VwGH 2008/02/0242

VwGH2008/02/024216.9.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde der U AG in Wien, vertreten durch die Engin-Deniz Reimitz Hafner Rechtsanwälte KG, in 1010 Wien, Stubenring 16, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 24. Juni 2008, Zl. MA 65-35/2008, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Feststellung von Anrainerpflichten gemäß § 93 StVO 1960, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
StVO 1960 §2 Abs1 Z10;
StVO 1960 §93 Abs1;
StVO 1960 §93 Abs4 litb;
AVG §56;
StVO 1960 §2 Abs1 Z10;
StVO 1960 §93 Abs1;
StVO 1960 §93 Abs4 litb;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 24. Juni 2008 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 29. Oktober 2007 gerichtet auf bescheidmäßige Feststellung, dass die Eigentümer der Liegenschaft 1090 Wien, Julius Tandler Platz 6 (EZ. 799, GB 01002) nur den in nicht größerem Abstand als 3 m entlang der vorbezeichneten Liegenschaft führenden Gehsteig, nicht aber die daran anschließende parkähnlich ausgestaltete Fläche gemäß § 93 Abs. 1 und 4 StVO 1960 von Schnee und Verunreinigungen säubern sowie bei Schnee und Glatteis streuen müssten, als unzulässig zurückgewiesen.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin ihren Antrag im Wesentlichen mit ihrem rechtlichen Interesse begründet habe, den Ausschluss ihrer strafgerichtlichen und verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit bzw. ihrer zivilrechtlichen Haftung für Folgen aus dem Unterbleiben ihrer Betreuungstätigkeit für diese Fläche in rechtsverbindlicher Weise geklärt zu haben. Allgemein werde anerkannt, dass ein Feststellungsbescheid erlassen werden könne, auch wenn keine gesetzliche Bestimmung dies ausdrücklich vorsehe, sofern eine solche Feststellung entweder im öffentlichen Interesse oder im Interesse einer Partei liege. Ein öffentliches Interesse an einem Feststellungsbescheid sei nicht behauptet worden und es seien auch keine dafür sprechenden Umstände hervor gekommen. Auch das Bestehen eines rechtlichen Interesses der Beschwerdeführerin sei zu verneinen. Zum einen sei in dem zur Sache ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. März 2007, Zl. 2007/02/0075, der Umfang der Betreuungspflicht nach § 93 StVO 1960 unter Hinweis auf das gesetzlich geregelte Ausmaß (Gehsteigbreite bis 3 m) geklärt, zum anderen stelle die bescheidmäßige Feststellung der nicht bestehenden Betreuungspflicht nicht die einzige Möglichkeit dar. Gemäß § 93 Abs. 4 StVO 1960 könne die Behörde über Antrag der Betreuungspflichtigen Art und Ausmaß der Betreuungspflicht sowohl in zeitlicher als auch in örtlicher Hinsicht durch Bescheid einschränken. Mit einem solchen Bescheid wäre in rechtsverbindlicher Weise das Ausmaß der die Beschwerdeführerin treffenden Verpflichtung festgestellt. Einer solchen Antragstellung stehe auch nicht die in dem vorgenannten Erkenntnis zu Grunde liegenden Entscheidungen als "res judicata" entgegen, da sich der Antrag bisher auf die über die 3 m hinausgehende Fläche bezogen habe. Um eine solche Ausnahmegenehmigung sei bis jetzt von der Beschwerdeführerin nicht angesucht (beantragt sei von dieser bisher ausschließlich die Erlassung eines Feststellungsbescheides) worden, somit bestehe aber auch kein rechtliches Interesse der Beschwerdeführerin für die beantragten Feststellungen.

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem (die Beschwerdeführerin und die gegenständliche Liegenschaft betreffenden) Erkenntnis vom 30. März 2007, Zl. 2007/02/0075, ausgeführt hat, besteht eine Verpflichtung nach § 93 Abs. 1 StVO 1960 nur für Gehsteige innerhalb einer Entfernung von drei Metern von der Liegenschaft; weist der Gehsteig im Anschluss an eine Liegenschaft eine größere Breite als drei Meter auf, so besteht eine gesetzliche Verpflichtung nach § 93 Abs. 1 leg. cit. hinsichtlich des darüber hinausgehenden Teiles nicht, weshalb es diesbezüglich auch keiner Einschränkung im Sinne des § 93 Abs. 4 lit. b leg. cit. bedarf, sondern diese bereits von Gesetzes wegen gilt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Verwaltungsbehörden nur dann befugt, Feststellungsbescheide im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit zu erlassen, wenn hiefür entweder eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung oder ein im privaten oder öffentlichen Interesse begründeter Anlass vorliegt und die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. November 1992, Zl. 86/17/0162, sowie vom 29. März 1993, Zl. 92/10/0039, mwN). Unzulässig ist es hingegen, über die den Gegenstand des Feststellungsantrages bildende Rechtsfrage einen gesonderten Feststellungsbescheid zu erlassen, wenn diese Frage im Rahmen eines anderen Verfahrens zu entscheiden ist. Die Rechtsprechung zum Feststellungsbescheid lässt den Grundsatz erkennen, dass diese Bescheidform lediglich ein subsidiärer Rechtsbehelf ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Februar 1989, Zl. 87/12/0112), der nur zur Anwendung kommen kann, wenn andere Möglichkeiten, die maßgebende Rechtsfrage zu klären, nicht vorhanden oder nicht zumutbar sind (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 4. November 1992, Zl. 86/17/0162). Demnach ist die Erlassung eines Feststellungsbescheides dann unzulässig, wenn die strittige Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgesehenen Verfahrens entschieden oder die den Gegenstand der Feststellung bildende Frage aus der Begründung eines in Rechtskraft erwachsenen Bescheides beantwortet werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1983, Zl. 83/07/0065).

Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt an, so kann bereits aus der Begründung des hg. Erkenntnisses vom 30. März 2007, Zl. 2007/02/0075, der Umfang der Streu- und Räumungsverpflichtung (für Gehsteige innerhalb einer Entfernung von drei Metern von der Liegenschaft der Beschwerdeführerin) entnommen werden.

Da die belangte Behörde somit im Ergebnis zutreffend ausgesprochen hat, dass der gegenständliche Feststellungsantrag unzulässig war, erweist sich die Beschwerde als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGHAufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 16. September 2011

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