VwGH 2006/07/0147

VwGH2006/07/014715.10.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Jantschgi, über die Beschwerde des Ing. H E in K, vertreten durch die Saxinger, Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Europaplatz 7, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 17. Oktober 2005, Zl. uvs- 2005/16/1945+1946-2, betreffend Übertretungen des Tiroler AWG (weitere Partei: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

31975L0442 Abfallrahmen-RL Art3 Abs1;
31975L0442 Abfallrahmen-RL Art3;
31975L0442 Abfallrahmen-RL Art4;
61992CJ0236 Comitato di coordinamento per la difesa della cava VORAB;
AWG Tir 1990 §10 Abs1;
AWG Tir 1990 §27 Abs1 lita idF 2003/044;
AWG Tir 1990 §27 Abs1 lita;
AWG Tir 1990 §4 idF 2003/044;
B-VG Art139;
B-VG Art140;
EURallg;
VStG §21 Abs1;
VStG §5 Abs1;
VwRallg;
31975L0442 Abfallrahmen-RL Art3 Abs1;
31975L0442 Abfallrahmen-RL Art3;
31975L0442 Abfallrahmen-RL Art4;
61992CJ0236 Comitato di coordinamento per la difesa della cava VORAB;
AWG Tir 1990 §10 Abs1;
AWG Tir 1990 §27 Abs1 lita idF 2003/044;
AWG Tir 1990 §27 Abs1 lita;
AWG Tir 1990 §4 idF 2003/044;
B-VG Art139;
B-VG Art140;
EURallg;
VStG §21 Abs1;
VStG §5 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen .

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft K (BH) erließ gegen den Beschwerdeführer das Straferkenntnis vom 24. Juni 2005 mit folgendem Spruch:

"Herr (Beschwerdeführer) hat es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der H. Recycling und Transporte GmbH mit Sitz in K. und somit als zur Vertretung nach außen berufene Person dieser Gesellschaft zu verantworten, dass diese am 02.02.2005 1.850 kg hausmüllähnliche Gewerbeabfälle (SN 91101 laut Abfallkatalog) von der V. Sch. GmbH mit Sitz in F. übernommen und anschließend an die A. Entsorgung GmbH zur 'thermischen Verwertung' übergeben hat.

Als Abfallsammler (Übernehmer) hätte die H. Recycling und Transporte GmbH dafür sorgen müssen, dass die genannten Abfälle zur öffentlichen Deponie des festgelegten Einzugsbereiches verbracht werden (Mülldeponie W.-R., Einzugsbereich 5 laut Tiroler Abfallwirtschaftskonzept).

Er hat dadurch folgenden Rechtsvorschriften verletzt:

§ 27 Abs. 1 lit. a Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz, LGBl. 1990/50, in der Fassung LGBl. 2003/44, i.V.m. §§ 7 lit. f und 8 lit. e Tiroler Abfallwirtschaftskonzept, LGBl. 1993/1, in der Fassung LGBl. 2004/51, sowie § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991(.)"

Es wurde eine Geldstrafe in Höhe von EUR 1.000.-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 252 Stunden) verhängt.

In der Begründung führte die BH u.a. aus, der angelastete Sachverhalt ergebe sich aus einer Anzeige der Deponie R. GmbH & Co KG vom 14. März 2005. Der Beschwerdeführer habe mit Schreiben vom 19. Mai 2005 mitgeteilt, dass der gegenständliche Abfall an die Firma A. Entsorgung GmbH zur thermischen Verwertung übergeben worden sei.

Ferner erließ die BH gegen den Beschwerdeführer ein weiteres Straferkenntnis ebenfalls vom 24. Juni 2005 betreffend die Übernahme von jeweils 1.100 Litern hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen (SN 91101 laut Abfallkatalog) am 17. März 2005 und am 24. März 2005 von Katrin K. in K.; diese Abfälle seien anschließend ebenfalls an die A. Entsorgung GmbH zur thermischen Verwertung übergeben worden.

Es wurde gleichfalls eine Geldstrafe in Höhe von EUR 1.000.-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 252 Stunden) verhängt.

In der Begründung dieses Bescheides führte die BH u.a. aus, der angelastete Sachverhalt habe sich ebenfalls aus einer Anzeige der Deponie R. GmbH & Co KG vom 14. März 2005 ergeben und der Beschwerdeführer habe mit Schreiben vom 14. April 2005 mitgeteilt, dass der Abfall an die Firma A. Entsorgung GmbH zur thermischen Verwertung übergeben worden sei.

Die verfahrensgegenständlichen Abfälle hätten zur Mülldeponie W.-R. verbracht werden müssen. Sie zählten zum Müll, der die üblicherweise in einem Haushalt anfallenden Abfälle umfasse, wobei auch die in Betrieben anfallenden Abfälle gleicher Art unter diesen Begriff zu subsumieren seien. Die Verbringung der Abfälle zur thermischen Verwertung in L. widerspreche den Regelungen des TAWG und des Tiroler Abfallwirtschaftskonzeptes (TAWK).

Als Verschuldensgrad wurde in beiden Fällen Fahrlässigkeit angenommen, weil dem Geschäftsführer einer Entsorgerfirma die Einzugsgebietsregelung bzw. der Andienungszwang bekannt sein müsse.

Gegen diese beiden genannten Bescheide vom 24. Juni 2005 erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Die belangte Behörde führte am 5. Oktober 2005 eine mündliche Verhandlung durch.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 17. Oktober 2005 wurden die Berufungen gegen die beiden genannten Straferkenntnisse als unbegründet abgewiesen.

Nach Wiedergabe des wesentlichen Berufungsvorbringens führte die belangte Behörde u.a. aus, es stehe aufgrund des Ermittlungsverfahrens fest, dass der Beschwerdeführer handelsrechtlicher Geschäftsführer der H. Recycling und Transporte GmbH in K. sei und von dieser Gesellschaft die gegenständlichen hausmüllähnlichen Gewerbeabfälle (SN 91101 laut Abfallkatalog) übernommen und an die A. Entsorgung GmbH übergeben worden seien. Es sei dabei nicht wesentlich, ob es sich um eine Verwertung oder um eine Beseitigung handle. Dieser betriebliche Abfall sei entgegen "§ 7 lit. f TAWG" (gemeint wohl: TAWK) und § 8 lit. e TAWK nicht zur Mülldeponie W.-R. gebracht worden. Damit sei gegen geltendes Abfallwirtschaftsrecht verstoßen worden.

Wenn in der Berufung ausgeführt worden sei, dass der im TAWG verankerte Andienungszwang sowohl im Hinblick auf Art. 4 B-VG als auch unter Bedachtnahme auf den Gleichheitsgrundsatz auf verfassungsrechtliche Bedenken stoße, sei auszuführen, dass diese Frage im Jahr 2000 bereits einmal an den Verfassungsgerichtshof herangetragen worden sei; dieser habe jedoch mit seiner Entscheidung vom 11. Juni 2002, B 139/01-13, die Behandlung der diesbezüglichen Beschwerde abgelehnt.

In der Begründung habe der Verfassungsgerichtshof ausgeführt, dass die Festsetzung verpflichtender Entsorgungsbereiche kraft § 12 Abs. 1 TAWG i.V.m. dem TAWK zwecks Vermeidung überflüssiger Abfallentsorgungswege und zur Gewährleistung einer wirtschaftlichen Ausnutzung der für die einzelnen Entsorgungsbereiche eingerichteten Deponien im öffentlichen Interesse gelegen, diesem adäquat und aus angeführten Gründen auch sonst sachlich zu rechtfertigen sei.

Nicht gefolgt werden könne auch den Ausführungen, die den behaupteten Widerspruch des Andienungszwanges zu europarechtlichen Vorschriften beträfen. In Art. 3 ff der Richtlinie 75/442/EWG seien eine Reihe von Regelungen über die Art und Weise der Abfallbehandlung getroffen worden. So sei etwa in Art. 5 der Grundsatz der Entsorgungsautarkie sowie der Grundsatz der Entsorgungsnähe verankert worden. Gerade diese Grundsätze seien aber mit dem als rechtswidrig bezeichneten Andienungszwang umgesetzt. Dieser sei erforderlich, um einen für die Wirtschaftlichkeit der öffentlichen Deponien im Land Tirol unerlässlichen Auslastungsgrad sicherzustellen und damit bestehende Entsorgungskapazitäten zu erhalten.

Es hätten keinerlei Rechtfertigungsgründe zur Vorgangsweise der vom Beschwerdeführer geleiteten Gesellschaft bestanden. Als Verschuldensgrad sei zumindest Fahrlässigkeit anzunehmen. Der Unrechtsgehalt der Übertretung sei schwerwiegend, widerspreche doch die Verbringung der Abfälle zur thermischen Verwertung in L. den Regelungen des TAWG und TAWK. Mildernd sei die Unbescholtenheit laut Aktenlage zu werten. Unter Bedachtnahme auf den gesetzlichen Strafrahmen seien trotz der vom Beschwerdeführer "genannten Einkommensverhältnisse" (gemeint wohl dessen Hinweis in der Berufung auf die Sorgepflichten für zwei studierende Kinder) die Geldstrafen angemessen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof , welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 25. September 2006, B 3642/05-13, ablehnte und sie an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abtrat.

In der ergänzten Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah von der Erstellung einer Gegenschrift ab und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 27 Abs. 1 lit. a Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz (TAWG), LGBl. Nr. 50/1990, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 44/2003, begeht derjenige, der als Abfallsammler (Übernehmer) die der Abfuhrpflicht nach § 10 unterliegenden Abfälle nicht zu der öffentlichen Behandlungsanlage oder öffentlichen Deponie des nach § 5 Abs. 3 festgelegten Einzugsbereiches verbringt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu EUR 36.000 zu bestrafen.

Gemäß § 10 Abs. 1 TAWG in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 76/1998, müssen unbeschadet der bundesstaatlichen Vorschriften alle Abfälle nach den Bestimmungen dieses Gesetzes und der in seiner Durchführung erlassenen Verordnungen gesammelt und abgeführt werden, soweit im Abs. 2 nichts anderes bestimmt ist.

Gemäß § 10 Abs. 2 lit. b TAWG gilt die Verpflichtung nach Abs. 1 nicht für betriebliche Abfälle, die einer Verwertung zugeführt oder in einer Anlage des Betriebsinhabers zulässigerweise behandelt oder abgelagert werden.

Gemäß § 5 Abs. 3 lit. c TAWG in der Fassung der Novellen LGBl. Nrn. 76/1978 und 44/2003, sind im Abfallwirtschaftskonzept jedenfalls die zur gesonderten Beseitigung der im Land anfallenden Abfälle, mit Ausnahme von Bodenaushub und Baurestmassen, erforderlichen öffentlichen Behandlungsanlagen und öffentlichen Deponien sowie unter Bedachtnahme auf die Arten und Mengen der anfallenden Abfälle, auf die Anzahl der Einwohner und der Betriebe und auf die verkehrstechnischen Verhältnisse die Standortbereiche und die Einzugsbereiche dieser Anlagen festzulegen.

Gemäß § 2 Abs. 1 TAWG in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 44/2003, sind Hausmüll alle nicht gefährlichen Siedlungsabfälle des § 2 Abs. 4 Z. 2 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002.

Gemäß § 2 Abs. 3 TAWG in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 44/2003, sind betriebliche Abfälle alle diesem Gesetz unterliegenden Abfälle mit Ausnahme des Hausmülls.

Durch § 7 lit. f und § 8 lit. e Tiroler Abfallwirtschaftskonzept (kurz TAWK), LGBl. Nr. 1/1993, in der Fassung der Novellen LGBl. Nrn. 26/1999 und 51/2004, wurde das Gebiet, aus dem die in Rede stehenden Abfälle stammen, dem Einzugsbereich 5 und in der Folge einer bestimmten Deponie zugeordnet.

Der Beschwerdeführer macht geltend, die belangte Behörde habe zu Unrecht unberücksichtigt gelassen, ob eine Verwertung oder eine Beseitigung der in Rede stehenden (betrieblichen) Abfälle erfolgt sei. Es sei zwar richtig, dass gemäß § 10 Abs. 1 TAWG grundsätzlich alle Abfälle in Tirol nach den Bestimmungen des TAWG und der in seiner Durchführung erlassenen Verordnung (TAWK) gesammelt und abgeführt werden müssten. Die belangte Behörde habe jedoch § 10 Abs. 2 lit. b TAWG übersehen. Darin werde unmissverständlich bestimmt, dass § 10 Abs. 1 TAWG (bzw. die daraus resultierenden Verpflichtungen) nicht für betriebliche Abfälle gelte, die einer Verwertung im Sinne des TAWG zugeführt werden. Dies werde sowohl unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Im Verwaltungsverfahren war unstrittig, dass der in Rede stehende Abfall aus dem Einzugsgebiet der Mülldeponie W.-R. stammt und nicht zu dieser Deponie angeliefert wurde.

Insoweit der Beschwerdeführer erstmals in der Beschwerde der Ansicht ist, es liege betrieblicher Abfall im Sinne des § 2 Abs. 3 TAWG vor, weshalb ein Anwendungsfall des § 10 Abs. 2 lit. b TAWG gegeben sei, ist dem entgegenzuhalten, dass die gegenständlichen Abfälle während des gesamten Verwaltungsstrafverfahrens von den Behörden als "hausmüllähnliche Gewerbeabfälle (SN 91101 laut Abfallkatalog)" qualifiziert und auch vom Beschwerdeführer in der jeweiligen Rechtfertigung vom 14. bzw. 17. Mai 2005 sowie in der jeweiligen Berufung als "hausmüllähnliche Gewerbeabfälle" bezeichnet wurden, weshalb eine unzulässige Neuerung im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG vorliegt. Ergänzend sei angemerkt, dass auch der Zeuge B. im Zuge der mündlichen Verhandlung am 5. Oktober 2005 vor der belangten Behörde bestätigte, dass es sich bei dem gegenständlichen Abfall "tatsächlich um hausmüllähnlichen Abfall" gehandelt habe.

Dass die belangte Behörde in ihrer Begründung des angefochtenen Bescheides den im Spruch angeführten "hausmüllähnlichen Gewerbeabfall" als "betriebliche(n) Abfall" bezeichnet, kann nicht dahingehend verstanden werden, dass die belangte Behörde diese Abfälle tatsächlich als "betriebliche Abfälle" im Sinne des § 2 Abs. 3 TAWG qualifiziert hätte.

Da auf der Basis der durchgeführten Ermittlungen "hausmüllähnlicher Gewerbeabfall" vorlag und diese Qualifikation des Abfalls im Zuge des Veraltungsstrafverfahrens nicht widerlegt sondern vielmehr bestätigt wurde (siehe die vorzitierte Aussage des Zeugen B.), kam eine Anwendung der in § 10 Abs. 2 lit. b TAWG statuierten Ausnahme für betriebliche Abfälle nicht in Frage. Die gerügte Rechtswidrigkeit liegt daher nicht vor.

Der Beschwerdeführer wendet sich ferner gegen die als rechtswidrig angesehenen Bestimmungen des TAWG, die einen "Andienungszwang" insbesondere für betriebliche Abfälle normierten, weil diese kraft Anwendungsvorrang von Gemeinschaftsrecht unangewendet bleiben müssten. Dazu verweist der Beschwerdeführer u.a. auf das Urteil des EuGH vom 13. Dezember 2001, Rs C-324/99 , auf Art. 3 und 4 der Abfallrichtlinie (RL 75/442/EWG des Rates vom 15. Juli 1975), die Abfallverbringungsverordnung (VO 93/25 9/EWG des Rates vom 1. Februar 1993) sowie auf Art. 1 Abs. 1 der Abfalldeponieverordnung (RL 1999/31/EG des Rates vom 26. April 1999).

Mit der Frage des Andienungszwanges hat sich der Verwaltungsgerichtshof in dem über eine - insoweit im Wesentlichen inhaltsgleiche - Beschwerde betreffend Übertretung des TAWG ergangenen Erkenntnis vom 25. Juni 2009, Zl. 2007/07/0014, bereits ausführlich auseinandergesetzt. Der Gerichtshof gelangte dabei aus näher dargestellten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, zu dem Ergebnis, dass aus Art. 3 und 4 der im Tatzeitraum (und zwar sowohl im damaligen als auch im jetzigen Verfahren) geltenden Abfallrichtlinie für den Einzelnen schon deswegen nichts zu gewinnen sei, weil diese Richtlinienbestimmung nicht unmittelbar anwendbar sei und sie daher nicht zur Verdrängung der im Beschwerdefall anzuwendenden Vorschriften des TAWG führen könne, weil diese Bestimmungen nämlich weder unbedingt noch hinreichend genau und damit nicht geeignet seien, Rechte zu verleihen, die Einzelne gegenüber dem Staat geltend machen könnten.

Auch auf die Abfallverbringungsverordnung kann sich der Beschwerdeführer nicht berufen, weil diese die Verbringung von Abfällen über die Grenzen von Mitgliedstaaten hinaus regelt und ein solcher Sachverhalt im Beschwerdefall nicht vorliegt (vgl. dazu das soeben zitierte hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2009).

Ferner ist für den Beschwerdeführer auch aus der Entscheidung des EuGH vom 13. Dezember 2001, Rs C-324/99 , nichts zu gewinnen, weil sich diese im Wesentlichen auf die Auslegung der Abfallverbringungsverordnung in Bezug auf nationale Andienungspflichten bezieht; eine unzulässige Verbringung von Abfällen wurde dem Beschwerdeführer jedoch nicht zur Last gelegt.

Unzutreffend ist auch die Rüge, es liege eine Verfassungswidrigkeit des TAWG bzw. eine Gesetzwidrigkeit des TAWK vor, wobei diese im sachlich nicht gerechtfertigten Andienungszwang erblickt werde; u.a. werde darin ein Verstoß gegen den Kompetenztatbestand des Art. 10 Abs. 1 Z. 12 B-VG, gegen das sich aus dem Rechtsstaatsprinzip und dem Gleichheitssatz ergebende Berücksichtigungsverbot, gegen das in Art. 4 B-VG garantierte Gebot der Einheitlichkeit des Wirtschaftsgebietes sowie gegen Art. 6 StGG geltend gemacht.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Ablehnungsbeschluss vom 25. September 2006, Zl. B 3642/05, ausdrücklich festgehalten, dass auch aus Anlass des gegenständlichen Verfahrens hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des TAWG bzw. der Gesetzmäßigkeit des TAWK keine Bedenken entstanden seien. Solche Bedenken hat auch der Verwaltungsgerichtshof nicht.

Im Übrigen wird auch in diesem Zusammenhang auf das hg. Erkenntnis vom 25. September 2009 verwiesen.

Im gegenständlichen Verfahren sind Umstände, die verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Andienungszwang hervorrufen könnten, nicht hervorgekommen, weshalb sich der Verwaltungsgerichtshof auch nicht veranlasst sieht, die vom Beschwerdeführer genannten Bestimmungen des TAWG bzw. des TAWK durch den Verfassungsgerichtshof prüfen zu lassen.

Insofern der Beschwerdeführer vorbringt, es sei eine Verfassungswidrigkeit des TAWG bzw. eine Gesetzwidrigkeit des TAWK aus einem Verstoß gegen das Prinzip des Vorranges der Verwertung vor dem Prinzip der Beseitigung (§ 1 Abs. 2 AWG 2002) abzuleiten, wird wiederum gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Begründung im bereits zitierten hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2009 verwiesen, in der der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, dass nicht näher untersucht zu werden braucht, wie weit das im § 1 AWG 2002 und im § 4 TAWG enthaltene Prinzip des Vorranges der Verwertung vor der Beseitigung überhaupt reicht, weil § 1 AWG 2002 auf den (seinerzeitigen) Beschwerdefall - wie auch im hier zugrundeliegenden Verfahren - nicht anwendbar ist und außerdem auf einfachgesetzlicher Ebene steht. Auch § 4 TAWG stellt nur eine einfachgesetzliche Vorschrift dar. Die Regelungen des TAWK können sich auf Bestimmungen des TAWG stützen.

Eine Verfassungs- oder Gesetzwidrigkeit der im Beschwerdefall anzuwendenden Normen ergibt sich überdies auch nicht aus dem Gemeinschaftsrecht. Verstöße gegen die Bestimmungen des primären und des sekundären Gemeinschaftsrechts sind - wie im bereits mehrfach zitierten hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2009 ausgeführt - keine "Gesetzwidrigkeit" im Sinne von Art. 139 B-VG oder "Verfassungswidrigkeit" im Sinne von Art. 140 B-VG.

Unzutreffend ist auch das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich der als präjudiziell bezeichneten Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol, mit dem eine Ausnahme vom Verbot der Deponierung von bestimmten Abfällen mit mehr als 5 Masseprozent organischem Kohlenstoff (TOC) festgelegt wird, LGBl. Nr. 73/2004, die sich auf § 76 Abs. 7 AWG 2002 stützt. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem bereits zitierten Ablehnungsbeschluss vom 25. September 2006 ausdrücklich festgehalten, dass diese Bestimmungen im gegenständlichen Beschwerdefall nicht präjudiziell sind. Auf das dahingehende Vorbringen braucht daher nicht weiter eingegangen zu werden.

Schließlich trifft auch die behauptete Gesetzwidrigkeit des TAWK nicht zu. Der Beschwerdeführer bringt vor, dem TAWK könne der Einzugsbereich 5 nicht eindeutig entnommen werden, weshalb unklar sei, welcher öffentlichen Behandlungsanlage anzudienen gewesen sei. § 8 lit. f widerspreche § 8a TAWK, worin ein Verstoß gegen § 5 TAWG zu erblicken sei.

Der im angefochtenen Bescheid herangezogene § 8 lit. e TAWK in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 51/2004 legt für den Einzugsbereich 5 die Mülldeponie W.-R. fest. Insoweit der Beschwerdeführer sich auf "§ 8 lit. f TAWK" bezieht, stellt er damit offenbar versehentlich auf die Rechtslage vor Erlassung der Novelle LGBl. Nr. 51/2004 ab; diese Bestimmung befindet sich nunmehr unverändert unter lit. e.

Im vorliegenden Beschwerdefall liegt kein Anwendungsfall des § 8a TAWK vor, weshalb sich ein weiteres Eingehen auf das diesbezügliche Beschwerdevorbringen erübrigt.

Die belangte Behörde führte zu Recht aus, dass dem Geschäftsführer einer Entsorgungsfirma die "Einzugsgebietsregelung" bzw. der Andienungszwang hätte bekannt sein müssen. Es war daher unter den gegebenen Umständen auch nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass die belangte Behörde in beiden Fällen zumindest vom Vorliegen eines fahrlässigen Verhaltens des Beschwerdeführers ausging.

Weshalb die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit des Vertrages zwischen dem Land Tirol und dem Betreiber der Deponie W.-R. für die im Beschwerdefall zu prüfende Bestrafung des Beschwerdeführers maßgebend sein soll, wird in der Beschwerde nicht einsichtig dargelegt.

Weiters wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Strafbemessung und macht unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend, die belangte Behörde habe die Bestimmungen des § 19 VStG falsch angewendet. Indem die belangte Behörde den Unrechtsgehalt als schwerwiegend gewertet habe, habe sie das von ihr angenommene tatbildliche Verhalten, wie es in § 27 Abs. 1 lit. a TAWG unter Strafe gestellt sei, ohne Hinzutreten besonderer weiterer Umstände zusätzlich als straferschwerend gewertet.

Die belangte Behörde habe weiters das ausdrückliche Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er gegenüber zwei Kindern im Alter von 23 und 25 Jahren, die beide studierten, unterhaltspflichtig sei, entgegen § 19 Abs. 2 letzter Satz VStG nicht berücksichtigt. Die belangte Behörde habe bei der Strafbemessung zwar auf die Einkommensverhältnisse, nicht aber auf die Familienverhältnisse des Beschwerdeführers Bedacht genommen. Dies werde sowohl unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht, denn hätte die belangte Behörde entsprechende Ermittlungen angestellt, wäre sie zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beschwerdeführer im nämlichen Umfang unterhaltspflichtig sei und eine geringere Strafe festzusetzen gewesen wäre.

Mit der Ansicht, die belangte Behörde habe das angenommene tatbildliche Verhalten ohne Hinzutreten besonderer weiterer Umstände zusätzlich als straferschwerend gewertet, verkennt der Beschwerdeführer, dass keine Erschwerungsgründe - und zwar weder in den erstinstanzlichen noch im angefochtenen Bescheid - angenommen wurden.

Dass im angefochtenen Bescheid der Unrechtsgehalt der Übertretung als "schwerwiegend" angesehen wurde, ist nämlich nicht dahingehend zu verstehen, dass die belangte Behörde einen Erschwerungsgrund angenommen hat. Es ist viel mehr davon auszugehen, dass die belangte Behörde das Verschulden des Beschuldigten im Grunde des § 21 Abs. 1 VStG nicht als geringfügig ansah, weil die Übertretung als "schwerwiegend" qualifiziert wurde und somit das tatbildmäßige Verhalten des Täters nicht hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückblieb (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II, 2. Aufl., unter E 5 zu § 21 VStG, S. 388, angeführte Rechtsprechung).

Der Beschwerdeführer wendet ferner ein, die belangte Behörde habe sich zwar mit seinen Einkommensverhältnissen, nicht aber mit seinen Familienverhältnissen auseinandergesetzt.

Die Strafzumessung ist innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch macht. Dabei ist es Sache der Behörde, die für die Strafbemessung maßgebenden Erwägungen darzustellen, um so dem Verwaltungsgerichtshof die Möglichkeit zur Überprüfung zu eröffnen, ob vom Ermessen gesetzmäßig Gebrauch gemacht wurde (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren II, 2. Auflage, S. 301 f., unter E 101 zu § 19 VStG angeführte Judikatur).

Im angefochtenen Bescheid führte die belangte Behörde u. a. aus, unter Bedachtnahme auf den gesetzlichen Strafrahmen erschienen trotz der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Unterhaltspflichten die Geldstrafen angemessen.

Der Beschwerdeführer hat mit seinem Einwand aber nicht dargetan, dass die belangte Behörde im Falle der Erhebung dieser Verhältnisse zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, hat es doch der Beschwerdeführer während des gesamten Verfahrens unterlassen, seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (sieht man von den in der Berufung vorgebrachten Sorgepflichten ab) anzugeben, sodass (auch) nicht, insbesondere im Hinblick auf das Strafausmaß, von der Wesentlichkeit dieses Verfahrensmangels ausgegangen werden kann (vgl. auch dazu die hg. Erkenntnisse vom 24. Jänner 1990, Zl. 89/02/0113 sowie vom 21. Februar 1990, Zl. 89/02/0174, m.w.N.).

Die belangte Behörde verhängte jeweils eine Geldstrafe von EUR 1.000.-- bei einem Strafrahmen von jeweils EUR 36.000,--, sodass eine Überschreitung des Ermessensspielraumes bei der Strafbemessung durch die belangte Behörde im gegenständlichen Fall nicht erkennbar ist.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 15. Oktober 2009

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