VwGH 2009/10/0052

VwGH2009/10/005213.12.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde 1. des M F, 2. der E F, 3. des M F, alle in N, alle vertreten durch Dr. Elisabeth Scheuba, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Walfischgasse 3/4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 24. November 2008, Zl. LF1-FO-119/013-2007, betreffend Waldfeststellung, zu Recht erkannt:

Normen

ForstG 1975 §17;
ForstG 1975 §1a Abs1;
ForstG 1975 §1a Abs2;
ForstG 1975 §1a Abs3;
ForstG 1975 §1a;
ForstG 1975 §37;
ForstG 1975 §4;
ForstG 1975 §5 Abs1;
ForstG 1975 §5 Abs2;
ForstG 1975 §5;
ForstG 1975 §17;
ForstG 1975 §1a Abs1;
ForstG 1975 §1a Abs2;
ForstG 1975 §1a Abs3;
ForstG 1975 §1a;
ForstG 1975 §37;
ForstG 1975 §4;
ForstG 1975 §5 Abs1;
ForstG 1975 §5 Abs2;
ForstG 1975 §5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in Höhe von EUR 610.60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 4. Februar 2005 beantragten die Beschwerdeführer die Feststellung, dass eine Teilfläche des Grundstückes Nr. 1261/4, KG N., auf der sich ein Schwimmbad samt Zubauten befinde, nicht Wald gemäß § 1a Abs. 1 des Forstgesetzes 1975 (ForstG) sei.

Mit Spruchpunkt A des im Instanzenzug ergangenen Bescheides vom 24. November 2008 stellte der Landeshauptmann von Niederösterreich, die Berufung der Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vom 7. Dezember 2006 abweisend, gemäß § 5 ForstG fest, dass die Teilfläche des Grundstückes Nr. 1261/4, KG N., auf welcher sich das Schwimmbad samt Zubauten befinde, Wald im Sinne des ForstG sei. Die Außengrenze der Fläche, auf der sich das Schwimmbad samt Zubauten, das eine Fläche von 108 m2 umfasse, befinde, sei auf dem (beigeschlossenen) Luftbild (vom 21. Juni 2000) und im beiliegenden Satellitenbild mit einer grünen Linie, die die Punkte 1 bis 13 verbinde, dargestellt, "und bilden diese einen wesentlichen Bestandteil des Bescheides" (eine Teilfläche der Fläche, welche von der die Punkte 1 bis 13 verbindenden grünen Linie umgrenzt wird, ist gelb umrandet, ein weiterer Teil gelb schraffiert dargestellt).

Der Landeshauptmann von Niederösterreich stützte sich in der Begründung im Wesentlichen auf das Gutachten des forstfachlichen Amtssachverständigen DI. K. vom 29. Jänner 2008. Diesem zufolge sei nach dem 21. Juni 2000 im nördlichen Bereich des Waldgrundstückes Nr. 1261/4 ein mit Mauern umgebenes Schwimmbad auf einer Fläche von 108 m2 errichtet worden. Anlässlich eines im Beisein des Erstbeschwerdeführers am 9. November 2007 vorgenommenen Ortsaugenscheins seien im Bereich sowohl des Schwimmbades als auch im Bereich der auf dem Luftbild vom 21. Juni 2000 erkennbaren kleinen Blöße (die auf dem erwähnten Luftbild gelb umrandet dargestellte Fläche) im Norden des Grundstückes Nr. 1261/4 Vermessungen und Absteckungen vorgenommen worden. Der Erstbeschwerdeführer habe dabei angegeben, es sei durchaus realistisch, dass sich auf dieser Blöße seit Jahrzehnten eine Wiese befinde bzw. befunden habe, auf der seit 1989 ein Planschbecken aufgestellt worden sei. Das Ausmaß dieser unbestockten Fläche sei unter Berücksichtigung des Überhangs der Baumkronen und des Schattenwurfes ermittelt und auf dem Luftbild vom 21. Juni 2000 mit gelber Markierung eingezeichnet worden. Die Weite der Kronenüberhänge sei durch stichprobenartige Ablotung im Gelände sowie durch Abgreifen von Kronendurchmessern aus dem Luftbild vom 21. Juni 2000 ermittelt worden. Demnach sei von einem Kronenüberhang von 4 m auszugehen. Es weise daher die auf dem Luftbild vom 21. Juni 2000 ersichtliche, nicht überschirmte Fläche ein Ausmaß von 21 m2 und die diese umgebende, nicht bestockte Fläche (die auf dem erwähnten Luftbild gelb schraffiert dargestellte Fläche) ein Ausmaß von 122 m2 auf. Daraus leite sich ein maximales Ausmaß der unbestockten Fläche von 143 m2 ab. Das im Luftbild vom 21. Juni 2000 mit einer grünen Markierung gekennzeichnete Schwimmbad samt Zubauten befinde sich in seinem südöstlichen Teil außerhalb dieser unbestockten Fläche. Dieser Bereich sei daher jedenfalls als Waldfläche anzusehen. Insoweit das Schwimmbad samt Zubauten in seinem nordwestlichen Teil innerhalb der gelb markierten (auf dem Luftbild gelb umrandeten bzw. gelb schraffierten), unbestockten Fläche zu liegen komme, sei dessen Errichtung gleichwohl auf Waldboden erfolgt. Die der Errichtung vorangegangene langjährige Nutzung dieser Fläche als Wiese "durch eventuelles Mähen" sei nämlich lediglich als "begrenzte Mitbenutzung von Waldboden" anzusehen, die keine Rodung darstelle. Da das Planschbecken nur während der wärmeren Jahreszeit aufgestellt gewesen sei, sei auch in dieser Hinsicht die Waldeigenschaft dieser Fläche nicht verloren gegangen. Somit handle es sich bei der gesamten vom Schwimmbad samt Zubauten umfassten Teilfläche von 108 m2 auf dem Grundstück Nr. 1261/4 um Wald.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die sich ihrem gesamten Inhalt nach nur dagegen wendet, dass die Waldeigenschaft auch der auf dem Luftbild vom 21. Juni 2000 gelb markierten (gelb umrandeten bzw. gelb schraffierten) und zugleich vom Schwimmbad umfassten Fläche festgestellt wurde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die im vorliegenden Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des ForstG in der Fassung BGBl. I Nr. 55/2007 lauten (auszugsweise) wie folgt:

"I. ABSCHNITT

WALD, ALLGEMEINES

...

Begriffsbestimmungen

§ 1a. (1) Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes sind mit Holzgewächsen der im Anhang angeführten Arten (forstlicher Bewuchs) bestockte Grundflächen, soweit die Bestockung mindestens eine Fläche von 1 000 m2 und eine durchschnittliche Breite von 10 m erreicht.

(2) Wald im Sinne des Abs. 1 sind auch Grundflächen, deren forstlicher Bewuchs infolge Nutzung oder aus sonstigem Anlaß vorübergehend vermindert oder beseitigt ist.

(3) Unbeschadet ihrer besonderen Nutzung gelten als Wald im Sinne des Abs. 1 auch dauernd unbestockte Grundflächen, insoweit sie in einem unmittelbaren räumlichen und forstbetrieblichen Zusammenhang mit Wald stehen und unmittelbar dessen Bewirtschaftung dienen (wie forstliche Bringungsanlagen, Holzlagerplätze, Waldschneisen).

...

(7) Wald, dessen Bewuchs eine Überschirmung von weniger als drei Zehnteln aufweist, wird als Räumde, Waldboden ohne jeglichen Bewuchs als Kahlfläche bezeichnet.

...

Neubewaldung

§ 4. (1) Grundflächen, die bisher nicht Wald waren, unterliegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes im Fall

1. der Aufforstung (Saat oder Pflanzung) nach Ablauf von zehn Jahren ab der Durchführung,

2. der Naturverjüngung nach Erreichen einer Überschirmung von fünf Zehnteln ihrer Fläche mit einem Bewuchs von wenigstens 3 m Höhe.

...

(1a) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft kann nach Maßgabe forstfachlicher Erfordernisse für bestimmte Baumarten eine von Abs. 1 Z 2 abweichende Bewuchshöhe festlegen.

(2) Grundflächen, auf denen eine Ersatzaufforstung (§ 18 Abs. 2) durchgeführt wurde, gelten ab Sicherung der Kultur im Sinne des § 13 Abs. 8 als Wald.

(3) Grundflächen, zu deren Aufforstung Förderungsmittel gemäß den Bestimmungen des X. Abschnittes gewährt wurden, gelten mit dem Zeitpunkt der Auszahlung der Förderungsmittel als Waldboden, im Falle von Aufforstungen in Hochlagen, das ist die Zone innerhalb von 500 Höhenmetern unterhalb der natürlichen Baumgrenze, gilt dies jedoch erst ab Sicherung der Kultur im Sinne des § 13 Abs. 8.

Feststellungsverfahren

§ 5. (1) Bestehen Zweifel, ob

  1. a) eine Grundfläche Wald ist ...
  2. b) ...,

    so hat die Behörde von Amts wegen oder auf Antrag eines gemäß § 19 Abs. 1 Berechtigten ein Feststellungsverfahren durchzuführen.

    ...

(2) Stellt die Behörde fest, dass die Grundfläche zum Zeitpunkt der Antragstellung oder innerhalb der vorangegangenen zehn Jahre Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes war, so hat sie mit Bescheid auszusprechen, dass es sich bei dieser Grundfläche um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt. Weist der Antragsteller nach, dass

  1. 1. die Voraussetzungen des ersten Satzes nicht zutreffen oder
  2. 2. eine dauernde Rodungsbewilligung erteilt wurde, und ist inzwischen keine Neubewaldung erfolgt, so hat die Behörde mit Bescheid auszusprechen, dass es sich bei dieser Grundfläche nicht um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt.

    ...

    III. ABSCHNITT

    ERHALTUNG DES WALDES UND DER NACHHALTIGKEIT

    SEINER WIRKUNGEN

    A. Erhaltung des Waldes; Allgemeines

    ...

    Rodung

§ 17. (1) Die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) ist verboten.

..."

2. Die Beschwerde ist unbegründet.

2.1. Ist eine Grundfläche zum Zeitpunkt der Antragstellung gemäß § 5 Abs. 1 ForstG oder innerhalb der vorangegangenen 10 Jahre Wald im Sinne des ForstG gewesen, hat die Behörde die Waldeigenschaft festzustellen. Die Waldeigenschaft ist dabei auf Grund der in der Natur vorgefundenen Verhältnisse nach den Voraussetzungen der §§ 1a bzw. 4 ForstG zu beurteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. September 2008, Zl. 2003/10/0236).

Aus dem Zusammenhang der Vorschriften des (nunmehr) § 1a Abs. 1 bis 3 und des § 5 Abs. 2 ForstG ergibt sich, dass in Ansehung einer unbestockten Grundfläche die Feststellung, es handle sich bei ihr nicht um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes, unter anderem dann erfolgen kann, wenn diese Fläche nach Entfernung eines allenfalls vorhanden gewesenen forstlichen Bewuchses durch (nunmehr) 10 Jahre hindurch unbestockt geblieben und zu einem anderen Zweck als dem der Waldkultur verwendet worden ist. Eine rechtswidrige Rodung hat diesfalls die Wirkung, dass die Waldeigenschaft der betroffenen Fläche durch Zeitablauf verloren geht (vgl. zB. das zur im Wesentlichen gleichen früheren Rechtslage ergangene hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1996, Zl. 95/10/0132; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 2004, Zl. 2000/10/0115).

Nach § 17 ForstG ist die Rodung ohne eine behördliche Bewilligung verboten. Die Verwendung von Waldboden als Wiese oder zur Anlegung von Rasenflächen ist als Rodung gemäß § 17 ForstG anzusehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 1993, Zl. 92/10/0374 mwN sowie in diesem Sinn auch das hg. Erkenntnis vom 27. April 2000, Zl. 98/10/0322).

2.3.1. Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass die Feststellungsfläche (lt. Antrag "Teilfläche der Liegenschaft Nr. 1261/4, auf der sich das Schwimmbad samt Zubauten befindet", lt. Befund 108 m2) an allen Seiten von Wald umgeben ist. Bezogen auf das Jahr 2000 (also weniger als 10 Jahre vor Antragstellung) findet sich die unbedenkliche Feststellung einer praktisch vollständigen Überschirmung dieser Fläche (21 m2 nicht überschirmt).

Der Erstbeschwerdeführer hat bereits im Verwaltungsstrafverfahren, das dem hg. Beschluss vom 29. Jänner 2009, Zl. 2005/10/0168, zugrundelag, angegeben, dass sich auf dem in Rede stehenden Grundstück seit 1973 drei grasbewachsene Räumden befunden hätten, welche zwischen 1976 und 1996 einmal pro Jahr gemäht worden wären. Das verfahrensgegenständliche Schwimmbad befinde sich (zum Teil) auf einer dieser Räumden, der nunmehrigen Feststellungsfläche. Vor dem Hintergrund dieser Angaben ist schon im Hinblick auf § 1a Abs. 7 ForstG die - auf das unbedenkliche, auf einem umfassend erhobenen Befund beruhende Gutachten gestützte - rechtliche Qualifikation der belangten Behörde, die Feststellungsfläche sei jedenfalls im Jahr 2000 Wald im Sinne des ForstG gewesen, nicht zu beanstanden.

2.3.2. Ebenso wenig haben die Bf einen Sachverhalt behauptet, aus dem sich ergäbe, dass die Waldeigenschaft der Feststellungsfläche durch eine mindestens zehn Jahre vor Antragstellung erfolgte Rodung verloren gegangen wäre. Die als Rodung in Betracht zu ziehende Errichtung eines fest eingebauten Schwimmbeckens erfolgte unstrittig 2003 und konnte daher aus Zeitgründen nicht zum Verlust der Waldeigenschaft führen. Im Übrigen wurde lediglich behauptet, dass ein nicht näher bezeichneter Bereich von den Beschwerdeführern "als Wiese genutzt" wurde, ferner ist vom Aufstellen eines Planschbeckens die Rede.

Dem kann im Gesamtzusammenhang lediglich die Behauptung einer Freizeitnutzung (durch Betreten, Aufenthalt und Aufstellen eines Planschbeckens) entnommen werden, von der keine nachhaltigen Auswirkungen auf die Eignung der Fläche für die Waldkultur ausgingen. Auch wenn die in Rede stehende kleine Fläche regelmäßig gemäht worden sein sollte, bedeutete dies keinesfalls eine Rodung. Zwar ist in der hg. Rechtsprechung bei der Aufzählung von Maßnahmen, die eine Rodung im Sinne des ForstG bewirken können, von der "Verwendung von Waldboden als Wiese" die Rede (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 1993, Zl. 92/10/0374). Gemeint ist damit aber eine Kulturumwandlung durch Entfernung des forstlichen Bewuchses und Anlage einer Mähwiese (in einem für eine zweckmäßige landwirtschaftliche Betriebsführung geeignetem Flächenmaß und Lage), in der Regel zur Gewinnung von Viehfutter; denn eine Rodung liegt nur vor, wenn der Waldboden einer anderen, die Waldkultur ausschließenden Nutzung zugeführt wird. Dies ist schon bei einer sogenannten Nebennutzung, wie zB der Waldweide (§ 37 ForstG) oder der Gewinnung von Futter durch Abmähen von Waldflächen ("Mähweide", vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. November 1994, Zl. 93/10/0141) nicht der Fall, noch weniger durch Benützung von Waldboden für Freizeitzwecke wie im vorliegenden Fall, auch wenn wie im vorliegenden Fall ein Mal pro Jahr gemäht wird.

Die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Qualifikation der Feststellungsfläche als Wald im Sinne des ForstG ist demnach nicht als rechtswidrig zu erkennen.

2.4. Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II nr. 455.

Wien, am 13. Dezember 2010

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