VwGH 2007/01/0089

VwGH2007/01/008926.5.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stelzl, über die Beschwerden 1. des S I (geboren 1973), 2. des S I (geboren 2005) und 3. der Z I (geboren 1973), alle in W, alle vertreten durch Dr. Romana Zeh-Gindl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5/10, gegen die Bescheide des unabhängigen Bundesasylsenates jeweils vom 10. Oktober 2006, Zlen. 1.) 244.707/6-XV/54/06, 2.) 265.917/5- XV/54/06, 3.) 244.706/6-XV/54/06, betreffend (zu 1. und 3.) §§ 7, 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 bzw. (zu 2.) §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (jeweils weitere Partei: Bundesminister für Inneres),

Normen

AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs2;
AsylG 1997 §8;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
EMRK Art8;
VwGG §33a;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs2;
AsylG 1997 §8;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
EMRK Art8;
VwGG §33a;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

<spruch

I. zu Recht erkannt:

Der (zur hg. Zl. 2007/01/0090) zweitangefochtene Bescheid wird im Umfang seines Spruchpunktes 3. (Ausweisung) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Zweitbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerden abgelehnt.

Ein Aufwandersatz in den Verfahren zu den Zlen. 2007/01/0089 und 2007/01/0091 findet nicht statt.

Begründung

I.

1. Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige von Serbien, gehören der Volksgruppe der Roma an und stammen nicht aus dem Kosovo. Der Erstbeschwerdeführer und die Drittbeschwerdeführerin, seine Ehegattin, reisten am 13. Mai 2003 nach Österreich ein und brachten am 16. Mai 2003 die verfahrengegenständliche Anträge auf Gewährung von Asyl ein.

2. Der Zweitbeschwerdeführer ist der in Österreich geborene Sohn des Erst- und der Drittbeschwerdeführerin und brachte, vertreten durch die Drittbeschwerdeführerin, am 31. Oktober 2005 einen Antrag auf Gewährung von Asyl ein.

3. Mit Bescheiden des Bundesasylamtes (BAA) jeweils vom 17. November 2003 wurden die Asylanträge des Erst- und der Drittbeschwerdeführerin gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) abgewiesen (Spruchpunkt I.) und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Erst- und der Drittbeschwerdeführerin "nach Serbien und Montenegro" gemäß § 8 AsylG für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.).

Mit dem (zur hg. Zl. 2007/01/0089) erst- bzw. (zur hg. Zl. 2007/01/0091) drittangefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Berufung des Erst- bzw. der Drittbeschwerdeführerin gegen die oben angeführten Bescheide des BAA vom 27. November 2003 gemäß §§ 7, 8 AsylG in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2002 abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführer seien Staatsangehörige von Serbien und traf Feststellungen zur Lage in Serbien, die sich der angegebenen Quelle zufolge (einem Bericht des Auswärtigen Amtes Berlin vom 28. Februar 2006) auf Serbien und Montenegro (ohne Kosovo) bezogen. In ihren rechtlichen Erwägungen zu § 7 fasste die belangte Behörde die Länderfeststellungen "auf die Situation von Roma in Serbien bezogen" zusammen. Zu § 8 AsylG führte die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht nach Wiedergabe von Textbausteinen fallbezogen aus, für die Verletzung der genannten Rechtsgüter hätten sich im Verfahren keine Anhaltspunkte gegeben. Dabei verwies die belangte Behörde (im erstangefochtenen Bescheid) auf die Tätigkeit des Erstbeschwerdeführers als Sänger und die damit verbundene wirtschaftliche Absicherung.

4. Mit dem (zur hg. Zl. 2007/01/0090) zweitangefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Berufung des Zweitbeschwerdeführers gegen den seinen Asylantrag abweisenden Bescheid des BAA vom 8. November 2005 gemäß § 7 AsylG in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 abgewiesen (Spruchpunkt 1.). Weiters stellte die belangte Behörde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Zweitbeschwerdeführers "nach Serbien" zulässig sei (Spruchpunkt 2.) und wies den Zweitbeschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet "nach Serbien" aus.

Begründend traf die belangte Behörde zunächst Feststellungen zur Lage in Serbien, die sich der angegebenen Quelle zufolge (einem Bericht des Auswärtigen Amtes Berlin vom 28. Februar 2006) auf Serbien und Montenegro (ohne Kosovo) bezogen. In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt 2. aus, es sei im gesamten Verfahren kein Anhaltspunkt hervorgekommen, der auf das Vorliegen eines Refoulementgrundes schließen ließe. Zu Spruchpunkt 3. fehlt eine Begründung.

5. Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegenden Beschwerden.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zu I.:

Bei der mit Spruchpunkt 3. des zweitangefochtenen Bescheides verfügten Ausweisung hat die belangte Behörde verkannt, dass in einem Fall wie dem vorliegenden (ausgewiesen wird nur der minderjährige Zweitbeschwerdeführer, nicht jedoch seine Eltern, der Erst- bzw. die Drittbeschwerdeführerin; sog. "partielle Ausweisung"), der es möglich erscheinen lässt, dass der minderjährige Zweitbeschwerdeführer auf Grund der asylrechtlichen Ausweisung das Bundesgebiet ohne seine Eltern zu verlassen hat, ein Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Familienleben des Zweitbeschwerdeführers mit seinen Eltern vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 2009, Zlen. 2006/01/0865 bis 0869, mwN).

Somit war der zweitangefochtene Bescheid in diesem Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff

VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Zu II.:

Gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG und § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wird, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Beschwerden werfen - soweit sie sich auf die Bestätigung der Spruchpunkte I. (Abweisung der Asylanträge) und II. (Refoulemententscheidung) der erstinstanzlichen Bescheide durch den erst- und den drittangefochtenen Bescheid sowie auf Spruchpunkt 1. (Abweisung des Asylantrages) und

2. (Refoulemententscheidung) des zweitangefochtenen Bescheides beziehen - keine für die Entscheidung dieser Fälle maßgeblichen Rechtsfragen auf, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme.

Gesichtspunkte, die dessen ungeachtet gegen eine Ablehnung der Beschwerdebehandlung in diesem Umfang sprechen würden, liegen nicht vor, zumal unter Einbeziehung der Begründung der angefochtenen Bescheide zu erkennen ist, dass sich die Refoulemententscheidungen nur auf Serbien (ohne den Kosovo und nach der im Juni 2006 erfolgten Unabhängigkeit Montenegros auch ohne Montenegro) beziehen (vgl. zur Heranziehung der Begründung zur Auslegung des Spruches die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), 982ff zu § 59 AVG wiedergegebene hg. Rechtsprechung und speziell zum Konzept zweier Herkunftsstaaten bei nicht aus dem Kosovo stammenden Asylwerbern das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2006, Zl. 2002/01/0327).

Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerden im oben angeführten Umfang abzulehnen.

Den Verfahrensaufwand in den Verfahren Zlen. 2007/01/0089 und 0091 haben die Parteien in diesem Fall selbst zu tragen (§ 58 Abs. 1 VwGG).

Wien, am 26. Mai 2009

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