Normen
AlVG 1977 §7 Abs3 Z2 idF 2003/I/071;
B-VG Art140 Abs1;
AlVG 1977 §7 Abs3 Z2 idF 2003/I/071;
B-VG Art140 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stellte am 2. April 2007 einen Antrag auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes, welcher mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien, regionale Geschäftsstelle Dresdner Straße, vom 20. April 2007 mangels Verfügbarkeit des Beschwerdeführers am Arbeitsmarkt gemäß § 7 AlVG mit der Begründung abgewiesen wurde, dass gegen den Beschwerdeführer ein rechtskräftiges, durchsetzbares und unbefristetes Aufenthaltsverbot bestehe.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung und führte darin zusammengefasst aus, dass er schon länger über eine Aufenthaltsbewilligung gemäß § 19 AsylG (1997) als Asylwerber verfüge und daher dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stünde.
In seinem Schreiben vom 17. Oktober 2007 brachte der Beschwerdeführer ergänzend im Wesentlichen vor, dass das Aufenthaltsverbot "falsch" sei sowie seine Frau und sein Sohn österreichische Staatsbürger seien.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Berufung gemäß § 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG keine Folge gegeben. Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass - nach telefonischer Mitteilung des Bundesasylamtes - das seit dem Jahr 2000 anhängige Asylverfahren des Beschwerdeführers infolge anhängigem Berufungsverfahren beim unabhängigen Bundesasylsenat noch nicht rechtskräftig entschieden sei und - wie bereits im erstinstanzlichen Verfahren festgestellt - laut telefonischer Bestätigung der Bezirkshauptmannschaft Baden das im Jahre 1988 gegen den Beschwerdeführer erlassene unbefristete Aufenthaltsverbot unverändert aufrecht sei. Nach den Übergangsbestimmungen zum Fremdenpolizeigesetz sei dieses Aufenthaltsverbot seit 1. Jänner 2006 als Rückkehrverbot zu bewerten und habe zur Folge, dass ihm das vorläufige Aufenthaltsrecht als Asylwerber entzogen worden sei und ihm bis zur Beendigung des Asylverfahrens nur faktischer Abschiebungsschutz zukomme. Mangels Hinweis, dass die Ehegattin des Beschwerdeführers, eine österreichische Staatsbürgerin, von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht habe, liege auch kein Anwendungsfall nach den §§ 57 iVm 54 NAG vor. Da der Beschwerdeführer auch keinen Aufenthaltstitel auf Grund anderer Bundesgesetze besitze, stehe er der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 7 Abs. 1 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 102/2005, hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, die Anwartschaft erfüllt und die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat. Nach § 7 Abs. 2 AlVG steht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung, wer (u.a.) eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf.
§ 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG in der Fassung BGBl. I Nr. 102/2005 lautet:
"Eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf eine Person, ...
2. die sich berechtigt im Bundesgebiet aufhält, um eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen und auszuüben ...".
Nach den Übergangsbestimmungen zum Fremdenpolizeigesetz 2005 gilt ein gegen einen Fremden, der am 1. Jänner 2006 Asylwerber ist, bestehendes Aufenthaltsverbot als Rückkehrverbot.
Soweit die Beschwerde aus der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 Asylgesetz 1997 die Möglichkeit einer Beschäftigungsaufnahme und daraus wiederum die Verfügbarkeit des Beschwerdeführers im Sinne von § 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG ableitet, verkennt sie, dass über ihn ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt wurde (vgl. § 21 Abs. 1 Asylgesetz 1997) und ihm daher lediglich faktischer Abschiebeschutz iSd § 21 Abs. 2 Asylgesetz 1997 zukommt.
Mit dem weiteren Vorbringen bezieht sich der Beschwerdeführer zusammengefasst auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verfügbarkeit im Sinn des § 7 AlVG und bringt vor, dass auch die - durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 71/2003 erfolgte - Neufassung des § 7 Abs. 3 AlVG verfassungskonform so interpretiert werden müsse, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld für Ausländer im Fall der Ziffer 2 dieser Gesetzesbestimmung nur für den Fall beschränkt werden dürfe, dass sich die betreffende Person nicht im Inland aufhalten darf und ihre Verschaffung in das Ausland rechtlich auch durchsetzbar ist.
Zu diesen Ausführungen ist festzuhalten, dass sich die vom Beschwerdeführer damit angesprochene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1998, Zl. 96/08/0314) auf § 7 Abs. 3 Z. 1 und 2 AlVG idF des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201/1996, bezog. Der Gesetzgeber hat durch die mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 71/2003 erfolgte Novellierung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes jedoch eine eindeutige Verknüpfung zwischen der Berechtigung zum Aufenthalt zum Zweck der Aufnahme und Ausübung einer unselbständigen Beschäftigung und der Leistungsverpflichtung der Arbeitslosenversicherung vorgenommen (vgl. dazu die Erläuterungen zur Regierungsvorlage 59 BlgNr. 22. GP, S. 346).
Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 1. Oktober 2005, Zl. G 61/05, die vom Verwaltungsgerichtshof vorgebrachten Bedenken gegen die Neufassung dieser Bestimmung verworfen und ausgeführt, dass durch die verfahrensgegenständliche Bestimmung des § 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG idF BGBl. I Nr. 71/2003 das versicherte Risiko jedenfalls sachlich abgegrenzt sei.
Vor diesem Hintergrund erweist sich daher die von der belangten Behörde vorgenommene Beurteilung, der Beschwerdeführer sei mangels eines entsprechenden Aufenthaltstitels für die Arbeitsvermittlung nicht verfügbar, als zutreffend (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2006, Zl. 2005/08/0211).
Im Übrigen gehen auch die weiteren Einwände der Beschwerde ins Leere:
Die Feststellungen über das (seit 4. Juli 1988) bestehende unbefristete Aufenthaltsverbot sowie betreffend ein bei den Asylbehörden anhängiges Asylverfahren resultieren bereits aus dem erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren. Soweit die Beschwerde rügt, dass dem Beschwerdeführer keine Gelegenheit eingeräumt wurde, zu den weiteren (fernmündlichen) Ermittlungen der belangten Behörde über den Stand des (weiterhin noch nicht rechtskräftig entschiedenen) Asylverfahrens Stellung zu nehmen, ist ihr zu entgegnen, dass sie die Relevanz für das Verfahrensergebnis nicht darzutun vermag. Dasselbe gilt für die Behauptung, dass keine Ermittlungen zum aktuellen aufenthaltsrechtlichen Status des Beschwerdeführers durchgeführt worden wären, zumal die Beschwerde auch keine geänderte Position des Beschwerdeführers behauptet. Damit erübrigte sich auch die in der Beschwerde begehrte Beiziehung eines Dolmetschers zur Klärung des aufenthaltsrechtlichen Status des Beschwerdeführers, zumal es sich bei der Beurteilung der Auswirkung einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung für den begehrten Zugang zum Arbeitsmarkt um eine Rechtsfrage handelt. Allein mit der bloß vorläufigen Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 AsylG besteht aber angesichts eines rechtskräftigen Aufenthalts-(Rückkehr-)verbots - wie oben ausgeführt - keine Verfügbarkeit des Beschwerdeführers im Sinne von § 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG. Auf dieser Grundlage reichen die Ermittlungen und darauf aufbauenden Feststellungen der belangten Behörde für eine abschließende rechtliche Beurteilung aus.
Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung des Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind im (letztinstanzlichen) Bescheid die im § 60 AVG genannten Elemente auch in einer eindeutigen, (nicht nur die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden, sondern auch) der nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe öffentlichen Rechts zugänglichen Weise darzulegen (vgl. unter anderem die hg. Erkenntnisse vom 12. September 1996, Zl. 95/20/0666, und vom 25. Februar 2004, Zl. 2003/12/0027).
Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 25. Mai 2005, 2002/08/0094) nicht, dass der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung hat nur zur Folge, dass - sofern in den besonderen Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist - die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Schlüssig sind solche Erwägungen nur dann, wenn sie den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen.
Auch diesen Erfordernissen kommt die belangte Behörde durchaus nach, wenn sie die für die rechtliche Beurteilung wesentlichen und unbestrittenen sowie auf Grundlage des Vorbringens ausreichenden Sachverhaltselemente anführt und daraus in ihrer rechtlichen Subsumtion zu einem die Berufung abschlägigen Ergebnis gelangt.
Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet des - hier vorliegenden - Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn nicht Art. 6 Abs. 1 EMRK dem entgegensteht.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41) unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 10. August 2000, Zl. 2000/07/0083, und vom 14. Mai 2003, Zl. 2000/08/0072). Dieser Umstand liegt aber auch im gegenständlichen Fall vor, weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt ist und die Rechtsfragen durch die bisherige Rechtsprechung beantwortet sind. In der Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatsachenfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden.
Wien, am 4. Juni 2008
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