VwGH 2010/08/0151

VwGH2010/08/01518.9.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des D H in K, vertreten durch Thum Weinreich Schwarz Fuchsbauer Rechtsanwälte OG in 3100 St. Pölten, Josefstraße 13, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 31. Mai 2010, Zl. GS5-A-948/752-2010, betreffend Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 2 ASVG (mitbeteiligte Partei: Niederösterreichische Gebietskrankenkasse, 3100 St. Pölten, Kremser Landstraße 3), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §113 Abs2 idF 2007/I/031;
ASVG §113 Abs2 idF 2007/I/031;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und dem mit ihr angefochtenen Bescheid steht fest:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer gemäß § 113 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 2 ASVG verpflichtet, einen Beitragszuschlag in Höhe von EUR 2.800,-- zu entrichten. Bei einer am 14. Oktober 2009 erfolgten Kontrolle durch das Finanzamt L/Team KIAB sei festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer vier namentlich genannte polnische Staatsangehörige nicht vor Arbeitsantritt (zumindest am 14. Oktober 2009) zur Pflichtversicherung angemeldet habe.

Die vier polnischen Arbeitnehmer hätten täglich zwischen acht und zehn Stunden gearbeitet. Ort der Tätigkeit sei ein Einfamilienhaus gewesen. Der Beschwerdeführer sei bei den Arbeiten immer dabei gewesen. Er habe über die geleisteten Arbeitsstunden Bescheid gewusst. Fachliche Weisungen an die genannten Arbeitnehmer hätten sich erübrigt, weil es sich um spezielle Putzarbeiten gehandelt habe, die nicht viele Menschen beherrschten. Dennoch habe eine Weisungsgebundenheit der Beschäftigten vorgelegen. Der Beschwerdeführer habe sich üblicherweise immer auf der Baustelle befunden. Eine Kontrolle der Beschäftigten durch den Dienstgeber sei jederzeit möglich gewesen. Der Beschwerdeführer habe das gesamte Material sowie das Werkzeug zur Verfügung gestellt. Sämtliche wesentliche Betriebsmittel seien vom Dienstgeber beigestellt worden, woran die Tatsache, dass die Arbeitnehmer auch selber Kleinwerkzeug zur Baustelle mitgebracht hätten, nichts ändere, weil dies bei Bauarbeitern durchaus üblich sei. Die Beschäftigten hätten lediglich ihre eigene manuelle Arbeitskraft sowie ihr Know-how zur Verfügung gestellt. Die vier Arbeitnehmer hätten in der Garage des Beschwerdeführers Unterkunft genommen und seien von ihm unentgeltlich verpflegt worden. Diese Leistungen seien als Sachleistungen zu qualifizieren und als Entgelt zu werten. Außerdem sei ein Stundenlohn von EUR 10,-- vereinbart worden. Der Beschwerdeführer schulde den Beschäftigten noch jeweils EUR 310,-- für 31 geleistete Arbeitsstunden. Der vereinbarte Stundenlohn spreche für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses und sei ein Indiz für die unselbständige Tätigkeit.

Der Beschwerdeführer habe in seinem Einspruch angegeben, er sei der Überzeugung gewesen, die vier Arbeitnehmer wären Dienstnehmer der Firma Bau P., mit welcher Herr Sch. in geschäftlicher Verbindung stünde. Die Abrechnung hätte über Herrn Sch. erfolgen sollen. Daher sei der Beschwerdeführer davon ausgegangen, dass er "einen Werkvertrag eingegangen" sei.

Die einzelnen Aussagen - so die belangte Behörde weiter - ließen erkennen, dass J Sch. lediglich als Vermittler aufgetreten sei, zumal auch die vier Arbeitnehmer angegeben hätten, der Beschwerdeführer sei ihr Vorgesetzter. Es sei den übereinstimmenden Aussagen der vier Beschäftigten sowie des Sch. und nicht den dazu in Widerspruch stehenden Aussagen des Beschwerdeführers zu folgen.

Die Merkmale der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit würden gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Demnach seien die genannten Personen als Dienstnehmer iSd § 4 Abs. 2 ASVG für den Beschwerdeführer tätig gewesen, ohne zur Versicherung gemeldet worden zu sein.

Auf Grund von vier Meldeverstößen (von einer erstmaligen verspäteten Anmeldung mit unbedeutenden Folgen könne nicht gesprochen werden) erscheine der vorgeschriebene Betrag in Höhe von EUR 2.800,--, welcher sich aus dem Teilbetrag für den Prüfeinsatz in Höhe von EUR 800,-- und aus den Teilbeträgen für gesonderte Bearbeitung in Höhe von vier mal a EUR 500,-- je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person zusammensetze, als gerechtfertigt.

Ein gänzliches Absehen von der Vorschreibung eines Beitragszuschlags sei schon deshalb nicht möglich, weil die Einhaltung der Anmeldevorschriften einer Kontrolle bedurft hätte, der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse ein nicht unerheblicher Mehraufwand entstanden sei und der Prüfeinsatz ebenfalls mit Kosten der mitbeteiligten Kasse bzw. der am Einsatz beteiligten Behörden verbunden gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Zum angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich ist zunächst festzuhalten, dass sich die Beschwerde ausdrücklich gegen den "Bescheid des Amtes der NÖ Landesregierung vom 31.05.2010" richtet. Das Amt der NÖ Landesregierung wird im Rubrum der Beschwerde auch als belangte Behörde bezeichnet. Aus dem mit der Beschwerde vorgelegten angefochtenen Bescheid geht allerdings hervor, dass diesen der - gemäß § 413 Abs. 1 Z. 1 ASVG zuständige - Landeshauptmann von Niederösterreich erlassen hat. Die genannte Falschbezeichnung der belangten Behörde durch den Beschwerdeführer steht aber einer sachlichen Behandlung der Beschwerde nicht im Wege, weil in Anbetracht dessen, dass es sich beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung lediglich um einen Hilfsapparat (auch) des Landeshauptmannes von Niederösterreich, nicht aber um eine (andere) Behörde handelt, kein Zweifel daran besteht, dass sich die Beschwerde gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich richtet, der vom Verwaltungsgerichtshof daher als belangte Behörde anzusehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. März 1991, Zl. 89/08/0332, mwN).

§ 33 ASVG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 31/2007, lautet auszugsweise:

"§ 33. (1) Die Dienstgeber haben jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

(1a) Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

..."

§ 113 ASVG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 31/2007 hat

auszugsweise folgenden Wortlaut:

"Beitragszuschläge

§ 113. (1) Den in § 111 Abs. 1 genannten Personen (Stellen) können Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn

1. die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde oder

2. die vollständige Anmeldung zur Pflichtversicherung nach § 33 Abs. 1a Z 2 nicht oder verspätet erstattet wurde oder

3. das Entgelt nicht oder verspätet gemeldet wurde oder 4. ein zu niedriges Entgelt gemeldet wurde.

(2) Im Fall des Abs. 1 Z 1 setzt sich der Beitragszuschlag nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des § 111a aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf 500 EUR je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf 800 EUR. Bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen kann der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf 400 EUR herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.

(...)"

Der Beschwerdeführer zieht nicht in Zweifel, dass die genannten Dienstnehmer entgegen § 33 Abs. 1 und 1a ASVG zum Zeitpunkt der Kontrolle am 14. Oktober 2009 nicht zur Sozialversicherung gemeldet gewesen sind. Er bestreitet jedoch, Dienstgeber der genannten Personen gewesen zu sein und bringt dazu vor, dass ihm nicht sämtliche Angaben der "sonstigen Zeugen" vorgehalten worden seien. Insbesondere seien ihm die Angaben des Zeugen Sch. nicht vorgehalten worden. Es seien Angaben dieses Zeugen verwendet worden, die im Akt keinen Niederschlag gefunden hätten. Es sei dem Beschwerdeführer daher nicht möglich gewesen, dazu eine Stellungnahme abzugeben.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keinen relevanten Verfahrensmangel auf, unterlässt er es doch darzutun, welche in der Begründung des angefochtenen Bescheides herangezogenen Informationen ihm nicht vorgehalten worden seien, welche Stellungnahme er dazu abgegeben hätte und inwiefern dies ein anderes, für ihn günstiges Ergebnis zur Folge gehabt hätte.

Für inhaltlich rechtswidrig hält der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid, weil die belangte Behörde von der "Herabsetzungsbestimmung des § 113 Abs. 2 letzter Satz" ASVG hätte Gebrauch machen müssen. Es habe sich um die erstmalige verspätete Anmeldung gehandelt, auch wenn diese mehrere Dienstnehmer betreffen mag. Die verspäteten Anmeldungen hätten nur unbedeutende Folgen gehabt. Eine unterlassene Anmeldung für einen Tag ziehe jedenfalls nur unbedeutende Folgen nach sich. Zumindest wäre für (je) einen Arbeitnehmer von einer erstmaligen verspäteten Anmeldung mit unbedeutenden Folgen auszugehen gewesen, sodass jedenfalls eine Minderung möglich gewesen wäre.

Auch damit zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Gemäß § 113 Abs. 2 dritter Satz ASVG in der ab 1. Jänner 2008 anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 31/2007 kann bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf EUR 400,-- herabgesetzt werden.

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde eine früher erfolgte Beanstandung des Beschwerdeführers nicht festgestellt, sodass von einer erstmaligen verspäteten Anmeldung auszugehen ist. Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers kann aber der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Folgen des Meldeverstoßes nicht als unbedeutend einstuft, weil sich der Meldeverstoß auf vier Arbeitnehmer gleichzeitig ausgewirkt hat und weil die Meldungen zum Zeitpunkt der Kontrolle durch die KIAB noch immer nicht nachgeholt worden waren, sodass das typische Bild eines Meldeverstoßes vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. November 2009, Zl. 2008/08/0246). Der Beschwerdeführer vermochte auch keine die rechtzeitige Meldung hindernden Umstände aufzuzeigen, die den Fall als besonders berücksichtigungswürdig iSd vierten Satzes des § 113 Abs. 2 ASVG erscheinen lassen könnten. Eine Mindestmeldung hätte ohne weiteren Aufwand telefonisch oder per Telefax erstattet werden können (vgl. § 41 Abs. 4 Z. 3 ASVG).

Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 8. September 2010

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