Normen
FrPolG 2005 §2 Abs4 Z11;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs6;
FrPolG 2005 §63 Abs1;
FrPolG 2005 §63 Abs2;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
MRK Art8 Abs2;
FrPolG 2005 §2 Abs4 Z11;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs6;
FrPolG 2005 §63 Abs1;
FrPolG 2005 §63 Abs2;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
MRK Art8 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 3. August 2006 erließ die Bundespolizeidirektion Graz gegen den Beschwerdeführer, einen im Jahr 1999 in das Bundesgebiet eingereisten Staatsangehörigen der Dominikanischen Republik, gemäß § 60 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot.
In ihrer Begründung stützte sie sich auf folgende rechtskräftige Verurteilungen des Beschwerdeführers:
"1.) Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 16.09.2004, ..., wegen der Begehung der Delikte nach §§ 107 Abs. 1 und 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaße von 7 Monaten, davon Freiheitsstrafe von 1 Monat (richtig: 6 Monate) bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren."
"2.) Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 10.04.2006, ..., wegen der Begehung der Delikte nach §§ 27 Abs. 1, 1., 2. und 6. Fall, Abs. 2 Z. 2, 1. Fall Suchtmittelgesetz, teilweise § 15 StGB - zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaße von 6 (sechs) Monaten."
Der Beschwerdeführer habe in Graz den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift erworben, besessen und in der Absicht, sich durch den wiederkehrenden Verkauf von Suchtgift eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, einem anderen am 18. Jänner 2006 ca. 10 g Marihuana und am 14. März 2006 ca. 31 g Marihuana und ca. 1 g Heroin zu überlassen versucht.
"3. Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 26.04.2006, ..., wegen der Begehung des Vergehens der Nötigung gem. § 105 Abs. 1 StGB, des Vergehens der Körperverletzung gem. § 83 Abs. 1 StGB, des Vergehens der Sachbeschädigung gem. dem § 125 StGB, des Verbrechens des gewerbsmäßigen Betruges gem. den §§ 146, 148 erster DF StGB, des Vergehens gem. § 50 Abs. 1 Z. 3 Waffengesetz zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 8 (acht) Monaten."
Konkretisierend führte sie dazu aus, der Beschwerdeführer habe am 11. Juni 2005 das Vergehen der Körperverletzung und der Sachbeschädigung begangen, weil er Sandra L. durch Faustschläge in das Gesicht verletzt und Einrichtungsgegenstände ihrer Wohnung zertrümmert habe.
Weiters stellte die Bundespolizeidirektion Graz fest, dem Beschwerdeführer seien wiederholt, zuletzt mit Gültigkeit vom 4. Februar 2005 bis 3. Februar 2006, Aufenthaltstitel für "jeglichen Aufenthaltszweck" erteilt worden. Der Beschwerdeführer sei Vater "einer kleinen Tochter" (Jennifer, geboren am 2. November 2004), welche er häufig sehe. Von deren Mutter (R., Staatsangehörige der Dominikanischen Republik) lebe er jedoch getrennt. Außerdem befänden sich seine Mutter, Schwester, Tante und Cousine in Österreich. Er hätte "bei der Stmk. Bank in Feldkirchen" EUR 30.000,-- Schulden, welche er zurückzahlen wolle.
Der festgestellte Sachverhalt rechtfertige die Annahme, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährden könnte. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sei zum Schutz des wirtschaftlichen Wohles der Republik Österreich und zur Verhinderung strafbarer Handlungen, also zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, dringend geboten. "In den (vom Beschwerdeführer) begangenen Delikten" manifestiere sich die von ihm ausgehende "Gefährdung des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung von Straftaten". Aus dem "dokumentierten delinquenten Verhalten" ergebe sich, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen aggressiven und gewaltbereiten Menschen handle, der imstande sei, aus nichtigem Anlass heraus "ein besonders inadäquates Verhalten" zu setzen und dabei mehrfach die körperliche Integrität massiv zu beeinträchtigen. Eine besonders große Gefährdung öffentlicher Interessen folge aus den mehrfachen Verurteilungen, die den Beschwerdeführer nicht davon abgehalten hätten, neuerlich straffällig zu werden und das ihm innewohnende kriminelle Potenzial weiter zu entfalten. Art und Schwere der Taten und die daraus folgende Wiederholungsgefahr ließen keine günstige Prognosebeurteilung zu.
Bei der gemäß § 66 FPG vorzunehmenden Interessenabwägung sei vor allem auf den langjährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und seine in Österreich aufhältigen Angehörigen Bedacht zu nehmen. Dennoch sei der durch das Aufenthaltsverbot bewirkte Eingriff berechtigt, weil "die wesentliche soziale Komponente" durch die vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten erheblich beeinträchtigt werde. Von einer auch nur ansatzweise gelungenen Integration könne somit keine Rede sein. Kontakte zu Angehörigen sowie Unterhalts- und Schuldenzahlungen könnten auch vom Ausland aus erfolgen. Eine Interessenabwägung ergebe somit, dass die Auswirkungen der vorliegenden Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers keinesfalls schwerer wögen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme. Auch eine Ermessensübung zu Gunsten des Beschwerdeführers komme nicht in Betracht.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 7. September 2006 gab die belangte Behörde einer dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung (ohne Anführung einer Rechtsgrundlage) keine Folge und bestätigte den Bescheid vom 3. August 2006.
In ihrer Begründung verwies sie zunächst auf die Ausführungen in diesem Bescheid. Ergänzend stellte sie fest, dass der Beschwerdeführer am 14. Juni 2006 niederschriftlich befragt worden sei. Danach sei er "seinerzeit" in der Werkstätte seines Vaters als Mechanikerlehrling beschäftigt gewesen. In weiterer Folge hätte er in La Vega eineinhalb Jahre lang in einer Zementfabrik gearbeitet, weiters ungefähr zwei Jahre in einer Ford-Mechanikerwerkstätte. "Glaublich" am 30. Mai 1999 sei er nach Österreich eingereist. In der Folge hätte er bei einer Reinigungsfirma, dann bei einer "Verleihfirma" und zuletzt als Autowäscher gearbeitet. Er habe daher nicht einen "solchen qualifizierten Beruf ausgeübt", den er "nicht ohne weiteres außerhalb von Österreich in Angriff nehmen könnte".
Nicht einmal "rechtskräftige Bestrafungen und Verurteilungen (die letztlich als Mahnung zu einem rechtstreuen Verhalten verstanden werden können" ...) hätten den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abgehalten. Die von der Behörde zu treffende Ermessensentscheidung könnte somit keinesfalls zu Gunsten des Beschwerdeführers ausgeübt werden, zumal andere Mittel nicht ausreichten, ihn zu bewegen, die Rechtsordnung des Gastlandes einzuhalten. Die Einschränkung der (durch Besuche auch im Ausland möglichen) Kontakte des Beschwerdeführers zu seiner Mutter, seinem Kind, der Schwester, Cousine und Tante stelle die unvermeidliche Konsequenz des Aufenthaltsverbotes dar.
Unterhaltszahlungen könnten auch vom Ausland aus geleistet werden. "Irgendein Abhängigkeitsverhältnis in Form einer pflegerischen Abhängigkeit (seines) Kindes" habe der Beschwerdeführer nicht aufgezeigt. In Anbetracht der besonderen Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität und des großen öffentlichen Interesses an ihrer Bekämpfung erwiesen sich die Ausführungen der Bundespolizeidirektion Graz (zusammengefasst) als richtig und überzeugend.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:
Der Beschwerdeführer argumentiert damit, dass ihm die Stellung eines begünstigten Drittstaatsangehörigen zukomme. Insoweit habe die belangte Behörde ausreichende Prüfungen und Feststellungen unterlassen.
Dem ist zu entgegnen, dass begünstigte Drittstaatsangehörige gemäß § 2 Abs. 4 Z. 11 FPG der Ehegatte, eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, sowie eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, insofern dieser Drittstaatsangehörige den freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine gemeinschaftsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht.
Der 1981 geborene Beschwerdeführer leitet die genannte Rechtsstellung von seiner Mutter, einer österreichischen Staatsbürgerin, ab, die ihm Unterhalt tatsächlich gewähre. Derartiges hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren jedoch weder behauptet, noch sind dort Anhaltspunkte für tatsächlich erfolgte Unterhaltszahlungen (etwa) durch seine Mutter nach Erreichung der Volljährigkeit hervorgekommen. Soweit er die effektive Gewährung von Unterhalt erstmals im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend macht, handelt es sich um unzulässige Neuerungen. Die hieran anknüpfenden Ausführungen der Beschwerde zur Bestimmung des § 86 Abs. 1 FPG gehen demnach ins Leere.
Angesichts der unstrittig feststehenden (einleitend wiedergegebenen) Verurteilungen des Beschwerdeführers erweist sich die - im Übrigen unbekämpfte - Auffassung der belangten Behörde, der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG sei erfüllt, als unbedenklich.
Der Beschwerdeführer ist trotz der erstgenannten strafgerichtlichen Verurteilung innerhalb offener Probezeit neuerlich wiederholt und in erheblichem Umfang straffällig geworden. Die belangte Behörde hebt dabei zutreffend die gewerbsmäßige Überlassung von Suchtgift und die aus den Verurteilungen ersichtliche Neigung des Beschwerdeführers zur Gewaltanwendung hervor. Ihre Ansicht, dass die im § 60 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, begegnet demnach keinen Bedenken.
Bei der Interessenabwägung gemäß § 60 Abs. 6 iVm § 66 Abs. 1 und 2 FPG hat die belangte Behörde den inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers seit 30. Mai 1999 und die oben angeführten Familienangehörigen (die Mutter und die Schwester des Beschwerdeführers sind österreichische Staatsbürgerinnen) berücksichtigt. Soweit der Beschwerdeführer darüber hinaus geltend macht, in der Dominikanischen Republik keine Familienangehörigen zu haben, ist er an seine eigene Aussage zu erinnern, dass sein Vater (mit dem er allerdings derzeit keinen Kontakt habe) in diesem Staat lebe. Die familiäre Beziehung des Beschwerdeführers zu seiner Tochter Jennifer wird dadurch relativiert, dass er unstrittig nicht im gemeinsamen Haushalt mit ihr lebt, sondern das Kind von der Mutter R. betreut wird, während der Beschwerdeführer (in der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde) vorbringt, eine neue Lebensgemeinschaft mit einer österreichischen Staatsangehörigen eingegangen zu sein.
Soweit der Beschwerdeführer darüber hinaus (in der vorliegenden Beschwerdeschrift an den Verwaltungsgerichtshof) geltend macht, sein Leben nunmehr gänzlich umgestaltet und neu geordnet zu haben, insbesondere einer "zulässigen geregelten Erwerbstätigkeit" nachzugehen, ist dies angesichts seines Aufenthaltes in Strafhaft nicht zielführend.
In diesem Zusammenhang hebt der Beschwerdeführer weiters hervor, dass zwischen ihm und seinen in Österreich aufhältigen Angehörigen "gegenseitige Unterhaltszahlungen" gewährt würden. Dies stellt nicht nur - wie erwähnt - eine unzulässige Neuerung dar, sondern steht auch in einem Spannungsverhältnis sowohl zur eingangs behaupteten (alleinigen) Unterhaltszahlung seiner Mutter an ihn als auch zu dem aus dem Akt ersichtlichen zeitweiligen Bezug von Notstandshilfe.
Ingesamt kann daher die Ansicht der belangten Behörde, dass das Aufenthaltsverbot zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Verhinderung strafbarer Handlungen, Schutz der Gesundheit und der Rechte Dritter) dringend geboten sei (§ 66 Abs. 1 FPG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Angehörigen nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 66 Abs. 2 FPG), nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Schließlich wendet sich der Beschwerdeführer auch gegen die unbefristete Erlassung des Aufenthaltsverbotes.
Gemäß § 63 Abs. 2 FPG ist ein Aufenthaltsverbot - unter Bedachtnahme auf § 63 Abs. 1 FPG - für jenen Zeitraum zu erlassen, nach dessen Ablauf vorhersehbarer Weise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird, und auf unbestimmte Zeit (unbefristet) zu erlassen, wenn ein Wegfall des Grundes für seine Verhängung nicht vorhergesehen werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2007, Zl. 2006/18/0478, mwN).
Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie angesichts der gewerbsmäßigen Weitergabe von Suchtgift, des raschen Rückfalls und der Vielzahl begangener Straftaten unterschiedlicher Art die Auffassung vertrat, dass der Zeitpunkt des Wegfalls des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes, nämlich der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen, nicht vorhergesehen werden könne, und deshalb das Aufenthaltsverbot unbefristet erließ.
Auch sind Anhaltspunkte, welche die belangte Behörde hätten veranlassen müssen, das ihr eingeräumte Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers zu üben, nicht ersichtlich, sodass auch insoweit keine Fehlbeurteilung erkennbar ist.
Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG unterbleiben.
Die Kostenentscheidung gründet sich - im Rahmen des Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Wien, am 7. Februar 2008
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