VwGH 83/07/0065

VwGH83/07/006513.12.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Unfried, über die Beschwerde des F und der M L in N, beide vertreten durch Dr. Walter Gastgeb, Rechtsanwalt in Linz, Bürgerstraße 41, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 7. Februar 1983, Zl. Agrar-301503 - 132-IV/Ma-1983, betreffend Kulturflächenschutz (mitbeteiligte Parteien: J und R Sch in S, beide vertreten durch Dr. Otto Hauck, Rechtsanwalt in Kirchdorf an der Krems), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
KulturflächenschutzG OÖ 1958;
AVG §56;
KulturflächenschutzG OÖ 1958;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben zu gleichen Teilen dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 2.400,-- und den Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 8.260,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der Mitbeteiligten wird abgewiesen.

Begründung

Mit rechtskräftigem Bescheid vom 26. August 1974 hat die belangte Behörde im Instanzenzug die auf § 2 Abs. 1 des O.ö. Kulturflächenschutzgesetzes, LGBl. Nr. 31/1958, gestützte Entscheidung der damaligen Unterinstanzen bestätigt, mit welcher den Beschwerdeführern die Umwandlung von Grundstücksflächen im Gesamtausmaß von ca. 1,5 ha in Wald bewilligt worden war. In diesem Bescheid hat die belangte Behörde jedoch die Entscheidungen der Unterinstanzen hinsichtlich eines von den Beschwerdeführern einzuhaltenden Kulturschutzstreifens gegenüber Grundflächen der nunmehrigen mitbeteiligten Parteien (in der Folge kurz: mP.) - soweit dies für den vorliegenden Beschwerdefall von Bedeutung ist - wie folgt abgeändert:

"Gegenüber der Anrainerparzelle 1526/2 der Ehegatten J und R Sch ist an der von Nordwesten nach Südosten verlaufenden Grundgrenze ein Kulturschutzstreifen in der Breite von 5 Meter und an der von Nordosten nach Südwesten verlaufenden Grundgrenze ein Kulturschutzstreifen in der Breite von 15 Meter einzuhalten, wobei dieser ab einer Entfernung von 5 Meter bis zu einer solchen von 15 Meter als Christbaumkultur genützt werden kann, deren Höhe zu keiner Zeit 3 Meter überschreiten darf."

In der Folge wurde den Beschwerdeführern, die auch innerhalb dieses Kulturschutzstreifens eine Aufforstung vorgenommen hatten, behördlich die Einhaltung des gesetzlichen Zustandes aufgetragen, welcher Aufforderung die Beschwerdeführer jedoch auch nach Androhung der Ersatzvornahme nicht nachkamen. Am 24. Februar 1977 kam es dann im Wege der exekutiven Ersatzvornahme zur Entfernung der Forstpflanzen der Beschwerdeführer aus dem freizuhaltenden Kulturschutzstreifen von 5 Metern.

Zu Ende des Jahres 1978 beschwerten sich die mP. bei der Bezirkshauptmannschaft darüber, daß sämtliche im Kulturschutzstreifen von 5 bis 15 m gepflanzten Christbäume der Beschwerdeführer die Höhe von 3 m überschritten hätten. Die mP. beantragten deshalb die unverzügliche Herstellung des bescheidmäßigen Zustandes, worauf die Bezirkshauptmannschaft den Beschwerdeführern am 4. Februar 1980 eine weitere Ersatzvornahme androhte. Dieser Androhung folgte am 25. Februar 1980 die bescheidmäßige Vollstreckungsverfügung; eine dagegen von den Beschwerdeführern erhobene Berufung wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 16. Oktober 1980 gemäß § 10 Abs. 2 VVG 1950 als unzulässig zurückgewiesen. Eine Vollstreckung unterblieb in der Folge, die Bezirkshauptmannschaft erließ aber nach Durchführung weiterer Erhebungen am 8. November 1982 "zur Feststellung der Rechtsverhältnisse" einen Bescheid, dessen Spruch folgenden Wortlaut hatte:

"Gemäß § 56 AVG 1950 und den §§ 1 Abs. 2 und 4 Kulturflächenschutzgesetz, LGBl. Nr. 31/1958, wird festgestellt, daß der von Nordosten nach Südwesten auf dem Grundstück 1526/1, KG. G, Gemeinde N, durch die Ehegatten F und Maria L, in N, zu erhaltende Kulturschutzstreifen ab einer Entfernung von 5 m bis zu einer solchen von 15 m gegenüber der Anrainerparzelle Nr. 1526/2, KG. G, in der Weise bewirtschaftet wird, daß dadurch das angrenzende landwirtschaftlich genutzte Grundstück 1526/2, KG. G, in ihrer Bewirtschaftung nicht beeinträchtigt wird. Die Ehegatten L haben somit nicht rechtswidrig gehandelt."

Die Bezirkshauptmannschaft begründete diesen Bescheid im wesentlichen damit, daß sie zu klären gehabt habe, ob der Kulturschutzstreifen in einer die angrenzende Weide der mP. beeinträchtigenden Weise bewirtschaftet werde. Zur Klärung des umstrittenen Rechtsverhältnisses habe die Bezirkshauptmannschaft als gemäß § 4 Kulturflächenschutzgesetz zuständige Behörde einen im Sinne der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zulässigen Feststellungsbescheid über die Bewirtschaftung dieses Kulturschutzstreifens zu erlassen. Im Bescheid der belangten Behörde vom 26. August 1974 hätten die Beschwerdeführer die Möglichkeit eingeräumt erhalten, diesen Streifen als Christbaumkultur zu nutzen, deren Höhe zu keiner Zeit 3 m überschreiten dürfe; die Beschwerdeführer hätten aber, wie der

1. Beschwerdeführer niederschriftlich erklärt habe, "nicht die Absicht, die Bäume als Christbaumkultur anzusehen". Die Beschwerdeführer hätten damit von ihrer Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Bewirtschaftungsart des Kulturschutzstreifens nach ihrer Wahl zu bestimmen. Eine für die mP. ertragsmindernde Beeinträchtigung ergebe sich nach den eingeholten Gutachten aus der von den Beschwerdeführern gewählten Bewirtschaftungsart erst ab einer Höhe von 15 bis 20 m. Im Hinblick auf die derzeitige Höhe von ca. 5 m sei somit festzustellen, daß zur Zeit der Streifen in einer das Nachbargrundstück nicht beeinträchtigenden Weise bewirtschaftet werde. Damit treffe die Bezirksverwaltungsbehörde auch keine Verpflichtung gemäß § 4 Kulturflächenschutzgesetz.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung der mP. Folge gegeben und den Feststellungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 8. November 1982 "im Grunde der Bestimmungen des § 1 Abs. 2 und des § 4 des O.ö. Kulturflächenschutzgesetzes, LGBl. Nr. 31/1958, ersatzlos behoben". Begründend führte die belangte Behörde dazu aus, die Bezirkshauptmannschaft sei zu Unrecht von einer Auslegung des § 1 Abs. 2 Kulturflächenschutzgesetz ausgegangen, welche einem Aufforstungswerber die Bewirtschaftungsart auf einem Kulturschutzstreifen völlig freistelle. Demgegenüber bedeute die Auflage eines Kulturschutzstreifens das grundsätzliche Verbot, diesen Streifen forstwirtschaftlich zu nutzen. Im Sinne des Kulturflächenschutzgesetzes sei auch die Anlegung einer Christbaumkultur als Umwandlung in Wald anzusehen, sodaß auch diese Nutzung eines Kulturschutzstreifens verboten sei, solange sie nicht ausdrücklich im Bewilligungsbescheid als zulässig erklärt würde. Die entsprechende Erlaubnis im Bescheid der belangten Behörde vom 26. August 1974 stelle es zwar den Beschwerdeführern frei, den strittigen Kulturschutzstreifen in der Art einer Christbaumkultur zu nutzen, sie ändere aber nichts daran, daß im übrigen eine forstwirtschaftliche Nutzung des Kulturschutzstreifens ausgeschlossen sei. Den Beschwerdeführern sei es nach dem Bewilligungsbescheid nur im Rahmen der gesetzlichen Verpflichtung überlassen, die Bewirtschaftungsart des Kulturschutzstreifens nach ihrer Wahl zu bestimmen. Mit Ausnahme der Nutzung als Christbaumkultur bis zu einer Höhe von 3 m sei aber den Beschwerdeführern jede Art der forstwirtschaftlichen Nutzung des strittigen Streifens verboten. Daraus ergebe sich, daß die Beschwerdeführer die in diesem Bereich gesetzten Forstpflanzen jeweils spätestens mit dem Überschreiten einer Höhe von 3 m zu entfernen hätten. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsansicht sei die Erlassung eines gesonderten Feststellungsbescheides durch die Bezirkshauptmannschaft unzulässig gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich nach dem Inhalt der Beschwerde dadurch beschwert, daß die belangte Behörde den erstinstanzlichen Feststellungsbescheid ersatzlos behoben hat.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Auch die mP. beantragen in der von ihnen erstatteten Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 1 Abs. 1 des O.ö. Kulturflächenschutzgesetzes dürfen Grundstücke, welche der landwirtschaftlichen Nutzung dienen oder Grundstücke, welche an landwirtschaftlich genutzte Grundstücke angrenzen, nur mit behördlicher Bewilligung (§ 2) in Wald umgewandelt werden. Als Umwandlung in Wald gilt auch die Duldung des natürlichen Anfluges. Nach § 1 Abs. 2 ist die Bewilligung zu erteilen, soweit der Kulturumwandlung nicht öffentliche Interessen der Landeskultur entgegenstehen und soweit die Kulturumwandlung die Bewirtschaftung der angrenzenden landwirtschaftlich genutzten Grundstücke, insbesondere durch drohende Beschattung oder Durchwurzelung, nicht beeinträchtigt. Die Bewilligung kann aus diesem Grunde mit der Auflage erteilt werden, daß entlang der fremden landwirtschaftlich genutzten Grundstücke auf dem in Wald umzuwandelnden Grundstück ein Kulturschutzstreifen in einer Breite von drei bis fünfzehn Meter zu erhalten ist. Der Kulturschutzstreifen ist in einer Weise zu bewirtschaften, daß dadurch die angrenzenden landwirtschaftlich genutzten Grundstücke in ihrer Bewirtschaftung nicht beeinträchtigt werden. Nach § 1 Abs. 3 gelten die vorstehenden Bestimmungen nicht für Waldgrund im Sinne des Forstgesetzes 1852. In § 2 Abs. 1 des Kulturflächenschutzgesetzes wird als erste Bewilligungsinstanz der Bürgermeister der Gemeinde bestimmt, in deren Gebiet das umzuwandelnde Grundstück liegt. § 3 sieht eine Strafbestimmung vor, die von der Bezirksverwaltungsbehörde in erster Instanz zu vollziehen ist. Gemäß § 4 schließlich hat die Bezirksverwaltungsbehörde ungeachtet einer Bestrafung nach § 3, Personen, die rechtswidrig gehandelt haben, die Verpflichtung aufzuerlegen, den geschaffenen Zustand soweit zu ändern, daß er den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht zuwider ist. Die Bezirksverwaltungsbehörde kann hievon absehen, wenn öffentliche Interessen der Landeskultur nicht beeinträchtigt werden.

Das O.ö. Kulturflächenschutzgesetz sieht an keiner Stelle die Erlassung von Feststellungsbescheiden vor. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes können aber auch in einem solchen Fall Feststellungsbescheide von Verwaltungsbehörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit dann erlassen werden, wenn dies im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei gelegen ist und sich aus den Verwaltungsvorschriften nichts anderes ergibt. Ein Feststellungsbescheid ist jedoch dann nicht zulässig, wenn die strittige Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verfahrens, etwa auch eines Strafverfahrens, entschieden oder die den Gegenstand der Feststellung bildende Frage aus der Begründung eines in Rechtskraft erwachsenen Bescheides bereits beantwortet werden kann (vgl. dazu Mannlicher-Quell, Das Verwaltungsverfahren8, S. 298, Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts2, S. 131, und die dort sowie bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, auf S. 217 ff angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Unter Anwendung dieser Grundsätze erweist sich die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene ersatzlose Behebung des erstangefochtenen Feststellungsbescheides schon deshalb als mit dem Gesetz im Einklang, weil die strittige Rechtsfrage der zulässigen Bewirtschaftung des Kulturschutzstreifens gegenüber dem Grundstück der mP. von der belangten Behörde mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 26. August 1974 bereits entschieden war. Der Feststellungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft stellte aber nicht nur eine mit dem rechtskräftigen Bewilligungsbescheid im Widerspruch stehende Interpretation desselben dar, sondern auch einen unzulässigen Eingriff in das bei derselben Bezirkshauptmannschaft anhängige Vollstreckungsverfahren. Hiezu sei daran erinnert, daß die Bezirkshauptmannschaft mit in Rechtskraft erwachsener Vollstreckungsverfügung vom 25. Februar 1982 ein Zuwiderhandeln der Beschwerdeführer gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 26. August 1974 festgestellt und gemäß § 4 Abs. 1 VVG 1950 die Herstellung des bescheidmäßigen Zustandes auf Gefahr und Kosten der Beschwerdeführer im Wege der (neuerlichen) Ersatzvornahme verfügt hat. Ob aber die Bestätigung der Vollstreckbarkeit des Bescheides vom 26. August 1974 gesetzwidrig oder irrtümlich erteilt wurde, wäre nach § 7 Abs. 4 EO, § 3 Abs. 2 VVG 1950 über entsprechenden Antrag ausschließlich von der Stelle zu prüfen, von welcher der Vollstreckungstitel ausgegangen ist.

Erweist sich jedoch aus all diesen Gründen bereits die Erlassung des Feststellungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft im Beschwerdefall als unzulässig, dann ist schon deshalb der diesen Feststellungsbescheid ersatzlos behebende angefochtene Bescheid nicht mit der von den Beschwerdeführern behaupteten Rechtswidrigkeit belastet. Der Beschwerde muß daher ein Erfolg versagt bleiben, ohne daß es noch einer Prüfung der weiteren in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen bedurfte. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich zu dem Hinweis veranlaßt, daß nach der Aktenlage der Rechtsbestand des Bescheides der belangten Behörde vom 26. August 1974, mit welchem eine forstliche Nutzung des strittigen Kulturschutzstreifens über den Umfang des Bescheidspruches hinaus gemäß § 1 Abs. 2 Kulturflächenschutzgesetz nicht bewilligt wurde, durch die Gewährung einer forstlichen Förderung an die Beschwerdeführer nicht beeinträchtigt wurde.

Die Beschwerde war aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen. Da die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens schon mit Rücksicht auf die rechtliche Lagerung des Beschwerdefalles erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ, war von der beantragten Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 lit. f VwGG 1965 abzusehen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 lit. a und b sowie Abs. 3 lit. a und b und § 53 Abs. 1 VwGG 1965 in Verbindung mit den Bestimmungen der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221. Das Mehrbegehren der Mitbeteiligten war abzuweisen, weil sie an Eingabengebühr für ihre Gegenschrift nur insgesamt S 200,-- zu erbringen hatten.

Wien, am 13. Dezember 1983

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