Normen
GSVG 1978 §2 Abs1 Z4;
GSVG 1978 §7 Abs4 Z3;
GSVG 1978 §2 Abs1 Z4;
GSVG 1978 §7 Abs4 Z3;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Akt befindet sich eine "Versicherungserklärung" des Mitbeteiligten (unter Verwendung eines Formulares der beschwerdeführenden Partei), die am 5. Dezember 2006 bei der beschwerdeführenden Partei eingelangt ist. Der Mitbeteiligte gab darin an, dass er die Tätigkeit "Errichtung und vorläufige Bewertung des Konkursinventars bei Firmenkonkursen über Gericht" ausübe. Unter 3. wurde die Frage gestellt, ob die Einkünfte des Beschwerdeführers aus dieser Tätigkeit betragsmäßig jährlich die für die Jahre 2003 bis 2006 ausdrücklich im Formular angeführten Versicherungsgrenzen überschritten. Bei den Jahren 2005 und 2006 kreuzte der Mitbeteiligte die Antwort "Ja" an. Im Folgenden wird im Formular darauf hingewiesen, dass dann, wenn erklärt werde, dass die Versicherungsgrenze überschritten werde, Pflichtversicherung eintrete. Die durch diese Erklärung begründete Pflichtversicherung könne rückwirkend nicht storniert werden. Sie bleibe bis zu der Erklärung, dass die Einkünfte die prognostizierte Höhe doch nicht erreichten, aufrecht, selbst wenn die Einkünfte letztlich laut Einkommensteuerbescheid niedriger seien. Es sei daher besonders wichtig, eine Änderung der Prognose hinsichtlich der Einkünfte für das gesamte Kalenderjahr umgehend bekannt zu geben.
Mit Schreiben vom 13. Jänner 2007 beantragte der Mitbeteiligte (ebenfalls mittels eines formularmäßigen Vordruckes der beschwerdeführenden Partei) die Erstattung der auf einen allfälligen Überschreitungsbetrag entfallenden Beiträge in der Pensions- bzw. Krankenversicherung. Eine Differenzbeitragsvorschreibung bzw. eine vorläufige Befreiung von der Beitragspflicht bei Erreichen der Höchstbeitragsgrundlage aus seiner anderweitigen Pflichtversicherung sei durchzuführen.
Am 9. Februar 2007 stellte der Mitbeteiligte ein "Ratenansuchen zu Kontoauszug 1/2007".
Mit Schreiben vom 17. Februar 2008 teilte der Mitbeteiligte der beschwerdeführenden Partei mit, seine Versicherungserklärung vom 5. Dezember 2006 habe sich im Punkt 3. ausschließlich auf die Kalenderjahre 2005 und 2006 bezogen. Er habe seine Versicherungserklärung nur für diese Jahre abgegeben. Daher ersuche er um Beendigung der Pflichtversicherung mit 1. Jänner 2007.
Mit Bescheid vom 6. Mai 2008 stellte die beschwerdeführende Partei fest, dass der Mitbeteiligte vom 1. Jänner 2007 bis 31. Dezember 2007 auf Grund seiner selbständigen Erwerbstätigkeit der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG unterlegen sei. Begründend wurde ausgeführt, ein Widerruf der Einkommensprognose gemäß § 7 Abs. 4 Z. 3 GSVG sei erst mit Schreiben vom 17. Februar 2008 abgegeben worden. Die Pflichtversicherung sei daher erst mit 29. Februar 2008 zu beenden gewesen. Im Jahr 2007 habe sie bestanden.
Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Einspruch. Diesem Einspruch wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 27. August 2008 keine Folge gegeben.
Der Mitbeteiligte erhob gegen den Bescheid vom 27. August 2008 Berufung.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der Berufung des Mitbeteiligten Folge gegeben und festgestellt, dass er auf Grund seiner selbständigen Erwerbstätigkeit in der Zeit vom 1. Jänner 2007 bis 31. Dezember 2007 nicht der Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG unterlegen ist. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der Verwaltungsgeschehens und von Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, der Mitbeteiligte stehe seit 1. Mai 1987 in einem Beamtendienstverhältnis. Seit 1. Mai 2005 übe er zusätzlich die selbständige Erwerbstätigkeit "Errichtung und vorläufige Bewertung des Konkursinventars bei Firmenkonkursen im Auftrag des Gerichtes" aus. Eine Versicherungserklärung über das Jahr 2006 hinaus habe der Mitbeteiligte nicht abgegeben. Er habe ausdrücklich nur die Jahre 2005 und 2006 angekreuzt und damit für 2007 keine Erklärung erstattet. Auch aus den Erläuterungen zu Punkt 3. der Versicherungserklärung könne eine Versicherungserklärung über das Jahr 2006 hinaus nicht gesehen werden. Der Mitbeteiligte habe im Jahr 2007 Einkünfte aus seiner selbständigen Tätigkeit in der Höhe von EUR 1.407,87 und damit unter der maßgeblichen Versicherungsgrenze von EUR 4.093,92 erzielt. Eine Pflichtversicherung sei somit auch nicht auf Grund des Einkommensteuerbescheides gegeben. Die Frage einer rückwirkenden Beendigung der Pflichtversicherung mit 1. Jänner 2007 stelle sich nicht, da für 2007 keine Pflichtversicherung eingetreten sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, verzichtete ausdrücklich auf die Abgabe einer Gegenschrift und stellte ein Kostenersatzbegehren hinsichtlich des Vorlageaufwandes.
Der Mitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 2 GSVG in der hier zeitraumbezogen maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 131/2006 hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
"§ 2. (1) Auf Grund dieses Bundesgesetzes sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen pflichtversichert:
...
4. selbständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, erzielen, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist. Solange ein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid oder ein sonstiger maßgeblicher Einkommensnachweis nicht vorliegt, ist die Pflichtversicherung nur dann festzustellen, wenn der Versicherte erklärt, daß seine Einkünfte aus sämtlichen der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeiten im Kalenderjahr die in Betracht kommende Versicherungsgrenze (§ 4 Abs. 1 Z 5 oder Z 6) übersteigen werden. In allen anderen Fällen ist der Eintritt der Pflichtversicherung erst nach Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides oder eines sonstigen maßgeblichen Einkommensnachweises im nachhinein festzustellen.
..."
§ 7 Abs. 4 GSVG in der hier zeitraumbezogen maßgebenden
Fassung BGBl. I Nr. 71/2005 lautet:
"(4) Bei den im § 2 Abs. 1 Z 4 genannten Personen endet die Pflichtversicherung mit dem Letzten des Kalendermonates,
1. in dem die Beendigung der betrieblichen Tätigkeiten erfolgt; hat der Versicherte die Abmeldung nicht innerhalb der Frist gemäß § 18 erstattet, mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem die Beendigung der betrieblichen Tätigkeiten erfolgt, es sei denn, der Versicherte macht glaubhaft, daß er die betrieblichen Tätigkeiten zu einem früheren Zeitpunkt beendet hat;
- 2. in dem die berufsrechtliche Berechtigung wegfällt;
- 3. in dem der Versicherte erklärt, daß seine Einkünfte entgegen der Erklärung im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 zweiter Satz die in Betracht kommende Versicherungsgrenze (§ 4 Abs. 1 Z 5 oder Z 6) nicht übersteigen werden.
Die Pflichtversicherung endet jedenfalls mit dem Tod des Versicherten."
Einer Versicherungserklärung im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG kommt die Rechtswirkung eines "opting in" zu. Maßgeblich für die Pflichtversicherung ist ausschließlich, ob eine Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG tatsächlich vorliegt, ob durch diese Tätigkeit nicht nach anderen bundesgesetzlichen Bestimmungen eine Pflichtversicherung eingetreten ist und ob der Betroffene die Versicherungserklärung betreffend das voraussichtliche Überschreiten der Versicherungsgrenze abgegeben hat. Es hängt daher der Sache nach nur von einer Willenserklärung des Versicherten ab, ob er unabhängig von der tatsächlichen Höhe der erzielten Einkünfte versichert sein möchte oder ob er nur im nachhinein unter der Voraussetzung versichert sein möchte, dass nach dem jeweiligen Einkommensteuerbescheid die Einkünfte im betreffenden Kalenderjahr die Versicherungsgrenze überstiegen haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. November 2003, Zl. 2000/08/0085, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 letzter Satz VwGG verwiesen wird; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2005, Zl. 2003/08/0126).
Eine Erklärung im Sinne und mit der Rechtswirkung des § 7 Abs. 4 Z. 3 GSVG, dass die Einkünfte entgegen der Erklärung iSd § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG die Versicherungsgrenze nicht übersteigen werden, setzt voraus, dass eine Pflichtversicherung mit einer entsprechenden Versicherungserklärung im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG begründet wurde.
Entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Partei liegt eine solche Versicherungserklärung für das Jahr 2007 nicht vor:
Die Versicherungserklärung hat sich nämlich ausdrücklich, wie sich aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG ergibt, auf die jeweiligen Einkünfte "im Kalenderjahr" zu beziehen, die die jeweilige Versicherungsgrenze dieses Kalenderjahres nach der Erklärung "übersteigen werden". Wenn und solange weder eine Versicherungserklärung im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG (noch ein Einkommensteuerbescheid) für das betreffende Jahr vorliegt, kann über die Pflichtversicherung in diesem Jahr nicht abgesprochen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 2005, Zl. 2002/08/0122).
Die am 5. Dezember 2006 abgegebene, ausdrücklich nur auf die Jahre 2005 und 2006 bezogene Erklärung kann daher nicht als Versicherungserklärung für das Jahr 2007 verstanden werden, zumal auch im Vordruck der beschwerdeführenden Partei hinsichtlich des Jahres 2007 weder die Versicherungsgrenze angegeben war noch die Möglichkeit, sich mit "Ja" oder "Nein" zu diesem Jahr zu äußern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2004, Zl. 2002/08/0188). Dass die Pflichtversicherung für das Jahr 2007 auf Grund einer anderen, nach § 2 Abs. 1 Z. 4 2. Satz zu beurteilenden Erklärung des Mitbeteiligten bestanden hätte, wird von der beschwerdeführenden Partei nicht behauptet.
Eine Erklärung im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG, die sich auf die voraussichtlichen Einkünfte und deren Übersteigen der Versicherungsgrenze bezogen hat, kann im Übrigen weder in dem Antrag des Mitbeteiligten auf Differenzbeitragsvorschreibung vom 13. Jänner 2007 noch im Ratenzahlungsansuchen vom 9. Februar 2007 erblickt werden, da sich der in diesen Schreiben geäußerte Wille des Mitbeteiligten auf etwas anderes als die Tatbestände des § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG und damit auf etwas anderes als das Eintreten der Pflichtversicherung bezogen hat.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz beruht auf den Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 445/2008.
Wien, am 30. Juni 2009
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)