VwGH 2008/21/0558

VwGH2008/21/055824.6.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des T, vertreten durch Dr. Manfred Leimer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Landstraße 38, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 11. August 2008, Zl. 114.153/16-III/4/08, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

NAG 2005 §11 Abs2 Z4;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §11 Abs5;
NAG 2005 §47 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
NAG 2005 §11 Abs2 Z4;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §11 Abs5;
NAG 2005 §47 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen von Ghana, auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung-Angehöriger" gemäß § 47 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG ab.

Begründend führte die belangte Behörde - auf das Wesentliche zusammengefasst - aus, der 1985 geborene Beschwerdeführer strebe die Familienzusammenführung mit seinem die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden Vater an. Dieser habe zwar eine Haftungserklärung abgegeben, sie erweise sich aber, selbst wenn man - im Sinne des Vorbringens des Beschwerdeführers - von einem monatlichen Durchschnittseinkommen von EUR 2.156,64 ausgehe, angesichts der Sorgepflichten des Vaters des Beschwerdeführers für seine Ehefrau und ein (weiteres) Kind als nicht tragfähig. Der Vater des Beschwerdeführers könne sich nämlich nur mit jenem Betrag, der über sein pfändungsfreies Existenzminimum hinausgehe, gegenüber dem Beschwerdeführer verpflichten. Das erwähnte pfändungsfreie Existenzminimum mache aber angesichts der dargestellten Sorgepflichten EUR 1.602,50 aus, sodass die für den Beschwerdeführer erforderlichen EUR 747,-- nicht erreicht würden. (Allfälliges) Einkommen der Stiefmutter des Beschwerdeführers, der Ehegattin seines Vaters, könne keine Berücksichtigung finden. Insoweit ermangle es daher an einer Erteilungsvoraussetzung, weshalb die Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels nicht in Betracht komme.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage seitens der belangten Behörde erwogen:

Die belangte Behörde hat verkannt, dass sie hinsichtlich der Deckung des Bedarfs für den Vater des Beschwerdeführers und für seine, mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebende Ehefrau sowie das - nach der Aktenlage am 10. Dezember 2007 geborene - Kind auf den Ausgleichszulagenrichtsatz abzustellen gehabt hätte (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 2010, Zl. 2008/21/0012). Demnach wäre in Bezug auf den Bedarf des Vaters des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau vom Richtsatz nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa ASVG auszugehen gewesen; dieser hatte nach der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 101/2007 bei Erlassung des bekämpften Bescheides EUR 1.120,-- betragen. Unter Berücksichtigung der Unterhaltspflicht für ein minderjähriges Kind erhöht sich dieser Betrag nach § 293 Abs. 1 letzter Satz ASVG um EUR 78,29 auf EUR 1.198,29. Zur Deckung des Lebensbedarfs des Beschwerdeführers selbst hätte - insoweit ist die belangte Behörde im Recht - ein dem Richtsatz nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb ASVG entsprechender Betrag von (damals) EUR 747,-- zur Verfügung stehen müssen. Auf Basis der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Rechtslage hätte damit zur Aufbringung der notwendigen Mittel ein monatliches Einkommen des Vaters des Beschwerdeführers von EUR 1.945,29 ausgereicht. Nach den dem bekämpften Bescheid letztlich zugrunde liegenden Tatsachenannahmen bezog er aber ein diesen Betrag übersteigendes monatliches Durchschnittseinkommen.

Es trifft aber auch nicht zu, dass (allfälliges) Einkommen der Stiefmutter des Beschwerdeführers nicht zu berücksichtigen gewesen wäre (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 18. März 2010, Zl. 2008/22/0637, insbesondere Punkt 6.3. der Entscheidungsgründe).

Schließlich ist der belangten Behörde vorzuwerfen, dass sie keine Beurteilung nach § 11 Abs. 3 NAG vorgenommen hat. Dazu wäre sie nämlich im Hinblick darauf verpflichtet gewesen, dass sie die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers ungeachtet der Bezugnahme allein auf das in § 47 Abs. 3 NAG normierte Erfordernis des Vorliegens einer Haftungserklärung der Sache nach auf § 11 Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 NAG - danach bestimmt sich nämlich die Tragfähigkeit der Haftungserklärung - gestützt hat.

Aus den dargestellten Gründen ist der bekämpfte Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 24. Juni 2010

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