VwGH 2008/05/0075

VwGH2008/05/007515.2.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, in der Beschwerdesache der M K in B, vertreten durch Dr. Heinrich Nesvadba, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Gumpendorfer Straße 15/9, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 21. Februar 2008, Zl. RU1-BR-848/001-2007, betreffend die Zurückweisung einer Vorstellung (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde B), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §33 Abs1;
AVG §33 Abs2;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
FristberechnungsÜbk Eur Art5;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AVG §33 Abs1;
AVG §33 Abs2;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
FristberechnungsÜbk Eur Art5;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde als Baubehörde erster Instanz vom 3. April 2006 wurde der Beschwerdeführerin sowie einer anderen Partei die Bewilligung zur Abteilung der Grundstücke Nr. 432/5 und Nr. 432/6, KG G, auf neu geschaffene Grundstücke erteilt (Spruchpunkt I.). Im Spruchpunkt II. wurde gemäß § 12 der NÖ Bauordnung 1996 die Abtretung der in den öffentlichen Verkehrsflächen liegenden Grundstücksteile entsprechend dem Teilungsplan eines Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen ohne Kostenersatz angeordnet.

2. Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung vom 10. Oktober 2006 Folge gegeben und der Bescheid vom 3. April 2006 zur Gänze aufgehoben.

Infolge des Devolutionsantrages der Beschwerdeführerin sowie der anderen Partei entschied dann der im Devolutionsweg zuständig gewordene Stadtrat der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 27. September 2007 über den vorliegenden Grundabteilungsantrag. Unter Spruchteil I. wurde der Antrag der Beschwerdeführerin sowie der anderen Partei auf Bewilligung zur Abteilung der in Rede stehenden Grundstücke auf die neu geschaffenen Grundstücke gemäß dem besagten Teilungsplan bewilligt. Unter Spruchpunkt II. wurde u. a. bestimmt, dass gemäß § 12 Abs. 1 BO die nach den Straßenfluchtlinien zu den öffentlichen Verkehrsflächen gehörenden Grundstücksteile u.a. ohne Kostenersatz zu übergeben sind. Im Spruchpunkt III. wurden der Beschwerdeführerin (sowie auch der anderen Partei) jeweils eine Grundabtretungsausgleichsabgabe vorgeschrieben. Unter Spruchpunkt IV. wurden der Beschwerdeführerin (sowie der anderen Partei) die kostenlose Abtretung einer Bruttogrundstücksfläche in das öffentliche Gut auf Grund des Gesamtkonzeptes zur Schaffung von Bauland-Wohngebiet bzw. - wo dies nicht möglich war - eine Grundabtretungsausgleichsabgabe vorgeschrieben.

3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin gemeinsam mit der anderen Partei die Vorstellung vom 23. Oktober 2005 bei der belangten Behörde. In dieser Vorstellung wurde begehrt, die belangte Behörde wolle den Bescheid aufheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung zurückverweisen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Vorstellung der anderen Partei gemäß § 61 Abs. 4 der NÖ Gemeindeordnung 1973 Folge gegeben, der Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde zurückverwiesen.

Die Vorstellung der Beschwerdeführerin wurde als verspätet zurückgewiesen.

4. Gegen diesen Vorstellungsbescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift. Darin wurde u.a. darauf hingewiesen, dass der in Vorstellung gezogene Bescheid von der belangten Behörde aufgehoben worden sei und nun nicht mehr dem Rechtsbestand angehöre, weshalb er auch für die Beschwerdeführerin keine nachteiligen Auswirkungen haben könnte.

5. Die Beschwerde ist nicht zulässig.

5.1. Nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann - nach Erschöpfung des Instanzenzuges - gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Gemäß § 33 Abs. 1 VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde, nach dessen Einvernahme die Beschwerde in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen. Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Beschwerden, die sich wegen Versäumung der Einbringungsfrist oder wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs nicht zur Behandlung eignen oder denen offenbar die Einwendung der entschiedenen Sache oder der Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).

5.2. Für die Beurteilung der Beschwerdeberechtigung im Fall einer auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gestützten Beschwerde kommt es (unabhängig von der Parteistellung im Verwaltungsverfahren) lediglich darauf an, ob der Beschwerdeführer nach der Lage des Falles durch den angefochtenen Bescheid unabhängig von der Frage seiner Gesetzmäßigkeit in einem subjektivöffentlichen Recht verletzt werden kann. Es muss zumindest die Möglichkeit bestehen, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde (vgl. den hg. Beschluss vom 30. Juni 2006, Zl. 2003/03/0080). Die Beschwerdelegitimation setzt somit voraus, dass die auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gestützte Beschwerde unter Berufung auf eine eigene, gegenüber dem Staat - als Träger der Hoheitsgewalt - bestehende Interessenssphäre der beschwerdeführenden Partei erhoben wird (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 1. Juni 2005, Zl. 2003/03/0082).

Das als Prozessvoraussetzung erforderliche Rechtschutzbedürfnis der beschwerdeführenden Partei besteht bei einer Bescheidbeschwerde iSd Art. 131 B-VG im objektiven Interesse an der Beseitigung des angefochtenen, sie belastenden Verwaltungsakts. Das objektive Interesse der beschwerdeführenden Partei an der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle ist ihre "Beschwer". Eine solche liegt vor, wenn das angefochtene Verwaltungshandeln vom Antrag der beschwerdeführenden Partei an die Verwaltungsbehörde zu deren Nachteil abweicht (formelle Beschwer) oder mangels Antrages die Verwaltungsbehörde die beschwerdeführende Partei durch ihren Verwaltungsakt belastet (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 15. März 2000, Zl. 98/09/0222).

Auch § 33 Abs. 1 VwGG lässt sich entnehmen, dass der Gesetzgeber das Rechtsschutzbedürfnis für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof als Prozessvoraussetzung versteht. Führt nämlich die Klaglosstellung einer beschwerdeführenden Partei in jeder Lage des Verfahrens zu dessen Einstellung, so ist anzunehmen, dass eine Beschwerde von vornherein als unzulässig betrachtet werden muss, wenn eine der Klaglosstellung vergleichbare Situation bereits bei Einbringung der Beschwerde vorliegt. Eine derartige Beschwerde ist mangels Rechtschutzbedürfnis zurückzuweisen (vgl. aus der hg. Rechtsprechung etwa den Beschluss vom 11. August 2005, Zl. 2004/02/0394, mwH).

5.3. Vorliegend hat die belangte Behörde den von der Beschwerdeführerin in Vorstellung gezogenen Bescheid der mitbeteiligten Gemeinde auf Grund der Vorstellung der anderen Partei, mit der die Beschwerdeführerin gemeinsam die Vorstellung einbrachte, aufgehoben.

Der angefochtene Bescheid gehörte daher bereits zum Zeitpunkt der Einbringung der vorliegenden Beschwerde nicht mehr dem Rechtsbestand an und konnte daher (wie von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift ausgeführt) für die Beschwerdeführerin auch keine nachteiligen Auswirkungen mehr entfalten. Durch die Aufhebung des besagten Bescheides des Stadtrates der mitbeteiligten Gemeinde durch die belangte Behörde auf Grund der Vorstellung der anderen Partei, die die Vorstellung gemeinsam mit der Beschwerdeführerin erhob, wurde dem auf Aufhebung dieses Bescheides gerichteten Begehren der Beschwerdeführerin Rechnung getragen. Infolge dieser Aufhebung hat der Stadtrat der mitbeteiligten Gemeinde nunmehr neuerlich über die vorliegende Angelegenheit unter Beiziehung der Parteien des Verwaltungsverfahrens (somit auch der Beschwerdeführerin) zu entscheiden. Nach der hg. Rechtsprechung kann derjenige, dessen Begehren Rechnung getragen wurde, hiedurch in keinem Recht verletzt werden (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 24. September 1997, Zl. 97/03/0198, mwH). Dass durch die die Aufhebung tragenden Gründe des Vorstellungsbescheides, die für das fortgesetzte Verfahren Bindungswirkung entfalten, in Rechte der Beschwerdeführerin eingegriffen worden wäre, behauptet die Beschwerdeführerin nicht; sie bekämpft allein die von der belangten Behörde angenommene Verspätung.

Damit fehlte der Beschwerdeführerin schon zum Zeitpunkt der Erhebung der vorliegenden Beschwerde die Möglichkeit, dass sie durch den angefochtenen Bescheid in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde. Für die Beschwerdeführerin war daher die Prozessvoraussetzung des Rechtschutzbedürfnisses nicht gegeben.

5.4. Unabhängig davon sieht sich der Verwaltungsgerichtshof zu folgender Klarstellung veranlasst:

Dass die belangte Behörde die Vorstellung der Beschwerdeführerin entgegen dem § 33 Abs. 2 AVG für verspätet erachtete und deshalb ihre Vorstellung zurückwies, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern.

Nach § 33 Abs. 1 AVG wird der Beginn und Lauf einer Frist durch Sonn- oder Feiertage nicht behindert. "Fällt aber das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder den Karfreitag", so ist nach Abs. 2 dieser Bestimmung "der nächste Werktag letzter Tag der Frist".

Im vorliegenden Fall fiel das Ende der 14-tägigen Vorstellungsfrist unstrittig nach der Zustellung des in Vorstellung gezogenen Bescheides vom 12. Oktober 2007, auf den 26. Oktober, einen gesetzlichen Feiertag, der im Jahr 2007 auf einen Freitag fiel.

Die belangte Behörde ließ sich nach der Begründung des angefochtenen Bescheides bei der Zurückweisung der Vorstellung der Beschwerdeführerin als verspätet davon leiten, dass der nächste Werktag nach dem 26. Oktober 2007 der Samstag, 27. Oktober 2007, gewesen sei. Da der Poststempel der Vorstellung auf 29. Oktober 2007 gelautet habe, sei diese Vorstellung verspätet eingebracht worden und daher zurückzuweisen gewesen.

Nach der hg. Rechtsprechung trat aber, weil der 26. Oktober 2007 ein gesetzlicher Feiertag iSd § 33 Abs. 2 AVG war, im Grund dieser Bestimmung eine Hemmung des Fristablaufes mit der Wirkung ein, dass der nächste Werktag, der nicht Samstag, Sonntag, gesetzlicher Feiertag oder Karfreitag ist, als letzter Tag der Berufungsfrist zu gelten hatte (vgl. die hg. Entscheidungen vom 14. Mai 2009, Zl. 2008/22/0407, und vom 8. Oktober 1991, Zl. 90/14/0110). Aus dem Wortlaut des § 33 Abs. 2 AVG ergibt sich nämlich zweifelsfrei, dass bei einer Frist, deren Ende auf einen der dort genannten den Fristablauf hemmenden Tage - hier: einen Samstag, nachdem das Fristende zunächst auf den vorangehenden gesetzlichen Feiertag fiel - fällt, der nächste Werktag den letzten Tag der Frist darstellt; dabei ist es eben (wie die hg. Rechtsprechung zeigt) nicht erheblich, dass eine Frist schon einmal nach § 33 Abs. 2 AVG verlängert wurde, weil das Ende der ursprünglichen Frist auf den vorangehenden dort genannten (ebenfalls) ablaufhemmenden Tag gefallen war. Auf dem Boden dieser Rechtsprechung endete im vorliegenden Fall die Vorstellungsfrist somit - entgegen der belangten Behörde - am Montag, dem 29. Oktober 2007.

Dieses Ergebnis steht mit Art. 5 des Europäischen Übereinkommens über die Berechnung von Fristen, BGBl. Nr. 254/1983, das auch im Bereich des Verwaltungsrechts zum Tragen kommt (vgl. Art. 1 Abs. 1 dieses Übereinkommens), im Einklang, wonach immer dann, wenn der dies ad quem einer Frist, vor deren Ablauf eine Handlung vorzunehmen ist, u.a. auf einen Samstag fällt, die Frist dahin verlängert wird, dass sie den nächstfolgenden Werktag einschließt.

5.5. Da aus den unter Punkt 5.3. angeführten Gründen die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in dem von ihr behaupteten Recht nicht verletzt werden konnte, war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung in nichtöffentlicher Sitzung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. a VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

5.6. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 51 leg. cit., iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 15. Februar 2011

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