VwGH 2009/07/0025

VwGH2009/07/002518.3.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. Sulzbacher und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Jantschgi, über die Beschwerde der CFA AG in W., vertreten durch Dr. Alexandra Sedelmayer, Rechtsanwältin in 1030 Wien, Marxergasse 29/11, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 18. November 2008, Zl. WA1-W-42425/001-2006, betreffend Feststellung des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs1;
AVG §44 Abs1;
AVG §56 impl;
AVG §60;
AVG §67;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WRG 1959 §124 Abs4;
WRG 1959 §125 Abs4;
WRG 1959 §21 Abs1;
WRG 1959 §21 Abs2;
WRG 1959 §22 Abs1;
WRG 1959 §22 Abs2;
WRG 1959 §22;
WRG 1959 §27 Abs1 litc;
AVG §13 Abs1;
AVG §44 Abs1;
AVG §56 impl;
AVG §60;
AVG §67;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WRG 1959 §124 Abs4;
WRG 1959 §125 Abs4;
WRG 1959 §21 Abs1;
WRG 1959 §21 Abs2;
WRG 1959 §22 Abs1;
WRG 1959 §22 Abs2;
WRG 1959 §22;
WRG 1959 §27 Abs1 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.031,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft N. (BH) erteilte mit Bescheid vom 16. November 1970 Walter und Helga W. als Pächter die wasserrechtliche Bewilligung zur künstlichen Beregnung der Grundstücke Nrn. 1335, 1336/1, 697/1, 682/1, 683/3, 683/2, 727/1, 684/1, 725/1, 725/2, 914/1 und 916, alle KG W., im Gesamtausmaß von 46 ha.

Im Spruch des Bescheides wird auf die Verhandlungsschrift vom 15. Juni 1970, "welche in Abschrift angeschlossen ist" und "einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides" bilde, verwiesen.

In der Verhandlungsschrift vom 15. Juni 1970 ist u.a. Nachstehendes festgehalten:

"Die wasserrechtl. Bewilligung für die beabsichtigte Beregnungsanlage kann unter Einhaltung folgender Bedingungen erteilt werden:

...

10) Gemäß § 22 WRG wäre die wasserrechtliche Bewilligung auf 30 Jahre zu beschränken."

Mit an die BH gerichtetem und von Dr. Eduard E. unterfertigtem Schreiben vom 10. November 1973 gab die "Gutsverwaltung St." bekannt, dass das Pachtverhältnis mit Walter und Helga W. beendet sei. Es wäre daher sofort die mit Bescheid der BH vom 16. November 1970 diesen eingeräumte wasserrechtliche Bewilligung "zu Gunsten der Gutsverwaltung St. zu überschreiben und in das Wasserbuch einzutragen".

Mit Bescheid der BH vom 10. Februar 1975 wurde einerseits die "im wesentlichen" bescheidgemäße Herstellung der mit Bescheid vom 16. November 1970 bewilligten Anlage festgestellt und andererseits Herrn Dr. Eduard E. als "dem nunmehr Wasserberechtigten" die wasserrechtliche Bewilligung zur Vergrößerung der Fläche der Teiche auf den Grundstücken Nrn. 912 und 727/1, beide KG W., "nach Maßgabe des in der beiliegenden Verhandlungsschrift vom 15.6.1970 festgestellten Sachverhaltes und Ausmaßes" erteilt.

Die BH stellte sodann mit Bescheid vom 25. Oktober 1976 die "bewilligungsgemäße" Herstellung der mit Bescheid vom 10. Februar 1975 bewilligten Anlagenerweiterung (Vergrößerung der Teichflächen) fest.

Einleitend wurde in diesem Bescheid unter Zitierung des an die ehemaligen Pächter Walter und Helga W. ergangenen Bescheides vom 16. November 1970 ausgeführt, dass "nunmehrige Wasserberechtigte" Frau Margarete E. als "Eigentumsnachfolgerin" nach Dr. Eduard E. sei.

Der Wasserbuchbescheid vom 17. Februar 1977 enthält unter Postzahl 4255 die von der Bewilligung im Bescheid vom 16. November 1970 erfassten Grundstücke sowie unter der Rubrik "Dauer der wasserrechtlichen Bewilligung" die Eintragung:

"30 Jahre, das ist bis 20.4.2001".

Mit Schreiben vom 23. November 1983 beantragte die Beschwerdeführerin die Eintragung als Wasserbenutzungsberechtigte der Postzahl 4255.

Mit Wasserbuchbescheid vom 27. Jänner 1984 wurde das verfahrensgegenständliche Wasserbenutzungsrecht für die Beschwerdeführerin im Wasserbuch eingetragen.

Für 20. November 2006 wurde von der BH eine mündliche Verhandlung anberaumt. Gegenstand war das unter Postzahl 4255 im Wasserbuch zu Gunsten der Beschwerdeführerin eingetragene Wasserbenutzungsrecht für die Bewässerung der Grundstücke Nrn. 725/1, 725/2, 914/1, 916, 683/3, 683/2, 727/1, 684/1, 1335, 1336/1, 697/1 und 682/1, alle KG W., mit Wasserentnahme aus einem namenlosen Zubringer zum F.-Bach, aus Drainagegräben und aus zwei Teichen auf den Grundstücken Nrn. 727/1 und 912, KG W. Dabei wurde der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht, dass nach Ansicht der Behörde das Wasserbenutzungsrecht befristet bis zum 20. April 2001 erteilt sei.

Mit Bescheid vom 21. November 2006 stellte die BH fest, dass das Wasserrecht für die Feldberegnung eingetragen im Wasserbuch unter Postzahl 4255 erloschen sei.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung.

Nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens gab die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Berufung insoferne Folge, als der Bescheid der BH vom 21. November 2006 dahingehend abgeändert (eingeschränkt) wurde, dass das Erlöschen des Wasserrechts mit der Wasserbuchpostzahl 4255 gegenüber der Beschwerdeführerin nur hinsichtlich der wasserrechtlichen Bewilligung der BH vom 10. Februar 1975 festgestellt werde. Das Erlöschen des Wasserrechts mit dieser Wasserbuchpostzahl betreffend den Bewilligungsbescheid der BH vom 16. November 1970 werde gegenüber den bisherigen Wasserberechtigten Walter und Helga W. von der BH mit gesondertem Bescheid auszusprechen sein.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass im Zusammenhang mit dem Erlöschen von Wasserbenutzungsrechten nach § 27 Abs. 1 lit. c WRG 1959 zunächst zu prüfen sei, ob eine Befristung des Wasserbenutzungsrechtes vorliege. Im Spruch des Bewilligungsbescheides vom 16. November 1970 werde die Verhandlungsschrift vom 15. Juni 1970 zum wesentlichen Bescheidbestandteil erklärt. Aus dieser Verhandlungsschrift ergebe sich, dass der Amtssachverständige eine Befristung des zu erteilenden Wasserrechtes auf 30 Jahre fordere. Damit werde nach Ansicht der belangten Behörde objektiv zum Ausdruck gebracht, dass die eingeräumte Bewilligung eben nur befristet erteilt werde. Daran könne auch die Formulierung des Amtssachverständigen nichts ändern. Diese hänge damit zusammen, dass dieser lediglich einen Vorschlag machen könne, die Entscheidung jedoch der Behörde überlassen bleibe. Für die Bedeutung einer Aussage im Spruch des Bescheides sei maßgebend, wie der Inhalt objektiv zu verstehen sei. Eine Befristung entspreche auch der gängigen Praxis bei der Erteilung wasserrechtlicher Bewilligungen für Beregnungszwecke. Das mit Bescheid vom 16. November 1970 erteilte Wasserbenützungsrecht sei daher befristet erteilt. Gleiches gelte für die Bewilligung der Erweiterung der Teiche mit Bescheid vom 10. Februar 1975, die eine Abänderung des Bescheides vom 16. November 1970 darstellen würde. Der Bescheid der BH aus 1975 beziehe sich nämlich ebenfalls auf die Verhandlungsschrift vom 15. Juni 1970. Zum Zeitpunkt des Ablaufes des Wasserrechtes (Erlöschen) sei festzuhalten, dass entsprechend der damaligen Rechtslage die Befristung ab dem Tag der Rechtskraft des Bewilligungsbescheides gerechnet werde. Der Bescheid vom 16. November 1970 sei der letzten Partei am 17. März 1971 zugestellt und nach ungenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist am 1. April 1970 rechtskräftig geworden. Das mit diesem Bescheid eingeräumte Wasserrecht sei daher mit Ablauf des 1. April 2001 ex lege erloschen.

Der Bescheid der BH vom 10. Februar 1975 sei nach der Aktenlage als letztem dem Konsensinhaber Dr. Eduard E. am 6. März 1975 zugestellt worden. Die damit erteilte Erweiterung des Wasserrechtes (Bescheid der BH vom 16. November 1970) sei daher mit Ablauf des 20. März 2005 kraft Gesetzes erloschen.

Zur Angabe der Dauer des Wasserrechts im Wasserbuchbescheid vom 17. Februar 1997 mit "bis 20. April 2001" sei festzuhalten, dass nicht nachvollziehbar sei, wie sich diese Befristung errechne. Diese Angabe entfalte daher auf Grund des lediglich deklarativen Charakters eines Wasserbuchbescheides keine Rechtswirkungen.

Fraglich sei nun noch, ob das Wasserrecht "persönlich erteilt" worden oder mit einer Liegenschaft verbunden sei. Die Beantwortung dieser Frage sei nach Ansicht der belangten Behörde zur Beurteilung der Frage notwendig, ob der Bescheid der BH vom 21. November 2006 zu Recht an die Beschwerdeführerin ergangen sei.

Die Bewilligung vom 16. November 1970 sei Walter und Helga W. erteilt worden. Diese hätten als Pächter der verfahrensgegenständlichen Grundstücke auch die wasserrechtliche Bewilligung beantragt. Wenn ein anderer als der Grundeigentümer einen Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung stelle, so könne eine Verbindung des Wasserrechtes mit dem Grundstück nicht erfolgen. Der Bescheid vom 16. November 1970 räume daher "ein persönlich erteiltes Wasserrecht" ein.

Der Bescheid der BH vom 10. Februar 1975 sei jedoch gegenüber dem Eigentümer der verfahrensgegenständlichen Grundstücke, Dr. Eduard E., erlassen worden. Auch wenn im Spruch dieses Bescheides nicht ausdrücklich die Verbindung des erteilten Wasserrechtes mit den Grundstücken ausgesprochen worden sei, so ergebe sich dieser Umstand aus der Projektsbeschreibung, die der Verhandlungsschrift vom 15. Juni 1970 zu entnehmen sei.

Nach dem von ihr - so führt die belangte Behörde schließlich in ihrer Begründung aus - eingeholten Grundbuchsauszug vom 17. November 2008 seien die verfahrensgegenständlichen Grundstücke im Zeitpunkt des Erlöschens des Wasserbenutzungsrechtes im Eigentum der Beschwerdeführerin gestanden.

Der Erlöschensbescheid der BH vom 21. November 2006 habe sich daher nur auf den Bescheid vom 10. Februar 1975 beziehen können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit ihrem Vorbringen, wonach entgegen der Ansicht der belangten Behörde von keiner Befristung des Wasserrechts auszugehen sei, ist die Beschwerdeführerin im Recht.

Gemäß § 27 Abs. 1 lit. c WRG 1959 erlöschen befristete Wasserbenutzungsrechte durch Ablauf der Zeit.

Aus dem Bewilligungsantrag der Pächter Walter und Helga W. vom 24. März 1970 ergibt sich zweifelsfrei, dass die angestrebte Bewilligung zur Wasserentnahme für Beregnungszwecke ohne zeitliche Beschränkung begehrt wurde.

Die BH erteilte die wasserrechtliche Bewilligung in ihrem Bescheid vom 26. November 1970 ohne Setzung einer Frist. Sie erklärte aber die Verhandlungsschrift, welche diesem Bescheid in Abschrift angeschlossen ist, zu einem wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides. In dieser Verhandlungsschrift lautet es unter Punkt 10, dass gemäß § 22 WRG die wasserrechtliche Bewilligung auf 30 Jahre zu beschränken wäre.

Nach Ansicht der belangten Behörde ergibt sich daraus, dass

der "Amtssachverständige eine Befristung ... fordert."

Mit dem alleinigen Verweis auf die Verhandlungsschrift wird aber - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - eine Befristung des unbefristet beantragten Wasserbenutzungsrechtes nicht bewirkt. Dazu hätte die BH die Befristung in ihrem Bescheid vom 26. Jänner 1970 vielmehr ausdrücklich im Spruch verfügen müssen. Die belangte Behörde erachtet die im Konjunktiv formulierte Textpassage - die darüber hinaus mit § 22 WRG 1959 ein in diesem Zusammenhang unrichtiges Gesetzeszitat enthält - selbst als "Vorschlag". Mit der im Spruch des Bescheides erfolgten Erklärung, wonach diese Verhandlungsschrift einen wesentlichen Bescheidbestandteil bilde, kann dieser "Vorschlag" nicht zu einer Anordnung in Bescheidform werden.

Geht man davon aus, dass der Pächter Walter W. mit seiner Unterfertigung des Protokolls der Verhandlung vom 15. Juni 1970 die Textpassagen betreffend des "Vorschlages" der Beschränkung der wasserrechtlichen Bewilligung auf 30 Jahre zur Kenntnis genommen habe, ist auch daraus für den Standpunkt der belangten Behörde nichts gewonnen. Eine solche Zurkenntnisnahme kann schon objektiv von der Wortbedeutung her nämlich nicht als Zustimmung zu (Einverständnis mit) dieser zeitlichen Beschränkung bzw. als Präzisierung des Bewilligungsantrages dergestalt gewertet werden, dass ein ursprünglich ohne jede zeitliche Einschränkung gestelltes Ansuchen nunmehr als befristet gestellt anzusehen sei (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1990, Zl. 89/07/0174).

Wenn sich - wie aus den vorgelegten Verwaltungsakten hervorgeht - aus der Eintragung im Wasserbuchbescheid eine Befristung ergibt, so ist darauf zu verweisen, dass eine solche Eintragung rein deklaratorischer Natur ist (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 2008, Zl. 2007/07/0133).

Der Erlöschensgrund des Ablaufes der Befristung liegt daher nicht vor. Ob das mit Bescheid der BH vom 10. Februar 1975 verliehene Wasserrecht aus einem anderen Grund erloschen ist, hatte der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen, da die belangte Behörde den Erlöschensausspruch ausschließlich auf den Ablauf der Befristung gestützt hat und sie überdies davon auszugehen scheint, dass das mit dem Bescheid vom 10. Februar 1975 verliehene Wasserrecht ein dinglich gebundenes sei. Ob diese Auffassung zutrifft, könnte vor dem Hintergrund der Sachverhaltsdarstellung im angefochtenen Bescheid zwar fraglich sein, ist aber, da nicht Thema des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, nicht näher zu prüfen.

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zugrunde, dass es sich bei dem mit Bescheid der BH vom 10. Februar 1975 verliehenen Wasserrecht und jenem, welches mit Bescheid der BH vom 16. November 1970 verliehen wurde, um zwei getrennte Wasserrechte handelt, die unabhängig voneinander bestehen können. Ausgehend von dieser nicht zu beanstandenden Auffassung hat die belangte Behörde nur über ein Erlöschen des Wasserrechtes aus dem Jahr 1975 entschieden, während sie hinsichtlich des Wasserrechtes aus dem Jahr 1970 eine Aussage des Inhalts getroffen hat, dass über das Erlöschen dieses Wasserrechts die BH in einem gesonderten Verfahren mit anderen Parteien zu entscheiden haben werde. Diese Aussage hat trotz ihrer Aufnahme in den Spruch des angefochtenen Bescheides keinen normativen Charakter und entfaltet daher keine Bindungswirkungen, sodass durch diese Aussage auch keine Rechte der beschwerdeführenden Partei verletzt sein können. Auf diese Aussage und die dazu in der Begründung des angefochtenen Bescheides enthaltenen Ausführungen war daher nicht weiter einzugehen.

Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Kostenzuspruch gründet sich - im begehrten Ausmaß - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 18. März 2010

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