VwGH 2006/10/0016

VwGH2006/10/001614.7.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des S R in B, vertreten durch Schwartz Huber-Medek & Partner Rechtsanwälte OG, in 1010 Wien, Stubenring 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 12. Dezember 2005, Zl. E 134/11/2005.001/008, betreffend Bewilligung zur Errichtung einer Filialapotheke (weitere Partei: Bundesminister für Gesundheit; mitbeteiligte Partei: G O in O, vertreten durch Dr. Wolfgang Völkl und Dr. Clemens Völkl, Rechtsanwälte in 1090 Wien, Nußdorfer Straße 10-12), zu Recht erkannt:

Normen

ApG 1907 §49 Abs2;
ApG 1907 §51 Abs2;
ApG 1907 §9;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
ApG 1907 §49 Abs2;
ApG 1907 §51 Abs2;
ApG 1907 §9;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution, zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 11. Juni 2004 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Mattersburg (BH) dem Beschwerdeführer über dessen Antrag vom 11. Juli 2003 die Bewilligung zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Filialapotheke (der öffentlichen Apotheke des Beschwerdeführers in B) mit der Betriebsstätte "N, Kplatz 2" und dem Standort "Gemeinde N".

Mit Bescheid vom 22. Juni 2004 setzte die BH das anhängige Verfahren über das Ansuchen der mitbeteiligten Partei vom 26. Mai 2004 auf Erteilung einer Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke mit der Betriebsstätte in N, H-straße 171, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens über das Ansuchen des Beschwerdeführers vom 11. Juli 2003 aus. Die vom Unabhängigen Verwaltungssenat Burgenland (UVS) mit Bescheid vom 30. September 2004 bestätigte Aussetzung wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 31. Jänner 2005, Zl. 2004/10/0185 (Slg. Nr. 16.539/A), wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof aus:

"…

Im vorliegenden Fall kann aber auch nicht davon gesprochen werden, dass über die in Rede stehende Frage (der Erteilung der Filialapothekenbewilligung) in einem 'anderen Verfahren' zu entscheiden wäre. Vielmehr ist - wie unten dargestellt wird - über die Anträge auf Grund einer Rechtslage zu entscheiden, die den (die) Bewerber um eine Apothekenkonzession und den (die) Bewerber um eine Filialapothekenbewilligung in der Gemeinde des betreffenden Standortes zu einer Verwaltungsverfahrensgemeinschaft verbindet (vgl. zum insoweit entsprechenden Fall konkurrierender Konzessionsanträge das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. August 1994, Slg. Nr. 14103/A). In einem solchen Fall ist über die konkurrierenden Anträge in einem einzigen, alle Anträge erledigenden Bescheid derart abzusprechen, dass einem Bewerber die angestrebte Berechtigung verliehen, die Anträge der anderen Bewerber hingegen abgewiesen werden. Dies steht der getrennten Führung mehrerer Verfahren und demzufolge auch der Aussetzung eines der Verfahren im Sinne des § 38 AVG entgegen.

Die hier in Rede stehenden sachlichen Voraussetzungen der Erteilung der Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke (Apothekenkonzession; von der belangten Behörde 'Vollapothekenkonzession' genannt) regelt § 10 ApG. Nach § 10 Abs. 1 leg. cit. ist die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke zu erteilen, wenn in der Gemeinde des Standortes der öffentlichen Apotheke ein Arzt seinen ständigen Berufssitz hat und ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke besteht. Nach Abs. 2 leg. cit. besteht ein Bedarf nicht, wenn sich im Umkreis von 4 Straßenkilometern um die in Aussicht genommene Betriebsstätte eine ärztliche Hausapotheke befindet und die Zahl der von der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke aus zu versorgenden Personen weniger als 5.500 beträgt (Z. 1) oder ... die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen sich infolge der Neuerrichtung verringert und weniger als

5.500 betragen wird (Z. 3).

Aus der soeben zitierten, die Grundlage der Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer Apothekenkonzession bildenden Vorschrift folgt somit nicht, dass die Bedarfsfrage unter Bedachtnahme auf die (rechtliche) Existenz von Filialapotheken im fraglichen Gebiet zu entscheiden wäre. Jedoch ist nach § 47 Abs. 2 letzter Satz ApG ein Apothekenkonzessionsgesuch ohne weiteres Verfahren abzuweisen, wenn in der Gemeinde des angesuchten Standortes die Bewilligung zur Errichtung einer Filialapotheke vor weniger als fünf Jahren erteilt wurde. Diese Vorschrift soll offenkundig (vgl. dazu auch die EBzRV, 395 Blg. NR XVI. GP) die Amortisation der vom Inhaber der Filialapotheke getätigten Investition durch eine Bestandsgarantie für die Dauer von fünf Jahren ermöglichen, die - fehlte eine solche Vorschrift - im Hinblick auf § 27 ApG, wonach die Filialapothekenbewilligung bei Inbetriebnahme einer näher als 4 km gelegenen öffentlichen Apotheke zurückzunehmen ist, nicht gewährleistet wäre.

Die Vorschrift des § 47 Abs. 2 letzter Satz ApG knüpft diesen befristeten Bestandsschutz der Filialapotheke aber (erst) an die Erteilung der Bewilligung zur Errichtung der Filialapotheke. Voraussetzung eines Vorgehens nach § 47 Abs. 2 letzter Satz ApG gegenüber dem Bewerber um eine Apothekenkonzession ist somit, dass eine vor weniger als fünf Jahren erteilte Filialapothekenbewilligung dem Rechtsbestand angehört. Eine solche Bewilligung liegt im Beschwerdefall nicht vor. Dem Gesetz kann auch nicht entnommen werden, dass bereits ein bei der Behörde anhängiger Antrag auf Erteilung einer Filialapothekenbewilligung der Erteilung einer Apothekenkonzession entgegenstünde bzw. die Abweisung des Konzessionsantrages ohne weiteres Verfahren ermöglichte.

Aus § 47 Abs. 2 letzter Satz ApG folgt jedoch, dass (jedenfalls) eine im Zeitpunkt der Entscheidung über die Erteilung einer Apothekenkonzession dem Rechtsbestand angehörende, vor weniger als fünf Jahren erteilte Bewilligung einer Filialapotheke in der Gemeinde des angesuchten Standortes der Konzessionserteilung entgegenstünde. Zum Anderen folgt aus § 24 Abs. 1 ApG, dass eine Filialapothekenbewilligung (nach Erteilung einer Apothekenkonzession) schon im Hinblick auf das Vorhandensein einer öffentlichen Apotheke in der betreffenden 'Ortschaft' wie auch (gegebenenfalls) mangels Vorliegens eines "Bedarfes nach einer Verabreichungsstelle von Arzneimitteln" im Sinne des § 24 Abs. 1 ApG nicht erteilt werden könnte. Es liegt somit eine Konstellation vor, die jener mehrerer Bewerber um eine Apothekenkonzession im Sinne der durch das bereits erwähnte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. August 1994, Slg. 14103/A, eingeleiteten ständigen Rechtsprechung insoweit entspricht, als die Erteilung der angestrebten Berechtigung an einen von mehreren Bewerbern - bei entsprechender zeitlicher Abfolge - die Abweisung der Anträge der anderen Bewerber nach sich ziehen müsste. Die solcher Art gegebene Konstellation begründet somit auch im vorliegenden Fall eine (notwendige) Verwaltungsverfahrensgemeinschaft der mehreren Bewerber. Über ihre Anträge ist (wie dargelegt) in einem einzigen, alle Anträge erledigenden Bescheid derart abzusprechen, dass einem Bewerber die angestrebte Berechtigung verliehen, die Anträge der anderen Bewerber hingegen abgewiesen werden (vgl. hiezu allgemein Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht, Rz 91 mwN; Thienel, aaO, 86 mwN). Die mit dem angefochtenen Bescheid verfügte Aussetzung steht mit dem aus der dargelegten Rechtslage abzuleitenden Gebot der gleichzeitigen Entscheidung über die konkurrierenden Anträge - das auch ein Zuwarten mit der Entscheidung über den Apothekenkonzessionsantrag bis nach der allfälligen Erteilung einer Filialapothekenbewilligung, die sodann für die Dauer von fünf Jahren der Erteilung einer Apothekenkonzession entgegenstünde, nicht zuließe - in Widerspruch.

Diese Rechtslage hat die belangte Behörde bei Erlassung ihres die Aussetzung des Konzessionsverfahrens verfügenden Bescheides verkannt. Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Vollständigkeit halber ist dem Folgendes hinzuzufügen:

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in seiner mehrfach erwähnten ständigen Rechtsprechung die Auffassung, dass zwischen mehreren Bewerbern um Apothekenkonzessionen (in der Diktion der belangten Behörde: 'Vollapothekenkonzessionen'), deren Ansuchen einander im Hinblick auf die Bedarfslage ausschließen, die Priorität des Einlangens bei der Behörde entscheidet (vgl. zuletzt z. B. das Erkenntnis vom 13. Oktober 2004, Zl. 2004/10/0138 mwN).

Zu dieser Auffassung gelangte der Verwaltungsgerichtshof insbesondere angesichts des Umstandes, dass dem Gesetz kein anderes Kriterium der Auswahl zwischen den konkurrierenden Bewerbern als jenes der zeitlichen Priorität des Antrages entnommen werden kann.

Die hier vorliegende Konstellation - die Konkurrenz eines Antrages auf Erteilung einer Apothekenkonzession im Sinne der §§ 9, 10 ApG mit einem Antrag auf Erteilung einer Filialapothekenbewilligung im Sinne des § 24 ApG in der Gemeinde des in Aussicht genommenen Standortes der öffentlichen Apotheke - ist zwar - wie dargelegt - insofern mit der der soeben erwähnten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zugrunde liegenden Konstellation der Konkurrenz mehrerer Konzessionsanträge vergleichbar, als - gegebenenfalls - die Erteilung der einen Bewilligung die später erfolgende Erteilung der anderen Bewilligung (wenigstens befristet) ausschlösse. Für die Auswahl zwischen den mehreren Bewerbern - jenem um die Apothekenkonzession und jenem um die Filialapothekenbewilligung - ist dem Gesetz jedoch anders als in dem dem Erkenntnis vom 30. August 1994 und den Folgefällen zugrunde liegenden Fall der Konkurrenz von Bewerbern um mehrere Apothekenkonzessionen im selben Standort ein Auswahlkriterium zu entnehmen: Im Hinblick darauf, dass einer Filialapotheke im Verhältnis zu den öffentlichen Apotheken lediglich 'Surrogatfunktion' zukommt (vgl. hiezu zusammenfassend das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 2000, Slg. Nr. 15868, sowie das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. November 2000, Zl. 2000/10/0139) ist im Falle einer solchen Konkurrenzsituation der Errichtung der öffentlichen Apotheke - und somit der Erteilung der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke - der Vorzug zu geben. Die nur mangels eines sonstigen dem Gesetz zu entnehmenden Auswahlkriteriums für insoweit anders gelagerte Fälle in der Rechtsprechung entwickelte Regel der "zeitlichen Priorität" kommt daher hier nicht zum Tragen. Vielmehr wäre im Falle der Erfüllung der (insbesondere Bedarfs-) Voraussetzungen die Apothekenkonzession (mit der Folge der Abweisung des Antrages auf Erteilung der Filialapothekenbewilligung) zu erteilen. Für die Erteilung einer Filialapothekenbewilligung wäre in einem Fall wie dem vorliegenden hingegen nur dann Raum, wenn (gleichzeitig) der Konzessionsantrag - insbesondere mangels Erfüllung der Bedarfsvoraussetzungen im Sinne des § 10 ApG - abgewiesen werden müsste, ein 'Bedarf nach einer Verabreichungsstelle von Arzneimitteln' im Sinne des § 24 Abs. 1 ApG hingegen dennoch bestünde."

Mit Bescheid vom 14. Juni 2005 wies der UVS die Berufung des Konzessionärs der M. Apotheke in Wiener Neustadt gegen den Bewilligungsbescheid der BH vom 11. Juni 2004 als unzulässig zurück (die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 21. November 2005, Zl. 2005/10/0114, zurückgewiesen, dies mit der Begründung, dass Parteistellung im Verfahren zur Bewilligung der Filialapotheke nicht dem Konzessionär, sondern der die M. Apotheke betreibenden Gesellschaft zukam).

Mit (Ersatz)Bescheid vom 29. Juni 2005 behob der UVS den erstbehördlichen Aussetzungsbescheid der BH vom 22. Juni 2004 ersatzlos.

Nach Zustellung des Bewilligungsbescheides der BH vom 11. Juni 2004 an die mitbeteiligte Partei (über deren Antrag vom 17. August 2005) am 23. August 2005 erhob diese dagegen Berufung.

Mit Bescheid des Präsidenten der Österreichischen Apothekerkammer vom 27. September 2005 wurde die vom Beschwerdeführer beantragte Verlegung der Betriebsstätte der Filialapotheke von "K-platz 2" nach "H-straße 66" in N genehmigt.

Mit Bescheid vom 12. Dezember 2005 sprach der UVS aus, dass der Berufung der mitbeteiligten Partei stattgegeben und der Bewilligungsbescheid der BH vom 11. Juni 2004 ersatzlos aufgehoben werde.

Begründend führte der UVS nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens aus, zwischen der Betriebsstätte der Filialapotheke (H-straße 66) und der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der zu errichtenden Apotheke der mitbeteiligten Partei (H-straße 171) bestehe eine Entfernung von weniger als vier Straßenkilometern. Gleiches gelte für die Entfernung zwischen der ursprünglichen Betriebsstätte der Filialapotheke (K-platz 2) und der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der zu errichtenden Apotheke der mitbeteiligten Partei (H-straße 171). Innerhalb eines Radius von vier Straßenkilometern gerechnet von den erwähnten Betriebsstätten der Filialapotheke in N lägen ua. der politische Bezirk Wiener Neustadt und die Statutarstadt Wiener Neustadt. Vor der Erlassung des Bewilligungsbescheides der BH vom 11. Juni 2004 sei weder die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt noch der Bürgermeister der Stadt Wiener Neustadt (gemeint: als Bezirksverwaltungsbehörden) befasst worden.

In rechtlicher Hinsicht führte der UVS aus, im Hinblick auf § 24 Abs. 1 und § 47 Abs. 2 des Apothekengesetzes (ApG) sei davon auszugehen, dass sich die Ansuchen der mitbeteiligten Partei und des Beschwerdeführers gegenseitig ausschlössen. Aus dem oben erwähnten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Jänner 2005 folge, dass die konkurrierenden Bewerber eine Verwaltungsverfahrensgemeinschaft bildeten und über beide Gesuche in einem Bescheid abzusprechen sei. Die Berufung der mitbeteiligten Partei sei demnach zulässig.

§ 51 Abs. 2 ApG sei so zu verstehen, dass immer dann, wenn das Einzugsgebiet (Radius von vier Straßenkilometern) der in Aussicht genommenen Apotheke sich über den Amtssprengel der für den Konzessionsantrag örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde hinaus auf die Amtssprengel anderer Bezirksverwaltungsbehörden erstrecke, die Konzessionsentscheidung nur im Einvernehmen zwischen allen beteiligten Bezirksverwaltungsbehörden getroffen werden dürfe. Die von der BH vertretene Rechtsauffassung, derzufolge die benachbarten Behörden nur dann zu befassen wären, wenn sich der neue Apothekenstandort über mehrere Verwaltungsbezirke erstrecke, werde dem Zweck der Vorschrift nicht gerecht, weil die Auswirkungen auf die Heilmittelversorgung vom Einzugsgebiet und nicht nur vom Standort abhingen.

Ordne eine Vorschrift die Herstellung von Einvernehmen an, so sei eine ohne Einvernehmen erfolgte Entscheidung mit einer Rechtswidrigkeit behaftet, die einer Unzuständigkeit gleichkomme. Im vorliegenden Fall sei daher, weil eine Herstellung des Einvernehmens unterblieben sei, eine unzuständige Behörde eingeschritten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand, beantragt aber die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift und beantragt ebenfalls die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Die im Beschwerdefall einschlägigen Bestimmungen des ApG idF. BGBl. I Nr. 5/2004 lauten (auszugsweise):

"§ 9.

Konzession.

Der Betrieb einer öffentlichen Apotheke, welche nicht auf einem Realrechte beruht (radizierte, verkäufliche Apotheken), ist nur auf Grund einer besonderen behördlichen Bewilligung (Konzession) zulässig.

Im Konzessionsbescheid ist als Standort der Apotheke eine Gemeinde, eine Ortschaft, ein Stadtbezirk oder ein Teil eines solchen Gebietes zu bestimmen. Bei Apotheken, welche schon früher betrieben worden sind, ist der bisherige Standort aufrecht zu erhalten. Die Konzession hat nur für den Standort Geltung.

Sachliche Voraussetzungen der Konzessionserteilung

§ 10. (1) Die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke ist zu erteilen, wenn

1. in der Gemeinde des Standortes der öffentlichen Apotheke ein Arzt seinen ständigen Berufssitz hat und

2. ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke besteht.

(2) Ein Bedarf besteht nicht, wenn

1. sich im Umkreis von vier Straßenkilometern um die in Aussicht genommene Betriebsstätte eine ärztliche Hausapotheke befindet und die Zahl der von der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke aus zu versorgenden Personen weniger als 5 500 beträgt, oder

2. die Entfernung zwischen der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke weniger als 500 m beträgt oder

3. die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen sich in Folge der Neuerrichtung verringert und weniger als 5 500 betragen wird.

Verlegung

§ 14.

(1) Die Verlegung einer Apotheke innerhalb des festgesetzten Standortes (§ 9 Abs. 2) bedarf der Genehmigung durch die Österreichische Apothekerkammer.

Filialapotheken

§ 24.

(1) Dem Inhaber einer öffentlichen Apotheke ist die Bewilligung zum Betrieb einer Filialapotheke für eine Ortschaft, in der sich keine öffentliche Apotheke oder ärztliche Hausapotheke befindet, zu erteilen, wenn diese Ortschaft nicht mehr als vier Straßenkilometer von der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke entfernt ist und der Bedarf nach einer Verabreichungsstelle von Arzneimitteln besteht.

(2) Die Filialapotheke darf nur im Zusammenhang mit der öffentlichen Apotheke, für die sie bewilligt wurde, betrieben werden.

(6) Dem Inhaber einer öffentlichen Apotheke darf nur der Betrieb einer Filialapotheke bewilligt werden.

(7) Für Filialapotheken gelten § 9 Abs. 2 und § 14 Abs. 1 sinngemäß.

§ 27. Die Bewilligung zum Betrieb einer Filialapotheke ist von der Behörde zurückzunehmen, wenn in der Umgebung eine neue öffentliche Apotheke in Betrieb genommen wird und die Betriebsstätte der Filialapotheke von der Betriebsstätte der neuen öffentlichen Apotheke nicht mehr als eine Wegstrecke von vier Kilometern entfernt ist. Gegen den Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

Abweisung ohne weiteres Verfahren.

§ 47.

(2) Ein Konzessionsantrag eines Bewerbers ist von der Bezirksverwaltungsbehörde auch dann ohne weiteres Verfahren abzuweisen, wenn ein früherer Antrag eines anderen Bewerbers um die Errichtung einer neuen Apotheke an demselben Standort wegen des Fehlens der im § 10 bezeichneten sachlichen Voraussetzungen abgewiesen worden ist, von dem Datum der Zustellung des letzten in der Angelegenheit ergangenen Bescheides an gerechnet nicht mehr als zwei Jahre vergangen sind und eine wesentliche Veränderung in den für die frühere Entscheidung maßgebenden lokalen Verhältnissen nicht eingetreten ist. Ohne weiteres Verfahren abzuweisen ist ein Antrag für den Standort einer gemäß § 3 Abs. 7 geschlossenen Apotheke vor Ablauf von zwei Jahren nach Zurücklegung der Konzession. Ebenso ist zu verfahren, wenn in der Gemeinde des angesuchten Standortes die Bewilligung zur Errichtung einer Filialapotheke vor weniger als fünf Jahren erteilt wurde.

§ 49.

Vorverfahren.

(1) Wenn die Errichtung einer neuen öffentlichen Apotheke beabsichtigt ist, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde den Gemeinden des Standortes und der in Betracht kommenden Umgebung unter Festsetzung einer Frist von längstens vier Wochen Gelegenheit zur Äußerung über die Konzessionsbewerbung zu geben.

(2) Kommen bei der Errichtung der Apotheke mit Rücksicht auf den für dieselbe gewählten Standort auch in anderen politischen Bezirken gelegene Gemeinden in Betracht, so ist das Einvernehmen dieser Gemeinden und gegebenenfalls anderer Bezirksverwaltungsbehörden in gleicher Weise durch die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde zu erzielen.

§ 51.

Entscheidung über den Konzessionsantrag

(1) Über Anträge auf Erteilung einer Konzession zur Errichtung einer neuen öffentlichen Apotheke entscheidet die Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Verwaltungsgebiet der Standort der Apotheke in Aussicht genommen ist.

(2) Kommen in dem im § 49 Abs. 1 vorgesehenen Fall mit Rücksicht auf den für die Apotheke gewählten Standort auch Gemeinden des Verwaltungsgebietes anderer Bezirksverwaltungsbehörden in Betracht, so hat die gemäß Abs. 1 zuständige Behörde über die Konzessionserteilung im Einvernehmen mit diesen Bezirksverwaltungsbehörden zu entscheiden. Wenn zwischen den Bezirksverwaltungsbehörden eines Landes eine Übereinstimmung nicht zustande kommt, entscheidet der Landeshauptmann. Wenn zwischen den Bezirksverwaltungsbehörden mehrerer Länder eine Übereinstimmung nicht zustande kommt, entscheidet der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen.

(3) Gegen eine Entscheidung der Bezirksverwaltungsbehörde, mit welcher die Konzession zum selbständigen Betriebe einer öffentlichen Apotheke verweigert wird, steht dem Antragsteller, gegen die Erteilung der Konzession aber denjenigen Inhabern öffentlicher Apotheken und gemäß § 29 Abs. 4 und 5 betroffenen Ärzten, welche gemäß § 48 Abs. 2 rechtzeitig einen Einspruch erhoben haben, die Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes zu.

Verfahren bei der Bewilligung zum Betriebe von Filialen,

ärztlichen Hausapotheken und Anstaltsapotheken.

§ 53. Für das Verfahren bei Anträgen auf Bewilligung zum Betrieb einer Filiale einer öffentlichen Apotheke sowie zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke im Sinne des § 29 und zum Betrieb einer Anstaltsapotheke sind die §§ 47 bis 51 sinngemäß anzuwenden.

…"

2. Die Beschwerde ist begründet.

2.1.1. Der angefochtene Bescheid beruht auf der Auffassung, § 51 Abs. 2 ApG sei so zu verstehen, dass immer dann, wenn das "Einzugsgebiet" (Radius von vier Straßenkilometern) der in Aussicht genommenen Apotheke sich über den Amtssprengel der für den Konzessionsantrag örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde hinaus auf die Amtssprengel anderer Bezirksverwaltungsbehörden erstreckt, die Konzessionsentscheidung nur im Einvernehmen zwischen allen beteiligten Bezirksverwaltungsbehörden getroffen werden dürfe.

2.1.2. Dieser Rechtsauffassung der belangten Behörde ist, wie die Beschwerde zutreffend aufzeigt, nicht zu folgen.

Die sowohl in § 49 Abs. 2 als auch in § 51 Abs. 2 ApG enthaltene Wendung "mit Rücksicht auf den für dieselbe gewählten Standort", auf die sich die belangte Behörde bezieht, kann im Lichte der ständigen hg. Judikatur, nach der es sich beim "Standort" einer Apotheke um jenes territorial abgegrenzte Gebiet (vgl. § 9 ApG) handelt, innerhalb dessen die Apotheke auf Grund der Konzession zu betreiben ist, wobei der in Aussicht genommene Standort schon im Antrag zu bezeichnen ist (vgl. zB. die hg. Erkenntnisse vom 22. Dezember 1993, Zl. 93/10/0077, vom 22. April 2002, Zl. 2000/10/0053 (Slg.Nr. 15.813/A), und vom 14. Mai 2002, Zl. 2001/10/0124), nicht so verstanden werden, dass damit an das "Einzugsgebiet" der Apotheke angeknüpft wird.

Da im Beschwerdefall der Standort der Filialapotheke mit dem Gebiet der Gemeinde N umschrieben ist, liegt entgegen der Annahme der belangten Behörde ein Fall der Einvernehmensherstellung nach § 51 Abs. 2 ApG nicht vor.

Der angefochtene Bescheid ist schon aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit behaftet und war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

2.2. Für das fortzusetzende Verfahren ist auf Folgendes hinzuweisen:

Auf der Grundlage des erwähnten hg. Erkenntnisses vom 31. Jänner 2005, dessen Begründung oben wiedergegeben ist, hatte die belangte Behörde davon auszugehen, dass im Verhältnis der Anträge des Beschwerdeführers auf Bewilligung zur Errichtung einer Filialapotheke einerseits und der mitbeteiligten Partei auf Bewilligung zur Errichtung einer neuen öffentlichen Apotheke andererseits, welche einander wechselseitig ausschließen, eine Verfahrensgemeinschaft besteht, wobei die in der hg. Judikatur entwickelte Regel der "zeitlichen Priorität" nicht zum Tragen kommt, sondern vielmehr im Falle der Erfüllung der (insbesondere Bedarfs-)Voraussetzungen die - Priorität genießende - Apothekenkonzession zu erteilen wäre. Die Erteilung einer Filialapothekenbewilligung käme für die belangte Behörde nur noch dann in Betracht, wenn unter einem der Konzessionsantrag für die Apotheke abgewiesen werden müsste.

Da eine erstbehördliche Entscheidung über den Konzessionsantrag der mitbeteiligten Partei noch nicht ergangen war, erweist sich der Bewilligungsbescheid der BH vom 11. Juni 2004, mit dem die Errichtung der Filialapotheke ohne vorrangige Prüfung und Entscheidung über den Konzessionsantrag der mitbeteiligten Partei bewilligt wurde, - wie die belangte Behörde grundsätzlich richtig, wenngleich auf der Grundlage einer verfehlten Rechtsauffassung, erkannt hat - als rechtswidrig.

Nach Aufhebung dieses erstbehördlichen Bescheides wird es Aufgabe der Erstbehörde sein, der im erwähnten hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2005 vertretenen Rechtsauffassung entsprechend unter einem über die Bewilligungsanträge der mitbeteiligten Partei und des Beschwerdeführers zu entscheiden, wobei letztere, wie bereits dargelegt, eine Verfahrensgemeinschaft bilden.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am 14. Juli 2011

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