VwGH 2008/22/0203

VwGH2008/22/020314.5.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl sowie die Hofräte Dr. Robl, Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der R, vertreten durch DDr. Wolfgang Schulter, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Marxergasse 21, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. September 2007, Zl. 146.439/2-III/4/06, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §42 Abs1 Z3;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §42 Abs1 Z3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) einen Antrag der Beschwerdeführerin, einer philippinischen Staatsangehörigen, vom 30. Juni 2005 auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "privat - quotenfrei, § 19 Abs. 5 FrG" gemäß §§ 42 Abs. 1 Z. 1 und 3, 11 Abs. 2 Z. 2 bis 4 iVm Abs. 5 und 6 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG ab.

Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung im Wesentlichen die Feststellungen zugrunde, dass die Beschwerdeführerin "zuletzt" bis 30. Juni 2005 als private Hausangestellte eines Botschaftsangehörigen Inhaberin eines Ausweises des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten (einer Legitimationskarte) gewesen sei. Die Beschwerdeführerin verfüge derzeit über keinerlei feste und regelmäßige Einkünfte; sie habe trotz schriftlicher Aufforderung weder einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft noch einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz nachgewiesen. Es sei nicht erkennbar, aus welchen Mitteln die Beschwerdeführerin ihren Lebensunterhalt bestreite. Die Beschwerdeführerin habe keine familiären Bindungen in Österreich.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Antrag der Beschwerdeführerin vom 30. Juni 2005 nach der nunmehr geltenden Rechtslage als Antrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit" zu werten sei. Die Beschwerdeführerin erfülle jedoch die dafür erforderlichen Voraussetzungen gemäß § 42 Abs. 1 NAG nicht. Die Beschwerdeführerin habe nicht nachgewiesen, dass ihr Aufenthalt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte (§ 11 Abs. 2 Z. 4 NAG); einer Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels stünden weiters die Bestimmungen des § 11 Abs. 2 Z. 2 und 3 NAG entgegen.

Zur Aufrechterhaltung des Privat- oder Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK sei die Erteilung eines Aufenthaltstitels im Fall der Beschwerdeführerin "nicht geboten". Da keine familiären Bindungen der Beschwerdeführerin in Österreich bestünden, könne in ihrem Fall ein Aufenthaltstitel nicht gemäß § 11 Abs. 3 NAG trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß § 11 Abs. 2 Z. 1 bis 6 NAG erteilt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

Als Verfahrensmangel rügt die Beschwerde, dass es die belangte Behörde entgegen § 45 Abs. 3 AVG unterlassen habe, der Beschwerdeführerin Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Wäre der Beschwerdeführerin das rechtliche Gehör eingeräumt worden, hätte sie "den Nachweis erbringen können, dass regelmäßig eine deckungsfähige Haftung für ihre finanziellen Bedürfnisse gegeben" sei.

Damit macht die Beschwerde eine Verletzung des Parteiengehörs in Hinblick auf das Beweisergebnis mangelnder Einkünfte der Beschwerdeführerin geltend.

Dazu ist anzumerken, dass bereits der erstinstanzliche - auf § 11 Abs. 2 Z. 4 NAG gestützte - Bescheid vom 30. März 2006 die Feststellungen umfasste, dass die Beschwerdeführerin derzeit nicht beschäftigt sei, bei einer Freundin lebe, die sie finanziell unterstütze, und dass die Beschwerdeführerin "derzeit keinen eigenen Vermögensnachweis" erbringen könne.

Da sich somit schon die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides auf das mangelnde Einkommen der Beschwerdeführerin stützte, ist eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs in dieser Hinsicht durch die mit der Berufung verbundene Möglichkeit einer Stellungnahme saniert (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 45 Rz 40 mit Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung).

Soweit die Beschwerde erkennbar die Auffassung vertritt, die belangte Behörde hätte auch zur mangelnden Eignung einer Haftungserklärung in Hinblick auf den beantragten Aufenthaltszweck Parteiengehör gewähren müssen, so ist dem Folgendes entgegenzuhalten:

Bereits der erstinstanzliche Bescheid wertete den gegenständlichen Antrag - nach dem In-Kraft-Treten des NAG am 1. Jänner 2006 - als auf die Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit" (§ 42 Abs. 1 NAG) gerichtet, was die vorliegende Beschwerde nicht beanstandet. Die Zulässigkeit, den Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Z. 2 bis 4 NAG mit einer Haftungserklärung erbringen zu können, muss allerdings gemäß § 11 Abs. 6 NAG ausdrücklich beim jeweiligen Aufenthaltszweck angeführt sein; dies ist bei § 42 NAG nicht der Fall.

Die mangelnde Zulässigkeit eines Nachweises durch Haftungserklärung in Hinblick auf den angestrebten Aufenthaltszweck folgt somit aus den angeführten gesetzlichen Bestimmungen; Parteiengehör ist allerdings nach ständiger hg. Rechtsprechung nur zu Tatfragen und nicht auch zu Rechtsfragen zu gewähren (vgl. etwa die Nachweise bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2 § 45 AVG E 415 ff).

Aus diesen Gründen liegt der behauptete Verfahrensmangel nicht vor. In Hinblick auf die nicht zu beanstandende Feststellung der belangten Behörde, dass die Beschwerdeführerin über keinerlei feste und regelmäßige Einkünfte verfügt, bestehen daher gegen die Beurteilung nach § 11 Abs. 2 Z. 4 iVm Abs. 5 NAG durch die belangte Behörde keine Bedenken (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. April 2009, 2008/22/0711, zur Berechnung der notwendigen Unterhaltsmittel eines Fremden nach diesen Bestimmungen). Mit Blick auf diese Feststellung erfüllt die Beschwerdeführerin - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - aber auch die für eine "Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit" erforderliche Voraussetzung gemäß § 42 Abs. 1 Z. 3 NAG nicht.

Die Beschwerde bekämpft auch die von der belangten Behörde gemäß § 11 Abs. 3 NAG vorgenommene Beurteilung und weist in dieser Hinsicht auf einen bereits mehr als acht Jahre andauernden Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich, deren Unbescholtenheit und eine bereits fortgeschrittene Integration hin; schon in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid hatte die Beschwerdeführerin die Dauer ihres Aufenthalts im Bundesgebiet und eine daraus folgende Aufenthaltsverfestigung vorgebracht.

Doch auch dieses Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Erfolg.

Ein Aufenthaltstitel kann zwar gemäß § 11 Abs. 3 NAG trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß § 11 Abs. 2 Z. 1 bis 6 NAG erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- oder Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist. Allerdings ist bei Fehlen besonderer Erteilungsvoraussetzungen - wie hier jener gemäß § 42 Abs. 1 Z. 3 NAG - auf familiäre und private Interessen nicht Bedacht zu nehmen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Februar 2009, 2008/22/0410, sowie vom heutigen Tag, 2008/22/0209).

Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 14. Mai 2009

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