VwGH 2009/06/0174

VwGH2009/06/017417.11.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerden 1. des A, 2. der B, 3. der C, 4. des D, alle in Y, alle vertreten durch Dipl. Ing. Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34 (Beschwerde Zl. 2009/06/0174), 5. des E und 6. F, beide in Y, beide vertreten durch Mag. Stefan Hämmerle, Mag. Johannes Häusle und Mag. Gernot Schwendinger, Rechtsanwälte in 6850 Dornbirn, Riedgasse 20/3 (Beschwerde Zl. 2009/06/0180), gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 29. Juni 2009, Zl. BHBR-I-3300.00-2009/0002, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. X GmbH & Co KG in Y, 2. Marktgemeinde Y), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauG Vlbg 2001 §2 Abs1 litf;
BauG Vlbg 2001 §26 Abs1 litc;
BauG Vlbg 2001 §26 Abs1;
BauG Vlbg 2001 §6 Abs3;
BauG Vlbg 2001 §6 Abs4;
BauG Vlbg 2001 §8;
BauRallg;
RPG Vlbg 1996 §14 Abs8;
AVG §8;
BauG Vlbg 2001 §2 Abs1 litf;
BauG Vlbg 2001 §26 Abs1 litc;
BauG Vlbg 2001 §26 Abs1;
BauG Vlbg 2001 §6 Abs3;
BauG Vlbg 2001 §6 Abs4;
BauG Vlbg 2001 §8;
BauRallg;
RPG Vlbg 1996 §14 Abs8;

 

Spruch:

1. Die Beschwerde der erst- bis vierbeschwerdeführenden Parteien wird als unbegründet abgewiesen.

Diese Beschwerdeführer haben dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 581,90 je zu einem Viertel binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.

2. Die Beschwerde der fünft- und sechstbeschwerdeführenden Parteien wird als unbegründet abgewiesen. Diese Beschwerdeführer haben dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 581,90 je zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles ist auf das hg. Erkenntnis vom 19. September 2006, Zlen. 2005/06/0088 und 0089, zu verweisen.

Mit Ansuchen vom 25. Februar 2004 (bei der Gemeinde eingelangt am 2. März 2004) beantragte die Erstmitbeteiligte die Errichtung folgender Zu- und Neubauten:

o vollautomatisches Palettenregallager auf den Grundstücken Nr. 211/2 und 479/2

o Lagerhalle sowie überdachte Schleuse in Verbindung zur bestehenden Versandhalle auf dem Grundstück Nr. 216/2

o Lager für Einweg- und Mehrweggebinde auf dem Grundstück Nr. 216/2 und

o überdachte Altstoffsammelinsel auf dem Grundstück Nr. 216/2. Die Baugrundstücke sind als "Mischgebiet" gewidmet.

Die erst- bis viertbeschwerdeführenden Parteien sind Eigentümer (Miteigentümer) von Grundstücken, die östlich bzw. südöstlich der Baugrundstücke liegen. Der Fünftbeschwerdeführer und die Sechstbeschwerdeführerin sind Eigentümer von Grundstücken, die nördlich des geplanten Palettenlagers und eines geplanten anschließenden Transportganges zur "Schleuse" und östlich der geplanten Lagerhalle liegen.

Nach den - ergänzten - Projektunterlagen (hier: statische Berechnung vom 24. März 2004) ist im Bereich dieses "Transportganges" zur nördlichen Grenze (also zu den Grundstücken des Fünftbeschwerdeführers und der Sechstbeschwerdeführerin) die Errichtung einer Baugrubensicherung in Form einer (unterirdischen) "freistehenden, aufgelösten Bohrpfahlwand" vorgesehen. Der Pfahldurchmesser soll 90 cm betragen, der Achsabstand 1,5 m, wobei es dazu ergänzend heißt, im Detail werde das Baugrubensicherungskonzept noch ausgearbeitet und mit dem ausführenden Unternehmen und dem Generalplaner abgestimmt.

Die erst- bis viertbeschwerdeführenden Parteien (für die, ebenso wie für andere Personen, im gesamten Verwaltungsverfahren Mag. E. L. einschritt) einerseits sowie der Fünftbeschwerdeführer und die Sechstbeschwerdeführerin andererseits erhoben vor und in der Bauverhandlung vom 25. März 2004 Einwendungen gegen das Vorhaben und bezogen Stellung gegen die projektbedingte Immissionsbelastung (siehe dazu näher die Darstellung im eingangs genannten Vorerkenntnis vom 19. September 2006).

Mit Bescheid vom 24. Juni 2006 erteilte der Bürgermeister die angestrebte Baubewilligung unter Bezugnahme auf die vorgelegten Plan- und Beschreibungsunterlagen (darunter auch die zuvor genannte statische Berechnung vom 24. März 2004, die ebenfalls mit dem Genehmigungsvermerk vom 24. Juni 2004 versehen wurde) mit einer Reihe von Vorschreibungen. Die Vorschreibung 3. im Abschnitt "Vorschreibungen zum Schutz der Nachbarn" bezieht sich auf Maßnahmen im Zusammenhang mit dem vorgesehenen Abteufen der Pfähle. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass kein Nachbar im Verfahren die Parteistellung behalten habe.

Dagegen erhoben unter anderem die nunmehrigen Beschwerdeführer Berufungen. Der Fünftbeschwerdeführer und die Sechstbeschwerdeführerin führten darin (Schriftsatz vom 15. Juli 2004) unter anderem auch aus, zur Absicherung der 30 m langen und ca. 7 m tiefen Baugrube sei bei der Bauverhandlung die Errichtung einer Bohrwand entlang ihres Grundstückes präsentiert worden, die in keinem Bauplan eingezeichnet sei. Es handle sich dabei nach § 2 Abs. 1 lit. f BauG um ein Bauwerk. Nach § 6 Abs. 3 BauG müssten unterirdische Bauwerke und unterirdische Teile von Bauwerken mindestens 1 m von der Nachbargrenze entfernt sein. Die Bohrwand sei somit gesetzwidrig.

Die Berufungskommission wies mit Bescheid vom 9. November 2004 alle Berufungen als unzulässig zurück, die belangte Behörde wies mit Bescheid vom 25. Jänner 2005 die dagegen erhobenen Vorstellungen als unbegründet ab. Diese Vorstellungsentscheidung wurde mit dem eingangs genannten hg. Erkenntnis vom 19. September 2006, Zlen. 2005/06/0088 und 0089 hinsichtlich mancher der damaligen Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen und hinsichtlich anderer der damaligen Beschwerdeführer (darunter auch die nunmehrigen Beschwerdeführer) wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben; der Verwaltungsgerichtshof ging dabei davon aus, dass die betreffenden Beschwerdeführer entgegen der Auffassung der Behörden des Verwaltungsverfahrens Einwendungen (im Sinne des § 8 BauG - diese Frage war damals strittig) erhoben hatten.

In Umsetzung dieses Erkenntnisses hob die belangte Behörde mit Bescheid vom 20. Oktober 2006 den Berufungsbescheid vom 9. November 2004 hinsichtlich bestimmter Personen, darunter die nunmehrigen Beschwerdeführer, auf. Die Berufungskommission wies mit Berufungsbescheid vom 21. November 2006 die Berufungen dieser Personen gegen den erstinstanzlichen Bescheid als unbegründet ab. Dagegen wurden abermals Vorstellungen erhoben.

Mit Bescheid vom 9. Februar 2007 hob die belangte Behörde den Berufungsbescheid vom 21. November 2006 hinsichtlich bestimmter Rechtsmittelwerber, darunter auch der nunmehrigen Beschwerdeführer, auf, und verwies die Angelegenheit diesbezüglich zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde. (Hinsichtlich anderer Personen wurde die Vorstellung als unzulässig zurückgewiesen.) Tragender Aufhebungsgrund war, dass das Ermittlungsverfahren mangelhaft geblieben sei, weil die Berufungsbehörde auf die Ergebnisse des gewerbebehördlichen Verfahrens zurückgegriffen, dabei aber verkannt habe, dass die Gewerbebehörde die Zulässigkeit eines Vorhabens nach anderen Gesichtspunkten zu beurteilen habe als die Baubehörde.

Die Berufungsbehörde ergänzte sodann das Ermittlungsverfahren durch Einholung von Gutachten, und zwar eines lufthygienischen/umwelttechnischen vom 8. November 2007, eines Gutachtens eines Amtssachverständigen für Maschinenwesen vom 11. Juni 2008 (gestützt auf ein schalltechnischen Gutachten vom 16. November 2007) und eines amtsärztlichen Gutachtens vom 22. August 2008, und gewährte hiezu Parteiengehör.

Die Berufungskommission wies mit Berufungsbescheid vom 17. Dezember 2008 die noch unerledigten Berufungen neuerlich als unbegründet ab. Gestützt auf die eingeholten und als schlüssig angenommenen Gutachten kam die Berufungsbehörde zum Ergebnis, dass Nachbarrechte der "noch im Verfahren verbliebenen Nachbarn" im Sinne des § 8 BauG gewahrt würden, und dass es durch das Bauvorhaben zu keinen das ortsübliche Ausmaß übersteigenden Belästigungen oder Gefährdungen dieser Nachbarn komme.

Dagegen erhoben Mag. E. L. als "bevollmächtigter Vertreter der rechtsverletzten Nachbarn und Parteien" mit Schriftsatz vom 27. Dezember 2008 (mit Ergänzung vom selben Tag) einerseits sowie der Fünftbeschwerdeführer und die Sechstbeschwerdeführerin andererseits (diese mit Schriftsatz vom 3. Jänner 2009) Vorstellungen.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde

a) der Vorstellung des Mag. E. L. "keine Folge gegeben bzw. wird diese gemäß § 83 Abs. 6 Gemeindegesetz als unzulässig zurückgewiesen" sowie

b) der Vorstellung des Fünftbeschwerdeführers und der Sechstbeschwerdeführerin keine Folge gegeben.

Zur Begründung heißt es, Mag. E. L. habe Vorstellung "als bevollmächtigter Vertreter der rechtsverletzten Nachbarn und Parteien" eingebracht. Eine Vollmacht sei von ihm nicht vorgelegt worden. Für seine mit Eingabe vom 28. November 2006 eingebrachte Vorstellung gegen den seinerzeitigen Bescheid der Berufungskommission vom 21. November 2006 sei ihm von den Nachbarn die schriftliche Vollmacht erteilt worden, gegen den Berufungsbescheid vom 21. November 2006 das Rechtsmittel der Vorstellung einzubringen, diese Vollmacht sei auch der Vorstellungsbehörde übermittelt worden. Eine generelle Bevollmächtigung für das seither fortgesetzte Verfahren sei demnach dem Mag. E. L. seinerzeit nicht erteilt worden. Er sei daher nicht ausdrücklich gemäß § 10 Abs. 1 AVG ermächtigt worden, im Namen der von ihm nicht näher bezeichneten "rechtsverletzten Nachbarn und Parteien" im nunmehrigen fortgesetzten Verfahren einzuschreiten. Auch bleibe offen, welche Nachbarn nun von ihm vertreten werden sollten, nämlich jene, deren Vorstellungen mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 9. Februar 2007 Folge gegeben worden sei oder jene, deren Vorstellungen als unzulässig gerügt zurückgewiesen worden seien oder beide Personenkreise.

Unvorgreiflich einer dadurch bedingten Zurückweisung der Vorstellung des Mag. E. L. sei in inhaltlicher Hinsicht festzuhalten, dass in der Eingabe vom "27.11.2008" (gemeint wohl:

27. Dezember 2008, eine Eingabe vom 27. November 2008 gibt es nämlich nicht) keine Verletzung von Nachbarrechten geltend gemacht worden sei. Das Vorbringen enthalte allgemeine Ausführungen über bereits getätigte Baumaßnahmen, eine von der Bauwerberin vorgenommene Wasserentnahme bzw. errichtete Grundwassergewinnungsanlage, welche nicht Gegenstand des Bauvorhabens sei, sowie Ausführungen zur Flächenwidmung der Betriebsliegenschaften als Bau-Mischgebiet. Den Nachbarn stehe allerdings hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Flächenwidmung keine Parteistellung zu.

Der Vorstellung des Mag. E. L. vom 27. Dezember 2008 sei daher keine Folge zu geben bzw. sei diese mangels Bevollmächtigung als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Hinsichtlich der Vorstellung des Fünftbeschwerdeführers und der Sechstbeschwerdeführerin führte die belangte Behörde aus, zu ihrem Einwand der Nichtberücksichtigung besonders tiefer Frequenzen durch Verpackungsmaschinen sei festzuhalten, dass solche Maschinen nicht Gegenstand dieses Bauverfahrens seien. Auch der Einwand von Lärmimmissionen im Zusammenhang mit der Befüllung der Gastanks sei unbegründet (wurde näher ausgeführt).

Zur Frage hinsichtlich des Orts- und Landschaftsbildes stünde diesen Beschwerdeführern als Nachbarn kein Mitspracherecht zu. Zum Vorbringen, wonach alle früheren Einwendungen im Bauverfahren aufrecht erhalten würden, sei auf das "anstandslose Gutachtensergebnis im ergänzenden Ermittlungsverfahren" zu verweisen. Die von der Berufungsbehörde ergänzend eingeholten Stellungnahmen der Amtssachverständigen seien insgesamt schlüssig und nachvollziehbar und diese Beschwerdeführer seien diesen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Sie seien daher durch den Berufungsbescheid vom 17. Dezember 2008 nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt worden.

Dagegen richten sich die zur Zl. 2009/06/0174 protokollierte Beschwerde der erst- bis viertbeschwerdeführenden Parteien wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften einerseits und die zur Zl. 2009/06/0180 protokollierte Beschwerde der fünft- und sechstbeschwerdeführenden Parteien wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit andererseits.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in Gegenschriften jeweils die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, beide Beschwerdeverfahren wegen des sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden, und hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Vorarlberger Baugesetz, LGBl. Nr. 52/2001 (BauG), anzuwenden, und zwar soweit im Beschwerdefall erheblich, in der Fassung LGBl. Nr. 34/2008.

§ 2 BauG enthält Definitionen; nach Abs. 1 lit. f dieses Paragraphen ist ein Bauwerk eine "Anlage, zu deren fachgerechter Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind und die mit dem Boden in Verbindung steht".

Die §§ 6, 8 und 26 BauG lauten (auszugsweise):

"§ 6

Mindestabstände

...

(3) Unterirdische Bauwerke und unterirdische Teile von Bauwerken müssen mindestens 1 m von der Nachbargrenze entfernt sein; ...

(4) Für Einfriedungen oder sonstige Wände oder Geländer bis zu einer Höhe von 1,80 m über dem Nachbargrundstück gilt kein Mindestabstand.

(5) ..."

"§ 8

Immissionsschutz

Bauwerke, ortsfeste Maschinen und sonstige ortsfeste technische Einrichtungen dürfen keinen Verwendungszweck haben, der eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder eine Gefährdung des Nachbarn erwarten lässt. Ob eine Belästigung das ortsübliche Ausmaß übersteigt, ist unter Berücksichtigung der Flächenwidmung am Standort des Bauvorhabens zu beurteilen."

"§ 26

Nachbarrechte, Übereinkommen

(1) Der Nachbar hat im Verfahren über den Bauantrag das Recht, durch Einwendungen die Einhaltung der folgenden Vorschriften geltend zu machen:

a) § 4 Abs. 3, soweit mit Auswirkungen auf sein Grundstück zu rechnen ist;

  1. b) §§ 5 bis 7, soweit sie dem Schutz des Nachbarn dienen;
  2. c) § 8, soweit mit Immissionen auf seinem Grundstück zu rechnen ist.

(2) ..."

§ 8 BauG enthält keinen allgemeinen Immissionsschutz. Es handelt sich vielmehr um eine Ausnahmeregelung für Bauwerke, ortsfeste Maschinen und sonstige ortsfeste technische Einrichtungen mit einem aus dem Ortsüblichen herausfallenden Verwendungszweck. Ob eine Belästigung das ortsübliche Ausmaß übersteigt, ist nach dieser Bestimmung unter Berücksichtigung der Flächenwidmung am Standort des Bauvorhabens zu beurteilen (siehe dazu beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom 5. Juli 2007, Zl. 2006/06/0224, und vom 28. April 2009, Zl. 2007/06/0259).

Die Baugrundstücke sind als Bauland - Mischgebiet gemäß § 14 Abs. 3 RPG gewidmet (dieser Absatz in der seither unveränderten Fassung gemäß LGBl. Nr. 39/1996 - Wiederverlautbarung, der in dieser Fassung gem. § 59 Abs. 5 RPG auch auf frühere Widmungen anzuwenden ist). Gemäß dieser Bestimmung sind Mischgebiete Gebiete, in denen Wohnhäuser und sonstige Gebäude und Anlagen zulässig sind, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

Ob ein Gebäude oder eine Anlage mit einer solchen Widmung (§ 14 Abs. 3 RPG) vereinbar ist, ist gemäß § 14 Abs. 8 RPG (ebenfalls in der Stammfassung) nicht nur nach der Art des Gebäudes oder der Anlage, sondern auch nach den Maßnahmen zur Verhinderung störender Auswirkungen, deren Durchführung technisch möglich ist und festgelegt wird, zu beurteilen.

1. Zur Beschwerde der erst- bis viertbeschwerdeführenden Parteien:

Die belangte Behörde hat nach dem maßgeblichen Spruchpunkt a) des angefochtenen Bescheides der hier relevanten Vorstellung vom 27. Dezember 2008 (zur Gänze) keine Folge gegeben, sie somit inhaltlich behandelt.

Der Spruchpunkt a) des angefochtenen Bescheides kann entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer nicht dahin gedeutet werden, dass damit einer Vorstellung des Mag. E. L. keine Folge gegeben worden wäre, also einem Rechtsmittel, das er im eigenen Namen erhoben hätte, weil für ein Einschreiten im eigenen Namen keinerlei Hinweise bestehen, hatte er doch ausdrücklich erklärt, als Vertreter einzuschreiten (und somit nur fraglich sein konnte, wen er nun konkret vertrat und ob eine entsprechende Bevollmächtigung gegeben war). Die Annahme der Beschwerdeführer, es sei mit dem angefochtenen Bescheid über ihre (durch Mag. E. L. eingebrachte) Vorstellung vom 27. Dezember 2008 noch gar nicht abgesprochen worden, trifft nicht zu. Daher ist auf das Vorbringen der Beschwerdeführer einzugehen, welches sie hilfsweise für den Fall erstatteten, dass mit dem Spruchpunkt a) des angefochtenen Bescheides (auch) über ihre Vorstellungen abgesprochen worden sei (was, wie gesagt, zutreffend ist).

In der Sache selbst führen sie (unter Hinweis auf die Begründung des Berufungsbescheides vom 17. Dezember 2008) aus, dass es durch das Vorhaben an zwei Immissionspunkten zu einer Erhöhung der betriebsbedingten Gesamtimmission kommen werde und zwar insbesondere "am Rechenpunkt 3a des Grundstückes 218/1". Im Berufungsbescheid vom 17. Dezember 2008 werde auch rechtsunrichtig die Auffassung vertreten, dass der Lärm von öffentlichen Straßen, welcher durch das Bauvorhaben und die Betriebsanlage ausgelöst werde, nicht im Bauverfahren zu berücksichtigen wäre.

Dem ist zu entgegnen, dass diese beiden Immissionspunkte (im Gutachten vom 16. November 2007), nämlich 3a und 2, Grundstücke im Westen des Betriebsgeländes betreffen und nicht die Grundstücke der Beschwerdeführer. Es kommt aber auf die Auswirkungen auf die Grundstücke dieser Beschwerdeführer an und sie zeigen nicht auf, dass es diesbezüglich - entgegen den Ergebnissen des lärmtechnischen Gutachtens - zu einer Verschlechterung der Situation kommen werde. Auch besitzt der Nachbar keinen Rechtsanspruch darauf, dass sich die Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Verkehrsflächen nicht ändern und damit im Zusammenhang, dass durch die Verkehrsverhältnisse (durch die Änderung der Verkehrsverhältnisse) auf den öffentlichen Verkehrsflächen keine Beeinträchtigung entstünde, dies auch aus dem Gesichtspunkt von Lärmbelästigungen (siehe das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2008, Zl. 2007/06/0144, mwN).

Aus den weiteren Ausführungen, dass Mag. E. L. am 14. Juni 1984 als bildender Künstler in der mitbeteiligten Gemeinde "eine sensationelle Kunstaktion gestartet" und das durch die Betriebsanlage "verunstaltete Wohngebiet zum Notstandsgebiet erklärt" habe, und mit dem weiteren Vorbringen in diesem Zusammenhang (verwiesen wird auf urheberrechtliche Aspekte) ist keine Verletzung subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte der Beschwerdeführer abzuleiten.

Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, im Zusammenhang mit der Lagerhalle mit überdachter Schleuse sei festgestellt worden, dass die Fahrbewegungen während den Anlieferungen in diesem Bereich Immissionen an Luftschadstoffen hervorrufen würden. Völlig unsubstantiiert sei im (Berufungs-)Bescheid ausgeführt worden, dass derartige Fahrbewegungen schon auf Grund der Alltagserfahrung als ortsüblich bei Betrieben, auch im Mischgerbiet, einzustufen seien. Diese Beurteilung sei unzureichend, es sei nicht erfasst worden, welche Fahrbewegungen zu erwarten seien. Wäre dies geschehen, wäre erkannt worden, dass es durch das Vorhaben sehr wohl zu relevanten und das zulässige ortsübliche Maß überschreitenden Immissionen auf die Grundstücke der Beschwerdeführer komme. Ähnliches gelte für die Überdachung der Altstoffsammelinsel. Derartige "Müllsammelstellen" seien nach Auffassung des Amtssachverständigen zwingend als ortsüblich einzustufen. Wieso dies der Fall sein solle, bleibe im Dunkeln.

Dem ist entgegenzuhalten, dass nicht eine gesamte Betriebsanlage neu errichtet wird, sondern es lediglich zu Änderungen und Neubauten auf dem Betriebsgelände kommt. Zwar wurde im umwelthygienischen Gutachten vom 8. Oktober 2007 darauf verwiesen (wie nun vorgetragen), dass aus den Bereichen der Lagerhalle mit überdachter Schleuse in Verbindung zur bestehenden Versandhalle mit Gaslager mit Ausnahme von Fahrbewegungen während der Anlieferungen keine Emissionen an Luftschadstoffen austräten. Derartige Fahrbewegungen seien schon auf Grund der Alltagserfahrung bei Betrieben, auch im Mischgebiet, als ortsüblich einzustufen. Im Gutachten heißt es aber weiter, auf Grund der mit diesem Projekt verbundenen Logistik - Verbesserungen seien auch Verringerungen im fahrzeuggebundenen Transportaufkommen (Lkw-Fahrbewegungen) möglich. Deshalb könnten auch keine negativen lufthygienischen Auswirkungen auf die "Nachbarschaftsschutzinteressen" im Sinne des Baugesetzes abgeleitet werden. Den Beschwerdeführern wurde (zu Handen ihres Bevollmächtigten Mag. E. L.) Gelegenheit geboten, unter anderem zu diesem Gutachten Stellung zu nehmen, sie haben sich zu den nun geltend gemachten Aspekten nicht geäußert. Auch angesichts des Umstandes, dass der Bereich dieser Schleuse schon im westlichen Bereich des Betriebsgeländes liegt (von den Grundstücken der Beschwerdeführer aus gesehen jenseits des neuen Palettenlagers und des bestehenden Betriebsgebäudes), also in einer Entfernung von rund 75 m - 80 m von der östlichen Grenze des Baugrundstückes entfernt, erweist sich die auf das Gutachten gestützte Annahme der Behörden, durch die Luftschadstoffe sei eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder Gefährdung der Nachbarn nicht zu erwarten, als unbedenklich.

Hinsichtlich der "Altstoffsammelinsel" heißt es im Gutachten vom 8. Oktober 2007, aus lufthygienischer Sicht sei die Überdachung bzw. die konstruktive Gestaltung der Müllsammelstelle als positive Verbesserung einzustufen. Durch Vermeidung von direkter Sonneneinstrahlung und auf Grund des Schutzes vor direkten Meteorwässern seien biologische Zersetzungsvorgänge, die zu intensiven Geruchsimmissionen führen könnten, weitgehend ausgeschlossen. Ein entsprechendes Abfalllager sei bereits Bestand und werde durch dieses neue Abfalllager ersetzt. Die Anlage entspreche dem Stand der Technik.

Dass in einem Betrieb Abfälle entstehen und diese dann zwecks gehöriger Entsorgung entsprechend gesammelt werden müssen, ist evident. Bedenkt man, dass ja bereits eine solche Anlage bestand und das Vorhaben eine Verbesserung gegenüber dem Altbestand darstellt (was die Beschwerdeführer nicht bestreiten), und bedenkt man weiters, dass sich diese Müllsammelstelle in der nordwestlichen Ecke des großen Betriebsgeländes befindet (und die Grundstücke dieser Beschwerdeführer, wie gesagt, östlich bzw. südöstlich des Betriebsgeländes liegen), kann in der Beurteilung der Behörden, es seien dadurch unzulässige Immissionen im Sinne des § 8 BauG auf die Grundstücke der Beschwerdeführer nicht zu erwarten, nichts Rechtswidriges erblickt werden.

Es kann keine Rede davon sein, es hätten die Baubehörden die Durchführung eines Ermittlungsverfahren zur Prüfung der Frage unterlassen, ob durch das Vorhaben eine Beeinträchtigung der Nachbarn im Sinne des § 8 BauG zu erwarten sei. Diese Prüfung hat ergeben, dass Beeinträchtigungen dieser Art nicht zu erwarten sind. Das ist maßgeblich, der Einholung eines betriebstypologischen Gutachtens bedurfte es im Beschwerdefall nicht: Auch dann, wenn ausgehend von der Betriebstype eines geplanten Betriebes eine Überschreitung des der Widmung entsprechenden bzw. des ortsüblichen Ausmaßes an Belästigungen zu erwarten wäre, ist eine solche Überschreitung dann nicht anzunehmen, wenn im Sinne des § 14 Abs. 8 RPG durch baurechtlich festgelegte, d.h., die bewilligten bereits im Projektantrag vorgesehenen bzw. die durch Auflagen vorgeschriebenen, Maßnahmen die Einhaltung des der Widmung entsprechenden bzw. des ortsüblichen Ausmaßes erreicht werden kann (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 19. September 2006, Zl. 2005/06/0067, Slg. 17008/A, mwN). Das bewilligte Vorhaben sieht solche Maßnahmen vor.

Zusammenfassend zeigen diese Beschwerdeführer nicht auf, dass die belangte Behörde ihrer Vorstellung vom 27. Dezember 2008 zu Unrecht keine Folge gegeben hätte. Damit wurden die Beschwerdeführer auch durch die mit dem angefochtenen Bescheid ebenfalls (hilfsweise) erfolgte Zurückweisung der Vorstellung in keinen Rechten verletzt.

Die zur Zl. 2009/06/0174 protokollierte Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2. Zur Beschwerde des Fünftbeschwerdeführers und der Sechstbeschwerdeführerin (Zl. 2009/06/0180):

Diese Beschwerdeführer bekämpfen den angefochtenen Bescheid nur mehr unter zwei Gesichtspunkten: hinsichtlich der Wahrung der Abstandsflächen zu ihrem Grundstück wegen der Errichtung eines unterirdischen Bauwerks, nämlich der Bohrpfahlwand, sowie deshalb, weil die Beeinträchtigung durch Infraschall (tieffrequente Vibrationen) unberücksichtigt geblieben sei.

Zu Letzterem ist diesen Beschwerdeführern zu erwidern, dass sie Gelegenheit hatten, sich zu den ergänzend eingeholten Gutachten zu äußern, was sie aber unterlassen haben. In ihrer Vorstellung vom 3. Jänner 2009 haben sie hinsichtlich der nun angesprochenen tiefen Frequenzen darauf verwiesen, es seien bei der Bauwerberin "tonnenschwere, schnelllaufende Verpackungsmaschinen im Einsatz", die das ganze Gebäude in Schwingung versetzten und außerhalb und über das Erdreich in ihrem Wohnhaus Tag und Nacht ein tiefes stark störendes Dröhnen verursachten. Eine große Verpackungsmaschine sei direkt an der Außenwand an der Nordseite der Produktionshalle positioniert und bringe die gesamte Fassade zum Schwingen. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid darauf verwiesen, dass solche Maschinen nicht Gegenstand des nunmehrigen Bauverfahrens seien. Dazu bringen die Beschwerdeführer nichts vor. Es kommt (nämlich) nicht darauf an, ob aus Teilen des Betriebes, die nicht Gegenstand des Bauverfahrens sind, Immissionen ausgehen, wie sie nun angesprochen werden (wie aus dem großen, bestehenden Betriebsgebäude). Maßgeblich sind vielmehr die Auswirkungen des Projektes. Dass nun vom projektgegenständlichen Vorhaben (das ja nur einen Teil der Betriebsanlage betrifft) solche Emissionen zu erwarten wären, zeigen die Beschwerdeführer nicht auf.

Richtig ist, dass sich weder die Berufungsbehörde noch die belangte Behörde mit der geltend gemachten Abstandsverletzung durch die Bohrpfahlwand auseinander gesetzt haben, obwohl dies geboten gewesen wäre (keine Präklusion - siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2008, Zl. 2007/06/0203).

Auch wenn man davon ausgeht, dass die Bohrpfahlwand, die zwecks Sicherung der Baugrube hergestellt werden soll, ein Bauwerk im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. f BauG ist, ist hieraus für die Beschwerdeführer bezüglich der relevierten Abstandsfrage nichts zu gewinnen. Zwar müssen gemäß § 6 Abs. 3 BauG unterirdische Bauwerke und unterirdische Teile von Bauwerken mindestens 1 m von der Nachbargrenze entfernt sein. Diese projektierte Bohrpfahlwand ist aber im Hinblick auf ihre Zweckbestimmung als eine Art Wand (nämlich Stützwand) im Sinne des § 6 Abs. 4 BauG zu qualifizieren, die, weil sie unterirdisch geplant ist und somit die Höhenbegrenzung dieser Bestimmung nicht überschreitet, keinen Mindestabstand zur Grenze einzuhalten hat. Die Höhenbegrenzung dieser Bestimmung bezieht sich auf das Nachbargrundstück und nicht auf das Baugrundstück selbst, demnach könnte eine oberirdische Stützmauer auf der Seite des Baugrundstückes auch höher als 1,8 m sein, wenn dort das Gelände tiefer liegt als auf dem Nachbargrundstück. Dass das begrifflich notwendigerweise unterirdisch situierte Fundament einer solchen Stützmauer ebensowenig einen Mindestabstand von der Grenze einzuhalten hat wie der oberirdische Teil einer solchen Mauer, ergibt sich von selbst. Daher ist auch nicht ersichtlich, warum eine unterirdische Stützmauer wie die nun geplante Bohrpfahlwand einen Mindestabstand zur Grenze einzuhalten hätte.

Es erweist sich daher auch diese Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

3. Die Kostenentscheidungen beruhen auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Da die Aktenvorlage durch die belangte Behörde für beide Verfahren erfolgte, gebührt der Vorlageaufwand insgesamt nur einmal, entfällt daher je zur Hälfte auf jedes Beschwerdeverfahren (und ist daher nicht in jedem Beschwerdeverfahren zur Gänze zu veranschlagen); daraus resultiert die Abweisung des Kostenmehrbegehrens.

Wien, am 17. November 2009

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