VwGH 2008/03/0161

VwGH2008/03/016125.8.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der Urbarialgemeinde D in D, vertreten durch Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in 1220 Wien, Wagramer Straße 19 (IZD Tower), gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 24. September 2008, Zl 4a-A-J8530/10-2008, betreffend Abrundung eines Jagdgebietes, zu Recht erkannt:

Normen

JagdG Bgld 2004 §19 Abs2;
JagdG Bgld 2004 §97;
JagdRallg;
VwRallg;
JagdG Bgld 2004 §19 Abs2;
JagdG Bgld 2004 §97;
JagdRallg;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Burgenland hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 8. Juni 2006 wurde (unter Spruchpunkt I.) gemäß § 17 Abs 1 des Burgenländischen Jagdgesetzes 2004, LGBl Nr 11/2005 (im Folgenden: JG), das Vorpachtrecht der Beschwerdeführerin für das Eigenjagdgebiet "Urbarialgemeinde D" für die Jagdperiode vom 1. Februar 2007 bis zum 31. Jänner 2015 auf näher genannten Grundstücken festgestellt. Ferner wurde (unter Spruchpunkt II.) gemäß § 19 Abs 2 JG eine Abrundung des besagten Eigenjagdgebietes für die genannte Jagdperiode sowie das Genossenschaftsjagdgebiet D verfügt. Unter Spruchpunkt IV. wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Abrundung der Gst Nr 2853 bis in Richtung Südosten zur Grenze Eigenjagdgebiet E bis zum Weg Gst Nr 2124 und der innerhalb dieses Weges liegenden Grundstücke der Genossenschaft gemäß § 19 JG abgewiesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der gegen Spruchpunkt IV. des Bescheides gerichteten Berufung nach § 66 Abs 4 AVG keine Folge gegeben.

Die Erstbehörde stützte bezüglich des Spruchpunkt IV. ihres Bescheides die Begründung auf folgende vom jagdfachlichen Amtssachverständigen bei der mündlichen Verhandlung abgegebene Stellungnahme:

"Der gen. Antrag, welcher eine aus jagdfachlicher Sicht sehr großräumige Abänderung der bestehenden Jagdgrenzverläufe bedeuten würde, wird aus Sachverständigensicht als sinnvoll beurteilt, jedoch nicht als unbedingt erforderlich erachtet, da dabei wesentliche Teile der Flächen selbst durch die Errichtung von Jagdeinrichtungen sowohl im EJ- als auch im GJ-Gebiet mit den gesetzl. erforderlichen Abständen zu benachbarten Jagdgebieten die Jagdausübung ohne wesentliche Erschwerung gegeben ist. Weiters wird auch die Ansicht vertreten, dass auch es nicht notwendig ist auf allen Teilen des Jagdgebietes die Jagd in der Form auszuüben, dass jagdliche Einrichtungen wie Kirrungen und Hochstände errichtet werden müssen."

In der dagegen erhobenen Berufung rügte die Beschwerdeführerin, dass diese Stellungnahme keine neuen Sachverhaltsfeststellungen enthalte und nicht schlüssig sei, und dass der Erstbescheid - der keine darüber hinaus gehende Begründung enthalte - daher nicht nachvollziehbar sei. Dass in ihrem Fall die Voraussetzungen für eine Abrundung vorliegen würden, begründete die Beschwerdeführerin nach dem angefochtenen Bescheid wie folgt:

"Das Jagdgebiet wird von einem ca. 600 m langen und nur 200 m breiten Streifen der Jagdgenossenschaft D eingeschnitten. Dieser Streifen des Jagdgebiets der Jagdgenossenschaft D ragt in Form eines 'Stachels' in das Jagdgebiet der Urbarialgemeinde D.

Die Grenze zwischen dem Jagdgebiet der Jagdgenossenschaft D und der Urbarialgemeinde D, entlang dieses 'Stachels' bildet ein Weg.

Direkt hinter dem Weg, auf dem Jagdgebiet der Urbarialgemeinde D, liegt ein Jungwald in der Größe von insgesamt 40 ha.

Dieser Jungwald ist der einzige Einstand im Jagdgebiet der Urbarialgemeinde D, sodass der ordnungsgemäße Jagdbetrieb der Urbarialgemeinde D entscheidend davon abhängt, Wild beim Verlassen dieses Jungwaldes bejagen zu können.

Durch den 'Stachel' ist es jedoch unzulässig, Kirrungen oder Hochstände entlang dieses Weges und sohin entlang der gesamten Ostseite des Jungwaldes zu errichten, weil Kirrungen und Hochstände nicht näher als 100 m an ein Jagdgebiet angrenzend errichtet werden dürfen. Eine Bejagung des aus dem Jungwald kommenden Wilds ist daher praktisch unmöglich. Der 'Stachel', der in das Gebiet der Urbarialgemeinde D 600 m weit hinein ragt, verhindert damit den Jagdbetrieb erheblich und ist daher jedenfalls eine wesentliche, den jagdlichen Interessen entgegenstehende Erschwerung des Jagdbetriebes gemäß § 19 Bgld. Jagdgesetz 2004. Würde der 'Stachel' der Urbarialgemeinde D zustehen, wäre eine Bejagung ohne weiteres möglich.

Deshalb hätte bei richtiger rechtlicher Würdigung die belangte Behörde gemäß § 19 Abs. 2 Bgld. Jagdgesetz 2004 vorgehen müssen, dem Antrag stattgeben und eine Abrundung bescheidförmig anordnen müssen."

Im Berufungsverfahren erstattete der in diesem Verfahren beigezogene jagdfachliche Amtssachverständige folgendes Gutachten (Hervorhebungen nicht wiedergegeben):

"AUSGANGSLAGE

Die UG D hat als Jagdberechtigter des EJG D Berufung gegen den Bescheid der BH OP vom 8.6.2006 bez. Jagdgebietsabrundung mit der Begründung eingelegt, dass ein Waldstreifen im Ausmaß von etwa '200m .. (x) 600m', welcher in das EJG der UG hineinragt, dieser als Abrundung zugesprochen werden solle, weil der ordnungsgemäße Jagdbetrieb der UG nicht möglich sei. Aus der Dickung an der Grenze der beiden Jagdgebiete (aber noch auf UG - Grundstücken) austretendes Wild könne aufgrund der jagdgesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich des Abstandes zur Nachbarjagd nicht bejagt werden. Dadurch sei eine wesentliche Erschwerung des Jagdbetriebes gem. § 19 Bgld. JagdG gegeben, weshalb dem Antrag auf Abrundung bzw. Zuschlagung des o. a. Waldstreifens stattgegeben hätte werden müssen.

BEFUND

Ein Lokalaugenschein am 29.8.2006 ergab folgendes:

Das EJG der UG D ist im westlichen Teil bei einer Seitenlänge von etwa 700 m annähernd quadratisch geformt, von einigen lang gestreckten Schlagflächen durchsetzt und an seinem Ostrand in einer durchschnittlichen Bereite von 200 m von Dickungsflächen begrenzt. Daran schließt im Osten ein Waldstreifen mit einer Länge von etwa 750 m und einer Breite von 180 bis 230 m (Grundstücke 2853 bis 2868/1, KG D) an, welcher seitens der BH OP dem gemeinschaftlichen Jagdgebiet zugeordnet wurde. An der Grenze der Jagdgebiete befindet sich eine etwa Nord - Süd verlaufende Forststraße, welche auf UG - Gebiet liegt. Östlich des beanspruchten Waldstreifens setzt sich das EJG der UG fort, die Verbindung wird durch einen Streifen im Norden des Waldstreifens hergestellt.

Die Forststraße setzt sich im Süden erst Richtung Südwest, dann Nordwest verlaufend und das EJG der UG etwa in der Mitte durchschneidend, fort.

Der umschlossene Waldstreifen, welcher von der UG als Abrundung beansprucht wird, besteht fast zur Gänze aus Kiefernaltholz mit etwas Eichenbeimischung, welcher teilweise mit Unterwuchs (Holunder) versehen ist. Es besteht ausreichende Einsichtigkeit auf dem Großteil der Fläche, zumindest auf eine Entfernung von etwa 100 m.

Das in der Berufung angeführte Grundstück 2124, bis zu welchem die Abrundung laut Antrag gehen solle, konnte im Bereich der beantragten Abrundungsfläche nicht gefunden werden.

GUTACHTEN

Auf Grundlage des erhobenen Befundes ergibt sich, dass eine Bewirtschaftung des aus der Dickung austretendes Wildes - da dieses ja auch Richtung Westen und Süden auswechselt - in der Form möglich ist, dass es auf dort vorhandenen Kahlflächen oder der quer durch das Jagdgebiet verlaufenden Straße, auch durch Anlage von Kirrungen, bejagt wird. Die Verwendung der an der Grenze zwischen UG und Genossenschaftsjagdgebiet verlaufenden Straße zu diesem Zweck ist daher nicht unbedingt notwendig. Aus diesem Grund kann von einer wesentlichen Erschwerung oder gar Unmöglichkeit der Bejagung des Wildes des EJG der UG D nicht gesprochen werden.

Auf dem schmalen Streifen der Gemeinschaftsjagd, welcher west- , nörd- und östlich von der UG umschlossen ist (Grundstücke 2853 bis 2868/1, KG D), ist die Ausübung der Jagd durch die Jagdgenossenschaft ebenfalls möglich, da es im Bereich der breiteren Stellen (bis zu 230 m) bei Einhaltung der jagdgesetzlichen Bestimmungen (100 m Abstand) möglich ist, einen Ansitz zu errichten.

Allgemein gesprochen ist eine wesentliche Beeinträchtigung nur dort zu sehen, wo in einem für die Abrundung vorgesehenen Gebietsteil die Jagd nicht ausgeübt werden kann.

Zusammengefasst ist daher festzustellen, dass es im vorliegenden Fall keine wesentliche Erschwerung des Jagdbetriebes gibt."

In ihrer Stellungnahme hiezu vom 3. Oktober 2006 erachtete die Beschwerdeführerin dieses Gutachten als inhaltlich unschlüssig und führte dazu insbesondere Folgendes aus:

"Dennoch geht das Gutachten zur Gänze nicht nachvollziehbar davon aus, dass darin keine wesentliche Erschwerung des Jagdbetriebes liegen soll. Das Wild wechsle ja auch nach Westen und Süden aus und könne von dort auch bejagt werden. Das Gutachten geht damit auf die in der Berufung geltend gemachten Gründe für eine Abrundung überhaupt nicht ein. Der Jungwald ist nämlich der einzige Einstand im Jagdgebiet der Berufungswerberin, sodass der ordnungsgemäße Jagdbetrieb der Berufungswerberin entscheidend davon abhängt, Wild beim Verlassen dieses Jungwaldes bejagen zu können. Eine Bejagung ist aber praktisch nur von Osten möglich, weil das Wild nur in diese Richtung auswechselt. Deshalb liegt eine erhebliche Beeinträchtigung des Jagdbetriebes vor, worauf der Gutachter eingehen hätte müssen."

Dazu führte der jagdfachliche Amtssachverständige ergänzend mit Gutachten vom 28. Dezember 2006 Folgendes aus:

"Das Argument, dass das Wild nur in eine Richtung austreten würde, wird von der Berufungswerberin nicht begründet und ist auch nicht plausibel. Die Bejagung des Schwarzwildes erfolgt üblicherweise per Kirrung, welche natürlich auch an der Westseite der Dickung eingesetzt werden kann. Die Lenkung erfolgt im Wesentlichen durch die Attraktivität der Futtervorlage. Auch beim weiteren Schalenwild gibt es keinen Grund, warum dieses nicht in das Eigenjagdgebiet der Urbarialgemeinde D wechseln sollte. Es ist anzunehmen, dass das wild lieber dort austritt, wo es weniger Beunruhigung oder Bejagung erwartet.

Ob die Verzahnung der Jagdgebiete eine wesentliche Erschwernis ist, meint das Ausmaß der Beeinträchtigung.

Dass es günstiger geformte Jagdgebiete gibt, steht außer Zweifel. Da es aber unmöglich ist, dass alle Jagdgebiete eine ideale Form aufweisen und es für die Behörde unzumutbar wäre, alle Jagdgebiete abzurunden, ist von einer wesentlichen Erschwernis m. E. nur dann auszugehen, wenn die Bejagung wirklich gravierend erschwert ist. Dies wird hier nicht gesehen."

Dazu wiederum erstattete die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 1. Februar 2007 folgende Stellungnahme:

"Das Vorbringen vom 3.10.2006 wird insofern korrigiert, als die Bejagung nicht nur von Osten möglich ist. Gemeint war, dass die Bejagung je nach Windrichtung auf eine der vier Seiten des einzigen Einstandes im Revier möglich sein muss. Daher ist auch die Ostseite des Einstandes, an dem der beantragte Einschluss angrenzt von jagdlicher Bedeutung. Wenn in Abhängigkeit der Windrichtung die Bejagung von der Ostseite nicht möglich ist, stellt dies eine wesentliche, den jagdlichen Interessen entgegenstehende Erschwerung des Jagdbetriebes gemäß § 19 bgld. Jagdgesetz 2004 dar."

In seinem Gutachten vom 30. März 2007 nahm der jagdfachliche Amtssachverständige dazu wie folgt Stellung:

"Dazu wird festgestellt, dass der diskutierte längliche Streifen von etwa 750 m Länge bei etwa 200 m Breite, welcher in das EJG der UG hineinragt, natürlich einen ungünstigen Grenzverlauf bildet. Die auf dieser Basis allerdings erfolgte Einschätzung in den Vorgutachten lautet aber dennoch, dass es sich jedoch um eine Beeinträchtigung handelt, die m. E. aus den dort angeführten Gründen nicht wesentlich ist.

Zur letzten Stellungnahme der UG D ist festzuhalten, dass die Bejagungsmöglichkeit aus allen Richtungen aus ihrer Sicht verständlicherweise wünschenswert ist. Gemäß Judikatur des VWGH (Erkenntnis vom 19.12.2006) ist es für eine Abrundung aber auch notwendig, dass das Ausmaß der betroffenen Jagdgebiete durch eine Abrundung möglichst wenig geändert wird und die abgetauschten Grundflächen annähernd gleich groß und gleichwertig sein müssen. in der gegebenen Situation einer Jagdgebietsgröße von etwa 126 ha handelt es sich bei der gewünschten Zuschlagung (bei welchem Ausgleich?) des mindestens 15 ha großen Einsprunges m. E. nicht um eine Abrundung nach der Intention des Jagdgesetzes."

Die hiezu von der Beschwerdeführerin erstattete Stellungnahme vom 26. April 2007 lautet wie folgt:

"Wie unbefriedigend die Entscheidung der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf ist zeigt der Umstand, dass die Pächter der Genossenschaftsjagdgebiet D im streitgegenständlichen 'Stachel' einen Hochstand aufgestellt haben und eine Kirrung beschicken. Die Kirrung ist nicht durch einen über das Jagdgebiet der benachbarten Jagdgenossenschaft führenden Weg erreichbar, weil durch den streitgegenständlichen Stachel kein Weg führt. Dies führt dazu, dass die Pächter der Genossenschaftsjagd den unmittelbar entlang der Reviergrenze im Revier der Urbarialgemeinde führenden Weg zur Beschickung der Kirrung und zur Bergung des Wildes benutzt, u. zw. sowohl zur Tages- als auch zur Nachtzeit. So kam es beispielsweise am 31.3.2007 gegen 22:00 Uhr zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Pächter des Reviers der Urbarialgemeinde und zwei Mitpächtern der Genossenschaftsjagd, die erlegtes Schwarzwild über den im Revier der Urbarialgemeinde befindlichen Weg abtransportieren wollten.

Allein dieser Vorfall stellt unter Beweis, dass die Bejagung im Revier der Urbarialgemeinde iSd § 19 Abs 2 Burgenländisches Jagdgesetz 2004 erschwert wird, wenn es richtig ist, wie die Pächter der Genossenschaftsjagd behaupten, dass das Beschicken der Kirrung und das Abtransportieren erlegten Wildes über den Weg im Wald der Urbarialgemeinde vom Pächter der Urbarialjagd geduldet werden muss. Da dieser Weg über eine Länge von etwa 800 Meter bis zur Landesstraße durch das Revier der Urbarialgemeinde führt, liegt auf der Hand, dass ein Befahren zu jeder Tages- und Nachtzeit zu einer erheblichen Erschwernis bei der Bejagung führt."

Dazu wiederum hielt der jagdfachliche Amtssachverständige in seinem Gutachten vom 11. Dezember 2007 Folgendes fest:

"Dazu wird festgestellt, dass diese Situation für die Jagdausübungsberechtigten der UG zweifellos störend bei der Jagdausübung ist. Zum Kernthema der Straßenbenützung ist aber festzuhalten, dass § 96 des BJG zum 'Jägernotweg' festhält, dass die Benützung nichtöffentlicher oder nicht zum allgemeinen Gebrauch bestimmter Wege nur dann, und auch dann nur per Bescheid der BVB, eingeräumt werden kann, wenn die Begehung des Jagdgebietes sonst nur über einen verhältnismäßig langen oder beschwerlichen Umweg erreichbar wäre.

Ein solcher Umweg ist nach der Judikatur bei einem Mehraufwand von unter einer Stunde - wie er hier für Durchführung von Kirrung und Begehen des Hochstandes gesehen wird - jedenfalls auszuschließen. Aus diesem Grund wird bei Annahme, dass die Forststraße nicht öffentlich ist, keine Befugnis zur Befahrung oder Begehung der Forststraße gesehen.

Um obige Komplikationen zu vermeiden, könnte von beiden Jagdnachbarn eventuell angedacht werden, ob nicht eine einvernehmliche Abrundung die einfachere Lösung wäre. Dies freilich unbeschadet dessen, dass Fragen von Jägernotwegen und Wildfolge nichts an der grundsätzlichen Eignung der Jagdgebiete ändern.

Zusammenfassend kann daher auch durch die untersagbare Befahrung der Forststraße durch die Jäger der Genossenschaftsjagd - wiewohl natürlich zu Recht als störend empfunden - keine erhebliche Erschwernis der Bejagung argumentiert werden."

Von der Erstattung einer Stellungnahme zu dieser Gutachtensergänzung sah die Beschwerdeführerin ab.

Nach der Wiedergabe des für die Abrundung von Jagdgebieten maßgeblichen § 19 Abs 2 JG und der von der Behörde für einschlägig erachteten hg Rechtsprechung hielt die belangte Behörde begründend zu der von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Frage der Wildfolge fest, dass "Wildfolgeprobleme" grundsätzlich für sich allein keinen Grund für eine Abrundung darstellten, weil § 97 JG diesbezüglich eine gesetzliche Regelungen treffe. Die die Wildfolge betreffenden Probleme könnten eine Abrundung nur dann rechtfertigen, wenn sie über die mit dem Zusammenstoßen von Jagdgebieten üblicherweise verbundenen Schwierigkeiten, die von jedem Jagdausübungsberechtigten in Kauf zu nehmen seien, wesentlich hinaus gingen. Dies treffe dann zu, wenn der Jagdberechtigte tatsächlich bei jedem Abschuss in seinem Revier infolge Flucht bzw Absturz des getroffenen Wildes in das Nachbarrevier sein aus § 1 Abs 1 JG erfließendes Recht verlöre, sich Wild anzueignen.

Die von der Beschwerdeführerin aufgeworfene Problematik der Straßenbenützung sei nicht durch Angliederung des zu durchquerenden fremden Jagdgebietes, sondern nur - bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen - im Wege der Bestimmung eines Jagdnotweges zu lösen.

Für die belangte Behörde stehe auf Grund der schlüssigen Gutachten des jagdfachlichen Amtssachverständigen fest, dass im vorliegenden Fall zwar ein ungünstiger Grenzverlauf bestehe, aber von einer wesentlichen, den jagdlichen Interessen entgegenstehenden Erschwerung des Jagdbetriebs iSd § 19 Abs 2 JG nicht gesprochen werden könne, weil eine Bewirtschaftung des aus der Dickung austretenden Wildes in der Form möglich sei, dass es auf dort vorhandenen Kahlflächen oder der quer durch das Jagdgebiet verlaufenden Straße, auch durch Anlage von Kirrungen, bejagt werde. Die Verwendung der an der Grenze zwischen Urbarialgemeinde und Genossenschaftsjagdgebiet verlaufenden Straße zu diesem Zweck sei daher nicht notwendig. Weiters sei auf dem schmalen Streifen der Gemeinschaftsjagd, welcher west-, nörd- und östlich von der Urbarialgemeinde umschlossen sei (Grundstücke Nr 2853 bis 2868/1, KG D), die Ausübung der Jagd durch die Jagdgenossenschaft ebenfalls möglich, weil es im Bereich der breiteren Stellen (bis zu 230 m) bei Einhaltung der jagdgesetzlichen Bestimmungen (100 m) möglich sei, einen Ansitz zu errichten.

Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin sowie der Erstbehörde zugestellt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen. Zu dieser Gegenschrift erstattete die Beschwerdeführerin eine Replik.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 19 JG lautet auszugsweise wie folgt:

"Abrundung von Jagdgebieten

§ 19. (1) Den Jagdausübungsberechtigten benachbarter Jagdgebiete steht es frei, im Einvernehmen mit den beteiligten Jagdausschüssen bzw. Eigenjagdberechtigten auf die Dauer der Jagdrechtsausübung wirksame Vereinbarungen über geringfügige Bereinigungen der Jagdgebietsgrenzen mit dem Ziele der Erleichterung der Jagdausübung zu treffen.

(2) Wenn jedoch die Grenzen anstoßender Jagdgebiete so ungünstig verlaufen, dass sich daraus eine wesentliche, den jagdlichen Interessen entgegenstehende Erschwerung des Jagdbetriebes ergibt, hat die Bezirksverwaltungsbehörde von Amts wegen oder auf Antrag eines beteiligten Jagdausschusses oder einer oder eines Eigenjagdberechtigten die Abrundung der Jagdgebiete zu verfügen, insofern eine solche nicht durch Vereinigung von Genossenschaftsjagdgebieten im Sinne des § 16 Abs. 1 und 2 erfolgt. Sie hat zu diesem Zweck nach Möglichkeit zunächst einzelne jagdlich gleichwertige Grundflächen aneinander angrenzender Jagdgebiete auszutauschen (Flächentausch). Sind solche Möglichkeiten nicht gegeben, hat die Bezirksverwaltungsbehörde Grundflächen von einem Jagdgebiet abzutrennen und einem anderen Jagdgebiet anzugliedern. Hiedurch darf das Flächenausmaß keines der betroffenen Jagdgebiete unter 115 ha Jagdfläche sinken.

...

(6) Eine Abrundung von Jagdgebieten gemäß Abs. 2 kann von Amts wegen oder auf Antrag jederzeit während des Laufes der Jagdperiode verfügt werden. Die Abrundung wird jedoch frühestens mit Beginn des nächsten Jagdjahres wirksam."

Unstrittig ist im vorliegenden Fall ein ungünstiger Verlauf der Grenze zwischen dem Eigenjagdgebiet der Beschwerdeführerin und dem anstoßenden Genossenschaftsjagdgebiet.

Strittig ist aber, ob diese Grenze so ungünstig verläuft, dass sich daraus eine wesentliche, den jagdlichen Interessen entgegenstehender Erschwerung des Jagdbetriebs ergibt, und damit die Voraussetzung für eine Abrundung iSd § 19 Abs 2 JG gegeben ist.

Zum Begriff der "wesentlichen, den jagdlichen Interessen entgegenstehenden Beeinträchtigung des Jagdbetriebes" hat der Verwaltungsgerichtshof (zu dem insofern im Wesentlichen gleichgelagerten Niederösterreichischen Jagdrecht) festgehalten, dass es sich dabei um einen unbestimmten Gesetzesbegriff handelt; als Kriterien, die die Annahme einer wesentlichen, die Abrundung rechtfertigenden Beeinträchtigung des Jagdbetriebs zu begründen geeignet sind, wird hier der Umstand angesehen, dass in dem für die Abrundung vorgesehenen Gebietsteil die Jagd (für sich allein) nicht ausgeübt werden kann, oder dass durch den Verlauf der Jagdgrenzen die Abschussmöglichkeiten eines Jagdnachbarn einseitig begünstigt werden (vgl das hg Erkenntnis vom 11. Februar 1987, Zl 86/03/0141).

"Wildfolgeprobleme" können nach der hg Rechtsprechung für sich alleine grundsätzlich keinen Grund für eine Abrundung darstellen, zumal (worauf die Behörde hinweist) in § 97 JG diesbezüglich gesetzliche Regelungen getroffen wurden. Die die Wildfolge betreffenden Probleme können jedoch eine Abrundung rechtfertigen, wenn sie über die mit dem Zusammenstoßen von Jagdgebieten üblicherweise verbundenen Schwierigkeiten, die von jedem Jagdausübungsberechtigten in Kauf zu nehmen sind, wesentlich hinausgehen (vgl das schon zitierte Erkenntnis Zl 86/03/0141, ferner die hg Erkenntnisse vom 21. Dezember 1994, Zl 92/03/0157 (zum Kärntner Jagdrecht), vom 17. Juni 1998, Zl 98/03/0076, vom 16. Oktober 2002, Zl 99/03/0234 (beide zum Tiroler Jagdrecht), und vom 26. April 2005, Zl 2001/03/0454 (wiederum zum Kärntner Jagdrecht)).

Wenn die belangte Behörde meint, ein solches wesentliches Hinausgehen würde (nur) dann zutreffen, wenn der Jagdberechtigte tatsächlich bei jedem Abschuss in seinem Revier infolge Flucht bzw Absturz des getroffenen Wildes in das Nachbarrevier sein Recht, sich das Wild anzueignen, verlöre, knüpft sie offensichtlich an das Erkenntnis Zl 92/03/0157 an. Dort führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass ein wesentliches Hinausgehen sicherlich dann gegeben ist, wenn der Jagdausübungsberechtigte tatsächlich bei jedem Abschuss in seinem Revier infolge Flucht bzw Absturz des getroffenen Wildes in das Nachbarrevier sein Recht verliert, sich das Wild anzueignen. Gleiches gilt nach dieser Entscheidung aber auch dann, wenn trotz einer getroffenen Wildfolgevereinbarung eine wesentliche einseitige Belastung für den Betroffenen bestehen bleibt. Aus den Erkenntnissen Zl 98/03/0076, Zl 99/03/0234, und Zl 2001/03/0454, lässt sich ebenfalls ableiten, dass Probleme hinsichtlich der Wildfolge, welche über die mit dem Zusammenstoß von Jagdgebieten üblicherweise verbundenen Schwierigkeiten hinausgehen, nicht auf den Fall beschränkt werden können, dass der Jagdausübungsberechtigte tatsächlich bei jedem Abschuss sein Wildaneignungsrecht im beschriebenen Sinn verliert. Vielmehr hat der Verwaltungsgerichtshof in den zuletzt genannten Erkenntnissen auch festgehalten, dass eine wesentliche Erschwerung der ordnungsgemäßen Jagdausübung dann gegeben ist, wenn durch den Verlauf der Jagdgrenzen die Abschussmöglichkeiten eines Jagdnachbarn einseitig begünstigt werden. Da diese Erkenntnisse somit nicht bloß auf den völligen Verlust der Wildaneignungsmöglichkeit abstellen, lassen sich (anders als die belangte Behörde offenbar meint) die eine Abrundung rechtfertigenden besonderen Schwierigkeiten aus dem Zusammenstoß von Jagdgebieten nicht darauf beschränken. Vielmehr sind neben dem im Erkenntnis Zl 92/03/0157 genannten Verlust der Aneignungsmöglichkeit auch noch andere besondere Schwierigkeiten denkbar, die eine Abrundung rechtfertigen können.

Dies hat die belangte Behörde, indem sie den in Rede stehenden Begriff der "wesentlichen, den jagdlichen Interessen entgegenstehenden Beeinträchtigung des Jagdbetriebes" auf den Fall des völligen Verlustes des Aneignungsrechtes infolge Flucht bzw Absturz des betroffenen Wildes in das Nachbarrevier beschränkte, verkannt und insoweit den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Ferner hat die beschwerdeführende Partei bezüglich der einseitigen Begünstigung des Jagdnachbarn infolge des ungünstigen Grenzverlaufes schon im Verwaltungsverfahren in die Richtung argumentiert, dass in Abhängigkeit von der im Regelfall aus dem Westen gegebenen Windrichtung die Bejagung ihres Einstandsgebietes in aller Regel nur vom Osten - und somit in dem vom Abtretungsantrag erfassten, östlich des Einstandsgebietes gelegenen Gebiet der nachbarlichen Genossenschaftsjagd - erfolgt. Mit dieser erkennbar auf die Windrichtung fokussierten Argumentation hat sich die belangte Behörde nicht näher auseinandergesetzt. Auch der jagdfachliche Amtssachverständige hat diesbezüglich lediglich auf Kirrung und Attraktivität der Futtervorlage abgestellt, nicht aber darauf, ob eine Bejagung des Wildes auf Grund seines Geruchssinnes bei Westwind vom Westen her zu einem einer ordnungsgemäßen Jagdausübung entsprechenden Jagderfolg führen kann. Auch insofern hat die belangte Behörde die Rechtslage unzutreffend beurteilt und (darauf aufbauend) den maßgeblichen Sachverhalt nicht in ausreichender Weise festgestellt.

Schließlich ist festzuhalten, dass die belangte Behörde (anders als die Erstbehörde) die Jagdgenossenschaft, deren Jagdgebiet vom Abtretungsantrag erfasst wird, nicht dem Verwaltungsverfahren beizog, obwohl dieser in dem dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Verwaltungsverfahren Parteistellung zukommt. Damit hat sie den angefochtenen Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensmangel belastet. Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass die Beiziehung der Jagdgenossenschaft als Partei zu Ermittlungsergebnissen (etwa im Zusammenhang mit der relevierten Windrichtungsproblematik) geführt hätte, die eine andere, Entscheidung zur Folge gehabt hätte. Deshalb konnten vom Verwaltungsgerichtshof - obwohl die Jagdgenossenschaft durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides in ihren rechtlichen Interessen berührt werden kann (vgl § 21 Abs 1 Z 4 VwGG) - die sich aus der Teilnahme der Jagdgenossenschaft als Partei im Berufungsverfahren ergebenden Konsequenzen für die Feststellung des Sachverhaltes nicht wahrgenommen werden.

Der angefochtene Bescheid war auf dem Boden des Gesagten wegen (prävalierender) Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben. Bei diesem Ergebnis war es entbehrlich, auf die von § 19 Abs 2 zweiter und dritter Satz JG geforderten weiteren Voraussetzungen für eine Abrundung von Jagdgebieten (vgl insbesondere das hg Erkenntnis vom 19. Dezember 2006, Zl 2002/03/0030) einzugehen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte im Grunde des § 39 Abs 2 Z 4 VwGG abgesehen werden, zumal sich die vorliegende Entscheidung auf die ständige hg Rechtsprechung stützen konnte.

Wien, am 25. August 2010

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