VwGH 2008/18/0551

VwGH2008/18/055129.6.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, den Hofrat Dr. Enzenhofer, die Hofrätin Mag. Merl und die Hofräte Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerden des NM in S, vertreten durch Dr. Joachim Rathbauer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Weißenwolffstraße 1, gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien

1. vom 17. Juni 2008, Zl. SD 2330/05, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes (2008/18/0551), und 2. vom 12. Mai 2010, Zl. E1/170779/2009, betreffend den Antrag auf Aufhebung des befristeten Aufenthaltsverbotes (2010/18/0191), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs3;
AVG §45 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 17. Juni 2008 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, gemäß § 87 iVm § 86 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung im Wesentlichen die Feststellungen zugrunde, dass der Beschwerdeführer am 13. April 2002 illegal in das Bundesgebiet gelangt und sein am selben Tag gestellter Asylantrag am 7. November 2002 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Am 24. Februar 2003 habe der Beschwerdeführer eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet, und er sei seit 17. März 2003 mit Hauptwohnsitz an der Adresse der Ehegattin gemeldet gewesen. Dem Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung sei jedoch eine Arbeitsbestätigung angeschlossen gewesen, wonach der Beschwerdeführer bei einem Sägewerk in S beschäftigt und in S wohnhaft sei. Der Beschwerdeführer habe eine quotenfreie Erstniederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittstaatsangehöriger - Ö., § 49 Abs. 1 FrG" erhalten, die bis 2. Juni 2005 verlängert worden sei.

Am 11. Juli 2005 habe der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung eines Niederlassungsnachweises eingebracht; dabei sei zutage getreten, dass sich der Beschwerdeführer erst etwa einen Monat vor dieser Antragstellung wieder mit Hauptwohnsitz bei seiner Ehegattin in W angemeldet habe und gleichzeitig mit Nebenwohnsitz in S gemeldet gewesen sei. Er habe auch keinen Reisepass seiner Ehefrau vorlegen können. Die Ehegattin des Beschwerdeführers beziehe Sozialhilfe und habe gegenüber dem Magistrat angegeben, auch von ihrem Ehegatten Unterhalt zu beziehen. Sie habe ihn jedoch am 4. Oktober 2004 von ihrer Wohnadresse abgemeldet.

Im Rahmen einer niederschriftlichen Vernehmung der Ehegattin am 6. Oktober 2005 habe diese weder angeben können, wo ihr Ehegatte wohne, noch, bei welcher Firma er arbeite oder wann er nach Österreich gekommen sei. Auch über den Ablauf des vorangegangenen Tages sei es zwischen der Ehegattin und dem Beschwerdeführer zu - im angefochtenen Bescheid näher dargestellten - unterschiedlichen Aussagen gekommen. Mit diesen Widersprüchen konfrontiert, habe die Ehegattin des Beschwerdeführers ausgesagt, für die Eheschließung EUR 2.000,-- erhalten zu haben; das Ehepaar habe jedoch nie zusammengelebt und die Ehe sei auch nie vollzogen worden. Sie sei die Scheinehe aus Not eingegangen, weil sie dringend Geld für ihre Wohnung "und andere Kosten" benötigt habe.

In der Berufung habe der Beschwerdeführer vorgebracht, er verbringe die halbe Woche in S und die restliche Zeit zu Hause bei seiner Familie, weil er bisher in W noch keine Arbeit gefunden habe. Daraus sei aber nicht der Schluss zu ziehen, dass es sich um eine Scheinehe handle. Warum seine Ehegattin diese Angaben so bzw. so missverständlich gemacht habe, sei ihm nicht klar. Sie sei vielleicht durch Zeitungsartikel, wonach bei Scheinehen ein Jahr Haftstrafe drohe, verunsichert gewesen.

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde unter Hinweis auf § 60 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 9, §§ 86 und 87 FPG aus, es bestehe kein Anlass, an der Richtigkeit der Zeugenaussage der Ehegattin des Beschwerdeführers zu zweifeln. Darüber hinaus habe sie bei ihrer Vernehmung am 6. Oktober 2005 nicht einmal den Namen der Firma, bei der ihr Ehegatte beschäftigt sei, noch seinen Wohnort und den Zeitpunkt seiner Ankunft in Österreich nennen können. Es widerspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass bei Vorliegen einer angeblichen Liebesheirat jemand nicht wisse, wo sein Ehepartner arbeite und wo er wohne. Darüber hinaus hätten beide den Ablauf des Vorabends nicht identisch schildern können. Die Ehegattin des Beschwerdeführers sei verwitwet und für zwei Kinder sorgepflichtig. Laut Mitteilung der zuständigen Magistratsabteilung habe sie Sozialhilfe bezogen. Somit seien ihre Aussagen nachvollziehbar, wonach sie aus Not eine Scheinehe eingegangen sei, weil sie dringend Geld für ihre Wohnung "und andere Kosten" benötigt habe. Angesichts des vorliegenden Sachverhaltes und der glaubwürdigen bzw. nachvollziehbaren Aussage der Ehegattin des Beschwerdeführers stehe für die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossen und sich für die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf diese Ehe berufen habe, ohne mit der Ehegattin ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK geführt zu haben.

Der Missbrauch des Rechtsinstitutes der Ehe zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Rechte stelle eine schwer wiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung da, die die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes rechtfertige. Auf Grund der dargestellten Umstände seien daher die Voraussetzungen zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 61 und 66 FPG - im Grunde des § 87 iVm § 86 leg. cit. gegeben.

Der Beschwerdeführer befinde sich seit April 2002 im Bundesgebiet und sei nach wie vor mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet. Er habe keine Sorgepflichten. Laut eigenem Vorbringen wohnten seine restlichen Verwandten, nämlich seine Eltern und drei weitere Familienangehörige, in S. Der Beschwerdeführer verweise auch darauf, dass zwei Brüder in Österreich lebten. Seit 3. März 2003 gehe der Beschwerdeführer (abgesehen von einer kurzfristigen Unterbrechung) durchgehend einer Beschäftigung im Bundesgebiet nach.

Auch wenn der Beschwerdeführer erst auf Grund des Eingehens einer Scheinehe im Bundesgebiet Fuß fassen habe können, sei im Hinblick auf seine Beschäftigung, die bisher verstrichene Aufenthaltsdauer und die familiären Bindungen von einem Eingriff in sein Privat- und Familienleben auszugehen. Dieser Eingriff sei jedoch zulässig, weil er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, insbesondere zur Verhinderung von Scheinehen - dringend geboten sei. Gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses Interesse verstoße jedoch gravierend, wer durch das Eingehen einer Scheinehe ein Aufenthaltsrecht und den Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt erwirke. Die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung sei daher von solchem Gewicht, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten und sohin zulässig im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG sei.

Auch im Rahmen der gemäß § 66 Abs. 2 FPG gebotenen Interessenabwägung sei die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes zu bejahen. Nur auf Grund der durch seine Eheschließung mit einer österreichischen Staatsbürgerin bevorzugten Stellung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz habe der Beschwerdeführer überhaupt eine Beschäftigung aufnehmen können. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet seit April 2002, seine Berufstätigkeit sowie seine familiären Bindungen und das dadurch erzielte Ausmaß seiner Integration könnten keinesfalls sein verpöntes Verhalten, nämlich die durch das Eingehen einer Scheinehe bewirkte Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens, überwiegen. Dies umso weniger, als seine Beschäftigung letztlich auf dem besagten rechtsmissbräuchlichen Verhalten basiere. Bei Abwägung dieser Interessenlagen ergebe sich, dass die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet keinesfalls schwerer wögen als das öffentliche Interesse an der Erlassung dieser Maßnahme.

Ein Sachverhalt gemäß § 61 FPG sei nicht gegeben.

Auf Grund des geschilderten Sachverhaltes habe die belangte Behörde mangels Vorliegens besonders berücksichtigungswürdiger Umstände auch nicht im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes Abstand nehmen können.

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

1.3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

2.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. Mai 2010 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 12. Jänner 2009 auf Aufhebung des gegen ihn unter 1.1. dargestellten Aufenthaltsverbotes gemäß § 65 Abs. 1 FPG abgewiesen.

Unter Hinweis auf die §§ 65 Abs. 1, 86 und 87 FPG begründete die belangte Behörde ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 25. November 2008 einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde betreffend die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht stattgegeben habe. Ungeachtet dessen sei der Beschwerdeführer unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieben. Auf die Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen, habe der Beschwerdeführer mit dem vorliegenden Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes reagiert. Er habe aber weder in diesem Antrag noch in der vorliegenden Berufung Umstände geltend machen können, die nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes eingetreten seien und die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes rechtfertigten. Einerseits beziehe sich die von ihm geltend gemachte "Fünfjahresfrist" auf Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, andererseits sei dieses vom Beschwerdeführer geltend gemachte Argument durch die nunmehrige ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes längst überholt. Die Gefährdung der öffentlichen Ordnung sei nämlich trotz eines Zeitablaufes von mehr als fünf Jahren seit der rechtsmissbräuchlichen Eheschließung nach wie vor gegeben, weil der Gesetzgeber mit der Normierung des § 63 Abs. 1 FPG, wonach ein Aufenthaltsverbot bei Vorliegen einer Scheinehe für eine Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden könne, deutlich die höhere Verwerflichkeit "des Eingehens einer Scheinehe" zum Ausdruck gebracht habe.

Jedenfalls stehe fest, dass sowohl die familiären als auch die beruflichen Bindungen des Beschwerdeführers, die im gegenständlichen Antrag angeführt würden, bereits bei Erlassung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme berücksichtigt worden seien. Der belangten Behörde seien keine Umstände erkennbar, die seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes eingetreten seien oder sich geändert hätten, sodass eine erhebliche Minderung oder gar ein Wegfall der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung nicht angenommen werden könne. Die Umstände seines privaten Familienlebens seien unverändert, daher sei auch hinsichtlich der zu § 66 FPG zu treffenden Erwägungen keine anders lautende Entscheidung möglich.

Die vom Beschwerdeführer auf Grund seines Gesamt(fehl)verhaltens ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung sei auch tatsächlich, gegenwärtig und erheblich und berühre ein Grundinteresse der Gesellschaft, weshalb selbst unter Zugrundelegung des § 87 (iVm § 86 Abs. 1) FPG die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes gerechtfertigt sei.

2.2. Mangels sonstiger, besonders zugunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe die belangte Behörde keine Veranlassung gesehen, das bestehende Aufenthaltsverbot im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens zu beheben.

2.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die infolge des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden Beschwerden erwogen:

1. Zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes:

1.1. Die Beschwerde bringt vor, selbst wenn man vom Vorliegen einer "Scheinehe" ausgehe, was ausdrücklich bestritten werde, rechtfertige ein mehr als fünf Jahre zurückliegendes Verhalten nicht die Annahme, dass der weitere inländische Aufenthalt des Fremden die maßgeblichen öffentlichen Interessen gefährde. Der Beschwerdeführer sei weder verwaltungsstrafrechtlich noch gerichtlich strafbar geworden, habe sich seit der Eheschließung "völlig anstandslos" verhalten und lebe gemeinsam bzw. in unmittelbarer örtlicher Nahebeziehung mit seinen Eltern, Brüdern und seiner Schwester, wobei die familiären Beziehungen sehr intensiv und harmonisch seien. In seiner Heimat habe er kaum noch Kontakte, weil seine ganze Verwandtschaft hier in Österreich integriert sei und zum Großteil die österreichische Staatsbürgerschaft erworben habe.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Der Beschwerdeführer bestreitet lediglich allgemein das Vorliegen einer Scheinehe, ohne jedoch konkrete Beweisergebnisse zu nennen, die seinen Standpunkt stützen könnten. Insbesondere geht er in keiner Weise auf die der Beweiswürdigung der belangten Behörde zugrunde liegenden Angaben seiner Ehefrau ein, wonach diese für die Eheschließung EUR 2.000,-- erhalten habe, die Eheleute nie zusammengelebt hätten und die Ehe auch nie vollzogen worden sei.

Die Beweiswürdigung der belangten Behörde begegnet daher im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Überprüfungsbefugnis keinen Bedenken. Auf Basis der getroffenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer die Ehe geschlossen, sich für die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf die Ehe berufen, aber mit der Ehefrau ein gemeinsames Familienleben nie geführt hat. Auf dem Boden dieser Feststellungen besteht gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass das rechtsmissbräuchliche Verhalten des Beschwerdeführers eine Gefährdung im Sinne des - im Beschwerdefall gemäß § 87 FPG anzuwendenden - § 86 Abs. 1 FPG darstelle, keinem Einwand.

Entgegen der Beschwerdeansicht widerspricht die im angefochtenen Bescheid getroffene rechtliche Beurteilung auch nicht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird diesbezüglich auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom 13. April 2010, Zl. 2008/18/0434 (unter II.1.), verwiesen.

1.2. Auch im Rahmen der gemäß § 66 FPG durchzuführenden Interessenabwägung zeigt die Beschwerde keine relevanten Umstände auf, die im angefochtenen Bescheid nicht bereits berücksichtigt worden wären. So ist die belangte Behörde auf Grund des inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers seit April 2002, seiner Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin, seiner familiären Bindungen zu Eltern und Geschwistern sowie seiner Berufstätigkeit zutreffend von einem mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes verbundenen relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben ausgegangen. Zu Recht hat sie jedoch auch darauf hingewiesen, dass die aus der Dauer seines inländischen Aufenthaltes resultierende Integration in Österreich in ihrer Bedeutung durch das Eingehen der Scheinehe wesentlich gemindert wird und dem Beschwerdeführer der Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt nur auf Grund seiner bevorzugten Stellung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz möglich war.

Diesen persönlichen Interessen steht die dargestellte schwerwiegende Gefährdung öffentlicher Interessen durch die rechtsmissbräuchliche Eheschließung gegenüber. Bei gehöriger Bewertung dieser Interessenlage kann die Ansicht der belangten Behörde, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten sei (§ 66 Abs. 1 FPG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 66 Abs. 2 leg. cit.), selbst dann nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn man berücksichtigte, dass der Beschwerdeführer weder verwaltungsstrafrechtlich noch gerichtlich strafbar geworden sei und über gute Deutschkenntnisse verfüge.

1.3. Da die belangte Behörde - wie die Beschwerde selbst vorbringt - kein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchgeführt hat, geht auch der Vorwurf des unterlassenen Parteiengehörs ins Leere (vgl. dazu die in Hengstschläger/Leeb, AVG § 45 Rz 38 letzter Satz zitierte hg. Judikatur).

Soweit der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe die aktuellen Entwicklungen in den Jahren 2006 bis 2008 hinsichtlich seines Privat- und Familienlebens nicht berücksichtigt und den Bescheid auch nicht ausreichend begründet, legt er die Relevanz des damit geltend gemachten Verfahrensmangels nicht dar, bringt er doch nicht vor, welche konkreten Umstände die belangte Behörde nicht ermittelt bzw. nicht berücksichtigt habe und zu welchem anderen Bescheid sie hätte kommen können; in der Beschwerde bringt der Beschwerdeführer vielmehr selbst vor, dass er von seiner Ehegattin getrennt lebe, kein gemeinsames Familienleben bestehe und er auch keine sonstigen Sorgepflichten habe.

1.4. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

1.5. Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen.

1.6. Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

2. Zum Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes:

2.1. Gemäß § 65 Abs. 1 FPG ist ein Aufenthaltsverbot (oder ein Rückkehrverbot) auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes (Rückkehrverbotes) kann nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung der Maßnahme die dafür maßgeblichen Umstände zugunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes (Rückkehrverbotes) eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist. Bei der Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes (Rückkehrverbotes) kann die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot (Rückkehrverbot) erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden(vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. März 2003, Zl. 2007/18/0546, mwN).

2.2. Nach den Feststellungen der belangten Behörde liegt der Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes zugrunde, dass der Beschwerdeführer am 24. Februar 2003 eine Scheinehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin eingegangen ist. Diese Ehe ist nach wie vor aufrecht.

Das gegenständliche Beschwerdevorbringen gleicht weitgehend jenem, mit dem sich der Beschwerdeführer gegen die Erlassung des Aufenthaltsverbotes (vgl. unter II.1.1.) wendet. Soweit die Beschwerde auf den Aufenthalt des Beschwerdeführers seit 2002, seine privaten Bindungen zu seinen Eltern und Geschwistern sowie seine Berufstätigkeit hinweist, ist ihm - wie die belangte Behörde zutreffend ausführt - entgegenzuhalten, dass diese Umstände bereits bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Juni 2008 vorgelegen sind (und auch berücksichtigt wurden).

Wenn die Beschwerde rügt, die belangte Behörde habe es unterlassen, die "Beweisanträge insbesondere auf Einvernahme meiner Person, Zeugenbeweise, anzuberaumende mündliche Verhandlung", die mit Schriftsatz vom 3. Februar 2009 beantragt worden seien, zu beachten, so legt sie die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dar, weil sie weder angibt, um welche Beweise es sich konkret handelt, noch darlegt, welcher Sachverhalt durch sie erwiesen werden sollte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. September 2009, Zl. 2007/18/0674). Im Übrigen hatte der Beschwerdeführer ausreichend Gelegenheit, sich im Rahmen der Berufung Gehör zu verschaffen. Im fremdenrechtlichen Administrativverfahren vor der Sicherheitsdirektion besteht auch kein Recht auf eine mündliche Berufungsverhandlung vor der belangten Behörde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. April 2010, Zl. 2010/18/0106).

Der Beschwerdeführer bringt somit keine Umstände vor, die die belangte Behörde dazu veranlassen hätte können, in Anbetracht seines Gesamt(fehl)verhaltens davon auszugehen, dass die von ihm ausgegangene Gefahr nunmehr weggefallen sei. Daher geht auch die in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe die "neueren" Umstände "insbesondere aus dem Jahr 2009 und 2010" nicht berücksichtigt, ins Leere. Hingegen hat die belangte Behörde zutreffend darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer - nachdem der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 25. November 2008 einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde betreffend die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht stattgegeben hat - weiterhin unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieben ist.

Gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass das Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers nach wie vor im Sinn des § 86 Abs. 1 FPG die öffentliche Ordnung gefährde, bestehen daher keine Bedenken.

2.3. Die belangte Behörde ist auch unter dem Gesichtspunkt des § 66 FPG zu Recht davon ausgegangen, dass sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die maßgebenden Umstände nicht in einem entscheidungsrelevanten Ausmaß zugunsten des Beschwerdeführers geändert haben, sodass die Beibehaltung dieser Maßnahme als dringend geboten und zulässig im Licht dieser Gesetzesbestimmung anzusehen ist.

2.4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 29. Juni 2010

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