VwGH 2006/15/0227

VwGH2006/15/02274.2.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des TS in S, vertreten durch Deloitte Burgenland Wirtschaftsprüfungs GmbH in 7343 Neutal, Werner von Siemens Straße 1, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 16. Mai 2006, GZ. RV/2309-W/05, betreffend Einkommensteuer 2003, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §25;
EStG 1988 §27;
EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §25;
EStG 1988 §27;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus einem Dienstverhältnis zu einer AG, die eine Beteiligungsgesellschaft einer Bank-Gruppe ist. Im Jahr 1997 wurde ihm die im Zeitraum 30. Juni 2001 bis 30. Juni 2003 ausübbare Option zum Erwerb von 1250 Aktien dieser Bank zu einem aus dem Durchschnittskurs April 2001 errechneten Bezugspreis eingeräumt. Er übte am 7. Juni 2002 diese Option aus und erwarb 1250 Aktien der Bank zum Kurs von EUR 46,06. Die Differenz zwischen dem Bezugspreis und dem aktuellen Marktpreis von EUR 77,50 wurde der Einkommensteuer unterzogen und wäre nach den Optionsbedingungen bei einem Verkauf vor Ablauf der vorgesehenen Behaltefrist an die Bank zu erstatten gewesen.

Der Beschwerdeführer erwarb am 17. Mai 2002 gegen eine Prämie von EUR 8.206,76 Put-Optionsscheine, die ihm das Recht einräumten, sämtliche Aktien dieser Bank nach Ablauf der Behaltefrist zum Kurs von EUR 77,50 zu verkaufen. Die Put-Optionsscheine wurden am 11. Juni 2003 um EUR 3.730,70 wieder veräußert. Die Differenz zwischen dem Kauf- und dem Verkaufspreis der Put-Optionsscheine von EUR 4.476,06 machte er bei der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2003 als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurden die Aufwendungen für die Put-Optionsscheine nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt.

Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde aus, Ausgaben seien nicht deshalb Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, weil sie der "Sicherung" der aus einer unselbständigen Beschäftigung zugeflossenen Einnahmen dienten. Ebenso wie ein Verlust bereits zugeflossener Einnahmen aus einem Dienstverhältnis keinen Werbungskostenabzug begründe, könnten auch Ausgaben zur Sicherung solcher Einnahmen gegen Verluste nicht zu Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit führen. Solche Ausgaben seien nicht durch die berufliche Tätigkeit veranlasst, sondern stellten Aufwendungen auf das Vermögen dar. Maßgeblich sei die Veranlassung durch eine bestimmte außerbetriebliche Tätigkeit. Es müsse ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der auf Einnahmenerzielung gerichteten außerbetrieblichen Tätigkeit und den Aufwendungen gegeben sein (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1998, 97/15/0011).

Eine solche Veranlassung sei dann anzunehmen, wenn objektiv ein Zusammenhang mit dem Beruf bestehe und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung des Berufes gemacht worden seien. Dem Beschwerdeführer gelinge es nicht, einen solchen Zusammenhang der Ausgaben für den Erwerb der Put-Optionen mit seiner nichtselbständigen Tätigkeit aufzuzeigen. Es sei nicht erkennbar, inwiefern für diese Ausgaben die Berufsausübung ursächlich gewesen wäre und dass die Ausgaben dem Beruf des Beschwerdeführers förderlich gewesen wären.

Der Beschwerdeführer habe im Jahr 2002 durch die Ausübung einer ihm eingeräumten Option Aktien zu einem unter dem Börsekurs liegenden Kurs erworben. Der Vorteil, den der Beschwerdeführer dadurch im Jahr 2002 aus seinem Dienstverhältnis erlangt habe, liege in einem verbilligten Erwerb von Wirtschaftsgütern.

Zum Einwand des Beschwerdeführers, es hätte angesichts der Behaltefrist im Jahr 2002 nur ein fiktiver, in wirtschaftlicher Betrachtungsweise noch nicht realisierter Vorteil vorgelegen, sei zu sagen, dass die im Jahr 2002 vorgenommene Versteuerung des Sachbezuges nicht Gegenstand des Verfahrens sei. Die Frage, ob der im Jahr 2002 versteuerte Vorteil aus dem Dienstverhältnis ein endgültiger gewesen sei, sei eine andere als jene der Ungewissheit über die künftige Entwicklung des Kurses der mit Hilfe dieses geldwerten Vorteils erworbenen Aktien. Diese Ungewissheit treffe letztlich jeden Aktionär, gleichgültig, ob er diese Aktien unterpreisig oder zum Börsenkurs erworben habe. Diese Ungewissheit betreffe aber bereits den Vermögensbereich und nicht mehr die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die mit dem Aktienerwerb verbundene Rechtsstellung erschöpfe sich keinesfalls in der Möglichkeit, die Aktien wieder zu verkaufen und einen Kursgewinn zu realisieren. Stimmrecht und Dividendenanspruch seien dem Beschwerdeführer unabhängig von der Behaltefrist vom Zeitpunkt des Erwerbes an zugestanden. Die Entscheidung, die unterpreisig erworbenen Aktien sofort wieder zu verkaufen oder auf längere Dauer zu halten, sei ebenso wie die Entscheidung, sich gegen die Ungewissheit der künftigen Kursentwicklung abzusichern, eine solche, die sich in der privaten Vermögenssphäre abspiele. Die bloße Möglichkeit, dass die verbilligt erworbenen Aktien wegen ungünstiger Kursentwicklung später an Wert verlieren könnten, begründe keinen wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

Auch das Vorbringen, die Put-Optionen hätten als Sicherung des versteuerten Vorteils aus dem Dienstverhältnis gedient, zeige keinen wirtschaftlichen Zusammenhang der Ausgaben für die Put-Optionen mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auf. Die Sicherung zugeflossener Einnahmen gegen Verluste sei nicht durch die berufliche Tätigkeit veranlasst, sondern stelle einen Aufwand auf das Vermögen dar.

Die Meinung des Beschwerdeführers, die Absicherungskosten hätten der Vermeidung nachträglicher negativer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gedient, sei verfehlt. Ein aus einem späteren Verkauf der Aktien zu einem niedrigeren Kurswert resultierender Verlust hätte nicht zu negativen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, sondern zu einem - außerhalb des Spekulationstatbestandes - nicht steuerbaren Vermögensverlust geführt. Diese Ausgaben seien nicht durch die nichtselbständige Tätigkeit des Beschwerdeführers veranlasst worden, denn sie hätten nicht seinem Beruf gedient und der Beschwerdeführer habe die Bezüge aus dem Dienstverhältnis unabhängig davon erhalten, ob er den Kurs der unterpreisig erworbenen Aktien abgesichert habe oder nicht. Es sei daher nicht möglich, die Ausgaben für die Put-Optionen als Werbungskosten bei den vom Beschwerdeführer erzielten Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.

Ein wirtschaftlicher Zusammenhang der Ausgaben des Beschwerdeführers für die Put-Optionen könne allein mit den ins Privatvermögen erworbenen Aktien bestehen. Der Erwerb der Aktien habe zur Begründung einer Einkunftsquelle im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen geführt. Der Begriff der Werbungskosten umfasse bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ausschließlich die mit der Erzielung der Erträge zusammenhängenden Aufwendungen, nicht aber die den Vermögensstamm betreffenden Ausgaben. Verluste am Vermögensstamm seien nicht als Werbungskosten abzugsfähig, ebenso wenig Aufwendungen zur Vermeidung von Kapitalverlusten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde über die Beschwerde erwogen:

Der Beschwerdeführer macht geltend, die Aufwendungen für den Erwerb von Put-Optionen dienten der Sicherung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und seien daher als Werbungskosten im Sinn des § 16 Abs. 1 EStG 1988 bei dieser Einkunftsart zu berücksichtigen. Es seien keine Aufwendungen zur Vermeidung von Kapitalverlusten gesetzt worden, sondern solche zur Vermeidung von nachträglichen negativen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

§ 16 Abs. 1 EStG 1988 lautet auszugsweise:

"Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen und Ausgaben für den Erwerb oder Wertminderungen von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, als dies im Folgenden ausdrücklich zugelassen ist. Hinsichtlich der durchlaufenden Posten ist § 4 Abs. 3 anzuwenden. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. ..."

Nach einhelliger Auffassung (vgl. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar § 16 EStG 1988 allgemein Tz. 2, Doralt, EStG9, § 16 Tz. 3, Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 16 Tz. 1) ist der Abzug von Werbungskosten bei der Einkunftsermittlung Ausdruck des Nettoprinzips. Die Auslegung des Werbungskostenbegriffs muss sich daher an dieser Grundlage orientieren. Werbungskosten sind daher ganz allgemein gesprochen jene Aufwendungen und Ausgaben, die im Rahmen der Erzielung außerbetrieblicher Einkünfte aufgewendet werden. Es handelt sich daher entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht um Ausgaben und Aufwendungen zur Sicherung der bereits zugeflossenen Einnahmen, sondern um Aufwendungen und Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der künftig zufließenden Einnahmen.

Die belangte Behörde ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer auf Grund der von seinem Arbeitgeber eingeräumten Option Aktien erworben hat. Der geldwerte Vorteil aus dem Dienstverhältnis bestand darin, dass der Bezugspreis der Aktien unter dem aktuellen Marktpreis lag. Darin erschöpfte sich der als Sachbezug der Besteuerung zugeführte Vorteil aus dem Dienstverhältnis. Dieser in Geld messbare Vorteil ist dem Beschwerdeführer im Jahr der Ausübung der Option zugeflossen. Ob dieser aus dem begünstigten Erwerb von Aktien resultierende Betrag auch bei einem Verkauf dieser Aktien nach Ablauf der Behaltefrist noch erzielbar wäre, steht in keinem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis des Beschwerdeführers, sondern hängt vom Schicksal der Aktie an sich ab. Aufwendungen zur Sicherung des Kurses der Aktien stehen in keinem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis, das lediglich den Rahmen für einen begünstigten Erwerb der Aktien abgegeben hat. Nachträgliche Änderungen des Wertes der Aktie stellen daher keine nachträglichen Änderungen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dar. Die Auffassung der belangten Behörde, die Aufwendungen für die Put-Optionen stünden in keinem Zusammenhang mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Beschwerdeführers, ist daher nicht rechtswidrig.

Der Erwerb der Aktien führte zur Begründung einer eigenen Einkunftsquelle im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen. Dass Aufwendungen zur Sicherung des Stammes (Wertes) der Aktie im Rahmen dieser Einkunftsart keine Werbungskosten darstellen, hat die belangte Behörde unter Hinweis auf die hg. Rechtsprechung zutreffend angenommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. September 1998, 93/15/0051).

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Die Durchführung der mündlichen Verhandlung war auch nicht unter dem Aspekt des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, erforderlich, weil die vorliegende Abgabensache nicht "civil rights" betrifft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2008, 2006/15/0208).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 4. Februar 2009

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte