VwGH 2009/04/0119

VwGH2009/04/011922.4.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerden der V in O, vertreten durch Dr. Stephan Messner, Rechtsanwalt in 4690 Schwanenstadt, Linzer Straße 2, gegen die Bescheide des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend 1.) vom 3. März 2009, Zl. BMWA-66.100/0363-IV/9/2008, betreffend zwangsweise Grundüberlassung (hg. Zl. 2009/04/0277) und 2.) vom 4. März 2009, Zl. BMWFJ-66.100/0036-IV/9/2009, betreffend Bewilligung einer Erdgasspeicherleitung (hg. Zl. 2009/04/0119) (mitbeteiligte Partei: R AG in Wien, vertreten durch Onz, Onz, Kraemmer, Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
MinroG 1999 §119 Abs3 Z4;
MinroG 1999 §119 Abs4;
MinroG 1999 §119 Abs6 Z3;
VwRallg;
AVG §8;
MinroG 1999 §119 Abs3 Z4;
MinroG 1999 §119 Abs4;
MinroG 1999 §119 Abs6 Z3;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 je Beschwerde, insgesamt somit EUR 1.221,20, und der mitbeteiligten Partei EUR 1.106,40 je Beschwerde, insgesamt somit EUR 2.212,80, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit Bescheid vom 3. März 2009 hat der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend die Beschwerdeführerin gemäß § 149 Mineralrohstoffgesetz - MinroG, BGBl. I Nr. 38/1999, verpflichtet, die Benützung bestimmt genannter Teilflächen ihr gehörender Grundstücke im Ausmaß von insgesamt 15.485 m2 für die Errichtung und den Betrieb einer Erdgasleitung von der Erdgasspeicheranlage "Puchkirchen II" bis zur "Außenstation Haag" zu gestatten. Dies umfasse die Verlegung, den Betrieb, die Überprüfung, Instandhaltung, Erneuerung und den Umbau der Leitung, das Entfernen von Boden- und Pflanzenhindernissen, das An- und Abliefern von Baustoffen und Baugeräten sowie das Betreten und Befahren mit für die vorangeführten Arbeiten erforderlichen Fahrzeugen jeder Art (Spruchpunkt I.).

Weiters wurde die mitbeteiligte Partei verpflichtet, die Beschwerdeführerin für die Überlassung der Grundstücksteile zu entschädigen, und die Entschädigungssumme (mit EUR 47.116,51 bzw. EUR 47.859,01 bei Schlägerung außerhalb der Saftruhe) festgesetzt. Die Mitbeteiligte wurde verpflichtet, der Beschwerdeführerin aus dem Bestand der Trasse resultierende Windbruchschäden zu ersetzen und das im Zuge der Bauarbeiten geschlägerte Holz an einer geeigneten Stelle abfuhrbereit zur Verfügung zu stellen (Spruchpunkt II.).

Den Spruchpunkt I. hat die belangte Behörde - soweit für das verwaltungsgerichtliche Verfahren wesentlich - wie folgt begründet:

Die Mitbeteiligte sei auf Grund eines bürgerlichrechtlichen Vertrages mit der Republik Österreich als Bergbauberechtigte zum

ausschließlichen Gewinnen von Kohlenwasserstoffen sowie zum

ausschließlichen Speichern von Kohlenwasserstoffen in den kohlenwasserstoffführenden geologischen Strukturen im gegenständlichen Gebiet berechtigt. Die in 1.100 m Tiefe gelegene, etwa 10 km2 große Erdgaslagerstätte Puchkirchen sei von der Mitbeteiligten im Jahr 1969 gefunden und seither weitgehend ausgefördert worden. Seit mehr als 25 Jahren nutze die Mitbeteiligte diese Lagerstätte zur Speicherung von Erdgas. Dort stünden etwa 860 Millionen Nm3 Speichervolumen zur Verfügung. Pro Stunde könnten etwa 400.000 m3 Erdgas hinein gepumpt bzw. wieder herausgeholt werden. Die dafür notwendigen obertägigen Anlagen seien derzeit in der Speicherstation "Puchkirchen II" und in der Außenstation "Puchkirchen I" situiert, wobei sich in der Station "Puchkirchen II" auch zwei Turboverdichter für die Ein- bzw. Ausspeicherung befänden.

Die Lagerstätte Haag sei 1981 erschlossen und inzwischen ebenfalls nahezu ausgefördert worden. Durch die Speicherung von Erdgas in dieser Lagerstätte solle ein zusätzliches Volumen von etwa 225 Millionen Nm3 erreicht werden.

Über den Antrag der Mitbeteiligten auf Errichtung der "Außenstation Haag" samt Speicherleitung zur Erdgasspeicheranlage "Puchkirchen II" habe bisher nicht entschieden werden können, weil die Beschwerdeführerin der dazu erforderlichen Verwendung ihrer Grundstücke nicht zugestimmt habe und eine Einigung nicht zustande gekommen sei.

Mit Eingabe vom 4. April 2008 habe die Mitbeteiligte gemäß § 149 Abs. 1 MinroG die zwangsweise Überlassung der aus dem Spruch ersichtlichen Grundstücksteile zum Zweck der Verlegung und des Betriebes eines Teilstückes der Erdgasleitung samt Nebenanlagen beantragt.

Nach dem Gutachten des Sachverständigen für Erdöl- und Erdgaswesen setze eine untertägige Erdgasspeicherung eine geeignete geologische Struktur voraus, welche nur sehr selten, nicht einmal in allen ehemaligen Erdgaslagerstätten, gegeben sei. Die Lagerstätte Haag sei dazu geeignet. Sie befinde sich zudem nur in einer Entfernung von 18,5 km Luftlinie zum Speicher Puchkirchen, sodass eine Mitnutzung der dort vorhandenen Turboverdichter möglich sei. Dadurch werde der Energieverbrauch und der Eingriff in die Landschaft minimiert.

Es stehe fest, dass eine Verbindungsleitung zwischen der Speicherstation "Puchkirchen II" und der geplanten "Außenstation Haag" zur technisch und wirtschaftlich einwandfreien sowie sicheren Ausübung der Speicherung von Erdgas zur Erhöhung der Versorgungssicherheit Österreichs erforderlich sei. Wie der Sachverständige schlüssig und nachvollziehbar dargestellt habe, entspreche die von der Mitbeteiligten eingereichte Trasse allen Anforderungen an den Stand der Technik, insbesondere der ÖVGW-Richtlinie G 153/2. Es sei aber zu prüfen gewesen, ob diese Voraussetzungen nicht auch durch eine Leitungsführung erfüllt werden könne, bei der minder wertvolle Grundstücke in Anspruch genommen würden. Dazu habe die Mitbeteiligte zunächst sechs Varianten einer Grobprüfung unterzogen. Sie sei zum Ergebnis gekommen, dass die nunmehr beantragte Trasse (Variante B) den Kriterien der ÖVGW-Richtlinie am besten entspreche. Sie sei bei praktisch identer Streckenlänge mit Variante A (nur 50 m Unterschied) am einfachsten baubar, aus technischen Gesichtspunkten die optimale Trasse und entspreche ohne Einschränkungen allen sicherheitstechnischen Anforderungen. Der Eingriff in die Natur falle bei dieser Variante am geringsten aus (geringste Rodungsfläche). Es sei in Summe auch die wirtschaftlich beste Variante. Weiters habe die Mitbeteiligte nach den selben Kriterien für den die Grundstücke der Beschwerdeführerin betreffenden Leitungsabschnitt drei Varianten geprüft und der eingereichten Trasse gegenüber gestellt. Diese Prüfung habe ergeben, dass die eingereichte Trasse die kürzeste sei, den geringsten Rodungsbedarf aufweise, keine Rodung entlang des Bergkamms erfordere, am wenigsten ehemaliges Bergbaugebiet berühre, den größten Abstand zu Gebäuden einhalte und die geringste Anzahl an Grundeigentümern betreffe.

Der dem Verfahren beigezogene Sachverständige für Erdöl- und Erdgaswesen habe in seinem Gutachten diese Einschätzung der Mitbeteiligten eindeutig und in nachvollziehbarer Weise als zutreffend angesehen. Der Sachverständige habe Folgendes ausgeführt:

"Die vorgelegte Evaluierung der Trassenvarianten ist in sich schlüssig und nachvollziehbar dargelegt. Sie entspricht vollinhaltlich den Kriterien der ÖVGW-Richtlinie G 153/2 und somit dem Stand der Technik. Darin heißt es: 'Die Trassenwahl hat sich sowohl nach technischen, sicherheitstechnischen, ökologischen aber auch wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu orientieren'. Die sicherheitstechnischen Aspekte sind im gegenständlichen Fall besonders zu berücksichtigen, da für die notwendige Hausruckquerung ein sehr großes und vor allem seicht liegendes Bergschadengebiet durchfahren werden muss. Daher wurde eine bergschadenkundliche Vorerhebung und eine darauf aufbauende Stellungnahme für den Trassenverlauf innerhalb der Grubenfelder der (W-GmbH) beauftragt und vom ZT-Büro (M.) erarbeitet. Diese Untersuchung bildet eine wesentliche Grundlage für die Trassenplanung. Die bevorzugte Trasse quert dreimal Grubenfelder der (W-GmbH). Die Querungen 'Unteredt' und 'Rackering' wurden auf Grund der randlichen Lage der Trasse zu den Grubenfeldern in der gegenständlichen Stellungnahme als vollkommen unbedenklich eingestuft. Im Bereich der Querung Grubwald wurde das Unterflöz mit einer Mächtigkeit bis zu 2,5 m abgebaut. Da die Überlagerung hier aber wenigstens 45 m beträgt, wurde auch hier festgestellt, dass 'eine wesentliche Veränderung der geplanten Speicherleitung durch Bodenverformungen ausgehend von den untertägigen Abbauten der (W-GmbH) nicht zu erwarten ist'

. ...

Die (Mitbeteiligte) hat bei Trassenfestlegung der eingereichten Verbindungsleitung diese Vorgaben des betreffenden Regelwerkes, der ÖVGW-Richtlinie G 153/2 und die speziellen Bedingungen infolge des großräumigen Bergschadensgebietes der (W-GmbH) berücksichtigt. Sowohl für die sicherheitstechnischen, ökologischen aber auch wirtschaftlichen Aspekte stellt die Leitungslänge eine wesentliche Randbedingung dar. Hinsichtlich der sicherheitstechnischen Aspekte wird einerseits die Bauzeit und eine hochgerechnete Unfallstatistik sowie die Zugänglichkeit bei Betrieb bewertet. Hinsichtlich der Ökologie ist davon auszugehen, dass im unverbauten Gelände eine möglichst kurze Leitungslänge einen geringeren Eingriff in das ökologische System darstellt als bei einer durch Umgehung verlängerten Leitungsführung.

Bei der geprüften Variante C 1 vergrößert sich die Leitungslänge nach derzeitigem Wissensstand um 3250 m (+ 16 %), die Variante C 2 ist u.a. infolge eines Wasserschutzgebietes an den Nordabhängen des Hausruck nicht zu realisieren, bei einer Variante D vergrößert sich die Leitungslänge nach derzeitigem Wissensstand um ca. 4200 m (+ 21 %). Diese Variante erfordert etwa die doppelte Rodungsfläche im Bereich des Hausrucks; die ebenfalls diskutierte Variante E weist eine um ca. 5200 m (+ 26 %) vergrößerte Leitungslänge auf.

Durch eine großräumige Umgehung der Grundstücke (der Beschwerdeführerin) wird jedenfalls sowohl die technische als auch wirtschaftliche Ausübung der Speichertätigkeit an den beiden untertägigen Erdgasspeichern Puchkirchen und Haag nachhaltig erschwert."

Die Beschwerdeführerin habe eine Tunnel-Variante durch den Hausruck vorgeschlagen. Aus den von der Mitbeteiligten vorgelegten Unterlagen sei eindeutig zu entnehmen, dass sich im Bereich der Hausruckquerung kein durchgehender Stollen befinde, in dem eine solche Leitung verlegt werden könne. Die einschlägigen Vorschriften, insbesondere die Bohrlochbergbau-Verordnung, erforderten einen jederzeitigen Zugang zur Leitung für Inspektions- und Wartungsarbeiten. Für die gegenständliche Leitung mit einem Durchmesser von 500 mm wäre daher ein durchgehender Stollen durch den Hausruck keinesfalls ausreichend, es müsste ein aufwändiges Tunnelbauwerk errichtet werden. Schon daraus ergebe sich, dass eine solche Leitungsführung wesentlich aufwändiger und daher unwirtschaftlich wäre. Die von der Mitbeteiligten in diesem Zusammenhang mit näherer Begründung bekannt gegebenen Mehrkosten würden etwa EUR 5,5 Mio betragen. Diese Summe sei plausibel und nachvollziehbar. Eine diesbezügliche Ergänzung der Gutachten erübrige sich daher.

Dem Sachverständigen für Erdöl- und Erdgaswesen seien zahlreiche Unterlagen technischer, wirtschaftlicher und bergschadenkundlicher Natur vorgelegen, die zur Erstattung eines Gutachtens ausreichend gewesen seien. Vor diesem Hintergrund sei es nicht erforderlich gewesen, dass der Sachverständige die Leitung in ihrer gesamten Länge in Natur besichtige. Die Beschwerdeführerin habe auch nichts vorgebracht, was auf eine aus der unterlassenen Begehung resultierende Mangelhaftigkeit des Gutachtens hinweisen könnte. Ebenso wenig habe sie konkrete Umstände vorgebracht, aus denen es für den Sachverständigen für Bergschaden- und Markscheidekunde erforderlich gewesen wäre, die Trasse zu begehen.

Zusammengefasst ergebe sich somit, dass die Inanspruchnahme der aus dem Spruch ersichtlichen Grundstücksteile der Beschwerdeführerin für den Bergbau notwendig im Sinne des § 149 Abs. 2 MinroG sei, weil sie zur technisch und wirtschaftlich einwandfreien Ausübung der genannten Bergbautätigkeit nötig sei und eigene oder fremde minder wertvolle Grundstücke hiefür nicht zur Verfügung stünden.

Was das von der Beschwerdeführerin vorgebrachte überwiegende Interesse an der Walderhaltung betreffe, sei schließlich noch auszuführen, dass dies eine Frage sei, die von der Forstbehörde im Verfahren nach dem Forstgesetz 1975 betreffend Rodungsbewilligung zu prüfen sein werde. Das MinroG biete für eine derartige Interessenabwägung keine Grundlage.

2. Mit Bescheid vom 4. März 2009 hat die belangte Behörde der Mitbeteiligten die Bewilligung zur Herstellung der "Außenstation Haag" samt Speicherleitung von der Erdgasspeicherstation "Puchkirchen II" zur "Außenstation Haag" über bestimmt genannte Grundstücke, darunter jene der Beschwerdeführerin, gemäß § 119 MinroG unter Vorschreibung von insgesamt 67 Auflagen erteilt (Spruchpunkt I.). Ferner wurde der Mitbeteiligten eine Ausnahme von Bestimmungen der Bohrlochbergbau-Verordnung erteilt (Spruchpunkt II.).

Zum Spruchpunkt I. hat die belangte Behörde zunächst die Projektbeschreibung und die Gutachten der beigezogenen Sachverständigen aus den Fachgebieten Brandschutz, Bergschadenkunde, Bautechnik, Maschinenbau, Lärmschutz, Luftreinhaltung und Medizin wiedergegeben. Weiters hat sie - soweit für das verwaltungsgerichliche Verfahren wesentlich - ausgeführt, dass die geplante "Außenstation Haag" samt der gegenständlichen Speicherleitung zur Station "Puchkirchen II" dem untertägigen Speichern von Erdgas diene und ein für sich bestehendes, örtlich gebundenes und künstlich geschaffenes Objekt darstelle. Es handle sich daher um eine bewilligungspflichtige Bergbauanlage im Sinn des § 118 MinroG. Nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens, insbesondere der eingeholten Sachverständigengutachten, lägen die Voraussetzungen gemäß § 119 Abs. 3 MinroG vor. Vermeidbare Emissionen würden nach dem besten Stand der Technik unterbleiben; es komme zu keiner Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit und zu keiner unzumutbaren Belästigung von Personen, zu keiner Gefährdung von der Bewilligungswerberin nicht zur Benützung überlassenen Sachen und zu keiner über das zumutbare Maß hinausgehenden Beeinträchtigung der Umwelt und von Gewässern.

Die Beschwerdeführerin habe u.a. vorgebracht, dass durch die Trasse ihr Wald und ihr Betrieb "zerstört" sowie die Jagd beeinträchtigt würde. Die Leitung könne überdies nicht sicher verlegt werden, weil die Trasse über ehemaliges Bergbaugebiet führe und es zu Einbrüchen kommen könne. Mit diesem Vorbringen werde zwar eine inhaltliche Beeinträchtigung des Eigentums der Beschwerdeführerin geltend gemacht. Dabei handle es sich jedoch ausschließlich um solche Beeinträchtigungen, die mit der von der Mitbeteiligten angestrebten Inanspruchnahme von Grundstücken untrennbar verbunden seien. Derartige Beeinträchtigungen seien grundsätzlich Gegenstand einer abzuschließenden Vereinbarung zwischen dem Bergbauberechtigten und dem Grundeigentümer über die Inanspruchnahme von Grundstücken. Komme es - wie vorliegend - nicht zu einer solchen Vereinbarung, seien derartige Beeinträchtigungen Gegenstand der Prüfung und Beurteilung im Verfahren über die zwangsweise Grundüberlassung nach § 149 MinroG. Ein solches Verfahren sei durchgeführt und rechtskräftig abgeschlossen worden. Dabei seien auch andere Trassenvarianten geprüft worden.

3. Gegen den oben 1. genannten Bescheid vom 3. März 2009 richtete die Beschwerdeführerin zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser Gerichtshof wies die Beschwerde mit Beschluss vom 21. September 2009, B 393/09-11, soweit sie sich gegen den Spruchpunkt II. richtet, zurück, lehnte im übrigen Umfang ihre Behandlung ab und trat sie insoweit dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Beim Verwaltungsgerichtshof wurde diese Beschwerde zur Zl. 2009/04/0277 protokolliert. Vor diesem Gerichtshof beantragt die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Ihrem gesamten Inhalt nach nur gegen den Spruchpunkt I. des oben 2. genannten Bescheides vom 4. März 2009 richtet sich die zur hg. Zl. 2009/04/0119 protokollierte Beschwerde, mit der die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt.

Die belangte Behörde legte jeweils die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - je eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Verbindung der beiden Verfahren zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung erwogen:

4. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des MinroG haben folgenden Wortlaut:

"§ 2. (1) Dieses Bundesgesetz gilt

...

3. für das Suchen und Erforschen geologischer Strukturen, die zum Speichern flüssiger oder gasförmiger Kohlenwasserstoffe verwendet werden sollen, für das unterirdische behälterlose Speichern solcher Kohlenwasserstoffe sowie

4. für das Aufbereiten der gespeicherten Kohlenwasserstoffe, soweit es vom Speicherberechtigten im betrieblichen Zusammenhang mit dem Speichern vorgenommen wird.

...

§ 118. Unter einer Bergbauanlage ist jedes für sich bestehende, örtliche gebundene und künstlich geschaffene Objekt zu verstehen, das den im § 2 Abs. 1 angeführten Tätigkeiten zu dienen bestimmt ist.

§ 119. (1) Zur Herstellung (Errichtung) von obertägigen

Bergbauanlagen ... ist eine Bewilligung der Behörde einzuholen. ...

...

(3) Die Bewilligung ist, erforderlichenfalls unter Festsetzung von Bedingungen und Auflagen, wenn nötig auch nur befristet, zu erteilen, wenn

...

4. keine Gefährdung von dem Bewilligungswerber nicht zur Benützung überlassenen Sachen und keine über das zumutbare Maß hinaus gehende Beeinträchtigung der Umwelt und von Gewässern (Abs. 5) zu erwarten ist,

...

(4) Unter einer Gefährdung von Sachen ist die Möglichkeit einer bloßen Minderung des Verkehrswertes der Sache nicht zu verstehen.

...

§147. Vor Benützung der Oberfläche und des oberflächennahen Bereiches von fremden Grundstücken oder Teilen von solchen zur Ausübung der im § 2 Abs. 1 angeführten Tätigkeiten hat der Bergbauberechtigte die Zustimmung des Grundeigentümers einzuholen.

...

§ 149. (1) Gestattet der Grundstückseigentümer dem Bergbauberechtigten nicht, für den Bergbau notwendige Grundstücke oder Grundstücksteile gegen eine angemessene Entschädigung auf die Dauer des Bedarfs zu benützen, so kann der Bergbauberechtigte bei der Behörde um zwangsweise Grundüberlassung ansuchen. ...

(2) Für den Bergbau notwendig sind fremde Grundstücke oder Teile von solchen, wenn deren Benützung zur technisch und wirtschaftlich einwandfreien, sicheren Ausübung der in § 2 Abs. 1 angeführten Tätigkeiten erforderlich ist und der Zweck, für den die Benützung nötig ist, nicht durch die Inanspruchnahme von eigenen oder fremden minder wertvollen Grundstücken oder Teilen von solchen erreicht werden kann. ..."

5. Zur Beschwerde gegen den Bescheid vom 3. März 2009 (hg. Zl. 2009/04/0277):

5.1. Die Beschwerdeführerin bringt vor, die belangte Behörde habe nicht ausreichend untersucht, ob der angestrebte Zweck durch eine andere Trassenführung kostengünstiger unter Verwendung minder wertvoller Grundstücke erreicht werden könne. Der Sachverständige hätte die "Ausweichrouten" in der Natur besichtigen müssen; er hätte sich nicht auf die Unterlagen der Mitbeteiligten verlassen dürfen.

Die belangte Behörde hat sich mit der gemäß § 149 Abs. 2 MinroG für die zwangsweise Grundüberlassung maßgeblichen Frage, ob eine technisch und wirtschaftlich einwandfreie, sichere Ausübung der angestrebten Bergbautätigkeit nicht durch die Inanspruchnahme von minder wertvollen Grundstücken erreicht werden könne, ausführlich auseinander gesetzt. Sie hat mehrere Varianten geprüft und ist auf Basis der eingeholten Sachverständigengutachten zum Ergebnis gekommen, dass die Voraussetzungen für die zwangsweise Grundüberlassung zur Realisierung der gegenständlichen Trasse gemäß § 149 Abs. 2 MinroG vorliegen. Die Beschwerdeführerin ist weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde den zu dieser Beurteilung führenden Gutachten der Sachverständigen auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten. Die Beschwerde enthält keine konkrete Behauptung, dass und aus welchen Gründen bei Heranziehung einer der untersuchten Alternativen die zwangsweise Grundüberlassung unzulässig wäre.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass sich die Sachverständigen bei der Erstattung ihrer Gutachten auf aktenkundige - von der mitbeteiligten Partei vorgelegte - und in fachlicher Weise überprüfte Unterlagen gestützt haben (vgl. etwa Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, Rz 58 zu § 52 und die dort zitierte hg. Judikatur).

Mit der Rüge, die Sachverständigen hätten die "Ausweichrouten" nicht in der Natur besichtigt, macht die Beschwerdeführerin schon deshalb keinen relevanten Verfahrensmangel geltend, weil sie nicht dartut, welche konkreten Umstände von den Sachverständigen bei Besichtigung dieser Trassen anders beurteilt worden wären.

Weiters bringt die Beschwerdeführerin vor, die belangte Behörde habe die von ihr vorgeschlagene Untertunnelung des Hausrucks nur auf Grund von Angaben der Mitbeteiligten verworfen. Allfällige Mehrkosten dieser - die Inanspruchnahme von Grundstücken der Beschwerdeführerin vermeidenden - Variante würden durch den wirtschaftlicheren Betrieb ausgeglichen.

Die belangte Behörde hat das begründete Vorbringen der Mitbeteiligten, die Untertunnelung würde EUR 5,5 Mio an zusätzlichen Kosten verursachen, als plausibel erachtet. Die Beschwerde enthält dem gegenüber kein konkretes Vorbringen, aus dem sich Anhaltspunkte dafür ergeben könnten, dass die Zusatzkosten für diese Variante nicht die von der belangten Behörde angenommene Größenordnung hätten. Ebenso stellt das Vorbringen, bei dieser Variante wäre eine wirtschaftlichere Betriebsführung möglich, die die höheren Errichtungskosten ausgleiche, eine bloße Behauptung ohne nachvollziehbare Begründung dar.

5.2. Ferner bringt die Beschwerdeführerin vor, der von der belangten Behörde beigezogene nichtamtliche Sachverständige für Erdöl- und Erdgaswesen Prof. Dr. S. sei befangen. Wie vom Verhandlungsleiter bei der mündlichen Verhandlung bekannt gegeben, habe dieser Sachverständige im Jahr 2007 für die Mitbeteiligte ein Gutachten erstattet. Die Beschwerdeführerin habe ihre Ablehnung bei dieser mündlichen Verhandlung zwar zurückgezogen, dies jedoch erst nachdem der Verhandlungsleiter bekannt gegeben habe, dass er keinen Grund für eine Befangenheit sehe. Der angefochtene Bescheid beruhe daher auf einem Gutachten eines befangenen Sachverständigen.

Gemäß § 7 Abs. 1 AVG haben sich Verwaltungsorgane der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen, wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Diese Bestimmung ist gemäß § 53 Abs. 1 AVG auch auf Amtssachverständige anzuwenden; andere (nichtamtliche) Sachverständige können von einer Partei abgelehnt werden, wenn diese Umstände glaubhaft macht, die die Unbefangenheit oder Fachkunde des Sachverständigen in Zweifel ziehen.

Die Befangenheit eines Sachverständigen stellt einen Verfahrensmangel dar, der - wie sonstige Verfahrensmängel - nur unter der Voraussetzung der Relevanz für den Verfahrensausgang zur Rechtsverletzung einer Verfahrenspartei führen kann. Die Befangenheit kann daher nur dann mit Erfolg geltend gemacht werden, wenn Bedenken gegen die sachliche Richtigkeit des Bescheides bestehen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, RZ 22 zu § 7 und die dort zitierte hg. Judikatur).

Derartige Bedenken sind beim Verwaltungsgerichtshof nicht aufgetreten. Das Beschwerdevorbringen ist aus den dargestellten Gründen nicht geeignet, solche zu erwecken.

6. Zur Beschwerde gegen den Bescheid vom 4. März 2009 (hg. Zl. 2009/04/0119):

Die Beschwerdeführerin bringt vor, die belangte Behörde habe sich mit der Gefährdung ihrer an die zwangsweise zu überlassenden Grundstücksteile anschließenden Waldflächen nicht auseinandergesetzt. Sie habe im Verwaltungsverfahren durch ihren Rechtsvertreter dazu Folgendes vorgebracht:

"Weiters wird durch die Verlegung der Leitung durch den Wald meiner Mandantin deren Betrieb und Wald zerstört. Durch die Schneise mitten durch den Wald meiner Mandantin ist der Wald den Stürmen, die immer häufiger werden, total ausgesetzt. Auch der Käferbefall droht. Dieser Schaden kann durch keine Geldzahlung ausgeglichen werden. Der Wald meiner Mandantin kommt der Öffentlichkeit zugute; er ist ein Naherholungsgebiet und wird somit der Nutzen eines Waldes auch für die Öffentlichkeit durch die Verlegung der Leitung stark beeinträchtigt. In Österreich wird gerade der Ausbau der erneuerbaren Energie diskutiert. Durch den Leitungsbau durch den Wald meiner Mandantin wird ein erster Schritt dahin gesetzt, erneuerbare Energieträger zu zerstören. Der Leitungsbau widerspricht somit auch den forstrechtlichen Grundsätzen. Auch das Jagdrecht wird dadurch beeinträchtigt. In den Lebensraum der Tierwelt wird massiv eingegriffen."

Damit sei zum Ausdruck gebracht worden, dass durch das gegenständliche Projekt Wald sowie der gesamte Forstbetrieb vernichtet werde. Die Beschwerdeführerin habe somit die Gefährdung des nicht von der zwangsweisen Grundüberlassung erfassten Waldes und damit von dem Projektwerber nicht zur Benützung überlassenen Sachen im Sinn von § 119 MinroG geltend gemacht. Dazu hätte das Gutachten eines forstfachlichen Sachverständigen eingeholt werden müssen.

Gemäß § 119 Abs. 4 ist eine bloße Minderung des Verkehrswertes nicht als - gemäß Abs. 3 Z. 4 dieser Bestimmung einer Bewilligung entgegenstehende - Gefährdung von dem Bewilligungswerber nicht zur Benützung überlassenen Sachen anzusehen. Der Nachbar im Verfahren zur Genehmigung einer Bergbauanlage kann daher nur den Schutz seines Eigentums vor Vernichtung der Substanz geltend machen; einer solchen ist allerdings der Verlust der Verwertbarkeit gleichzuhalten, der bereits dann anzunehmen ist, wenn die nach der Verkehrsauffassung übliche bestimmungsgemäße Sachnutzung oder Verwertung ausgeschlossen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 12. September 2007, Zl. 2005/04/0115).

Mit dem oben dargestellten - nicht weiter konkretisierten - Vorbringen macht die Beschwerdeführerin nicht konkret geltend, dass ihren an die zwangsweise zu überlassenden Grundstücksteilen anschließenden Waldflächen die Substanzvernichtung im aufgezeigten Sinn drohe. In diesem Zusammenhang sei auch darauf verwiesen, dass die Mitbeteiligte mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 3. März 2009 verpflichtet worden ist, der Beschwerdeführerin allfällige Schäden aus Windbruch aus dem Bestand der Trasse zu ersetzen.

Im Übrigen hat der angefochtene Bescheid keine Bewilligung nach dem Forstgesetz 1975 zum Inhalt. Eine solche wurde nach dem Vorbringen der belangten Behörde in der Gegenschrift mittlerweile am 7. April 2009 erteilt.

7. Aus den dargestellten Gründen waren die Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 22. April 2010

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