VwGH 2007/08/0318

VwGH2007/08/031829.10.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des Ing. PH in S, vertreten durch Dr. Christoph Naske, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wipplingerstraße 21, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Kärnten vom 24. Oktober 2007, Zl. LGS/SfA/05662/2007, betreffend Einstellung der Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §10;
AlVG 1977 §24 Abs1;
AlVG 1977 §38;
AlVG 1977 §9;
AlVG 1977 §10;
AlVG 1977 §24 Abs1;
AlVG 1977 §38;
AlVG 1977 §9;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid wurde der Bezug der Notstandshilfe des Beschwerdeführers ab dem 27. Juli 2007 eingestellt.

Die belangte Behörde stützte ihre Begründung dazu im Wesentlichen darauf, dass über den Beschwerdeführer seit Februar 2007 mit - jeweils von der belangten Behörde im Berufungsverfahren bestätigten - Bescheiden des AMS Wolfsberg vom 28. Februar 2007, vom 26. April 2007 und vom 11. Juli 2007 wegen Vereitelung der Aufnahme von drei zumutbaren Beschäftigungen bei namentlich angeführten, verschiedenen Unternehmen im Februar, März bzw. Mai 2007 drei Sanktionen nach § 10 AlVG verhängt worden seien. Daraus schloss die belangte Behörde (unter Heranziehung des hg. Erkenntnisses vom 28. Juni 2006, Zl. 2005/08/0128) auf eine generelle Ablehnung der Annahme von zumutbaren Beschäftigungen seitens des Beschwerdeführers und damit auf einen dauerhaften Mangel an Arbeitswilligkeit, zumal der Arbeitslose damit habe erkennen lassen, über einen längeren Zeitraum hinweg nicht bereit zu sein, eine neue Arbeit anzunehmen. Die Arbeitswilligkeit und damit die nachhaltige Bereitschaft, eine Arbeit anzunehmen, könne in einem solchen Fall z.B. nur dadurch dokumentiert werden, dass tatsächlich ein Beschäftigungsverhältnis angetreten werde. Die Einstellung mangels Arbeitswilligkeit sei mit dem Tag vorzunehmen, der auf den letzten Tag des dritten Sanktionszeitraumes (hier: 26. Juli 2007) folge. Um neuerlich vorliegende Arbeitswilligkeit nachzuweisen, müsse der Arbeitslose eine Beschäftigung annehmen; eine bloße Erklärung der Arbeitswilligkeit, wie in der Berufung behauptet, reiche hier nicht aus.

Gegen diesen Bescheid richtet sich vorliegende Beschwerde mit dem Begehren ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Gemäß § 33 Abs. 2 AlVG ist Notstandshilfe nur zu gewähren, wenn der Arbeitslose der Vermittlung zur Verfügung steht (§ 7 Abs. 2 und 3 AlVG) und sich in Notlage befindet.

Der Arbeitsvermittlung steht gemäß § 7 Abs. 2 AlVG zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf und arbeitsfähig (§ 8 AlVG), arbeitswillig (§ 9 AlVG) und arbeitslos (§ 12 AlVG) ist.

Gemäß § 9 Abs. 1 leg. cit. ist arbeitswillig, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.

Nach § 10 Abs. 1 AlVG verliert u.a. ein Arbeitsloser, der sich weigert, eine ihm von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden sechs (unter näher umschriebenen Voraussetzungen: acht) Wochen den Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Gemäß § 24 Abs. 1 erster Halbsatz AlVG ist dann, wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld wegfällt, dieses einzustellen.

Die genannten Bestimmungen gelten auf Grund des § 38 AlVG für die Notstandshilfe sinngemäß.

Wenn ein Arbeitsloser (somit) eine zumutbare Beschäftigung im Sinne des § 9 AlVG nicht annimmt bzw. die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, so führt dies gemäß § 10 AlVG zum temporären Verlust des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe. Die Voraussetzung für die Einstellung der Notstandshilfe mangels Arbeitswilligkeit gemäß § 24 Abs. 1 AlVG i.V.m. § 38 AlVG ist jedoch im hier gegebenen Zusammenhang die generelle Ablehnung der Annahme einer zumutbaren, die Arbeitslosigkeit ausschließenden Beschäftigung. Lässt ein Arbeitsloser erkennen, dass er über einen längeren Zeitraum hinweg keine neue Arbeit anzunehmen gewillt ist, dann steht er der Arbeitsvermittlung in Wahrheit nicht zur Verfügung (vgl. dazu u.a. die hg. Erkenntnisse vom 28. Juni 2006, Zl. 2005/08/0128, und vom 25. Oktober 2006, Zl. 2005/08/0164).

2. Der Beschwerdeführer hat gegen die drei die erstinstanzlichen Bescheide des AMS Wolfsberg bestätigenden Berufungsbescheide der belangten Behörde vom 19. April, 25. Juli und 13. September 2007, mit welchen Ausschlussfristen gemäß § 10 AlVG vom 6. Februar bis 19. März 2007, vom 26. März bis 20. Mai 2007 sowie vom 1. Juni bis 26. Juli 2007 verhängt wurden, jeweils Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

Mit den hg. Erkenntnissen jeweils vom 11. September 2008, Zlen. 2007/08/0111 und 2007/08/0249, wurden zwischenzeitig zwar die Beschwerden gegen die Bescheide der belangten Behörde vom 19. April und 13. September 2007 als unbegründet abgewiesen, jedoch wurde des Weiteren mit hg. Erkenntnis vom gleichen Tag, Zlen. 2007/08/0157 und 2007/08/0205, der Bescheid der belangten Behörde vom 25. Juli 2007 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Dadurch trat jene Rechtssache, welche die Vereitelungshandlung im März 2007 und die deshalb verhängte Sperrfrist vom 26. März bis 20. Mai 2007 betroffen hat, gemäß § 42 Abs. 3 VwGG in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des bezughabenden Bescheides befunden hat. Ungeachtet des weiteren Zusammenhanges mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 31. Mai 2007, der ebenfalls diese Rechtssache betraf und gleichzeitig mit diesem hg. Erkenntnis, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs.2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, aufgehoben wurde, war somit im vorliegenden Fall zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung jedenfalls über das allfällige Vorliegen einer Vereitelungshandlung im Sinn des § 10 AlVG im März 2007 noch nicht endgültig abgesprochen worden. Im Übrigen hat(te) der Beschwerdeführer in jenem Verfahren auch nicht ausdrücklich erklärt, eine derartige Beschäftigung nicht annehmen zu wollen.

Damit leidet der hier angefochtene Bescheid bereits an inhaltlicher Rechtswidrigkeit dadurch, dass die belangte Behörde demgegenüber in ihrer rechtlichen Subsumtion zu Unrecht vom Vorliegen dreier, bereits rechtskräftig festgestellter Vereitelungshandlungen des Beschwerdeführers im relevanten Beurteilungszeitraum ausgegangen ist. Die belangte Behörde wird daher den Sachverhalt im Rahmen der eingetretenen Änderung neuerlich unter Zugrundelegung der u.a. im hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2006, Zl. 2005/08/0128, dargelegten Grundsätze zu beurteilen haben.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 29. Oktober 2008

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