VwGH 2009/05/0110

VwGH2009/05/011013.4.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des X in Y, vertreten durch Welzl Schuster Schenk Rechtsanwälte GmbH, Fabrikstraße 3, 4020 Linz, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 17. Februar 2009, Zl. IKD(BauR)-014034/1-2009-Hd/Wm, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde F), zu Recht erkannt:

Normen

BauO OÖ 1994 §48 Abs2;
BauO OÖ 1994 §48;
BauRallg;
BauO OÖ 1994 §48 Abs2;
BauO OÖ 1994 §48;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit Schreiben vom 13. Februar 2006 teilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde als Baubehörde erster Instanz den Rechtsvorgängern des nunmehrigen Beschwerdeführers im Eigentum des Grundstückes Nr. 1613, KG F, mit, dass sich das auf diesem Grundstück befindliche Gebäude in einem sehr schlechten Zustand befinde und auf Grund der starken Schneefälle der letzten Tage zum Teil eingestürzt sei. Dieses Gebäude stelle eine Gefahr dar, weshalb die Eigentümer aufgefordert würden, unverzüglich Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen, damit niemand zu Schaden komme.

Die Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers teilten der Baubehörde erster Instanz mit, sie seien aus finanziellen Gründen nicht in der Lage, das Gebäude abzureißen.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 29. Mai 2007 wurde den Rechtsvorgängern des Beschwerdeführers gemäß § 48 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994 (BO) die Abtragung des Baues auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück innerhalb von sechs Monaten unter Einhaltung bestimmter Auflagen aufgetragen. Dies wurde damit begründet, dass eindeutig ein Baugebrechen vorliege, weil sich der Zustand der baulichen Anlage so verschlechtert habe, dass eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit und die körperliche Sicherheit von Menschen bestehe und das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet werde. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 BO seien gegeben.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung gegen diesen Bescheid, in welcher er zum einen auf Begründungsmängel des Bescheides erster Instanz hinwies und zum anderen geltend machte, es sei unterlassen worden, ein Sachverständigengutachten zur Beurteilung des Bauzustandes des Gebäudes einzuholen und den Sachverhalt vollständig zu erheben. Bei Aufrechterhaltung des Abbruchbescheides würde er in seinem verfassungsrechtlich geschützten Recht auf Eigentum verletzt; dies widerspreche auch dem Gleichheitsgrundsatz, weil dadurch die von ihm beabsichtigte Errichtung eines Ersatzbaus in einem ansonsten dicht besiedelten Gebiet verhindert würde.

Die Berufungsbehörde führte am 26. Mai 2008 einen Lokalaugenschein in Anwesenheit eines Bausachverständigen durch. Der bautechnische Sachverständige stellte in seinem Befund unter Beilegung eines Katasterplanauszuges mit Orthofoto dar, dass das verfahrensgegenständliche rechteckige Gebäude über einen Keller und ein Erdgeschoß verfüge. Ob über dem Erdgeschoß noch ein Dachraum oder ein Dachgeschoß vorhanden gewesen sei, sei wegen des Einsturzes der Dachstuhlkonstruktion bzw. einer eventuellen Übermauerung bis auf kleine Teile nicht mehr festzustellen. Der kleine Teil des Dachstuhls, welcher noch annähernd vorhanden sei, sei verdreht und entspreche nicht mehr den statischen Anforderungen. Auch auf der obersten Geschossdecke liege ein Teil der Dachstuhlkonstruktion. Die noch vorhandenen Holzteile seien auf Grund der fehlenden Eindeckung durchfeuchtet und daher auch schon morsch. Die eingestürzten Teile der Dachstuhlkonstruktion bzw. der Dachziegel lägen im unmittelbar angrenzenden Erdreich.

Zu den Außenwänden des Erdgeschoßes sei festzuhalten, dass die nordseitige Außenwand zum größten Teil nicht mehr vorhanden sei und im angrenzenden Erdreich liege. Dies gelte auch für die südseitige Außenwand des Erdgeschoßes. Bei diesen beiden Wänden handle es sich um Steinmauern. Westseitig sei noch ein Bereich der Außenmauer vorhanden, diese Mauer sei in Holzbauweise ausgeführt. Aber auch ein Teilbereich sei hier schon eingestürzt. Auch die ostseitige Mauer sei teilweise eingestürzt.

Zu den Wänden im Kellergeschoß sei festzuhalten, dass auch hier die nordseitige Außenwand (Natursteinmauer) größtenteils in das angrenzende Erdreich gestürzt sei. Auch bei den restlichen Mauern seien Teile des Kellergeschoßes bereits eingestürzt. Wegen der größtenteils fehlenden Dachstuhlkonstruktion seien sämtliche bestehende Wände auf Grund des Regens und der Witterungsverhältnisse sehr stark durchfeuchtet. Die Decken zwischen Kellergeschoß und Erdgeschoß bzw. zwischen Erdgeschoß und der Dachstuhlkonstruktion seien als Holztramdecken ausgeführt worden. Zwischen Erdgeschoß und der Dachstuhlkonstruktion sei die Deckenkonstruktion bereits teilweise eingestürzt und auf Grund der fehlenden Dachstuhlkonstruktion eine Durchfeuchtung der noch bestehenden Holzteile gegeben. Weder Bodenbeläge noch Untersicht der Deckenkonstruktion seien vorhanden. Auch bei der Decke zwischen Erd- und Kellergeschoß seien Teile eingestürzt und auch hier sei eine starke Durchfeuchtung bzw. morsche Deckenteile gegeben. Ein Stromanschluss sei nicht mehr vorhanden, da der Dachständer bereits im angrenzenden Erdreich liege. Im Gebäudeinneren werde keine Besichtigung vorgenommen, weil die Gefahr herabstürzender bzw. einstürzender Dachstuhlteile bzw. Decken- und Mauerteile zu groß gewesen wäre, und daher eine Gefahr für die körperliche Sicherheit bestanden hätte. Ein Blick in das Innere sei von der Nordseite her möglich, weil dort die Außenwand sowohl im Erdgeschoß als auch im Kellergeschoß nicht mehr vorhanden sei. Dabei habe festgestellt werden können, dass mit Ausnahme der tragenden Wände innen (Natursteinmauern) die anderen Trennwände in Holzbauweise errichtet seien. Auch bei diesen, sowohl tragenden als auch nicht tragenden Wänden sei eine Durchfeuchtung gegeben. Inwieweit ein Bad und ein WC vorhanden gewesen seien, sei auf Grund des vorgefundenen schlechten Zustandes des Gebäudes nicht mehr erkennbar. Im Bereich der südseitigen Außenwand seien schon Bäume durch das Mauerwerk und durch die kleine noch bestehende Dachstuhlkonstruktion gewachsen bzw. vorhanden. In den angrenzenden Wiesenflächen des Gebäudes lägen die umgestürzten Mauerteile und auch Teile der Dachstuhlkonstruktion und Dachziegel. Daraus sei erkennbar, dass immer wieder Teile vom Bestand abbrechen und in die Wiese fallen könnten. Um das Gebäude sei ein starker Bewuchs vorhanden, was darauf schließen lasse, dass schon längere Zeit niemand das Grundstück betreten habe. Es sei festzuhalten, dass auch auf den im Zuge des Lokalaugenscheins aufgenommenen Fotos der schlechte Zustand des Gebäudes bzw. des Restes des Gebäudes für jedermann eindeutig zu erkennen sei.

Aus diesem Befund folgerte der bautechnische Amtssachverständige, dass schon alleine durch die Absturzgefahr weiterer Mauer- bzw. Dachstuhlteile und Dachziegel eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit sowie die körperliche Sicherheit von Menschen bestehe. Es liege beim gegenständlichen Gebäude daher ein Baugebrechen im Sinne des § 48 BO vor. Die Erhaltungspflicht gemäß § 47 leg. cit. sei vom Eigentümer nicht erfüllt worden, wodurch es zum jetzt vorliegenden Zustand gekommen sei. Das Gebäude sei in einem sehr schlechten Zustand. Dadurch, dass größtenteils die Dachkonstruktion fehle, seien sämtliche Regenwässer in die noch bestehenden Bauteile (Mauerwerk und Deckenkonstruktionen) eingedrungen und dadurch sei die starke Durchfeuchtung der noch bestehenden Bauteile gegeben. Weiters sei auch vom Boden her eine zusätzliche Durchfeuchtung gegeben, weil keine horizontale Abdichtung vom Boden zum Mauerwerk bestehe. Daher könnten die vorgefundenen durchfeuchteten Mauerteile und die morschen Deckenteile für einen weiteren Aufbau nicht mehr genützt werden. Eine Instandsetzung sei nur mehr durch Abtragung aller noch bestehenden Bauteile (Mauerteile und Deckenteile) möglich, um auch dem Stand der Technik zu entsprechen (z.B. trockenes Mauerwerk, horizontale und eventuell vertikale Feuchtigkeitsabdichtung, erforderliche Wärmedämmung usw.). Zusammenfassend sei daher festzuhalten, dass auf Grund des schlechten Zustandes des Gebäudes eine Instandsetzung nur mehr durch Beseitigung aller noch vorhandenen Mauer- und Deckenteile und Dachstuhlteile möglich sei. Die notwendige Instandsetzung komme daher in diesem Fall einem Neubau bzw. einer Erneuerung des Gebäudes gleich.

Nachdem dem Beschwerdeführer dieses Gutachten in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht worden war, erstattete dieser eine Stellungnahme vom 9. Juni 2008, in der er rügte, der Befundaufnahme nicht beigezogen gewesen zu sein. Er brachte vor, der Sachverständige möge noch weitere Fragen beantworten bzw. eine genauere Beschreibung des Gebäudes abgeben. So möge er darlegen, weshalb ein Unterfangen, ein Abstützen, ein Hinterfüllen oder sonstige Sanierungsmöglichkeiten nicht durchführbar sein sollten, er möge die wesentlichen raumbildenden Elemente genau beschreiben und mit Fotos dokumentieren, er möge darauf Rücksicht nehmen, dass das Objekt ein "historisches Gebäude" unmittelbar an der Einfahrt nach Freistadt darstelle und auch zur wirtschaftlichen Werthaltigkeit des vorhandenen Materials Stellung nehmen. Er möge weiters zum relativen Aufwand der Instandsetzung im Gegensatz zum Abriss und der mit dem Abbruch verbundenen Wertänderung der Liegenschaft auf Grund der aktuellen Flächenwidmung Stellung nehmen. Insbesondere möge er den Wert der Gesamtliegenschaft mit dem in Stand gesetzten Gebäude im Verhältnis zu den Kosten des Aufwands der Instandsetzung darstellen.

Mit Bescheid vom 1. Juli 2008 gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge. Er stützte sich in Bezug auf seine Annahme, es lägen Baugebrechen bzw. die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 BO vor, wesentlich auf das eingeholte Gutachten und führte ergänzend aus, dass die in der vorliegenden Stellungnahme des Beschwerdeführers angeführten Fragen an den Sachverständigen keine Relevanz für das Ergebnis des Gutachtens hätten, weil sie keinen Einfluss auf ein Sachverständigengutachten haben könnten. Beweisthema für den Sachverständigen sei einzig die Frage gewesen, ob ein Baugebrechen vorliege und ob eine Instandsetzung so weitgehend wäre, dass diese einem Neubau gleichkomme. Der Sachverständige habe alle Fotos vorgelegt; es sei nicht seine Aufgabe, Alternativen in Bezug auf eine Sanierung aufzuzeigen. Aus der Nichtbeteiligung des Beschwerdeführers bei der Aufnahme von Befund und Gutachten könne schließlich auch kein Verfahrensmangel abgeleitet werden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung, in der er im Wesentlichen die fehlende Begründung des Berufungsbescheides und das Unterbleiben der von ihm verlangten Gutachtensergänzung rügte. Er vertrat die Ansicht, eine Instandsetzung im Sinne des Gesetzes sei möglich, die Behörde zweiter Instanz habe in vorgreifender Beweiswürdigung keine Gutachtensergänzung beauftragt und die rechtlich relevanten Fragen unrichtig beantwortet. Jedenfalls hätte die belangte Behörde einen Alternativauftrag entweder zum vollständigen Abbruch oder zur Wiedererrichtung der baulichen Anlagen innerhalb angemessener Frist erteilen müssen. Die Erteilung lediglich eines Abbruchauftrages sei demgegenüber rechtswidrig.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 17. Februar 2009 wurde der Vorstellung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und festgestellt, dass dieser durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten nicht verletzt werde.

Die belangte Behörde begründete dies damit, dass nach § 48 Abs. 2 BO die Abtragung bereits dann aufzutragen sei, wenn entweder eine Instandsetzung nicht mehr möglich oder so weitgehend wäre, dass sie einer Erneuerung der baulichen Anlage gleichkäme. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen habe der bautechnische Amtssachverständige in seinem Gutachten festgestellt; die Baubehörde habe daher entsprechend vorzugehen gehabt. Es werde ihr hier keinerlei Ermessen eingeräumt. Daran würden auch die vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Fragen an den Sachverständigen nichts ändern. Weiters bestehe kein Recht der Partei auf Zuziehung zur Befundaufnahme durch einen Amtssachverständigen, weshalb auch kein Verfahrensfehler vorliege. Der Beschwerdeführer sei dem Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen nicht durch ein gleichwertiges Gutachten entgegen getreten. Die Dringlichkeit der Beseitigung der Gefahr durch die Abtragung der gegenständlichen baulichen Anlage werde auch durch die im Zuge des Lokalaugenscheins angefertigten und im Akt enthaltenen Bilder augenscheinlich. Dass durch die erfolgte Umwidmung die Erteilung einer Baubewilligung für den Beschwerdeführer erschwert werde, spiele im gegenständlichen Verfahren keine Rolle. Die Behörde habe den rechtskräftigen Flächenwidmungsplan anzuwenden und sei nicht zu dessen Prüfung befugt. Die Prüfung der wirtschaftlichen Abbruchreife bzw. von Wertveränderungen der Liegenschaft sei ebenfalls nicht Gegenstand eines baupolizeilichen Auftragsverfahrens. Auch der Einwand, dass es sich um ein angeblich erhaltenswertes Gebäude handle, gehe ins Leere. Selbst bei einem unter Denkmalschutz stehenden Gebäude könne sich der Eigentümer gegenüber einem baupolizeilichen Auftrag nicht auf diesen Umstand berufen. Die Vorstellungsbehörde sei schließlich nicht befugt, die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Verletzung des Eigentumsrechts bzw. des Gleichheitsgrundsatzes zu prüfen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 27. April 2009, B 394/09-5, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Der Verfassungsgerichtshof führte unter anderem aus, dass gegen § 55 Abs. 4 Z. 1 BO keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestünden, weil Art. 6 EMRK vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Einordnung des Baurechts in den Randbereich der civil rights (vgl. VfSlg. 11500/1987) die nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof genügen lasse. Auch gegen die in § 48 Abs. 2 erster Satz BO vorgesehene Möglichkeit der Vorschreibung von Sicherungsmaßnahmen sowie von Instandsetzungs- und Abtragungsaufträgen bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken, weil durch diese Abstufung ein auf die Lage des Falles abgestimmtes, verhältnismäßiges Vorgehen der Behörden ermöglicht werde.

In seiner im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Äußerung und beantragte die Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 48 BO hat folgenden Wortlaut:

"§ 48. (1) Hat sich der Zustand einer baulichen Anlage so verschlechtert, dass

1. eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit, die Hygiene oder die körperliche Sicherheit von Menschen oder für fremde Sachwerte entsteht,

  1. 2. das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet wird oder
  2. 3. schädliche Umwelteinwirkungen entstehen,

    liegt, gleichgültig worauf die Verschlechterung zurückzuführen ist, ein Baugebrechen vor.

(2) Erlangt die Baubehörde Kenntnis vom Vorliegen eines Baugebrechens, hat sie die allenfalls erforderlichen Sicherungsmaßnahmen anzuordnen und dem Eigentümer unter Gewährung einer angemessenen Frist die Behebung des festgestellten Baugebrechens durch Instandsetzung oder, wenn eine Instandsetzung nicht mehr möglich ist oder so weitgehend wäre, dass sie einer Erneuerung der baulichen Anlage gleichkommen würde, die Abtragung aufzutragen. Ein Instandsetzungsauftrag steht der Erteilung einer Abbruchbewilligung nicht entgegen.

(3) ...

(4) Wenn die Behebung der Baugebrechen durch Instandsetzung auf verschiedene Art und Weise möglich ist, hat die Baubehörde dem Eigentümer Gelegenheit zu geben, innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist mitzuteilen, wie er die Instandsetzung durchzuführen beabsichtigt. Kann erwartet werden, dass auf eine solche Art und Weise das Baugebrechen behoben wird, hat die Baubehörde den Instandsetzungsauftrag darauf abzustellen.

(5) ..."

Der Beschwerdeführer vertritt die Ansicht, der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Ablehnungsbeschluss vom 27. April 2009 ausgesprochen, dass die Bestimmung des § 48 Abs. 2 BO - wie vom Beschwerdeführer bereits in der Vorstellung dargelegt - verfassungskonform dahingehend auszulegen sei, dass selbst solche Instandsetzungen, die einer Erneuerung der baulichen Anlage gleichkämen, zulässig seien und in diesen Fällen nicht - wie von der belangten Behörde zu Unrecht unterstellt - quasi automatisch die Abtragung aufzutragen sei. Die Behörde habe im Gegensatz zu ihrer im angefochtenen Bescheid geäußerten Ansicht eine Ermessensentscheidung zu treffen.

Mit diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer den Inhalt des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 27. April 2009. Aus der Beurteilung des § 48 Abs. 2 BO als Norm, die ein auf die Lage des Falles abgestimmtes verhältnismäßiges Vorgehen der Behörde ermögliche, ist kein Rechtsanspruch darauf abzuleiten, dass die Behörde trotz Vorliegens der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Erlassung eines Abbruchauftrages davon abzusehen hat.

Der Verfassungsgerichtshof hat die vom Beschwerdeführer als verfassungswidrig bezeichnete Bestimmung des § 48 Abs. 2 erster Satz BO geprüft und als verfassungsrechtlich unbedenklich beurteilt. Der Verwaltungsgerichtshof sieht keine Veranlassung, seinerseits eine neuerliche Gesetzesprüfung dieser Bestimmung beim Verfassungsgerichtshof anzuregen.

Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, er habe während des Verfahrens vorgebracht, das Gebäude wieder in Stand setzen zu wollen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hätte daher in Anwendung der Bestimmung des § 48 Abs. 4 BO der gewünschte Instandsetzungsauftrag ausgesprochen werden müssen.

Dem in diesem Zusammenhang vom Beschwerdeführer zitierten, zur im Wesentlichen gleichlautenden Vorgängerbestimmung des § 60 Abs. 2 der Oberösterreichischen Bauordnung 1976 ergangenen hg. Erkenntnis vom 12. Mai 1992, Zl. 91/05/0233, liegt aber ein gänzlich anderer Sachverhalt zu Grunde. Im dortigen Fall ging es um die Frage, ob die vom Verpflichteten gesetzten Baumaßnahmen einem erteilten und in Rechtskraft erwachsenen Instandsetzungsauftrag noch entsprachen oder in einem solchen Ausmaß davon abwichen, dass die damals in Beschwerde gezogene Baueinstellung in der Rechtslage Deckung fand. Die vom Beschwerdeführer diesem Erkenntnis unterstellte Aussage, es hätte wegen des im Verfahren geäußerten Wunsches einer Instandsetzung des Gebäudes eine solche Instandsetzung auch bescheidmäßig aufgetragen werden müssen, findet sich dort hingegen nicht.

Schließlich stellt die Anordnung des § 48 Abs. 2 BO auch nicht darauf ab, ob die "Instandsetzung bei einem etwaigen erhöhten Kostenaufwand" deshalb wirtschaftlich günstiger sei als ein Abbruch, weil ein Abbruch mit dem Risiko einhergehe, dass später keine Baubewilligung mehr erteilt werde. Auf diese Wertveränderungen der Liegenschaft nimmt die öffentliche Interessen wahrnehmende Bestimmung des § 48 BO keine Rücksicht.

Die Baubehörde zweiter Instanz hat ein Gutachten eines bautechnischen Sachverständigen eingeholt. Der in diesem Zusammenhang vom Beschwerdeführer geltend gemachte Verfahrensmangel seiner fehlenden Beiziehung zur Befundaufnahme liegt nicht vor; nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 6. Februar 2005, Zl. 2004/07/0174, und vom 14. September 2004, Zl. 2004/10/0129, und vom gleichen Tag, Zl. 2001/10/0178) besteht kein Recht der Partei auf Beiziehung zur Befundaufnahme durch Sachverständige. Den Vorschriften über das Parteiengehör wird durch Übermittlung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zur Stellungnahme entsprochen. Auch im vorliegenden Fall wurden dem Beschwerdeführer die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis gebracht.

Der Beschwerdeführer ist während des Verwaltungsverfahrens dem Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Ein von einem tauglichen Sachverständigen erstelltes und mit den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch stehendes Gutachten kann in seiner Beweiskraft aber nur durch ein gleichwertiges Gutachten bekämpft werden (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das hg. Erkenntnis vom 11. Juli 2006, Zl. 2001/12/0194, und vom 20. Oktober 2005, Zl. 2005/07/0108).

Widersprüche zu den Erfahrungen des Lebens und zu den Denkgesetzen können aber auch ohne sachverständige Untermauerung aufgezeigt werden. Auch Hinweisen auf die Ergänzungsbedürftigkeit des Gutachtens muss nachgegangen werden. Einwände im Zusammenhang mit der Ergänzungsbedürftigkeit des Gutachtens hat der Beschwerdeführer im Verfahren und auch in der Beschwerde vorgebracht.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers erscheint das Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen aber in Hinblick auf die zwei hier entscheidend zu prüfenden Aspekte (Vorliegen eines Baugebrechens, Ausmaß der notwendigen Instandsetzungsarbeiten) ausführlich und ausreichend. Der Sachverständige hat - entgegen der Behauptungen des Beschwerdeführers - das konkrete Ausmaß der Beschädigung und der noch vorhandenen Bausubstanz des verfahrengegenständlichen Objektes genau erhoben und dokumentiert. Die Fragen des Bestehens raumbildender Elemente und der Unmöglichkeit einer Verwendbarkeit des Restbestandes, insbesondere wegen der vorliegenden Durchfeuchtung, wurden vom Sachverständigen ebenfalls ausführlich behandelt. Dieser Befund und auch die darauf basierende fachliche Wertung stimmt zudem mit den im Akt erliegenden Fotos überein. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers liegt ein vollständiges Gutachten vor, dessen Ergebnisse ausreichten, die rechtlich relevanten Aspekte zu beantworten. Ein Widerspruch zu den Erfahrungen des Lebens und zu den Denkgesetzen ist ebenfalls nicht erkennbar.

Es steht daher - auf gleicher fachlicher Ebene unwidersprochen - fest, dass das gegenständliche Gebäude eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit, die Hygiene oder die körperliche Sicherheit von Menschen oder für fremde Sachwerte mit sich bringt, somit nach § 48 Abs. 1 Z 1 BO ein Baugebrechen vorliegt, und dass eine Instandsetzung des gegenständlichen Gebäudes so weitgehend wäre, dass sie einer Erneuerung der baulichen Anlage gleichkäme.

Sowohl die Berufungsbehörde als auch die belangte Behörde (diese im Rahmen des ihr zukommenden Prüfungsmaßstabes) haben sich in zulässiger Weise auf den Inhalt des Sachverständigengutachtens gestützt. Beide Behörden haben sich mit den in diesem Zusammenhang vom Beschwerdeführer in der Berufung bzw Vorstellung vorgebrachten Einwänden gegen das Gutachten auseinandergesetzt. Der Vorwurf, es sei zu einer unreflektierten Übernahme des Gutachtens in die jeweiligen Bescheide gekommen, trifft nicht zu.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Die Abweisung des Kostenantrags der mitbeteiligten Partei stützt sich auf § 48 Abs. 3 Z 2 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl Nr. 4/2008, wonach einem Mitbeteiligten nur dann Anspruch auf Ersatz des Schriftsatzaufwandes zukommt, wenn die Gegenschrift durch einen Rechtsanwalt eingebracht wurde.

Wien, am 13. April 2010

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