VwGH 2008/22/0123

VwGH2008/22/012310.11.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der L, vertreten durch Dr. Walter Fleissner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Straße 21, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. November 2007, Zl. 317.187/2- III/4/2007, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

EheG §55a;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §2 Abs1 Z9;
NAG 2005 §47 Abs1;
NAG 2005 §47 Abs2;
NAG 2005 §81 Abs1;
EheG §55a;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §2 Abs1 Z9;
NAG 2005 §47 Abs1;
NAG 2005 §47 Abs2;
NAG 2005 §81 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den zum Zweck der Familienzusammenführung mit ihrem die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden Ehemann gestellten Antrag der Beschwerdeführerin, einer serbischen Staatsangehörigen, auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 47 Abs. 2 und § 2 Abs. 1 Z 9 sowie § 21 Abs. 1 und 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Begründend führte die belangte Behörde - soweit hier wesentlich - aus, die Beschwerdeführerin habe am 18. März 2002 den österreichischen Staatsbürger P geheiratet. Diese Ehe sei seit 27. März 2006 rechtskräftig geschieden. Sohin könne die Beschwerdeführerin nicht mehr als Familienangehörige im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG angesehen werden, weshalb ihr schon deshalb der beantragte Aufenthaltstitel nicht erteilt werden könne.

Im Weiteren legte die belangte Behörde noch dar, dass der gegenständliche Antrag darüber hinaus entgegen § 21 Abs. 1 NAG im Inland gestellt worden sei. Auch dies stehe der Erteilung des Aufenthaltstitels entgegen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass die belangte Behörde den gegenständlichen - noch während der Geltung des am 31. Dezember 2005 außer Kraft getretenen Fremdengesetzes 1997 (FrG) - gestellten Antrag zutreffend gemäß § 81 Abs. 1 NAG nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erledigt hat. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin, die auf die lange Verfahrensdauer hinweist und meint, dass die belangte Behörde aus Gründen des verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutzes bei der Entscheidung über ihren Antrag immer noch die Vorschriften des FrG anzuwenden gehabt hätte, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dem NAG weder ein Rückwirkungsverbot noch eine Regelung zu entnehmen, der zufolge auf vor dessen In-Kraft-Treten verwirklichte Sachverhalte die Bestimmungen des mit 31. Dezember 2005 außer Kraft getretenen FrG anzuwenden wären (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. September 2010, 2009/22/0050, mwN).

§ 2 Abs. 1 Z 9 NAG (in der hier maßgeblichen Stammfassung) sowie § 47 Abs. 1 und 2 NAG (dessen Abs. 1 ebenfalls in der Stammfassung; jeweils mit Überschrift) lauten:

"Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

....

9. Familienangehöriger: wer Ehegatte oder unverheiratetes minderjähriges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind, ist (Kernfamilie), wobei die Ehegatten, ausgenommen Ehegatten von Österreichern, EWR-Bürgern und Schweizer Bürgern, das 18. Lebensjahr bereits vollendet haben müssen; lebt im Fall einer Mehrfachehe bereits ein Ehegatte gemeinsam mit dem Zusammenführenden im Bundesgebiet, so sind die weiteren Ehegatten keine anspruchsberechtigten Familienangehörigen zur Erlangung eines Aufenthaltstitels;

....

Familienangehörige und andere Angehörige

von dauernd in Österreich wohnhaften Zusammenführenden Aufenthaltstitel 'Familienangehöriger' und 'Niederlassungsbewilligung - Angehöriger'

§ 47. (1) Zusammenführende im Sinne der Abs. 2 bis 4 sind Österreicher oder EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und denen das Recht auf Freizügigkeit nicht zukommt.

(2) Drittstaatsangehörigen, die Familienangehörige von Zusammenführenden im Sinne des Abs. 1 sind, ist ein Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen. Dieser Aufenthaltstitel ist bei Vorliegen der Voraussetzungen des 1. Teiles einmal um den Zeitraum von zwölf Monaten, danach jeweils um 24 Monate zu verlängern.

...."

In der Beschwerde wird eingeräumt, dass die Ehe der Beschwerdeführerin mit Beschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 16. Februar 2006 gemäß § 55a Ehegesetz rechtkräftig geschieden wurde und sohin die Ehe der Beschwerdeführerin mit dem österreichischen Staatsbürger P nicht mehr aufrecht ist. Ungeachtet dessen begehrt die Beschwerdeführerin weiterhin - wie sich auch aus den Ausführungen in der Beschwerde ergibt - einen aus der Familiengemeinschaft mit ihrem (früheren) Ehemann abgeleiteten Aufenthaltstitel.

Wenn die Beschwerdeführerin aus gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften ein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet abzuleiten versucht, so ist ihr entgegenzuhalten, dass kein Hinweis dafür vorhanden ist, dass ihr früherer Ehemann das ihm nach dem Gemeinschaftsrecht zustehende Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen hätte (vgl. zu diesem Erfordernis etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 2010, 2009/22/0026). Derartiges wird von ihr auch in der Beschwerde nicht behauptet. Demnach kann aber nicht davon ausgegangen werden, die Beschwerdeführerin hätte - trotz der Scheidung von ihrem Ehemann - ein Recht zum Aufenthalt nach der Richtlinie 2004/38/EG (vgl. Art. 13 dieser Richtlinie, die von der Beschwerdeführerin angesprochenen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften sind gemäß Art. 34 der Richtlinie 2004/38/EG bereits mit Wirkung vom 30. April 2006 außer Kraft getreten) erworben.

Da die Beschwerdeführerin aber unstrittig im Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde auch nicht (mehr) als Familienangehörige eines österreichischen Staatsbürgers im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG anzusehen war, hat die belangte Behörde - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - zutreffend bei ihrer Entscheidung darauf abgestellt, dass die diesbezügliche besondere Erteilungsvoraussetzung nach § 47 Abs. 2 NAG nicht erfüllt sei. Somit erfolgte die Antragsabweisung schon deswegen zu Recht, ohne dass eine Interessenabwägung nach § 11 Abs. 3 NAG vorzunehmen gewesen wäre (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 9. September 2010, 2008/22/0368, mwN).

Bei diesem Ergebnis musste auf das sonstige Beschwerdevorbringen nicht weiter eingegangen werden.

Da sohin die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 10. November 2010

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