Normen
EStG 1988 §4 Abs4;
EStG 1988 §4 Abs4;
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer betrieb bis zum Jahr 1980 einen Schuheinzel- und Schuhgroßhandel in Form eines Einzelunternehmens. In der Folge wurde im Rahmen dieses im Firmenbuch mit dem Firmennamen "A & Co" eingetragenen Einzelunternehmens nur mehr der Schuheinzelhandel weitergeführt, während der Schuhgroßhandel von der neu gegründeten S GmbH übernommen wurde, in welcher der Beschwerdeführer als Gesellschafter-Geschäftsführer fungierte.
In den Jahren 1991, 1992, 1997 und 2000 bis 2002 machte der Beschwerdeführer bei der Gewinnermittlung der "A & Co" Betriebsausgaben geltend, welche im Zusammenhang mit für die S GmbH eingegangenen Bürgschaftsverpflichtungen standen.
Im Zuge zweier in den Jahren 1993 und 1999 beim Beschwerdeführer durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfungen wurden die jeweils geltend gemachten Aufwendungen aus der "Bürgschaftsverpflichtung" (Zinsen, Zahlungen und Rückstellungen) nicht als Betriebsausgaben anerkannt. Die Übernahme der Bürgschaft sei in der Gesellschafterstellung des Beschwerdeführers für die S GmbH begründet und nicht durch den Betrieb der "A & Co" veranlasst.
In seinen Berufungen gegen die dieser Ansicht folgenden Einkommen- und Gewerbesteuerbescheide der beschwerdegegenständlichen Jahre brachte der Beschwerdeführer vor, dass zum Zeitpunkt der Trennung der beiden Geschäftsbereiche Schuheinzelhandel und Schuhgroßhandel das Einzelunternehmen hohe Bankverbindlichkeiten ausgewiesen habe. Aufgrund dessen sei eine Zustimmung der Banken zur erwähnten Geschäftstrennung nur unter der Bedingung einer gegenseitigen Haftungsübernahme erteilt worden. Da die Trennung des Schuheinzelhandels und des Schuhgroßhandels in zwei Unternehmungen - wie näher dargestellt - aus existenziellen Gründen unbedingt notwendig gewesen wäre, sei die Bürgschaftsübernahme des Beschwerdeführers für die S GmbH im ausschließlichen Interesse des Fortbestandes des Einzelunternehmens gelegen. Negative Ergebnisse in den Jahren 1988 und 1989 hätten die S GmbH zur Überziehung von Bankkrediten gezwungen. Dies habe im September 1990 zu neuen "von dem Kreditinstitut aufgezwungenen Kreditverträgen" geführt. Im Falle des Unterbleibens einer Bürgschaft des Beschwerdeführers für die Kredite der S GmbH hätte die Bank sämtliche Kredite fällig gestellt.
Da die S GmbH infolge der schlechten Betriebsergebnisse in Zahlungsschwierigkeiten geraten und letztendlich zahlungsunfähig geworden sei, sei die A & Co aus den gegenseitigen Bürgschaftsverpflichtungen in Anspruch genommen worden.
Zur betrieblichen Veranlassung der strittigen Bürgschaftsübernahme wurde - neben dem Verlangen der Bank - laut Stellungnahme des Prüfers vom 29. September 1993 weiter vorgebracht, dass eine wirtschaftliche Führung des Einzelunternehmens ohne einen Großhandelsbetrieb (und dessen Einkaufsvolumen) aus Gründen der Preisbildung nicht möglich gewesen wäre. Auch seien einer Liquidierung des Großhandelsbetriebes die langfristigen Lieferverträge des Einzelunternehmens und die darin enthaltenen Abnahmeverpflichtungen entgegengestanden, weil die Lieferanten der "Vertragsentlassung" des Einzelunternehmens nur bei einem vollumfänglichen Vertragseintritt der S GmbH zugestimmt hätten.
Mit dem zur hg. Zl. 2007/15/0234 angefochtenen Bescheid betreffend Einkommensteuer 2003 und 2004 und dem zur hg. Zl. 2007/15/0236 angefochtenen Bescheid betreffend Einkommensteuer 1991, 1992, 1997 und 2000 bis 2002 wurden die Berufungen abgewiesen. Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidungen im Wesentlichen wie folgt:
Dass die Bürgschaftsübernahme mit der Trennung der beiden Geschäftsbereiche Schuheinzelhandel und Schuhgroßhandel unmittelbar zusammenhinge, stehe im Widerspruch zu der Aktenlage, wonach die Trennung bereits im Jahr 1980 erfolgt sei, die streitgegenständlichen Bürgschaften hingegen erst im Jahr 1990 übernommen worden seien. Weiters sei entgegen dem Berufungsvorbringen von keinerlei wirtschaftlicher Verflechtung der beiden Geschäftsbereiche auszugehen, da - nach unwidersprochenen Prüfungsfeststellungen - bei einem Gesamteinkauf der "A & Co" (Einzelhandel) von ungefähr 20,850.000 S im Jahr 1989 nur Waren im Wert von 2,100.000 S von der S GmbH (Großhandel) bezogen worden seien. Im Jahr 1990 stünde dem gesamten Einzelhandelseinkauf von 21,840.000 S ein Einkauf von der S GmbH in Höhe von 700.000 S gegenüber. Auch hätte nur ein gemeinsamer Lieferant der beiden Betriebe festgestellt werden können. Wenn nach der Trennung von Einzel- und Großhandel in den Folgejahren noch eine wirtschaftliche Verflechtung vorgelegen haben sollte, so gelte es doch als unbestritten, dass jedenfalls zum Zeitpunkt der Übernahme der Bürgschaftsverpflichtung im Jahr 1990 eine solche Verflechtung nicht mehr bestanden habe.
Auch hielten die strittigen Bürgschaften keinesfalls einem Fremdvergleich stand, würde sich doch ein fremder Dritter bei der gegebenen Sachlage nicht zu einem solchen Rechtsgeschäft verleiten lassen. Die Bürgschaftsübernahmen seien einzig aus der Gesellschafterstellung des Beschwerdeführers, somit aus privaten Gründen erklärbar.
Überdies habe der Beschwerdeführer seine Beteiligung an der S GmbH, bei welcher er auch die Funktion des Geschäftsführers ausgeübt habe, stets im Privatvermögen gehalten, was ebenfalls darauf hinweise, dass die Bürgschaftsübernahmen aus privaten Gründen erfolgt seien.
In den dagegen erhobenen Beschwerden erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Berücksichtigung der geltend gemachten "Aufwendungen aus Bürgschaftsverpflichtung" als betrieblich veranlasst verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete zu beiden Beschwerden eine gemeinsame Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen - Beschwerden erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1988 sind Betriebsausgaben die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind. Nach der gesetzlichen Definition ist nicht ausschlaggebend, ob durch aus anderen (privaten) Gründen veranlasste Aufwendungen und Ausgaben eine Einkunftsart gefördert wird, sondern kommt es darauf an, dass die Aufwendungen und Ausgaben durch die konkrete Einkunftsquelle veranlasst werden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. März 2008, 2004/13/0141).
Die belangte Behörde hat die vom Beschwerdeführer getätigten Aufwendungen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme aus der strittigen Bürgschaftsverpflichtung für die S GmbH - bei welcher der Beschwerdeführer als Gesellschafter-Geschäftsführer fungierte -
als nicht durch den Betrieb der "A & Co" veranlasst angesehen. Sie stützte sich beweiswürdigend vor allem darauf, dass nach der Aktenlage zum Zeitpunkt des Eingehens der fraglichen Bürgschaftsverpflichtung im Jahr 1990 keine entsprechend qualifizierte wirtschaftliche Verflechtung zwischen der S GmbH (Großhandel) und der "A & Co" (Einzelhandel) vorgelegen habe, welche in den beschwerdegegenständlichen (Folge-)Jahren eine betriebliche Veranlassung jener Aufwendungen aus Sicht des Einzelunternehmens hätte begründen können und auch die vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden einen solchen Zusammenhang nicht erkennen ließen.
Bei der Frage, ob die Übernahme der Bürgschaft für die Kredite der S GmbH durch den Betrieb des Einzelunternehmens veranlasst war, handelt es sich um eine auf der Ebene der Beweiswürdigung zu beantwortende Sachfrage.
Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Die von der Abgabenbehörde vorzunehmende Beweiswürdigung darf den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut nicht widersprechen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 27. Februar 2002, 97/13/0222).
Die Beweiswürdigung der belangten Behörde hält der in diesem Sinne eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle stand. Weder der Aktenlage noch der Beschwerde ist zu entnehmen, auf Grund welcher vom Beschwerdeführer vorgelegter aussagekräftiger Unterlagen die belangte Behörde zur Feststellung hätte gelangen müssen, dass zwischen der im Jahr 1990 erfolgten Bürgschaftsübernahme und der im Jahr 1980 vollzogenen Trennung der Geschäftsbereiche ein unmittelbarer Bedingungszusammenhang - wie er auch zwischen Fremden für den Fall der Ausgliederung eines Teilbereiches vereinbart worden wäre - bestanden hätte. Bei dieser Sachlage sind die Ausführungen des Beschwerdeführers, wonach die Trennung von Schuheinzel- und Schuhgroßhandel "wirtschaftlich und betrieblich sinnvoll und auch notwendig" gewesen wäre, von vornherein nicht geeignet, die betriebliche Veranlassung der Jahre später erfolgen Bürgschaftsübernahme der "A & Co" (des Beschwerdeführers) für die Kredite der S GmbH aufzuzeigen.
Dass Kredite an insolvenzgefährdete Kapitalgesellschaften nur gewährt werden, wenn der oder die Gesellschafter für die Verbindlichkeiten bürgen, entspricht der wirtschaftlichen Erfahrung, ist aber kein Umstand, der den späteren Zahlungen auf Grund der vom Gesellschafter eingegangenen Bürgschaftsverpflichtung den Charakter von Betriebsausgaben verleiht. Vielmehr ist der belangten Behörde zuzustimmen, dass Bürgschaftszahlungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers grundsätzlich durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind und sich daher einem Abzug als Betriebsausgaben (etwa bei den Geschäftsführereinkünften) entziehen (vgl. das Erkenntnis vom 24. September 2007, 2005/15/0041, mit weiteren Nachweisen). In dieser Judikatur kommt auch der für den Beschwerdefall relevante Gedanke zum Ausdruck, dass es in erster Linie Sache der Gesellschafter einer in ihrer Existenz gefährdeten Kapitalgesellschaft ist, den Fortbestand der Gesellschaft zu sichern (in diesem Sinne auch das Erkenntnis vom 28. Mai 2008, 2005/15/0167).
Wenn die belangte Behörde bei ihrer Gesamtbetrachtung der strittigen Aufwendungen des Beschwerdeführers für die S GmbH eben diesen Gedanken mitberücksichtigt hat, kann dies entgegen dem diesbezüglichen Beschwerdeeinwand auch bei der vorliegenden Sachverhaltskonstellation nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Die Beschwerden erweisen sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen waren.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 29. Juli 2010
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