VwGH 2009/21/0030

VwGH2009/21/003017.3.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kühnberg, über die Beschwerde des U, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 28. Februar 2007, Zl. Fr 1157/04, betreffend Aufhebung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

32004L0038 Unionsbürger-RL;
62007CO0551 Sahin VORAB;
62008CJ0127 Metock VORAB;
EURallg;
FrPolG 2005 §2 Abs4 Z11;
FrPolG 2005 §65 Abs1;
FrPolG 2005 §9 Abs1 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
32004L0038 Unionsbürger-RL;
62007CO0551 Sahin VORAB;
62008CJ0127 Metock VORAB;
EURallg;
FrPolG 2005 §2 Abs4 Z11;
FrPolG 2005 §65 Abs1;
FrPolG 2005 §9 Abs1 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn wies mit Bescheid vom 7. November 2006 den vom Beschwerdeführer, einem Mitte 2001 in das Bundesgebiet eingereisten nigerianischen Staatsangehörigen, am 10. Juli 2006 nach der Eheschließung mit einer in Österreich geborenen, wohnhaften und berufstätigen italienischen Staatsangehörigen gestellten Antrag auf Aufhebung des gegen ihn erlassenen unbefristeten Aufenthaltsverbotes gemäß § 65 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ab.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 28. Februar 2007 gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich der dagegen erhobenen Berufung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 FPG entscheiden - als im Verfassungsrang normierte Ausnahme zur grundsätzlichen Zuständigkeit der Sicherheitsdirektionen (§ 9 Abs. 1 Z 2 FPG) - über Berufungen gegen nach dem FPG ergangene Bescheide (u.a.) im Fall von begünstigten Drittstaatsangehörigen die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern (UVS). Nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 4 Z 11 FPG fällt unter den Begriff "begünstigter Drittstaatsangehöriger" - soweit fallbezogen relevant - der Ehegatte eines EWR-Bürgers, der sein Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen hat. Weitere Voraussetzung ist, dass dieser Drittstaatsangehörige den freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürger, von dem sich seine gemeinschaftsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht. Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass die Wortfolge "begleitet oder ihm nachzieht", an die § 2 Abs. 4 Z 11 FPG (u.a.) die Eigenschaft als begünstigter Drittstaatsangehöriger knüpft, ebenso wie dieselbe, in der RL 2004/38/EG in mehreren Bestimmungen enthaltene Wendung auszulegen ist.

Zur Frage der Auslegung dieser Richtlinienbestimmungen hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem über ein am 22. November 2007 gestelltes Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichtshofes ergangenen Beschluss vom 19. Dezember 2008, C-551/07 (Sahin), - unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 25. Juli 2008, C-127/08 (Metock u.a.) - Stellung bezogen. Er hat dabei klargestellt, diese Bestimmungen seien so auszulegen, dass sie auch die Familienangehörigen erfassen, die unabhängig vom Unionsbürger in den Aufnahmemitgliedstaat gelangt sind und erst dort die Angehörigeneigenschaft erworben oder das Familienleben mit diesem Unionsbürger begründet haben (siehe dazu auch das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 2009, Zl. 2008/21/0671).

Davon ausgehend kommt dem Beschwerdeführer aufgrund der (während seines Aufenthaltes in Österreich am 7. Juni 2006 geschlossenen) Ehe mit einer italienischen Staatsangehörigen, die - wie in der Gegenschrift auch ausdrücklich zugestanden wird - ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen hat, somit die Stellung als begünstigter Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 11 FPG zu. Demnach war die belangte Behörde - wie in der Beschwerde im Ergebnis zu Recht geltend gemacht wird - gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 FPG zur Entscheidung über die gegen die erstinstanzliche Abweisung des Antrages auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes erhobene Berufung nicht zuständig (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 2009, Zl. 2008/21/0033; siehe auch die hg. Erkenntnisse vom 2. Dezember 2008, Zl. 2007/18/0391, und vom 28. Oktober 2008, Zl. 2007/18/0254).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Sicherheitsdirektion aufzuheben.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 17. März 2009

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