Normen
AsylG 1997 §1 Z4;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AsylG 1997 §1 Z4;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich seines Ausspruches gemäß § 8 AsylG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist ein aus Südserbien stammender, der albanischen Volksgruppe angehörender Staatsangehöriger der (ehemaligen) Bundesrepublik Jugoslawien. Er gelangte am 12. Mai 2001 in das Bundesgebiet und stellte am selben Tag einen Asylantrag.
Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 29. Mai 2001 gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen an, er sei im Mai 2001 von den Serben aus seinem Heimatdorf in der Gemeinde Presevo in Südserbien vertrieben worden. Von dort sei er mit seiner Familie zunächst in den Kosovo geflüchtet, er habe dort aber nicht bleiben können, weil er im Kosovo niemanden kenne. Im Falle der Rückkehr in seinen Heimatstaat fürchte er um sein Leben; er habe Angst vor der serbischen Polizei.
Mit Bescheid vom 5. Juni 2001 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG ab (Spruchpunkt I) und stellte gemäß § 8 AsylG fest, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung "in die BR Jugoslawien" zulässig sei (Spruchpunkt II).
Der Beschwerdeführer erhob Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung "gemäß §§ 7, 8 AsylG abgewiesen". Die belangte Behörde traf Feststellungen zur Situation in der damaligen Bundesrepublik Jugoslawien, und zwar sowohl zur Situation in Südserbien als auch zur Situation im Kosovo, wobei sie sich u.a. auf den Umstand, dass die Eltern und der Bruder des Beschwerdeführers noch in dessen Heimatdorf lebten, sowie auf ein Sachverständigengutachten vom 6. November 2001 und auf einen Bericht des Schweizerischen Bundesamtes für Flüchtlinge vom 10. Dezember 2001 zur Situation in Südserbien (und im Kosovo), insbesondere auch zur Situation im Presevo-Tal, stützte. Im Hinblick auf die nachhaltige Beruhigung und Stabilisierung der Situation in Südserbien sei es nicht ausreichend wahrscheinlich, dass der aus Südserbien stammende Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in dieses Gebiet - in dem auch seine Eltern und sein Bruder lebten - asylrelevante Verfolgung zu fürchten habe. Überdies stehe dem Beschwerdeführer auch die Möglichkeit einer inländischen Fluchtalternative im Kosovo zur Verfügung, weil er dort mit internationaler Hilfe rechnen könne und in Gjilan einen Bekannten habe. In Bezug auf den Refoulement-Schutz führte die belangte Behörde aus, dass - wie bereits hinsichtlich der Abweisung des Asylantrages dargelegt - keine konkrete Gefährdung des Beschwerdeführers im Sinne des § 57 Abs. 2 FrG zu erkennen gewesen sei, und verwies auf die diesbezüglichen Ausführungen zu Spruchpunkt I. Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen zur Situation in der "Bundesrepublik Jugoslawien" und der persönlichen Situation des Beschwerdeführers finde sich auch kein Anhaltspunkt dafür, dass dieser bei einer Rückkehr in seine Heimat einer Gefährdung im Sinne des § 57 Abs. 1 FrG ausgesetzt wäre. Angesichts der internationalen Präsenz und der Hilfsmaßnahmen sowie des Umstandes, dass nahe Verwandte des Beschwerdeführers in dessen Heimatdorf lebten, könne eine Gefährdung seiner Lebensgrundlage im Sinne des Art. 3 EMRK nicht erkannt werden. Darüber hinaus könne sich der Beschwerdeführer auch in den Kosovo begeben. Eine "Gefährdung der Lebensgrundlage" des Beschwerdeführers könne "auch im Kosovo nicht erkannt werden".
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
1. Die belangte Behörde ging davon aus, dass dem Beschwerdeführer sowohl in Südserbien als auch im Kosovo (welchen sie als dem Beschwerdeführer zur Verfügung stehende interne Schutzalternative qualifiziert hat) keine asylrelevante Verfolgung drohe.
Zunächst ist der belangten Behörde vorzuwerfen, dass sie dem angefochtenen Bescheid insofern eine unrichtige Rechtsansicht zugrunde gelegt hat, als sie eine dem Beschwerdeführer im Kosovo offenstehende interne Schutzalternative angenommen hat. Für Personen mit (ehemaliger) jugoslawischer Staatsangehörigkeit, die nicht aus dem Kosovo stammen, ist jedoch dieses Gebiet bei der Prüfung der Voraussetzungen der Asylgewährung - ausgehend vom Konzept zweier Herkunftsstaaten (dem Kosovo einerseits und der Bundesrepublik Jugoslawien ohne den Kosovo andererseits), welches der Verwaltungsgerichtshof seit Institutionalisierung der UN-Verwaltung verfolgt - nicht als Teil ihres "Herkunftsstaates" in Betracht zu ziehen. Diese Personen haben daher bloß einen "Herkunftsstaat", eben die (ehemalige) Bundesrepublik Jugoslawien ohne den Kosovo, sodass für den Beschwerdeführer die Heranziehung des Kosovo als interne Schutzalternative ausgeschlossen war (siehe dazu eingehend das Erkenntnis vom 9. Juli 2002, Zl. 2001/01/0550). Die belangte Behörde ist jedoch aufgrund der von ihr zur Situation in Südserbien getroffenen Feststellungen von einer nachhaltigen Beruhigung und Stabilisierung der Situation ausgegangen und hat daraus geschlossen, dass es nicht hinreichend wahrscheinlich sei, dass der aus Südserbien stammende Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in dieses Gebiet - in dem auch seine Eltern und sein Bruder lebten - asylrelevante Verfolgung zu befürchten habe. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall von jenem, der dem Erkenntnis vom 9. Juli 2002, Zl. 2001/01/0550, zugrunde lag.
Im Hinblick auf diese Beurteilung der Situation in Südserbien, deren Unschlüssigkeit der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen vermag, kann der belangten Behörde daher insoweit nicht entgegen getreten werden, als sie - auf Grundlage der von ihr in Bezug auf die Situation in Südserbien getroffenen Feststellungen - der gegen die Abweisung des Asylantrages gerichteten Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG keine Folge gegeben hat. In diesem Umfang war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2. Bezüglich der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 8 AsylG abgewiesen. Im erstinstanzlichen Bescheid wurde festgestellt, dass das Refoulement des Beschwerdeführers in die "BR Jugoslawien" zulässig sei, wobei das Bundesasylamt in der Begründung seiner Entscheidung u.a. ausführte, der Beschwerdeführer hätte jedenfalls auch eine "innerstaatliche Fluchtmöglichkeit in den Kosovo" gehabt. Ebenso ging die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon aus, dass sich der Beschwerdeführer - der nach den Feststellungen aus der Gemeinde Presevo in Südserbien stammt - auch in den Kosovo begeben könnte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat schon mehrfach ausgesprochen, dass ein Bescheid, mit dem festgestellt wird, dass das Refoulement "in die Bundesrepublik Jugoslawien" zulässig sei, grundsätzlich die Abschiebung in das gesamte Staatsgebiet (einschließlich des Kosovo, der weiterhin Teil der - damaligen - Bundesrepublik Jugoslawien ist) erlaubt (vgl. die Erkenntnisse vom 25. Mai 2004, Zl. 2003/01/0153, vom 16. April 2004, Zl. 2002/01/0125, und vom 18. Februar 2003, Zl. 2001/01/0325).
Diese Erkenntnisse bezogen sich allerdings auf Asylwerber, die aus dem Kosovo stammten (vgl. schon die Hervorhebung dieses Umstandes in dem hg. Erkenntnis vom 16. Juli 2003, Zl. 2001/01/0081). Während bei einem Bescheidspruch, der die Abschiebung eines aus dem Kosovo stammenden Asylwerbers in die "Bundesrepublik Jugoslawien" für zulässig erklärt, schon aufgrund der Formulierung des Spruches keinesfalls angenommen werden kann, die Behörde hätte die Zulässigkeit der Abschiebung auf einen Teil des jugoslawischen Staatsgebietes (entweder die "BR Jugoslawien" ohne Kosovo oder allein den Kosovo) beschränken wollen, kann ein Bescheid, der einen nicht aus dem Kosovo - sondern aus der übrigen "Bundesrepublik Jugoslawien" - stammenden Asylwerber betrifft, trotz gleicher Formulierung des Ausspruches nach § 8 AsylG allenfalls anders zu beurteilen sein. Unter dem Gesichtspunkt der Herkunft eines Asylwerbers aus einem Gebiet der (damaligen) Bundesrepublik Jugoslawien außerhalb des Kosovo ist bei einem Bescheidspruch, der die Abschiebung in die "BR Jugoslawien" erlaubt, nicht in gleicher Weise klar, dass damit - ohne dass der Spruch insofern einer Auslegung bedürfte - die Zulässigkeit der Abschiebung jedenfalls auch in Bezug auf den Kosovo festgestellt wird.
Zum Verständnis eines derartigen Spruches ist bei nicht aus dem Kosovo stammenden Asylwerbern daher auch die Begründung des Bescheides heranzuziehen. Für den vorliegenden Fall ergibt sich aus der oben wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides - mit dem die belangte Behörde Spruchteil II. des erstinstanzlichen Bescheides (Feststellung der Zulässigkeit des Refoulements "in die BR Jugoslawien") bestätigt hat -, dass die belangte Behörde (ebenso wie schon die Behörde erster Instanz)?davon ausgegangen ist, der aus Südserbien stammende Beschwerdeführer könne auch auf den Kosovo verwiesen werden. Damit steht im Beschwerdefall außer Zweifel, dass sich die Feststellung gemäß § 8 AsylG (idF vor der Asylgesetz-Novelle 2003) auf die gesamte (ehemalige) Bundesrepublik Jugoslawien unter Einschluss des Kosovo bezieht und eine Abschiebung des Beschwerdeführers auch in den Kosovo erlaubt werden sollte.
Insoweit die belangte Behörde die Berufung gemäß § 8 AsylG abgewiesen und damit den sich auf die gesamte (ehemalige) Bundesrepublik Jugoslawien (somit unter Einschluss des Kosovo) beziehenden Spruchteil II. des erstinstanzlichen Bescheides bestätigt hat, hat sie daher die Rechtslage verkannt.
Der angefochtene Bescheid war deshalb hinsichtlich seines Ausspruches nach § 8 AsylG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
3. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 26. Jänner 2006
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