VwGH 2007/11/0141

VwGH2007/11/014115.12.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Grünstäudl, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des Dr. D P in W, vertreten durch Dr. Bruno Binder, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Wischerstraße 30, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. April 2007, Zl. 191.584/14-III/7/07, betreffend Verpflegungsabgeltung für Zivildiener (mitbeteiligte Partei:

Österreichisches Rotes Kreuz in Wien, vertreten durch Galanda & Oberkofler Rechtsanwaltskanzlei, 1120 Wien, Arndtstraße 87/12), zu Recht erkannt:

Normen

ZDG 1986 §28 Abs1;
ZDG ÜR 2006;
ZDG VPfV 2006 §4 Abs2 Z2;
ZDG 1986 §28 Abs1;
ZDG ÜR 2006;
ZDG VPfV 2006 §4 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Zuweisungsbescheid der belangten Behörde vom 28. Juni 2000 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 und 2, erster Satz, sowie § 9 Abs. 1 und 3 ZDG der Einrichtung "Generalsekretariat des Österreichischen Roten Kreuzes, Wiedner Hauptstraße 32, 1040 Wien" zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zugewiesen. In diesem Bescheid wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer folgende Dienstleistung zu erbringen habe: "Hilfsdienste bei der Vorbereitung u. Durchführung von Hilfsaktionen im Katastrophenlager u. Medikamentendepot im Vermisstensuchdienst Hol- Bring- u. Verwaltungsdienste", und dass der Rechtsträger der Einrichtung die mitbeteiligte Partei sei. In der Folge leistete der Beschwerdeführer vom 2. Oktober 2000 bis 30. September 2001 seinen ordentlichen Zivildienst.

Mit Bescheid vom 2. Jänner 2007 stellte die Zivildienstserviceagentur als Behörde erster Instanz - soweit hier von Bedeutung - gemäß § 1 des Zivildienstgesetz-Übergangsrechtes 2006 BGBL. I Nr. 40/2006 fest, dass die Höhe der vermögensrechtlichen Ansprüche des Antragstellers gegen den Rechtsträger EUR 20,81 betrage, und wies sein Zinsenbegehren zurück.

Die Behörde erster Instanz führte zur Begründung ihrer Entscheidung, nach Darstellung der Rechtslage, insbesondere unter Bezugnahme auf § 1 des Zivildienstgesetz-Übergangsrechtes 2006, BGBl. I Nr. 40, auf § 28 Abs. 1 ZDG in der Fassung BGBl. I Nr. 106/2005 sowie auf § 4 Abs. 1 und Abs. 2 der Verpflegungsverordnung, BGBl. II Nr. 43/2006, unter anderem aus, nach § 4 Abs. 2 dieser Verordnung könne der Rechtsträger von dem in Abs. 1 als Verpflegungsabgeltung für den Zivildienstleistenden vorgesehenen Betrag (EUR 13,60) einen Abzug bis zu 10 vH. vornehmen, wenn der Zivildienstleistende im Rahmen seiner festgelegten Dienstleistungen überwiegend zu Tätigkeiten herangezogen werde, die mit geringer körperlicher Belastung verbunden seien. Auf Grund der Ermittlungen der Behörde habe sich ergeben, dass der Beschwerdeführer seine Tätigkeit bei der mitbeteiligten Partei zu 90 % "sitzend" verrichtet und es sich um eine Tätigkeit im administrativen Bereich gehandelt habe. Aus diesem Grund sei ein Abzug von 9 vH. gerechtfertigt. Der Beschwerdeführer habe einen Gesamtanspruch in der Höhe von EUR 2.822,82, wovon bereits der Betrag von EUR 2.802,01 bezahlt worden sei, sodass sich ein vermögensrechtlicher Anspruch des Beschwerdeführers in der Höhe von EUR 20,81 ergebe.

Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl der Beschwerdeführer als auch die mitbeteiligte Partei Berufung.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid vom 24. April 2007 gab die belangte Behörde beiden Berufungen gemäß § 28 ZDG, § 4 Abs. 2 Z. 2 und 3 der Verpflegungsverordnung sowie § 1 des Zivildienstgesetz-Übergangsrechtes 2006 keine Folge. In der Begründung teilte die belangte Behörde im Wesentlichen die Auffassung der erstinstanzlichen Behörde.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluss vom 18. Juni 2007, B 888/07, abgelehnt und sie mit Beschluss vom 31. Juli 2007 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

Im erwähnten Ablehnungsbeschluss sprach der Verfassungsgerichtshof unter anderem aus:

"... Soweit die Beschwerde aber insofern

verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 17.685/2005, wonach 'Abschläge von den genannten Bezugsgrößen zulässig sein können,

wenn Zivildienstleistende ihren Dienst ... an einem gleich

bleibenden Einsatzort verrichten') die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, zumal es dem zitierten Erkenntnis zufolge einen 'begrenzten Gestaltungsspielraum bei der Festlegung und Beurteilung der angemessenen Verpflegung von Zivildienstleistenden gibt', der 'schon durch die unterschiedlichen Situationen der jeweiligen Zivildienstleistenden, wie etwa Dienstort, Wohnort oder die Art der Dienstleistung bedingt (ist)".

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerdeergänzung beantragt der Beschwerdeführer, der erklärt, in seinem Recht auf angemessene Verpflegung als Zivildiener verletzt zu sein, die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Auch die mitbeteiligte Partei beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 4 Abs. 2 Z 2 der am 3. Februar 2006 in Kraft getretenen Verpflegungsverordnung, BGBl. II Nr. 43/2006, kann der Rechtsträger, soweit ihm die Naturalverpflegung nicht möglich ist, von dem in Abs. 1 genannten Betrag (EUR 13,60) bis zu 10 vH. in Abzug bringen, wenn der Zivildienstleistende im Rahmen seiner festgelegten Dienstleistungen überwiegend zu Tätigkeiten herangezogen wird, die mit geringer körperlicher Belastung verbunden sind, wie etwa der Dienst in der Betreuung von Asylwerbern und Flüchtlingen oder in der Vorsorge für die öffentliche Sicherheit und die Sicherheit im Straßenverkehr.

Der Beschwerdeführer wendet sich unter anderem gegen den von der belangten Behörde vorgenommenen Abzug von 9 vH. infolge Heranziehung zu Tätigkeiten, die "mit geringer körperlicher Belastung" verbunden gewesen seien. Welche Parameter hierfür maßgebend gewesen seien, bleibe unklar. Die belangte Behörde habe es verabsäumt, die Argumente für ihre Ermessensentscheidung hinreichend darzulegen. Sowohl das erst- als auch das zweitinstanzliche Ermittlungsverfahren seien mangelhaft geblieben und es sei der für die Entscheidung erforderliche maßgebliche Sachverhalt nicht hinreichend festgestellt worden.

Schon dieses Vorbringen ist im Ergebnis zielführend.

In ihrem - Bestandteil des Verwaltungsaktes bildenden - Bescheid vom 1. März 2005 hatte die belangte Behörde zu dem in Rede stehenden Punkt unter anderem ausgeführt:

"Hinsichtlich Ihrer konkreten Situation ist daher auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzuhalten, dass Ihre Tätigkeit im Rahmen der Leistung des ordentlichen Zivildienstes als mittlere körperliche Tätigkeit im Sinne des vorzitierten Gutachtens anzusehen ist. ..."

In ihrem Bescheid vom 2. Jänner 2007 führte die erstinstanzliche Behörde demgegenüber aus, dass diese Einschätzung bzw. das ihr zugrundeliegende Gutachten (vom 4. Mai 2004) nicht rechtsverbindlich sei und der Beschwerdeführer selbst angeführt habe, dass das Gutachten unzureichend sei, und erachtete den vom Rechtsträger vorgenommenen Abzug von 9 vH. für die vom Beschwerdeführer zu 90 % im Sitzen verrichtete Tätigkeit "im administrativen Bereich", wobei die belastenden Tätigkeiten aus dem Tragen von Büromaterial und Kopierpapier bestanden hätten, als gerechtfertigt. Die belangte Behörde folgte im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen der von der erstinstanzlichen Behörde vorgenommenen Einschätzung.

An sich bestehen beim Verwaltungsgerichtshof gegen eine derartige Beurteilung keine Bedenken. Im vorliegenden Fall steht sie jedoch in einem Spannungsverhältnis zum oben erwähnten Bescheid vom 1. März 2005. Während in diesem Bescheid die Tätigkeit des Beschwerdeführers im Rahmen der Leistung des Zivildienstes als "mittlere" körperliche Tätigkeit eingestuft wurde, gelangt die Behörde im gegenständlichen Fall ohne stichhaltige Begründung zu einem davon abweichenden Ergebnis, obwohl nicht ersichtlich ist, dass sich an der beurteilten Art der Tätigkeit etwas geändert hätte. Diese abweichende Beurteilung wäre fallbezogen allenfalls nachvollziehbar, wenn die belangte Behörde die Tätigkeit des Beschwerdeführers im Einzelnen beschrieben hätte. Dies hat sie jedoch unterlassen und so den angefochtenen Bescheid mit einem wesentlichen Begründungsmangel belastet.

Der angefochtene Bescheid war somit schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben, ohne dass es eines Eingehens auf das weitere Beschwerdevorbringen bedurfte.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung war nach § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG Abstand zu nehmen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Da der Beschwerdeführer verpflichtet ist, auch die Gebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG zu entrichten, war ihm der Aufwandersatz in der aus dem Spruch ersichtlichen Höhe zuzusprechen.

Wien, am 15. Dezember 2009

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