VwGH 2008/15/0126

VwGH2008/15/012631.5.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des R S in S, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 7. Jänner 2008, Zl. RV/1277- L/06, betreffend Umsatzsteuer 2003, zu Recht erkannt:

Normen

31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art17 Abs1;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2 litd idF 1996/201;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2;
UStG 1994 §12 Abs2 Z2 lita;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art17 Abs1;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2 litd idF 1996/201;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2;
UStG 1994 §12 Abs2 Z2 lita;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist als Primar in einem Krankenhaus nichtselbständig und in einer Gemeinschaftsordination selbständig tätig. Daneben betätigt er sich in seinem Fach als wissenschaftlich Vortragender und publiziert in Fachzeitschriften.

Im Ergebnis einer abgabenbehördlichen Prüfung versagte das Finanzamt dem Beschwerdeführer den Vorsteuerabzug für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer im Wesentlichen mit der Begründung, dass der Beschwerdeführer schon vor der Fertigstellung des Arbeitszimmers publiziert habe und die möglicherweise angenehmere Arbeitsatmosphäre zu Hause nicht für die Annahme der Notwendigkeit des Arbeitszimmers ausreiche.

In der gegen den Umsatzsteuerbescheid 2003 eingebrachten Berufung sprach sich der Beschwerdeführer für eine analoge Anwendung der zum Arbeitszimmer von Musikern ergangenen Rechtsprechung auch auf wissenschaftlich Vortragende aus. Um die wissenschaftlichen Fertigkeiten zu erhalten und zu steigern, müsse wie bei diesen eine kontinuierliche und ununterbrochene Tätigkeit vorliegen. Bei der herrschenden Informationsflut und Schnelligkeit der wissenschaftlichen Entwicklung führe auch eine nur teilweise Unterbrechung der wissenschaftlichen Tätigkeit dazu, dass ein Wissenschaftler nicht mehr wahrgenommen und auch nicht mehr zu Vorträgen und Kongressen eingeladen würde.

Da die Erarbeitung von Publikationen und Vorträgen oft über Wochen an den Abenden, Wochenenden und Feiertagen erfolge, müsse der Beschwerdeführer Bücher und Fundstellen aufgeschlagen liegen lassen können. Auch könnte diese Tätigkeit nicht im Krankenhausbüro oder in der angemieteten Gemeinschaftsordination ausgeübt werden. Seit der Schaffung des Arbeitszimmers könne der Beschwerdeführer effektiver und effizienter arbeiten.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie stützte sich hierbei auf folgende Erwägungen:

"(Der Verwaltungsgerichtshof habe ausgeführt, die) '… Möglichkeit zur Erzielung von Einkünften eines Berufsmusikers kann nur durch die tägliche intensive und dauernde Arbeit am Instrument erhalten werden.'

Genau in diesem Bereich gestaltet sich jedoch der Unterschied zur Tätigkeit des (Beschwerdeführers). - Er benutzt sein Arbeitszimmer ja nicht dazu um Körper und Geist fit zu halten, zu memorieren, zu entspannen u.ä. um in der Folge dadurch erst fähig zu werden, seine wissenschaftliche Arbeit zu verrichten, sondern gestaltet sich seine im Arbeitszimmer ausgeübte Tätigkeit folgendermaßen: Die in seiner Tätigkeit als Primar und Abteilungsleiter im Krankenhaus bzw. als selbstständig tätiger Arzt in seiner Ordination gesammelten Erfahrungen verwertet er - zusammen mit ständig gewonnenem Wissen aus 'Vorzeiten' (wie Studium, Lesen von Fachliteratur und ähnlichem) wie aus der Gegenwart (ebenso durch Lesen von wissenschaftlicher Literatur u. ä.) - in Vorträgen. D.h., dass seine wissenschaftliche Tätigkeit nicht zur Bedingung der Möglichkeit ärztlicher Tätigkeit wird, sondern umgekehrt sie aus dem 'Substrat' seiner ärztlichen Tätigkeit hervorgeht, ebenso wie sie auch aus der Beschäftigung mit wissenschaftlicher Literatur u.ä. stammt.

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