VwGH 2007/21/0011

VwGH2007/21/001124.11.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des P, vertreten durch Mag. Nikolaus Rast, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schottengasse 10, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 5. Dezember 2006, Zl. Fr 1781/05, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

32004L0038 Unionsbürger-RL Art35;
EURallg;
FrPolG 2005 §2 Abs4 Z12;
FrPolG 2005 §31 Abs1 Z2;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §54 Abs1 Z2;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
FrPolG 2005 §85 Abs2;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §86 Abs2;
FrPolG 2005 §86;
FrPolG 2005 §87;
MRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs1 Z4;
NAG 2005 §11 Abs2 Z1;
NAG 2005 §11 Abs4 Z1;
NAG 2005 §30;
NAG 2005 §51;
NAG 2005 §52;
NAG 2005 §54;
NAG 2005 §55 Abs1;
NAG 2005 §55 Abs2;
NAG 2005 §55;
NAG 2005 §57;
VwRallg;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art35;
EURallg;
FrPolG 2005 §2 Abs4 Z12;
FrPolG 2005 §31 Abs1 Z2;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §54 Abs1 Z2;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
FrPolG 2005 §85 Abs2;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §86 Abs2;
FrPolG 2005 §86;
FrPolG 2005 §87;
MRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs1 Z4;
NAG 2005 §11 Abs2 Z1;
NAG 2005 §11 Abs4 Z1;
NAG 2005 §30;
NAG 2005 §51;
NAG 2005 §52;
NAG 2005 §54;
NAG 2005 §55 Abs1;
NAG 2005 §55 Abs2;
NAG 2005 §55;
NAG 2005 §57;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, eine auf § 86 Abs. 2 iVm § 54 Abs. 1 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) gestützte Ausweisung.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am 25. März 2002 unrechtmäßig nach Österreich eingereist und habe am selben Tag einen Asylantrag eingebracht. Dieser Asylantrag sei vom Bundesasylamt mit Bescheid vom 3. Juni 2002 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) abgewiesen worden. Unter einem habe die Asylbehörde gemäß § 8 AsylG festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Türkei zulässig sei. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung habe der Beschwerdeführer am 29. April 2003 zurückgezogen, weil er zwischenzeitig (am 13. Februar 2003) die österreichische Staatsbürgerin W, nunmehr P, geheiratet hätte.

Am 25. April 2003 habe der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittstaatsangehöriger - Österreich, § 49 Abs. 1 FrG 1997" eingebracht und sich dabei auf die Ehe mit P berufen. Auf Grund dieses Antrages sei dem Beschwerdeführer (gemäß Fremdengesetz 1997 - FrG) erstmals am 2. Mai 2003 eine bis 30. April 2004 gültige Niederlassungsbewilligung erteilt worden. Nach einem am 13. April 2004 gestellten Verlängerungsantrag habe er neuerlich eine Niederlassungsbewilligung mit dem Aufenthaltszweck "begünstigter Drittstaatsangehöriger - Österreich, § 49 Abs. 1 FrG 1997" mit Gültigkeit bis 14. April 2005 erteilt bekommen. Am 18. März 2005 habe er bei der Bezirkshauptmannschaft Gmünd abermals die Verlängerung seines Aufenthaltstitels beantragt und sich in diesem Antrag wieder auf die Ehe mit der österreichischen Staatsbürgerin P berufen.

Bereits zuvor, nämlich am 16. November 2004, wäre bei der Bezirkshauptmannschaft Gmünd ein anonymer Hinweis dahingehend eingegangen, dass die Ehe des Beschwerdeführers mit P "nur auf dem Papier bestehen würde". Diesem Hinweis zufolge wären der Beschwerdeführer und seine Ehefrau nicht im gemeinsamen Haushalt aufhältig und würden keine Ehe führen; P lebe vielmehr in einer Lebens- und Geschlechtsgemeinschaft mit H.

In ihrer weiteren Begründung gab die belangte Behörde den jeweiligen Inhalt der Berichte über diverse von der erstinstanzlichen Behörde und auch von ihr veranlasste Erhebungen sowie der Einvernahmen des Beschwerdeführers und Äußerungen seiner Ehefrau wieder.

Anschließend merkte die belangte Behörde an, dass die Ehe des Beschwerdeführers mit der österreichischen Staatsbürgerin P "noch aufrecht" sei.

Auf Grund "des vorliegenden Sachverhaltes" - so die belangte Behörde in ihrer Begründung weiter - nehme sie unter Berücksichtigung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung als erwiesen an, dass sich der Beschwerdeführer "zumindest beim Antrag auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung am 18.03.2005" auf eine Ehe berufen habe, obwohl er ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nicht geführt habe. Der Beschwerdeführer sei zwar in der Zeit vom 15. Jänner 2003 bis 15. März 2005 an der Adresse seiner Ehefrau in Gmünd polizeilich gemeldet gewesen. Er habe jedoch - was anlässlich mehrerer Überprüfungen seitens des Gendarmeriepostens Gmünd festgestellt worden sei - an dieser Adresse nie angetroffen werden können. Es habe erhoben werden können, dass die gemeinsame eheliche Wohnung in Gmünd im genannten Zeitraum von seiner Ehefrau "gemeinsam mit dem langjährigen Lebensgefährten (...) H(..) bewohnt" worden sei. Mit diesem habe die Ehefrau des Beschwerdeführers bereits seit 15. Dezember 2000 an mehreren verschiedenen Adressen zusammen gelebt, was die belangte Behörde aus Eintragungen im Zentralen Melderegister ableitete. Darüber hinaus - so die belangte Behörde weiter - ergäbe sich ein Nachweis für den gemeinsamen Aufenthalt der Ehefrau des Beschwerdeführers und des H in Gmünd auch aus "zahlreichen Verwaltungsstrafverfahren, welche von der Bezirkshauptmannschaft Gmünd wegen Übertretung der Kurzparkzonenüberwachungsverordnung in Gmünd (Adresse der ehelichen Wohnung)", gegen H geführt worden seien. Der Beschwerdeführer habe hingegen in W oberhalb des Lokales "Pizzeria V" - seiner Arbeitsstätte - ein Zimmer bewohnt. Dies sei durch "Kontrollen - Observierungen durch Beamte des Grenzüberwachungspostens Weikertschlag auch dokumentiert bzw. nachgewiesen". Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme vom 21. Februar 2005 habe der Beschwerdeführer das Geburtsdatum seiner Ehefrau und deren "ledigen Namen" nicht richtig angeben können. Auch zu den Eltern und Geschwistern seiner Ehefrau habe er keine näheren Angaben machen können. Bestünde tatsächlich ein Familienleben, so müsste er aber der allgemeinen Erfahrung nach in der Lage sein, zu diesen persönlichen Verhältnissen seiner Ehefrau richtige und umfangreichere Angaben zu tätigen. Weiters habe der Beschwerdeführer den Wohnungsschlüssel für die gemeinsame Wohnung in Gmünd nicht bei sich gehabt. Der Beschwerdeführer habe auch nicht schlüssig erklären können, warum H in der ehelichen Wohnung Mitbewohner sei. Später durchgeführte Erhebungen in S - an einem späteren Wohnsitz des Beschwerdeführers - hätten ergeben, dass der Beschwerdeführer dort lediglich alleine angetroffen habe werden können. Zwar seien in dieser Wohnung einige Kleidungsstücke einer Frau aufbewahrt worden und auch ein Bild seiner Ehefrau im Schlafzimmer aufgestellt gewesen, jedoch werde dies lediglich als Versuch gewertet, auf Grund der "bereits intensiv durchgeführten Erhebungen ein gemeinsames Familienleben vorzutäuschen". Die Ehegattin des Beschwerdeführers sei den Aussagen einer Wohnungsnachbarin zufolge dort noch nie gesehen worden. Weitere Erhebungen an der späteren Adresse in Wien hätten das Bestehen eines gemeinsamen Familienlebens ebenfalls nicht bestätigt. Auch hier habe festgestellt werden müssen, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers "offensichtlich an dieser Adresse noch nie gesehen" worden sei. Vielmehr sei "bestätigt" worden, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers mit H "offensichtlich in Lebensgemeinschaft" lebe und dies "auch von Außenstehenden so wahrgenommen" werde. Zusammenfassend komme die belangte Behörde daher zur Ansicht, dass sich der Beschwerdeführer zumindest bei der Antragstellung am 18. März 2005 auf eine Ehe berufen habe, obwohl er ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt habe.

Ehegatten, die ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht führen, dürften sich - so die belangte Behörde in ihrer rechtlichen Beurteilung - für die Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nicht auf diese Ehe berufen. Der Beschwerdeführer habe sich aber auf die Führung eines "angeblichen Familienlebens berufen, um sich die Verlängerung (sein)es Aufenthaltstitels zu erschleichen und diesbezüglich eine unwahre Angabe gemacht". Durch den "Täuschungs- bzw. Erschleichungsversuch" sei die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gravierend beeinträchtigt worden. Dieses Verhalten rechtfertige die Prognose, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde. Sein Verhalten sei unter § 11 Abs. 1 Z 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) subsumierbar und stelle einen Versagungsgrund im Sinn von § 54 Abs. 1 Z 2 FPG dar. Die Erlassung der Ausweisung sei zum Schutz der öffentlichen Ordnung erforderlich, weil die maßgeblichen öffentlichen Interessen "auf fremdenrechtlichem Gebiet" gefährdet seien. Der seit dem missbräuchlich eingebrachten Verlängerungsantrag verstrichene Zeitraum sei zu kurz, um davon ausgehen zu können, die Gefährdung sei weggefallen oder als entscheidend gemindert anzusehen.

Auch § 66 FPG stehe der Erlassung der Ausweisung nicht entgegen. Außer der Ehegattin des Beschwerdeführers, mit der aber kein gemeinsames Familienleben bestehe, verfüge der Beschwerdeführer über keine Angehörigen in Österreich. Es liege zwar durch die Ausweisung ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers vor. Er sei seit März 2002 in Österreich aufhältig und gehe seit 17. Februar 2003 fast durchgehend einer Erwerbstätigkeit nach. "Diesbezüglich" sei zwar eine "ansatzweise Integration" zu erkennen, eine nachhaltige Integration setze aber auch ein gewisses Maß an Rechtstreue des Fremden voraus. Das Nichtvorliegen dieser Rechtstreue habe der Beschwerdeführer jedoch durch seinen "Täuschungs- bzw. Erschleichungsversuch" genügend dokumentiert. In diesem Zusammenhang sei auch auf den "offenbar rechtsmissbräuchlich eingebrachten Asylantrag" und auf die unrechtmäßige Einreise zu verweisen. Die bisherige Aufenthaltszeit werde von der belangten Behörde daher nicht besonders gewichtet. Der Beschwerdeführer habe die österreichische Rechtsordnung seit seiner Einreise mehrmals zu umgehen und die "zuständigen Behörden ebenfalls zu täuschen versucht". Damit scheine "aufgrund des festgestellten Sachverhaltes unter Abwägung mit (sein)em Privat- und Familienleben auch im Hinblick darauf, dass sich (sein)e näheren Verwandten in der Türkei befinden", die Ausweisung jedenfalls zulässig. Auch im Rahmen des Ermessens habe nicht von der Ausweisung Abstand genommen werden können, weil es über die bereits im Rahmen der Beurteilung nach § 66 FPG genannten positiven Umstände keine weiteren "wesentlichen Elemente" gäbe, wonach die belangte Behörde den Ermessensspielraum zu Gunsten des Beschwerdeführers hätte ausüben müssen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

1. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides unstrittig immer noch mit der österreichischen Staatsbürgerin P verheiratet war. Hinweise dafür, dass diese das ihr nach gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen zustehende Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen hätte, bestehen nicht. Dass dies der Fall gewesen wäre, wurde vom Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren noch in der vorliegenden Beschwerde behauptet. Sohin ist der Beschwerdeführer nicht als begünstigter Drittstaatsangehöriger im Sinn des § 2 Abs. 4 Z 11 FPG anzusehen. Eine Anwendung des - von der belangten Behörde spruchgemäß herangezogenen - § 86 Abs. 2 FPG käme somit nur im Wege des § 87 FPG in Betracht.

2. Die von der belangten Behörde zur Begründung der von ihr erlassenen Ausweisung herangezogenen Bestimmungen des § 54 Abs. 1 Z 2 und § 86 Abs. 2 FPG sowie § 86 Abs. 1 und § 87 FPG (jeweils mit Überschrift) lauten:

"Ausweisung Fremder mit Aufenthaltstitel

§ 54. (1) Fremde, die sich auf Grund eines Aufenthaltstitels oder während eines Verlängerungsverfahrens im Bundesgebiet aufhalten, können mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn

...

2. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegensteht.

...

Sonderbestimmungen für den Entzug der Aufenthaltsberechtigung

und für verfahrensfreie Maßnahmen

§ 86. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes ihren Hauptwohnsitz ununterbrochen seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige sind dann auszuweisen, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 1 NAG das Niederlassungsrecht fehlt.

...

Familienangehörige von nicht freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürgern, Schweizern und Österreichern

§ 87. Familienangehörige (§ 2 Abs. 4 Z 12) unterliegen der Sichtvermerkspflicht. Für sie gelten die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige nach den §§ 85 Abs. 2 und 86."

§ 11 Abs. 1 Z 4, Abs. 2 Z 1 und Abs. 4 Z 1, § 30 Abs. 1 sowie

§ 55 NAG (jeweils samt Überschrift) haben folgenden Wortlaut:

"Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel

§ 11. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt

werden, wenn

...

4. eine Aufenthaltsehe oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

...

(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1. der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

...

(4) Der Aufenthalt eines Fremden widerstreitet dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn

1. sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder

...

Aufenthaltsehe und Aufenthaltsadoption

§ 30. (1) Ehegatten, die ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht führen, dürfen sich für die Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nicht auf die Ehe berufen.

...

Fehlen des Niederlassungsrechts

§ 55. (1) Besteht das gemäß §§ 51, 52 und 54 dokumentierte Niederlassungsrecht nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit vorliegt oder weil die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden, hat die Behörde den Antragsteller vom Nichtvorliegen der Voraussetzungen schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass die Fremdenpolizeibehörde hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Die Fremdenpolizeibehörde ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller zu befassen.

(2) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung (§§ 53 und 54 FPG), hat die Fremdenpolizeibehörde dies der Behörde mitzuteilen. In diesem Fall hat die Behörde die Dokumentation des Aufenthalts- und Niederlassungsrechts unverzüglich vorzunehmen.

(3) Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist das Verfahren einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird."

3. Die §§ 51, 52 und 54 NAG legen - in Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben - für die dort genannten Personengruppen innerstaatlich ein Niederlassungsrecht fest, welches von der Niederlassungsbehörde bloß zu dokumentieren ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 30. Jänner 2007, Zl. 2006/21/0330, die Auffassung vertreten, ausgehend vom Wortlaut der in Betracht kommenden Bestimmungen gehe der in § 87 FPG enthaltene Verweis, demzufolge für Familienangehörige (§ 2 Abs. 4 Z 12 FPG) von "nicht freizügigkeitsberechtigten" EWR-Bürgern, Schweizern und Österreichern die Bestimmungen der "§§ 85 Abs. 2 und 86" gelten, soweit er formal auch § 86 Abs. 2 FPG umfasse, ins Leere, weil nach § 57 NAG auf diesen Personenkreis von vornherein die das (gemeinschaftsrechtliche) Niederlassungsrecht deklarierenden Bestimmungen der §§ 51, 52 und 54 NAG - und damit auch der in § 86 Abs. 2 FPG bezogene § 55 Abs. 1 NAG - keine Anwendung fänden. Daraus würde folgen, dass in einem Fall wie dem vorliegenden grundsätzlich die Erlassung einer Ausweisung ohne Weiteres auf § 54 FPG zu gründen wäre und bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen schlichtweg erlassen werden dürfte.

4.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Zusammenhang mit der unterschiedlichen Behandlung von drittstaatszugehörigen Angehörigen von in Österreich lebenden und berufstätigen EWR-Bürgern und solchen, die Angehörige von im Inland lebenden und berufstätigen Österreichern sind, verfassungsrechtliche Bedenken geäußert (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 22. September 2009, Zl. A 2009/0032).

4.2. Sollten sich diese Bedenken als zutreffend erweisen und sollte damit im Ergebnis - auf welche Weise dies zu erzielen wäre, muss hier nicht näher untersucht werden - § 54 NAG betreffend die Ausstellung von Daueraufenthaltskarten doch auf alle drittstaatszugehörigen Angehörigen von Österreichern anzuwenden sein, würde der Beschwerdeführer grundsätzlich nach dieser Bestimmung über ein aus dem Gesetz erfließendes Niederlassungsrecht verfügen, das lediglich zu dokumentieren wäre. Dieses Niederlassungsrecht bestünde dann nur unter den Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 NAG nicht ("weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit vorliegt oder weil die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden"), was wiederum nur dann die Fremdenpolizeibehörde zur Erlassung einer Ausweisung nach § 86 Abs. 2 FPG ermächtigen würde.

5. Hat nun ein Fremder eine Ehe geschlossen und sich für die Verlängerung einer Aufenthaltsberechtigung zu einem Zeitpunkt auf diese Ehe berufen, als er mit seinem Ehegatten ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nicht (mehr) geführt hat, darf die Fremdenpolizeibehörde grundsätzlich darauf schließen, dass der - auf diesen Angaben beruhende künftige - Aufenthalt des Fremden eine erhebliche Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung der Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens darstellt. Diese Gefährdung der öffentlichen Ordnung stellt nach § 11 Abs. 2 Z 1 iVm Abs. 4 Z 1 NAG einen Grund dar, die Erteilung eines Aufenthaltstitels abzulehnen. Im Übrigen erfüllt das Vorliegen einer Aufenthaltsehe auch den (absoluten) Versagungsgrund des § 11 Abs. 1 Z 4 NAG. Da diesfalls der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegen steht, ist in einem solchen Fall der Tatbestand des § 54 Abs. 1 Z 2 FPG erfüllt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. März 2009, Zl. 2008/21/0184, und vom 7. Juli 2009, Zl. 2006/18/0486).

6.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat nun bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass auch im Anwendungsbereich des in § 86 Abs. 1 FPG festgelegten Gefährdungsmaßstabes, welcher bei begünstigten Drittstaatsangehörigen heranzuziehen ist, die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zulässig ist, wenn sich der Fremde auf eine Ehe zum Zwecke der Erlangung eines Aufenthaltstitels berufen hat, obwohl ein gemeinsames Familienleben nicht geführt wird (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 27. Mai 2009, Zl. 2007/21/0107, und vom 18. Juni 2009, Zl. 2008/22/0611, jeweils mwN).

6.2. Ein derartiges Verhalten stellt infolge des miteinander - auf Grund der gebotenen Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben - in inhaltlichem Zusammenhang stehenden Gefährdungsmaßstabes des § 86 Abs. 1 FPG und des § 55 Abs. 1 NAG grundsätzlich auch eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung im Sinn des § 55 Abs. 1 NAG dar, sodass das Bestehen eines Niederlassungsrechtes nach § 54 NAG im Falle einer Scheinehe jedenfalls von vornherein nicht gegeben ist. Fehlt aber einem begünstigten Drittstaatsangehörigen aus den Gründen des § 55 Abs. 1 NAG das Niederlassungsrecht, so darf dieser infolge der Bestimmung des § 86 Abs. 2 FPG ausgewiesen werden (vgl. Pkt. 3 des hg. Erkenntnisses vom 18. Juni 2009, Zl. 2008/22/0612), zumal auch die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zulässig wäre.

6.3. Nach dem soeben Gesagten ist die Erlassung einer Ausweisung aus dem Grund einer Scheinehe gegen einen drittstaatszugehörigen Angehörigen eines freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürgers jedenfalls zulässig. Dies gilt nicht nur für jene Fälle, in denen die Behörde die Ausweisung vor Erteilung eines Aufenthaltstitels oder vor Ausstellung einer Dokumentation eines Aufenthalts- oder Niederlassungsrechts und mangels Bestehen eines sonstigen Aufenthaltsrechts wegen unrechtmäßigen Aufenthalts im Sinn des § 53 Abs. 1 FPG verfügt (vgl. zu einer solchen Konstellation nochmals das bereits erwähnte hg. Erkenntnis Zl. 2008/22/0612), sondern auch für jene Fälle, in denen das Bestehen einer Scheinehe erst nach Erteilung einer aufenthaltsrechtlichen Berechtigung (und somit während des Bestehens eines nach § 31 Abs. 1 Z 2 FPG rechtmäßigen Aufenthalts) bekannt wird. Dies wird einerseits durch den in § 55 Abs. 2 NAG enthaltenen Verweis, der auch § 54 FPG umfasst, deutlich, andererseits auch durch die Formulierung in § 55 Abs. 1 NAG, worin (auch) das Nichtbestehen eines (bereits) dokumentierten Niederlassungsrechts angesprochen wird. Der in den §§ 55 NAG, 86 FPG festgelegten Vorgangsweise stehen auch gemeinschaftsrechtliche Vorschriften nicht entgegen, zumal nach Art. 35 RL 2004/38/EG die Mitgliedstaaten (unter Einhaltung der in dieser Richtlinie vorgesehenen Verfahrensgarantien) jene Maßnahmen erlassen können, die notwendig sind, um die durch diese Richtlinie verliehenen Rechte im Falle von Rechtsmissbrauch oder Betrug - wie z. B. durch Eingehen von Scheinehen - zu verweigern, aufzuheben oder zu widerrufen.

6.4. Nichts anderes kann nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes für jenen Fall des § 30 NAG gelten, in dem ein Fremder sich für die Verlängerung eines bereits ausgestellten Aufenthaltstitels oder das Weiterbestehen eines Niederlassungsrechts rechtsmissbräuchlich auf ein angeblich immer noch bestehendes Familienleben beruft, obwohl tatsächlich ein solches nicht mehr geführt wird, und auf diese Weise unter Täuschung der Behörde eine für ihn weitergehende fremdenrechtliche Berechtigung zu erlangen sucht, als sie ihm sonst gewährt werden könnte. Auch ein solches Verhalten ist grundsätzlich (die nähere Prüfung der konkreten Umstände des Einzelfalls ist bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen immer erforderlich) geeignet, eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Sinne des § 55 Abs. 1 NAG hervorzurufen, was wiederum nach dieser Bestimmung das Fehlen eines Niederlassungsrechts (hier in Betracht kommend: bezogen auf § 54 NAG) zur Folge hat, sodass die Fremdenpolizeibehörde nach § 86 Abs. 2 FPG zur Erlassung einer Ausweisung berechtigt ist.

7. Sohin ergibt sich, dass die Erlassung der gegenständlichen Ausweisung grundsätzlich auch dann zulässig wäre, wenn die vom Verwaltungsgerichtshof geäußerten - oben angesprochenen - gleichheitsrechtlichen Bedenken zutreffend wären. Diesen Bedenken kommt hier daher keine Relevanz zu. Andererseits schadet es in diesem Zusammenhang aber auch nicht, dass die belangte Behörde im Spruch ihrer Ausweisung sowohl § 54 Abs. 1 Z 2 FPG als auch § 86 Abs. 2 FPG zitierte, weil fallbezogen der Beschwerdeführer nach dem Gesagten dadurch nicht in Rechten verletzt sein kann.

8.1. Auch kommt der Beschwerde mit ihrer in erster Linie gegen die Beweiswürdigung gerichteten Rüge keine Berechtigung zu.

8.2. Die Beschwerde beschränkt sich nämlich im Wesentlichen auf die Ausführungen, die belangte Behörde hätte aus den ihr vorliegenden Erhebungsergebnissen nicht ableiten dürfen, dass eine Aufenthaltsehe vorliege. Allerdings stellen sich entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers die - oben wiedergegebenen - beweiswürdigenden Überlegungen der belangten Behörde hinsichtlich des von ihr festgestellten Sachverhaltes nicht als unschlüssig dar. Welche Umstände demgegenüber für das Nichtbestehen einer Aufenthaltsehe sprächen, legt der Beschwerdeführer nicht konkret dar. Soweit der Beschwerdeführer Ermittlungsmängel wegen des Unterbleibens weiterer Erhebungen sowie der Nichtvornahme seiner ergänzenden Vernehmung und der seiner Ehefrau geltend macht, ist die Relevanz allfälliger Verfahrensfehler nicht erkennbar. Welche Ergebnisse solche Verfahrensschritte gebracht hätten und weshalb diese zu einem anderen Bescheid hätten führen können, wird in der Beschwerde nicht dargetan.

8.3. Nach dem Gesagten kann die behördliche Beweiswürdigung - unter Berücksichtigung der diesbezüglich dem Verwaltungsgerichtshof bloß eingeschränkt zukommenden Prüfbefugnis (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053, mwN) - nicht beanstandet werden.

9. Dass die Erlassung der Ausweisung im Grunde des § 66 FPG (in der hier maßgeblichen Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009) oder aus Ermessensgesichtspunkten nicht zulässig wäre, wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Der Verwaltungsgerichtshof vermag dafür auch keine ausreichenden Hinweise zu erkennen, sodass sich die diesbezügliche Beurteilung der belangten Behörde nicht als rechtswidrig erweist.

10. Die Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

11. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

12. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 24. November 2009

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