VwGH 94/15/0063

VwGH94/15/006323.5.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Steiner, Dr. Mizner und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde der J in O, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 22. Februar 1994, Zl. GA 5-1598/94, betreffend Berücksichtigung von Werbungskosten im Zuge der Durchführung des Jahresausgleichs für das Jahr 1992, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §16 Abs1;
EStG 1972 §20 Abs1;
EStG 1972 §4 Abs4;
EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §20 Abs1;
EStG 1972 §16 Abs1;
EStG 1972 §20 Abs1;
EStG 1972 §4 Abs4;
EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §20 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin bezog im Streitjahr als Hauptschullehrerin für Englisch, Biologie, Musik und Zeichnen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und bewohnte mit ihrer Tochter einen Wohnungsverband, bestehend aus vier Zimmern samt Nebenräumen, mit einer Wohnfläche von ca. 115 m2. Im Zuge der Durchführung des Jahresausgleichs für das Jahr 1992 machte sie Aufwendungen für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer von 12 m2 geltend.

Eine daraufhin durchgeführte Nachschau gemäß § 144 BAO ergab, daß die Einrichtung dieses Raumes u.a. auch aus einem - in der angefertigten Niederschrift als "Couch" bezeichneten - Bett bestand und dort u.a. auch zehn Alben für private Fotos und Schulfotos, zwei Garnituren Bettzeug, ca. zwanzig Tischtücher und sechs Polster für Gartenmöbel aufbewahrt wurden. In der Niederschrift gab die Beschwerdeführerin ihre tägliche Arbeitszeit im Arbeitsraum mit zwei bis drei Stunden an. Auf Grund dieser Ermittlungen erkannte das Finanzamt im Jahresausgleichsbescheid für 1992 die geltend gemachten Aufwendungen für das Arbeitszimmer nicht an, da der Raum nicht ausschließlich beruflich genutzt werde und die darin durchgeführten Arbeiten nur geringen Umfang hätten.

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung führte die Beschwerdeführerin im wesentlichen aus, eine private Nutzung des Arbeitszimmers sei auszuschließen, da die Einrichtung - wie aus den beiliegenden Fotos ersichtlich - für einen Wohnraum atypisch und ein privater Nutzungsbedarf auf Grund der Größe des Wohnverbands nicht gegeben sei. Die Tischtücher würden ausschließlich für Schulbuffets verwendet. Im übrigen müsse es unbenommen sein, geistige Arbeit im Liegen zu erledigen. Zur Notwendigkeit eines Arbeitszimmers verwies sie auf den in ihrer Schule bestehenden Raummangel, sodaß dort ein geeigneter Arbeitsplatz nicht zur Verfügung stehe. Außerdem bezifferte sie den Umfang der im Arbeitszimmer durchgeführten Unterrichtsvorbereitungen und Korrekturtätigkeiten mit ca. 23 Stunden wöchentlich.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Begründend führte sie aus, eine unbedingte berufliche Notwendigkeit des Arbeitszimmers für die Vorbereitungs- und Korrekturtätigkeit würde - unter Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1969, Zl. 205/68 - selbst bei einem Ausmaß von ca. 30 Stunden nicht vorliegen. Auch sei die (nahezu) ausschließliche berufliche Nutzung des Raumes zu verneinen, da die Aufbewahrung der Polster für die Gartenmöbel in keinem und die der og. Tischtücher in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit den Unterrichtsfächern der Beschwerdeführerin stünden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf lohnsteuermindernde Berücksichtigung von Werbungskosten sowie in näher bezeichneten verfahrensrechtlichen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer am 15. Juni 1994 eingebrachten Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde unter Zusprechung der im Spruch genannten Kosten beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist ausschließlich die Frage der Anerkennung von Aufwendungen für einen als Arbeitszimmer genutzten Raum im häuslichen Wohnungsverband strittig.

Nach der hg. Rechtsprechung sind Aufwendungen für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer als Werbungskosten anzuerkennen, wenn ein beruflich verwendetes Arbeitszimmer nach der Art der Tätigkeit des Steuerpflichtigen notwendig ist und der zum Arbeitszimmer bestimmte Raum tatsächlich ausschließlich oder nahezu ausschließlich beruflich genutzt wird (vgl. beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom 20. Dezember 1994, Zl. 90/14/0229; 8. Februar 1989, Zl. 85/13/0220, VwSlg. 6381/F, und 21. Juli 1993, Zl. 92/13/0177). Eine private Benutzung eines Arbeitszimmers ist nach der hg. Rechtsprechung dann unschädlich, wenn sie von untergeordneter Bedeutung ist und daher eine nahezu ausschließliche berufliche Nutzung des Arbeitszimmers besteht (vgl. beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom 23. April 1985, Zl. 84/14/0119; 3. Juni 1992, Zl. 91/13/0115, und 20. Dezember 1994, Zl. 90/14/0229).

Im Beschwerdefall verneinte die belangte Behörde eine berufliche Notwendigkeit des Arbeitszimmer für die Unterrichtsvorbereitung und Korrekturtätigkeit zu Unrecht gestützt auf das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1969, Zl. 205/68, dem sie einen falschen Inhalt unterlegte. In diesem Erkenntnis ging es nicht um die Frage der beruflichen Notwendigkeit, sondern um die (nahezu) ausschließliche berufliche Nutzung des Arbeitszimmers. Unterstellt man die Richtigkeit der von der belangten Behörde im Verwaltungsverfahren ungeprüft und unwidersprochen gebliebenen Behauptungen der Beschwerdeführerin, auf Grund der Raumnot an der Schule stünde ihr dort kein geeigneter Arbeitsplatz zur Verfügung und sie arbeite im Arbeitszimmer ca. 23 Stunden wöchentlich, wäre vielmehr von der beruflichen Notwendigkeit des Arbeitszimmers auszugehen gewesen (vgl. dazu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 20. April 1995, Zl. 92/13/0032).

Die belangte Behörde gelangt aber im Ergebnis zu Recht zur Verneinung der (nahezu) ausschließlichen beruflichen Nutzung des Arbeitszimmers. Zwar weist die Aufbewahrung der (Schul-)Tischtücher einen Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit der Beschwerdeführerin als Lehrerin auf, sodaß sie als berufliche Nutzung des Arbeitszimmers angesehen werden kann. Jedenfalls aber liegt eine private Nutzung des Arbeitszimmers in der Aufbewahrung der Gartenmöbelpolster, der privaten Photoalben und der Bettzeuggarnituren. Auch deutet die im Verwaltungsverfahren festgestellte Einrichtung des Raums, die u.a. mit einem Bett ein für einen Wohnraum typisches Möbel aufweist, unter objektiven Gesichtspunkten auf eine auch private Nutzung hin, zumal die Beschwerdeführerin dazu keine besonderen Umstände vorbringt, die eine Zuordnung dieses Möbels zur beruflichen (Nutzungs-)Sphäre nachvollziehbar machen könnten. Ihr Hinweis im Verwaltungsverfahren auf die bloße Möglichkeit, geistige Arbeit im Liegen zu verrichten, genügt dem nicht. Bei der Abgrenzung zwischen privater und beruflicher Nutzung eines Raums in diesem Zusammenhang ist auf objektive Kriterien abzustellen, da in subjektiver Hinsicht jedes Möbel beruflich (betrieblich) genutzt werden kann.

Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ist es angesichts des im Verwaltungsverfahren festgestellten Sachverhalts betreffend die tatsächliche private Nutzung und die mögliche private Nutzung auf Grund der Einrichtung - auch unter Berücksichtigung der Wohnungsgröße - nicht unschlüssig, wenn die belangte Behörde davon ausgegangen ist, es liege keine (nahezu) ausschließliche berufliche Nutzung des Raums vor. Sie hat daher die Aufwendungen für diesen Raum zu Recht nicht als Werbungskosten anerkannt.

Die Beschwerdeausführungen bezüglich der behaupteten Verletzung von Verfahrensvorschriften betreffen zum einen vom Verwaltungsgerichtshof als für den Spruch des angefochtenen Bescheides nicht tragend erkannte Begründungselemente und weisen zum anderen nur darauf hin, die belangte Behörde hätte nicht berücksichtigt, daß bei den gegebenen Familienverhältnissen und einer Wohnfläche von 115 m2 "praktisch kein Bedarf an einer privaten Nutzung des Arbeitsraums" bestehe. Damit zeigt die Beschwerdeführerin keine Kriterien auf, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu einem anderen Ergebnis und damit zu einem anderen Bescheid hätten führen können.

Auf Grund des Gesagten mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz entspricht der beantragten Höhe und stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

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