Normen
EStG 1972 §16 Abs1;
EStG 1972 §7 Abs1;
EStG 1972 §16 Abs1;
EStG 1972 §7 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.620,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist als Linienpilot bei Austrian Airlines beschäftigt. Für das Kalenderjahr 1988 beantragte er die Berücksichtigung erhöhter Werbungskosten durch eine entsprechende Eintragung auf der Lohnsteuerkarte. Bei Ermittlung des monatlichen Freibetrages versagte das Finanzamt unter anderem den Aufwendungen für das Arbeitszimmer im Wohnhaus des Beschwerdeführers die Anerkennung als Werbungskosten. Art und Umfang der zu Hause verrichteten Tätigkeiten ließen die Errichtung eines Arbeitszimmers nicht notwendig erscheinen.
Gegen den Bescheid des Finanzamtes erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung und führte begründend aus, daß seine Tätigkeit ein häusliches Arbeitszimmer erfordere, weil jener Raum, den der Arbeitgeber etwa 300 Piloten zur gemeinsamen Benützung zur Verfügung stelle, für Weiterbildung und umfassende Flugeinsatzvorbereitung ungeeignet sei.
Auf Ersuchen der belangten Behörde um genaue Beschreibung seiner Tätigkeit und Bekanntgabe, wieviele Stunden seiner Arbeitszeit er am Flughafen bzw. zu Hause verbringe, teilte der Beschwerdeführer mit, die spezielle Vorbereitung eines Flugeinsatzes, insbesondere das Studium der zu befliegenden Strecke, beanspruche durchschnittlich zwei Stunden, eine Stunde hievon bereite er sich regelmäßig in seinem Arbeitszimmer vor. Für das laufende Aktualisieren und Auffrischen des erforderlichen flugspezifischen Wissenstandes könne ein Zeitaufwand von ca. zehn Stunden pro Woche veranschlagt werden. Im Zusammenhang mit der Vorbereitung auf periodische, zur Beibehaltung der Fluglizenz erforderliche Prüfungen benötige er hundert Stunden im Jahr. Insgesamt bringe er mit Vorbereitung und Fortbildung rund 700 Stunden jährlich im Arbeitsraum zu. Im übrigen betonte der Beschwerdeführer neuerlich, daß ihm jener allen Piloten zur Benützung dienende Raum im Flughafenbereich ein intensives Studium der komplizierten beruflichen Materien nicht erlaube. Der Hauptgrund für die Errichtung des Arbeitsraumes sei nicht in der Lagerkapazität für vom Arbeitgeber bereitgestellte Unterlagen gelegen, wofür auch ein größeres Regal in einem Wohnraum genügen würde, vielmehr sei die Notwendigkeit gegeben, über ein Zimmer zu verfügen, in dem er ungestört arbeiten könne. In den Wohnräumen des Hauses, die auch von seiner Ehegattin und Tochter benutzt werden, könne dies von ihm nicht erwartet werden.
Mit der numehr angefochtenen Berufungsentscheidung gab die belangte Behörde in der Frage des Arbeitszimmers der Berufung keine Folge. In der Bescheidbegründung stützte sie sich auf in gleichgelagerten Fällen beim Arbeitgeber des Beschwerdeführers durchgeführte Ermittlungen, die ergeben hätten, daß die Piloten zu dauernder und gewissenhafter Flugvorbereitung, zur Up-to-date-Haltung diverser Dienstbücher und schriftlicher Anordnungen verpflichtet seien. Zur Aufrechterhaltung der Gültigkeit der Linienpilotenlizenz seien zweimal jährlich umfassende Prüfungen am Flugsimulator sowie einmal jährlich ein Simulator-Refresher zu absolvieren. Einarbeitungen von Berichtigungen in das Route-Manual hätten einmal wöchentlich, in das Flight-Operations-Manual und das Aircraft-Operations-Manual durchschnittlich einmal monatlich zu erfolgen. Zur Aufbewahrung der Fachliteratur benötige der Pilot eine Regalstellwand im Ausmaß von ca. 85 cm. Der geringe Umfang der aufzubewahrenden Unterlagen lasse dem Dienstgeber die Haltung eines Arbeitszimmers für deren Unterbringung und Up-to-date-Haltung entbehrlich erscheinen. Den strittigen Aufwendungen fehle daher der Werbungskostencharakter.
Die vorliegende Beschwerde macht sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Grundsätzlich sind anteilig auf ein Arbeitszimmer im Wohnhaus des Abgabepflichtigen entfallende Aufwendungen, wie die Absetzung für Abnutzung, anteilige Finanzierungs- und Energiekosten, nur dann als Werbungskosten anzuerkennen, wenn die ausgeübte Tätigkeit ein ausschließlich beruflichen Zwecken dienendes Arbeitszimmer im Wohnbereich unbedingt notwendig macht und wenn auch tatsächlich ein Raum entsprechend eingerichtet und genutzt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. November 1990, 89/13/0145).
Die belangte Behörde bezweifelt nicht, daß Familienstand und räumliche Verhältnisse im Wohnhaus des Abgabepflichtigen die Einrichtung eines Arbeitsraumes zulassen. Sie bestreitet jedoch, daß im Rahmen der Tätigkeit eines Piloten außerhalb der Flughafengebäude zu leistende Vorbereitungs- und Fortbildungsarbeiten in solch einem Ausmaß anfallen, daß die ausschließliche oder nahezu ausschließliche Nutzung eines Raumes des Wohnbereiches für berufliche Zwecke erforderlich wird.
Der belangten Behörde ist grundsätzlich beizupflichten, wenn sie die Ansicht vertritt, daß nicht jede geringfügige berufliche Nutzung eines Raumes zu Werbungskosten führen könne. Nach übereinstimmender Auffassung von Lehre und Rechtsprechung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. November 1990, 89/13/0042, sowie Hofstätter - Reichel, Kommentar zu § 16 Abs. 1 EStG 1972, allgemein, Tz 7, Stichwort "Arbeitszimmer") ist davon auszugehen, daß Arbeitnehmern in der Regel am Arbeitsort ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht, sodaß ein häusliches Arbeitszimmer nicht erforderlich ist.
Sollen Aufwendungen für einen Raum Werbungskosten darstellen, muß die berufliche Verwendung des Raumes ein Ausmaß erreichen, das das Vorhandensein eines beruflichen Arbeitszimmers notwendig erscheinen läßt. Erweist sich eine außerhalb des Arbeitsplatzes zu verrichtende Tätigkeit jedoch als geringfügig, ist es dem Abgabepflichtigen selbst bei beengten Raumverhältnissen zuzumuten, diese in seiner dem Haushalt dienenden Wohnung durchzuführen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. März 1990, 89/13/0102).
Im vorliegenden Fall steht nicht in Streit, daß Austrian Airlines ihren Piloten einen großen Raum im Flughafenbereich zur gemeinsamen Benutzung zur Verfügung stellen. Der Beschwerdeführer sieht sich aber außerstande, in diesem Raum, in dem "ein ständiges Kommen und Gehen herrscht", konzentriert zu arbeiten. Im Rahmen des von der belangten Behörde durchgeführten Vorhalteverfahrens hat der Beschwerdeführer detailliert aufgeschlüsselt, wieviel an Arbeitszeit er für Flugeinsatzvorbereitung, Wissenserweiterung und Prüfungsvorbereitung benötigt und in welchem Ausmaß er hiefür den Arbeitsraum in Anspruch nimmt.
Soweit der Beschwerdeführer der belangten Behörde vorwirft, sie habe es verabsäumt, sich mit den in diesem Zusammenhang vorgebrachten Argumenten auseinanderzusetzen, kommt seiner Verfahrensrüge Berechtigung zu.
Die belangte Behörde hat über den zeitlichen Umfang der zwingend erforderlichen beruflichen Tätigkeit des Beschwerdeführers in seinem Arbeitsraum in keiner Weise ausreichende Feststellungen getroffen und ihren Bescheid insoweit unzureichend begründet. Ohne auf die konkreten Ausführungen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren im geringsten einzugehen, stützt der angefochtene Bescheid seine Sachverhaltsannahmen ausschließlich auf - zudem in den Verwaltungsakten nicht einliegende und daher dem Nachvollzug durch den Verwaltungsgerichtshof unzugängliche - Auskünfte der Austrian Airlines in ähnlich gelagerten Fällen, wonach die Unterbringung der zum laufenden Studium benötigten Unterlagen und Fachliteratur ein eigenes Arbeitszimmer nicht erfordere. Diese Begründung geht überdies noch deswegen an der Sache vorbei, weil der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren unmißverständlich klargestellt hat, daß es nicht die Lagerung von Unterlagen und Fachliteratur ist, deretwegen er den häuslichen Arbeitsraum benötigt, sondern das Erfordernis konzentrierter Vorbereitungsarbeit. Ob die belangte Behörde dem im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen des Beschwerdeführers über den berufsbedingt nötigen störungsfreien Arbeitszeitaufwand geglaubt hat und verneinendenfalls, angesichts welcher entgegenstehender Beweisergebnisse nicht, läßt sich der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht entnehmen. Der in der Gegenschrift - im übrigen immer noch unzureichend - unternommene Versuch, die essentiell fehlende Begründung nachzutragen, kann den vorliegenden Mangel nicht mehr heilen (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 607 zitierte hg. Judikatur).
Die belangte Behörde hat mit ihrer die inhaltliche Prüfung des Bescheides hindernden Unzulänglichkeit der Begründung Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, weshalb der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991, gemäß § 59 Abs 1 VwGG beschränkt durch den Umfang des gestellten Antrages.
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