UFS RV/0158-S/07

UFSRV/0158-S/071.8.2007

Zahlungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers aufgrund einer Bürgschaft

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2007/15/0236 eingebracht. Mit Erk. v. 29.7.2010 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des Bw., vertreten durch Eidlwimmer Karl, Steuerberater, 5020 Salzburg, Neutorstr. 52, gegen die Bescheide des Finanzamtes S. betreffend Einkommensteuer 1991, 1992, 1997 und 2000 bis 2002 sowie betreffend Gewerbesteuer 1991 und 1992 entschieden:

Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert. Die Berufungsentscheidung ergeht endgültig.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind den bekämpften Erstbescheiden zu entnehmen.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) betrieb bis zum Jahre 1980 in seinem Einzelunternehmen Fa. A. gleichzeitig einen Schuheinzel- und Schuhgroßhandel. In der Folge wurde der Schuheinzelhandel nur mehr von der Fa. A. und der Schuhgroßhandel von der neu gegründeten Fa. S-GmbH, bei welcher der Bw. beteiligt war und zudem als Geschäftsführer fungierte, betrieben.

Im Jahre 1989 erhöhte der Bw. bestehende Kontokorrentkredite bzw. nahm neue Kredite auf und stellte diese Gelder im Gesamtausmaß von ca. S 5,400.000,- der Fa. S-GmbH zur Abdeckung dringender Verbindlichkeiten zur Verfügung. Auf Grund des Ausfalles dieser Forderung machte der Bw. im Folgejahr (1990) Betriebsausgaben in der Höhe von S 4,188.514,70 geltend.

Im Jahre 1990 übernahm der Bw. im Rahmen seines Eintelhandelsunternehmens für die Fa. S-GmbH Bürgschaftsverpflichtungen, welche er in seiner Steuerbilanz als Rückstellung (S 8,000.000,-) bilanzierte.

Anlässlich einer beim Bw. u.a. auch die Jahre 1989 und 1990 umfassenden Betriebsprüfung vertrat das Finanzamt im BP-Bericht (Tz 19 und 20) die Ansicht, dass die in der Bilanz zum 31. 12. 1989 ausgewiesenen Darlehen an die Fa. S-GmbH in der Höhe von S 5,442.206,- bzw. S 5,111.917,- per 31. 12. 1990 kein Betriebsvermögen darstellten, da die Hingabe der in Rede stehenden Darlehen (S 400.000,-; S 2,000.000,-; S 3,000.000,-) und die daraus resultierende Verrechnung mit der Fa. S-GmbH ihren Grund nicht in der Fa. A., sondern in der Gesellschafterstellung des Bw. habe. Mit der gleichen Begründung versagte der Prüfer der Bürgschaftsübernahme in der Höhe von S 8,000.000,- für Verbindlichkeiten der Fa. S-GmbH die steuerliche Anerkennung.

Im Rahmen der Einkommen- und Gewerbesteuererklärungen für 1991 und 1992 machte der Bw. u.a. folgende Betriebsausgaben, welche das Finanzamt steuerlich nicht anerkannte, geltend: 1991: Zinsen von S 433.942, Zahlungen für Bürgschaftsverpflichtung von S 61.048,- 1992: Rückstellung für Bürgschaftsverpflichtung von S 3,705.000,-, Kreditzinsen Bürgschaftsverpflichtung von S 1,501.090,- und Bürgschaftszahlungen von S 683.643,-

Die Bescheide betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer für 1991 vom 2. 3. 1994 und Einkommen- und Gewerbesteuer für 1992 vom 5. 4. 1995 hat das Finanzamt gemäß § 200 BAO vorläufig erlassenen.

Die gegen diese Bescheide erhobene Berufung wies die Finanzlandesdirektion (Berufungssenat) mit Berufungsentscheidung vom 9. 10.1996, GZ 124/1-GA3BK-DHe/93, als unbegründet ab, weil die in Rede stehenden Aufwendungen nicht betrieblich veranlasst seien. Der Spruch der Berufungsentscheidung weist keine Endgültigerklärung der bekämpften und vorläufig ergangenen Erstbescheide auf.

Mit den Bescheiden vom 23. 4. 1999 erklärte somit das Finanzamt die vorläufig ergangenen Einkommensteuer- und Gewerbesteuerbescheide 1991 und 1992 gemäß § 200 Abs. 2 BAO für endgültig. Gegen die nunmehr endgültig ergangenen Einkommensteuerbescheide 1991 und 1992 wurde wiederum Berufung erhoben.

Für die Streitjahre 1997 und 2000 versagte das Finanzamt nach Wiederaufnahme des Verfahrens Ausgaben in Zusammenhang mit der strittigen Bürgschaftsverpflichtung in der Höhe von S 654.630,- sowie S 391.241,19 die steuerliche Anerkennung. Auch gegen diese Bescheide wurde berufen.

In weiterer Folge wies der unabhängige Finanzsenat mit seiner Entscheidung vom 20. 11. 2003, RV/0176-S/02, die Berufungen gegen die Bescheide betreffend Einkommensteuer 1991, 1992, 1997 und 2000 als unzulässig zurück und begründete dies damit, dass in ein und derselben Sache die Abgabenbehörde bereits einmal rechtskräftig entschieden habe (Grundsatz "ne bis in idem"). Der VwGH vermochte sich dieser Meinung nicht anzuschließen und hob den Bescheid vom 20. 11. 2003, RV/0176-S/02, mit Entscheidung vom 1. 3. 2007, Zl. 2004/15/0002, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.

Das oben dargelegte Rechtsmittelverfahren befindet sich somit hinsichtlich Einkommensteuer für 1991, 1992, 1997 und 2000 in jenem Stadium, in welchem es sich vor Erlassung der vorstehenden (nunmehr aufgehobenen) Entscheidung befand.

In der Zwischenzeit hat das Finanzamt auch die Einkommensteuerbescheide 2001 und 2002 erlassen, wobei ebenfalls Zinsen für die eingegangene Bürgschaft in der Höhe von € 19.486,- bzw. € 11.275,- keine steuerliche Anerkennung als Betriebsausgaben fanden. Auch insoweit sind Berufungsverfahren anhängig.

Der Bw. führte in den bezughabenden Berufungsschriften im wesentlichen Folgendes aus: In der vom Bw. als Einzelunternehmen geführten Fa. A., deren Betrieb der Bw. im Jahr 1978 nach B. verlegt habe, seien ausschließlich Waren aus dem Großhandelsbetrieb verkauft worden. Dies habe dazu geführt, dass - unter Ausschaltung des Zwischenhandels - die angebotenen Waren zu einem weitaus günstigeren Preis verkauft werden hätten können als bei vergleichbaren Einzelhandelsunternehmen in derselben Branche. Durch diese Verkaufs- und Preisgestaltungspolitik aufgeschreckt, hätten in der Folge Einkaufsgenossenschaften wie R-S, N-R, Ar. etc. einen derart massiven Druck auf die österreichischen Lieferanten bzw. die österreichische Schuhindustrie ausgeübt, dass es für die Fa. A. nicht möglich gewesen sei, österreichische Ware zu beziehen. Wegen dieser Vorgangsweise der Konkurrenzbetriebe habe sich der Bw. zu einer firmenmäßigen Trennung von Schuheinzelhandel und Schuhgroßhandel gezwungen gesehen. Die Fa. A. sei dadurch ein Einzelhandels-Fachgeschäft geworden. Eine wirtschaftliche Führung des Einzelhandelsbetriebes ohne einen Großhandelsbetrieb sei aber nicht möglich gewesen, da ohne das erhöhte Einkaufsvolumen durch den Großhandelsbetrieb die Preisbildung auf Seiten des Einzelhandels - nämlich niedere Verkaufspreise, ermöglicht durch geringe Einstandspreise - nicht möglich gewesen wäre. Dies hätte zu einer existentiellen Bedrohung des Einzelhandelsbetriebes geführt. Die Fa. A. habe zum Zeitpunkt der Trennung des Einzelhandels vom Großhandel hohe Bankverbindlichkeiten ausgewiesen. Dies habe zur Folge gehabt, dass die Banken auf die Geschäftsgebarung des Unternehmens großen Einfluss nahmen. Die Zustimmung zu einer firmenmäßigen Trennung des Einzelhandels vom Großhandel hätten die Banken von einer gegenseitigen Haftungsübernahme der beiden Firmen abhängig gemacht. Im Falle der Nichtübernahme der Bürgschaft hätte das Kreditinstitut sämtliche der Fa. A. gewährten Krediten fällig gestellt. Widrige und nicht vorhersehbare Umstände, wie hohe Forderungsausfälle, eklatante Qualitätsmängel der aus Fernost importierten Ware (dies führte wiederum zu großen Einbußen der Bruttospanne) sowie dadurch bedingt ständig steigende Geldbeschaffungskosten hätten in den Jahren 1988 und 1989 zu hohen Verlusten geführt. Da die Fa. S-GmbH infolge der schlechten Betriebsergebnisse in den letzten Jahren in Zahlungsschwierigkeiten geraten und letztendlich zahlungsunfähig geworden sei, hätten die Banken die Fa. A. auf Grund der Bürgschaftsverpflichtungen in Anspruch genommen. Die Fa. A. habe sich aus rein existentiellen Gründen nicht der Übernahme der zuerst angeführten Bürgschaftsverpflichtungen gegenüber der Fa. S-GmbH entziehen können.

Die abweisende Berufungsvorentscheidung begründete das Finanzamt wie folgt: Im Rahmen der Betriebsprüfung sei festgestellt worden, dass im Prüfungszeitraum keine wesentlichen wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen der Fa. A. und der Fa. S-GmbH bestanden hätten. Dies sei schon aus den Warenlieferungen der GmbH an die Fa. A. ersichtlich. 1989 seien es - bei einem Gesamteinkauf von S 20,850.000,- S 2,100.000,- gewesen und 1990 S 700.000,- bei einem Gesamteinkauf von S 21,840.000,-. Im Prüfungszeitraum sei außerdem nur ein gemeinsamer Lieferant festgestellt worden (und zwar 1988 mit einem Einkaufsvolumen von S 197.000,-). Die Beteiligung des Bw. sei nicht im Betriebsvermögen der Fa. A. enthalten gewesen, sondern habe sich seit Bestehen der GmbH im Privatvermögen befunden. Im Jahre 1989 habe die Fa. A. die bestehenden Kontokorrentkredite erhöht bzw. neue Kredite aufgenommen, um der GmbH ca. S 5,400.000,- zur Abdeckung von Verbindlichkeiten zur Verfügung stellen zu können.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch den UFS brachte der Bw. noch ergänzend vor, dass eine Liquidierung des Geschäftszweiges "Schuhgroßhandel" deshalb nicht möglich gewesen sei, weil die Fa. A. langfristige Lieferverträge mit ausländischen Lieferanten gehabt habe und die ausländischen Lieferanten die Fa. A. aus den diesbezüglich getroffenen Vereinbarungen nur unter der Voraussetzung entlassen hätten, dass ein anderes Unternehmen - im gegenständlichen Fall die Fa. S-GmbH - die Abnahmeverpflichtungen im vollen Umfang übernahm. Die Fa. A. habe sich in einem Teufelskreis befunden, da ein Weiterbestehen des Unternehmens auf der einen Seite ohne Schuheinzelhandel keinesfalls gewährleistet gewesen sei und andererseits eine Liquidierung der Sparte Schuhgroßhandel aus oben aufgezeigten Gründen nicht möglich gewesen sei. Die Übernahme der Bürgschaft für Verbindlichkeiten der Fa. S-GmbH durch die Fa. A. sei somit ausschließlich im Interesse des Fortbestandes des Einzelunternehmens gelegen gewesen. Hätte sich die Einzelfirma zum Zeitpunkt der erforderlich gewordenen Trennung des Schuheinzelhandels vom Schuhgroßhandel geweigert, die Bürgschaftsverpflichtung gegenüber der GmbH zu übernehmen, hätte dies zur Folge gehabt, dass die Fortführung des Einzelhandelsgeschäftes, welches sich zwischenzeitlich als der weitaus profitablere Zweig herausgestellt habe, nicht möglich gewesen wäre.

Über die Berufung wurde erwogen:

1) (Offene) Berufungen betreffend Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1991 und 1992

Gemäß § 274 BAO gilt die Berufung, sofern ein Bescheid an die Stelle eines mit Berufung angefochtenen Bescheides tritt, als auch gegen den späteren Bescheid gerichtet. Soweit der spätere Bescheid dem Berufungsbegehren Rechnung trägt, ist die Berufung als gegenstandslos zu erklären.

Gemäß § 200 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde die Abgabe vorläufig festsetzen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabepflicht zwar noch ungewiss, aber wahrscheinlich, oder wenn der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss ist. Wenn die Ungewissheit beseitigt ist, ist die vorläufige Festsetzung nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle durch eine endgültige Festsetzung zu ersetzen.

Wie im Sachverhalt bereits dargestellt hat das Finanzamt zunächst die Bescheide betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer 1991 und 1992 gemäß § 200 BAO vorläufig erlassen. Indem die Finanzlandesdirektion für Salzburg (Berufungssenat) in ihrer abweisenden Berufungsentscheidung vom 9. 10. 1996 hinsichtlich Endgültigerklärung der genannten Abgaben und Jahre sich im Spruch des Bescheides nicht geäußert hat, ist ihre Berufungsentscheidung ebenfalls als "vorläufig" anzusehen. Wird nämlich eine Berufung gegen einen vorläufigen Bescheid als unbegründet abgewiesen, ohne den Bescheid abzuändern, so ändert dies nach der höchstgerichtlichen Judikatur nichts an der Vorläufigkeit (VwGh vom 26. 1. 1994, Zl. 92/13/0097; vom 15. 9. 1999, Zl. 94/13/0055; vom 27. 2. 2002, Zl. 97/13/0149).

Das Finanzamt hat zwar mit den Bescheiden vom 23. 4. 1999 endgültige Einkommen- und Gewerbesteuerbescheide 1991 und 1992 erlassen, doch trugen diese dem Berufungsbegehren nicht Rechnung. In Entsprechung der oben dargelegten Rechtslage richtet sich somit das Berufungsbegehren auch gegen die "endgültigen" Einkommensteuer- und Gewerbesteuerbescheide 1991 und 1992. Davon abgesehen wurde zumindest gegen die endgültig ergangenen Einkommensteuerbescheide 1991 und 1992 (nochmals) ausdrücklich Berufung erhoben.

2) Einkommensteuerbescheide 1991, 1992, 1997 und 2000 bis 2002 sowie Gewerbesteuerbescheide 1991 und 1992

Gemäß § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind.

Aufwendungen sind dann betrieblich veranlasst, wenn die Leistung, für die die Ausgaben erwachsen, ausschließlich oder doch vorwiegend aus betrieblichen Gründen (im Interesse des Betriebes) erbracht wird. Die Frage nach der betrieblichen Veranlassung ist nach der Verkehrsauffassung zu beurteilen (Einkommensteuer-Handbuch EStG 1988, Quantschnigg/Schuch, § 4, Tz 33 und 36.2). Die betriebliche Veranlassung ist weit zu sehen; auf Angemessenheit, Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit kommt es grundsätzlich nicht an (Doralt, Einkommensteuergesetz Kommentar, § 4, Tz 228).

Keine Betriebsausgaben sind allerdings Aufwendungen, die ohne Rücksicht darauf gemacht werden, ob aus ihnen ein wirtschaftlicher Nutzen entstehen kann. Die wirtschaftliche Freizügigkeit des Unternehmers findet dort ihre Grenze, wo nach der Sachlage freiwillige Zuwendungen aus familiären (privaten) Gründen in Betracht kommen. Die betriebliche Veranlassung wird gänzlich fehlen, wenn Aufwendungen ausschließlich aus familiären (privaten) Gründen (insbesondere ohne Gegenleistung des Empfängers) getätigt werden (Einkommensteuer-Handbuch EStG 1988, Quantschnigg/Schuch, § 4, Tz 36.2).

Zahlungen auf Grund der eingegangenen Bürgschaftsverpflichtungen

Für die steuerliche Geltendmachung von Betriebsausgaben aus einer Bürgschaftsverpflichtung ist Voraussetzung, dass die Bürgschaftsübernahme durch den Betrieb veranlasst war. Bei Vorliegen dieser Voraussetzung stellt die Bürgschaftsübernahme notwendiges Betriebsvermögen dar. Die Frage, ob eine Bürgschaft überwiegend aus persönlichen (privaten) Gründen abgegeben wurde, ist vorrangig eine solche nach dem Motiv. Ihre Antwort liegt daher auf dem Gebiet der Beweiswürdigung (VwGh vom 23. 10. 1990, Zl. 90/14/0080).

Der Aktenlage ist zu entnehmen, dass der Bw. im Streitzeitraum an der Fa. S-GmbH zu 25 % beteiligt war und zudem als Geschäftsführer fungierte. Weiters war an dieser Firma A.S. zu 50 % beteiligt.

Bürgschaftszahlungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers sind nach übereinstimmender Auffassung von Lehre und Rechtsprechung grundsätzlich durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und entziehen sich einem Abzug als Betriebsausgaben (Werbungskosten) bei den Geschäftsführereinkünften (Doralt, Einkommensteuergesetz Kommentar, §§ 4 und 16, Tz 330 und 220, Stichwort Bürgschaften; Zorn, Besteuerung der Geschäftsführung, Wien 1992, 73; VwGh vom 18. 12. 2001, 2001/15/0060; vom 31. 3. 2004, Zl. 2004/13/0021).

Die vorstehenden Aussagen stehen zwar in Zusammenhang mit der Geltendmachung der konkreten Betriebsausgaben bei den Geschäftsführereinkünften - gegenständlich begehrt der Bw. den Ansatz von in Zusammenhang mit einer eingegangenen Bürgschaft stehenden Zahlungen bei der Einzelfirma -, doch vermag dies daran nichts zu ändern, dass die in Rede stehenden Ausgaben grundsätzlich in der Gesellschafterposition wurzeln und somit als privat verursacht zu qualifizieren sind. Die Übernahme von Bürgschaften gehört in der Regel nicht zum Betriebsgegenstand eines Schuheinzelhandels. Es spricht somit die Verkehrsauffassung von vornherein nicht für die von § 4 Abs. 4 EStG geforderte Veranlassung der Aufwendung bzw. Ausgabe aus der Bürgschaft durch den Betrieb.

Die Aufwendungen aus der Bürgschaft könnten nur dann als Betriebsausgabe im Rahmen der gewerblichen Tätigkeit des Berufungswerbers als Schuheinzelhändler eingestuft werden, wenn ein Sachverhalt zu Grunde läge, aus dem sich aus anderen Gründen die Veranlassung der Übernahme der Bürgschaft durch den Schuheinzelhandel des Bw. ergäbe. Dies würde einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Fa. S-GmbH und den Zahlungen im Rahmen der Einzelfirma des Bw. voraussetzen.

In seiner Berufung (bzw Vorlageantrag) hat der Bw. zum Nachweis der betrieblichen Veranlassung der strittigen Bürgschaftsübernahmen folgende Argumente vorgebracht:

- Eine wirtschaftliche Führung des Einzelhandelsbetriebes ohne einen Großhandelsbetrieb sei nicht möglich gewesen, da ohne das erhöhte Einkaufsvolumen durch den Großhandelsbetrieb die Preisbildung auf Seiten des Einzelhandelsbetriebes nicht möglich gewesen wäre. Dies hätte zu einer existentiellen Bedrohung des Einzelhandelsbetriebes geführt. - Die Fa. A. habe zum Zeitpunkt der Trennung des Einzelhandels vom Großhandel hohe Bankverbindlichkeiten gehabt. Die Banken, die daher großen Einfluss gehabt hatten, hätten die Zustimmung zu einer firmenmäßigen Trennung des Einzelhandels vom Großhandel von einer gegenseitigen Haftungsübernahme der beiden Firmen abhängig gemacht. - Eine Liquidierung des Geschäftszweiges "Schuhgroßhandel" sei deshalb nicht möglich gewesen, weil die Fa. A. langfristige Lieferverträge mit ausländischen Lieferanten gehabt hätte und die ausländischen Lieferanten die Fa. A. nur unter der Voraussetzung entlassen hätten, dass ein anderes Unternehmen (und zwar die Fa. Schuh und Sport HandelsgmbH) diese Abnahmeverpflichtungen in vollem Umfang übernahm.

Den Berufungseinwendungen ist Folgendes entgegenzuhalten:

Die Fa S-GmbH wurde mit Datum vom 28. 12. 1979 ins Handelsregister eingetragen, seit 1980 ist sie steuerlich erfasst. Die Trennung der vom Berufungswerber als Einzelunternehmen geführten Fa. A., die gleichzeitig einen Schuheinzelhandel und Schuhgroßhandel betrieb, in die Fa A. (die ja bereits bestand), die jetzt nur den Schuheinzelhandel betrieb, und in eine neu gegründete Fa. S-GmbH, die nur den Schuhgroßhandel betrieb, war somit schon im Jahre 1980 erfolgt. Die streitgegenständlichen Bürgschaften wurden hingegen im Jahr 1990 übernommen. Für das Jahr 1990 wurde schließlich auch die Rückstellung für übernommene Bürgschaftsverpflichtungen gebildet, d.h. dass noch für das Jahr der Übernahme der Bürgschaftsverpflichtungen mit der Inanspruchnahme aus den Bürgschaften ganz bzw. zum Teil gerechnet werden musste, ohne dass die Möglichkeit eines Regresses bestand. Wie der Bw. selbst ausführte, hat die Übernahme der Bürgschaften (wie auch die Hingabe der Darlehen) durch die Fa. A. hauptsächlich dem Zweck gedient, die drohende Insolvenz der Fa. S-GmbH zu verhindern.

Wie bereits dargelegt ist für die Anerkennung von Aufwendungen, die mit einer Bürgschaftsverpflichtung zusammenhängen, unbedingte Voraussetzung, dass die Bürgschaftsübernahme betrieblich veranlasst war. Dies ist für die vom Bw. erst im Jahr 1990 übernommenen Bürgschaftsverpflichtungen zu verneinen. Wie nämlich die Betriebsprüfung feststellte - dies wurde dem Bw. auch im Rahmen der Berufungsvorentscheidung vorgehalten - konnte im Jahr 1990 (sowie auch schon in den Jahren 1988 und 1989) von einer wirtschaftlichen Verflechtung der Fa. A. sowie der Fa. Schuh und Sport HandelsgmbH keine Rede sein. So seien bei einem Gesamteinkauf der Fa. A. von ungefähr S 20,850.000,- im Jahr 1989 nur Waren im Wert von S 2,100.000,- von der Fa. S-GmbH bezogen worden, im Jahr 1990 bei einem Gesamteinkauf von S 21,840.000,- nur Waren im Wert von S 700.000,-. Auch konnte für den gesamten Prüfungszeitraum für das Jahr 1988 nur ein gemeinsamer Lieferant festgestellt werden. Das Einkaufsvolumen der Fa. A. bei diesem Lieferanten habe in diesem Jahr ca. S 197.000,- betragen.

Wenn auch wegen der - wie vom Bw. vorgebracht worden ist - nicht sehr einfach durchzuführenden Trennung des Einzel- und Großhandels noch in Folgejahren eine wirtschaftliche Verflechtung der beiden Firmen gegeben war - wie lange mag dahingestellt bleiben, da der Bw. diesbezüglich nichts Konkretes vorgebracht hat - so gilt doch als unbestritten, dass zum Zeitpunkt der Übernahme der Bürgschaftsverpflichtungen im Jahr 1990 (sowie auch schon in den Jahren 1988 und 1989) eine wirtschaftliche Verflechtung der beiden Unternehmen nicht mehr bestand.

Gegen die vorstehenden Ausführungen, welche im Rahmen der Berufungsvorentscheidung vom 19. 10. 1993 vorgehalten wurden, hat der Bw. keine Einwendungen erhoben.

In Entsprechung des oben Gesagten vermag auch der UFS den für das notwendige Betriebsvermögen erforderlichen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang der Bürgschaftsübernahmen mit dem Betrieb des Bw. nicht zu erkennen. Dies vor allem deshalb, weil die im Jahr 1990 (sowie auch schon in den Jahren 1988 und 1989) nur unwesentliche Geschäftsbeziehung der Einzelhandelsfirma des Bw. zur Fa. S-GmbH in einem krassen Missverhältnis zu dem mit den Bürgschaften übernommenen Risiko in Millionenhöhe (und es war sogar mehr als ein Risiko, da sich schon zum Zeitpunkt der Übernahme der Bürgschaften abgezeichnet hatte, dass die Fa. A. auch zur Zahlung herangezogen werden wird) stand. Die Großhandelsfirma stellte somit keine notwendige Voraussetzung für den Betrieb des Einzelhandels dar. Dies ergibt sich auch aus der Strukturierung der beiden Unternehmen, bei der die GroßhandelsgmbH im Wesentlichen vom Einzelhandelsgeschäft räumlich und personell "mitbetreut" wurde. Eine solche Konstruktion, bei der die Kosten im Großhandelsunternehmen auf das unbedingt notwendige Maß reduziert werden, bedingt wohl eher wirtschaftliche Vorteile für den Großhandelsbereich als für den Einzelhandel.

Die strittigen Bürgschaftsübernahmen halten keinesfalls einem Fremdvergleich stand, würde doch ein fremder Dritter bei der aufgezeigten Sachlage sich zu einem solchen Rechtsgeschäft nicht verleiten lassen. Die gegenständliche Übernahme der Bürgschaften ist einzig aus der Gesellschafterstellung des Bw., somit aus privaten Gründen erklärbar.

Tatsächlich hat der Bw. seine Beteiligung an der Fa. S-GmbH, bei welcher er neben seiner Beteiligung am Gesellschaftsvermögen auch die Funktion des Geschäftsführers ausübte, stets im Privatvermögen gehalten, was ebenfalls darauf hinweist, dass die Bürgschaftsübernahme aus privaten Gründen erfolgte. Somit können alle mit der eingegangenen Bürgschaft zusammenhängenden Aufwendungen (Bürgschaftszahlungen, Zinsen) steuerlich keine Berücksichtigung finden.

Ausfall Darlehensforderung und diesbezügliche Zinsen

Die zur Veranlassung der Bürgschaft getroffenen Überlegungen sind auch für die Frage, ob ein Darlehen bzw. der Darlehensverlust zum Betriebsvermögen gehört und daher steuerlich zu beachten ist, entscheidend.

Dass die Darlehenshingabe im gesellschaftsrechtlichen Engagement des Bw. begründet ist, ergibt sich - wie oben dargelegt - aus der unwidersprochen gebliebenen mangelnden wirtschaftlichen Verflechtung laut Aktenlage zwischen der Fa. A. und der Fa. S-GmbH sowie der Unangemessenheit und Unüblichkeit der Hingabe eines Darlehens an eine GmbH, die sich ganz offensichtlich in massiven Zahlungsschwierigkeiten befand und eine Rückzahlung des Darlehens wenig wahrscheinlich erscheinen ließ.

Die geltend gemachten Aufwendungen aus dem Posten "Forderungsausfall Darlehen" sowie alle mit der Darlehensgewährung in Zusammenhang stehenden Zinsen sind daher steuerlich unbeachtlich.

Die Berufungen gegen die Einkommensteuerbescheide 1991, 1992, 1997 und 2000 bis 2002 sowie gegen die Gewerbesteuerbescheide 1991 und 1992 waren somit als unbegründet abzuweisen.

Salzburg, am 1. August 2007

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 4 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Bürgschaft, Darlehen, betriebliche Gründe, Gesellschafter-Geschäftsführer

Stichworte