VwGH 2008/21/0614

VwGH2008/21/061424.6.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des Y, vertreten durch Dr. Hans Lehofer und Mag. Bernhard Lehofer, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Kalchberggasse 6/1, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 8. September 2008, Zl. 152.207/2-III/4/08, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §252 Abs1;
ASVG §252 Abs2;
ASVG §252;
ASVG §293 Abs1;
NAG 2005 §11 Abs2 Z4;
NAG 2005 §11 Abs5;
NAG 2005 §47 Abs3;
ASVG §252 Abs1;
ASVG §252 Abs2;
ASVG §252;
ASVG §293 Abs1;
NAG 2005 §11 Abs2 Z4;
NAG 2005 §11 Abs5;
NAG 2005 §47 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den im Februar 2006 gestellten Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen der Türkei, auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 47 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG ab.

Begründend führte die belangte Behörde - auf das Wesentliche zusammengefasst - aus, dass der Beschwerdeführer Haftungserklärungen seiner österreichischen Adoptiveltern vorgelegt habe. Sein Adoptivvater beziehe jedoch "im günstigsten Fall" nur ein monatliches Nettoeinkommen in der Höhe von EUR 768,-- , seine Adoptivmutter ein solches von EUR 950,--. Selbst wenn man beide Einkommen als Berechnungsgrundlage heranziehe, ergäbe sich somit ein Familieneinkommen von nur EUR 1.718,--, sodass - u.a. unter Berücksichtigung der Sorgepflichten für zwei minderjährige Kinder - den Adoptiveltern des Beschwerdeführers keine Mittel verblieben, um auch noch für dessen Lebensunterhalt aufkommen zu können. Da demnach keine tragfähigen Haftungserklärungen vorlägen, dürfe in Ermangelung einer besonderen Erteilungsvoraussetzung gemäß § 47 Abs. 3 NAG kein Aufenthaltstitel erteilt werden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 7. November 2008, B 1826/08, ablehnte und sie unter einem dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Dieser hat über die ergänzte Beschwerde nach Aktenvorlage erwogen:

Im vorliegenden Fall ist im Ergebnis nur strittig, ob der Beschwerdeführer - abhängig von der "Tragfähigkeit" der von seinen Adoptiveltern abgegebenen Haftungserklärungen - die Erteilungsvoraussetzung des § 11 Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 NAG erfüllt. Der belangten Behörde sind bei Lösung dieser Frage hier nicht im Einzelnen darzustellende Berechnungsfehler unterlaufen. Maßgeblich ist aber, dass nach dem Beschwerdevorbringen gegenständlich von einem den Adoptiveltern des Beschwerdeführers zur Verfügung stehenden Haushaltseinkommen in der Höhe von lediglich EUR 1.800,-- auszugehen ist. Stellt man diesen Mitteln den hier bei richtiger Berechnung nach § 11 Abs. 5 NAG (in der hier maßgeblichen Fassung vor dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2009) erforderlichen Bedarf gegenüber (EUR 1.120,-- für die Adoptiveltern des Beschwerdeführers, zweimal EUR 78,29 für deren zwei minderjährige Kindern und EUR 747,-- für den Beschwerdeführer selbst; vgl. dazu etwa nur das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2008/21/0558, mwH), so verbleibt indes ein maßgeblicher Differenzbetrag, weshalb die belangte Behörde letztlich zu Recht die Erteilungsvoraussetzung des § 11 Abs. 2 Z 4 NAG - mangels Tragfähigkeit der gemäß § 47 Abs. 3 letzter Halbsatz abgegebenen Haftungserklärungen - als nicht erfüllt erachtete. Die Beschwerde weist zwar richtig darauf hin, dass der Beschwerdeführer bei Stellung seines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels noch minderjährig war; richtig ist weiter, dass im Grunde des letzten Satzes des § 293 Abs. 1 ASVG im Falle des Nachzugs minderjähriger Kinder der für diese anzusetzende Bedarf lediglich mit EUR 78,29 zu berechnen ist, während für den volljährig gewordenen Beschwerdeführer bereits EUR 747,-- (siehe oben) in Anschlag zu bringen waren. Daraus ist für den Beschwerdeführer allerdings im vorliegenden Fall schon deshalb nichts zu gewinnen, weil selbst bei Entscheidung über seinen Antrag vor Erreichen der Volljährigkeit auf die nahende Vollendung des 18. Lebensjahres - nur rund drei Monate nach Einbringung seines Antrages - und den dann erhöhten Bedarf (EUR 747,-- monatlich) Bedacht zu nehmen gewesen wäre (zur gebotenen Berücksichtigung der Verhältnisse für die Gültigkeitsdauer des beantragten Aufenthaltstitels vgl. sinngemäß etwa das hg. Erkenntnis vom 22. September 2009, Zl. 2008/22/0659). Davon abgesehen kommt die vom Verweis des § 11 Abs. 5 NAG erfasste - begünstigende - Richtsatzerhöhung nach § 293 Abs. 1 letzter Satz ASVG eben nur für Kinder im Sinn des § 252 ASVG in Betracht, sodass sich der Beschwerdeführer, bei dem eine "Kindeseigenschaft" nach § 252 Abs. 2 ASVG nicht zur Debatte steht, ab Erreichen der Volljährigkeit keinesfalls mehr - auch wenn ihm davor ein Aufenthaltstitel erteilt worden und aktuell über einen Verlängerungs- oder Zweckänderungsantrag zu entscheiden wäre - darauf berufen kann. Dass auf in der Vergangenheit maßgebliche Richtsätze nach § 293 ASVG abgestellt werden könnte, lässt sich § 11 Abs. 5 NAG nicht entnehmen.

Wie schon erwähnt, hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, wenn dieser auch spruchgemäß nach § 47 Abs. 3 NAG abgewiesen wurde, der Sache nach mangels ausreichender Mittel im Sinn des § 11 Abs. 2 Z 4 NAG (so auch ausdrücklich der in erster Instanz entscheidende Landeshauptmann der Steiermark) abgewiesen. Insoweit nahm sie daher - nach dem Gesagten zu Recht - das Fehlen einer allgemeinen Erteilungsvoraussetzung an, weshalb die belangte Behörde in ihrer Entscheidung auch eine Beurteilung nach § 11 Abs. 3 NAG aufzunehmen gehabt hätte. Das hat sie unterlassen. Die Beschwerde zeigt aber nicht auf, dass dem Beschwerdeführer unter Bedachtnahme auf Art. 8 EMRK ein Aufenthaltstitel zu erteilen gewesen wäre, weshalb sie auch unbeschadet des zuletzt angeschnittenen Gesichtspunktes gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 24. Juni 2010

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