht ausreiche, sowohl den Lebensunterhalt des Zusammenführenden und seiner Familie (also unter Berücksichtigung der Ehefrau und der beiden minderjährigen Kinder) als auch der Beschwerdeführerin sicherzustellen.

Sohin kommt aber - worauf in der Beschwerde zu Recht hingewiesen wird - dem Umstand Bedeutung zu, dass auch ein Sparguthaben von EUR 10.000,-- vorliegt. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Spareinlagen als taugliche Unterhaltsmittel zu berücksichtigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. April 2010, Zl. 2008/22/0835, mwN), womit im vorliegenden Fall der monatliche Fehlbetrag von EUR 669,32 für den in Aussicht genommenen Zeitraum der Gültigkeit des begehrten Aufenthaltstitels (vgl. § 20 Abs. 1 NAG), worauf abzustellen ist (vgl. wiederum das bereits genannte Erkenntnis vom 15. April 2010), abgedeckt ist. Hinweise dafür, dass das Sparguthaben nicht für die Beschwerdeführerin zur Verfügung stünde, gibt es nach der Aktenlage nicht. Die dem angefochtenen Bescheid - implicit - entnehmbare anderslautende Ansicht der belangten Behörde ist in keiner Weise nachvollziehbar begründet.

Sohin hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhalts belastet, weshalb er aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 22. März 2011

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