VwGH 2008/03/0168

VwGH2008/03/016830.6.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, in der Beschwerdesache des J P in W, vertreten durch Dr. Andreas Braunbruck, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Moosstraße 58c, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 8. Oktober 2008, Zl LF1-J-139/061-2008, betreffend Versagung einer Ausnahmebewilligung von den Schonvorschriften, den Beschluss gefasst:

Normen

AHG 1949 §11;
B-VG Art130 Abs1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
AHG 1949 §11;
B-VG Art130 Abs1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Der Beschwerdeführer ersuchte für das Eigenjagdgebiet U mit Eingabe vom 7. März 2008 (unter Anschluss des Abschussplanes einschließlich der Abschussanträge für die Jagdjahre 2008, 2009 und 2010) um Verkürzung der Schonzeit für Schmalgeißen und Jährlingsböcke um einen Monat (dh Schusszeit ab 1. April 2008), zur Vermeidung von Wildschäden (Verbissschäden) im Interesse der Forstwirtschaft.

2. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde dieser Antrag gemäß § 76 des NÖ Jagdgesetzes 1974 ("Verkürzung der Schonzeit, Ausnahmen") iVm § 22 Abs 1 Z 1 lit b und c der NÖ Jagdverordnung ("Schusszeiten") abgewiesen.

3. Mit Verfügung vom 9. Juni 2010 wurde der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass der Zeitraum der beantragten Maßnahmenbewilligung mit 30. April 2008 abgelaufen sei. Er wurde um Stellungnahme ersucht, ob er sich durch den angefochtenen Bescheid weiterhin in seinen subjektiven Rechten verletzt erachte, zumal vorerst nicht erkennbar sei, dass der Beschwerdeführer angesichts des Ablaufs des beantragten Zeitraums der mit dem angefochtenen Bescheid versagten Maßnahmenbewilligung durch eine allfällige Aufhebung des bekämpften Bescheides bessergestellt werden könnte.

In seiner Stellungnahme dazu räumte der Beschwerdeführer ein, dass der beantragte Zeitraum abgelaufen sei und er durch eine allfällige Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht mehr bessergestellt werden könnte, weil sich Versäumtes nicht mehr nachholen ließe. Dennoch käme der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs mehr als bloß abstrakt-theoretische Bedeutung zu. Ohne diese Entscheidung wäre in seinem Fall keine Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofs gegeben, die zudem auch für andere Fälle (in denen es um das ständig auftretende Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz des nachwachsenden Waldes einerseits und den Wildschonzeiten andererseits gehe) einschlägig sei. Würde in anderen Fällen nicht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs gefolgt werden, könnte dies Amtshaftungsansprüche nach sich ziehen.

4. Die Beschwerde ist nicht zulässig.

4.1. Nach Art 131 Abs 1 Z 1 B-VG kann - nach Erschöpfung des Instanzenzuges - gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Gemäß § 33 Abs 1 VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde, nach dessen Einvernahme die Beschwerde in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen. Gemäß § 34 Abs 1 VwGG sind Beschwerden, die sich wegen Versäumung der Einbringungsfrist oder wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs nicht zur Behandlung eignen oder denen offenbar die Einwendung der entschiedenen Sache oder der Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs 3 VwGG).

4.2. Für die Beurteilung der Beschwerdeberechtigung im Fall einer auf Art 131 Abs 1 Z 1 B-VG gestützten Beschwerde kommt es (unabhängig von der Parteistellung im Verwaltungsverfahren) lediglich darauf an, ob der Beschwerdeführer nach der Lage des Falles durch den angefochtenen Bescheid unabhängig von der Frage seiner Gesetzmäßigkeit in einem subjektivöffentlichen Recht verletzt werden kann. Es muss zumindest die Möglichkeit bestehen, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde (vgl dazu sowie zum Folgenden den hg Beschluss vom 15. Februar 2011, Zl 2008/05/0075, mwH). Die Beschwerdelegitimation setzt somit voraus, dass die auf Art 131 Abs 1 Z 1 B-VG gestützte Beschwerde unter Berufung auf eine eigene, gegenüber dem Staat - als Träger der Hoheitsgewalt - bestehende Interessenssphäre der beschwerdeführenden Partei erhoben wird. Das als Prozessvoraussetzung erforderliche Rechtsschutzbedürfnis der beschwerdeführenden Partei besteht bei einer Bescheidbeschwerde iSd Art 131 B-VG im objektiven Interesse an der Beseitigung des angefochtenen, sie belastenden Verwaltungsakts. Das objektive Interesse der beschwerdeführenden Partei an der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle ist ihre "Beschwer". Eine solche liegt vor, wenn das angefochtene Verwaltungshandeln vom Antrag der beschwerdeführenden Partei an die Verwaltungsbehörde zu deren Nachteil abweicht (formelle Beschwer) oder mangels Antrages die Verwaltungsbehörde die beschwerdeführende Partei durch ihren Verwaltungsakt belastet.

Aus § 33 Abs 1 VwGG lässt sich entnehmen, dass der Gesetzgeber das Rechtsschutzbedürfnis für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof als Prozessvoraussetzung versteht. Führt nämlich die Klaglosstellung einer beschwerdeführenden Partei in jeder Lage des Verfahrens zu dessen Einstellung, so ist anzunehmen, dass eine Beschwerde von vornherein als unzulässig betrachtet werden muss, wenn eine der Klaglosstellung vergleichbare Situation bereits bei Einbringung der Beschwerde vorliegt. Eine derartige Beschwerde ist mangels Rechtsschutzbedürfnis zurückzuweisen.

4.3. § 22 Abs 1 Z 1 der NÖ Jagdverordnung in der hier maßgeblichen Fassung LGBl 6500/1-44 lautet wie folgt:

"§ 22

Schußzeiten

Folgendes Wild darf grundsätzlich nur während der nachstehend angeführten Zeiträume verfolgt, gefangen und erlegt werden:

1.

Rehwild:

a)

Älterer Bock vom 1. Juni bis 15. Oktober,

b)

Jährling vom 1. Mai bis 15. Oktober,

c)

Schmalgeiß vom 1. bis 31. Mai und vom 16. August bis 31. Dezember,

d)

sonstige Geißen und Kitze vom 16. August bis 31. Dezember;".

Somit begann im Jahr 2008 die Schusszeit für Jährlinge bzw Schmalgeißen jedenfalls am 1. Mai. Die vorliegende Beschwerde wurde beim Verwaltungsgerichtshof erst am 22. Dezember 2008 eingebracht. Damit fehlte es beim Beschwerdeführer - der mit dem mit bekämpftem Bescheid versagten Antrag eine Vorverlegung der Schusszeit ab 1. April 2008 begehrte - schon zum Zeitpunkt der Erhebung der vorliegenden Beschwerde an der Möglichkeit, dass er durch den angefochtenen Bescheid in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde.

Für den Beschwerdeführer war daher die Prozessvoraussetzung des Rechtsschutzbedürfnisses nicht gegeben. Es ist nicht erkennbar, inwiefern seine Rechtssphäre durch eine allfällige Aufhebung des angefochtenen Bescheides verändert werden könnte. Nach einer allfälligen Aufhebung des angefochtenen Bescheides könnte keine Genehmigung für den bereits abgelaufenen Zeitraum erteilt und ihm somit keine günstigere Rechtsposition geschaffen werden. Derart kommt nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der in Rede stehenden Genehmigung einer Entscheidung über die vorliegende Beschwerde lediglich eine abstrakt-theoretische Bedeutung zu, ohne dass dem Beschwerdeführer ein Erreichen des Verfahrensziels den gewünschten Erfolg bringen könnte (vgl dazu etwa den hg Beschluss vom 27. Jänner 2010, Zl 2007/03/0161, mwH).

Daran vermag das Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme nichts zu ändern. Zum einen käme der Entscheidung über die gegenständliche Beschwerde keine bindende Wirkung für in anderen Konstellationen getroffene Entscheidungen zu. Zum anderen ändert ein im Wege der Amtshaftung geltend zu machender Anspruch auf Ersatz eines Vermögensschadens nichts am Fehlen der Möglichkeit, durch den angefochtenen Bescheid fortdauernd in seinen Rechten verletzt zu sein, die Möglichkeit einer Amtshaftung vermittelt daher keine Beschwer (vgl den hg Beschluss vom 26. November 2003, Zl 2001/18/0026, mwH). Das Unterbleiben einer Sachentscheidung im vorliegenden Beschwerdefall hindert nämlich das Amtshaftungsgericht nicht, einen Antrag auf Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides iSd § 11 AHG zu stellen. Demnach zählen Rechtspositionen, die im Wege der Amtshaftung geltend gemacht werden können, nicht zu der rechtlich geschützten Interessenssphäre, die den Beschwerdeführer zur Beschwerdeerhebung bzw zur Beschwerdefortführung im Beschwerdeverfahren legitimieren (vgl etwa den hg Beschluss vom 27. Jänner 2011, Zl 2009/21/0163, mwH).

4.4. Da aus den angeführten Gründen der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in dem von ihm behaupteten Recht nicht verletzt werden konnte, war die Beschwerde gemäß § 34 Abs 1 und Abs 3 VwGG wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung in nichtöffentlicher Sitzung in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 1 lit a VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

4.5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 51 leg cit, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 30. Juni 2011

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