VwGH 2006/16/0068

VwGH2006/16/006823.10.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Steiner und Hofrat Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde der K GmbH in P, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Landstraße 49, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Wels vom 4. April 2006, Zl. Jv 449-33a/06, betreffend Rückzahlung von Pauschalgebühr, zu Recht erkannt:

Normen

ZustG §22;
ZustG §22;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einer am 13. Jänner 2006 beim LG Wels eingebrachten und dort unter 2 Cg 5/06x protokollierten Klage begehrte die Beschwerdeführerin von einer beklagten Partei, die Rechtsanwalt ist, diverse Unterlassungen, weiters die Rückziehung diverser (in Bau- und Gewerbeverfahren) erhobener Einwendungen sowie die Feststellung der Haftung für bestimmte Schäden und Nachteile. Der Streitwert wurde insgesamt mit EUR 536.340,-- angegeben, die Pauschalgebühr wurde im Einzugsweg entrichtet.

Die Klage wurde - laut dem ihr angehefteten Rückschein - am 18. Jänner 2006 postamtlich hinterlegt, wobei sich aus dem Rückschein ergibt, dass der erste Zustellversuch am 17. Jänner 2006 stattfand, dass die Ankündigung des zweiten Zustellversuches an der Abgabenstelle zurückgelassen wurde, dass der zweite Zustellversuch am 18. Jänner 2006 stattfand und dass die Verständigung von der Hinterlegung an der Abgabestelle zurückgelassen wurde. Der Rückschein ist oberhalb des Vermerkes "Zusteller" mit einer unleserlichen Paraphe gezeichnet.

Am 27. Jänner 2006 langte beim LG Wels ein Schriftsatz der Beschwerdeführerin ein, womit sie ihre Klage ohne Anspruchsverzicht zurückzog und die Rückzahlung von 75 % der Pauschalgebühr begehrte.

Das LG Wels nahm daraufhin mit Beschluss vom 30. Jänner 2006 die Klagsrücknahme zur Kenntnis (ON 4 des Gerichtsaktes), wobei der Beschwerdeführerin darüber offensichtlich eine Beschlussausfertigung (bezeichnet mit "ON 3") zugestellt wurde, die einen Beisatz dahin enthielt, dass die Klage erst nach Zustellung an den Beklagten zurückgezogen worden sei und daher kein Ersatz von 75 % der Pauschalgebühr erfolgen könne. Dieser Beschluss ist allerdings den vorgelegten Akten nicht zu entnehmen.

Dagegen stellte die Beschwerdeführerin einerseits datiert mit 2. Februar 2006 einen Antrag an das LG Wels (ON 5 des Gerichtsaktes), womit sie ihren Rückzahlungsantrag auf 75 % der entrichteten Pauschalgebühr aufrecht erhielt, andererseits erhob sie gegen den "Beschluss ON 3" datiert mit 14. Februar 2006 Rekurs an das OLG Linz (ON 6 des Gerichtsaktes).

Im Antrag vom 2. Februar 2006 wird wörtlich behauptet: "Nach der vom Beklagten dem Klagevertreter erteilten Information erfolgte bei einem ersten Zustellversuch keine Ankündigung eines 2. Zustellversuches, sodass eine allfällige Hinterlegung rechtswidrig und unwirksam wäre."

Im Rekurs (über dessen weiteres Schicksal den vorgelegten Akten ebenfalls nichts zu entnehmen ist) findet sich nur die Behauptung, dass beim ersten Zustellversuch keine Ankündigung des zweiten Zustellversuches erfolgte und daher die Hinterlegung rechtsunwirksam sei. Keiner der beiden Schriftsätze enthält dazu ein Beweisanbot oder eine Beilage.

Die belangte Behörde wies den Rückzahlungsantrag mit Bescheid vom 4. April 2006 nach Wiedergabe des Inhaltes des Rückscheins im Wesentlichen mit der Begründung ab, der Rückschein sei eine öffentliche Urkunde; zwar sei dagegen ein Gegenbeweis zulässig, allgemeine Behauptungen reichten dafür aber nicht aus.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, wobei sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht darauf verletzt erachtet, dass sich die für die Klage entrichtete Pauschalgebühr gemäß der Anm. 3 zur TP 1 GGG auf ein Viertel ermäßigt.

Der Beschwerde angeschlossen ist die Kopie eines mit 13. April 2006 datierten (am 18. April 2006 beim Rechtsfreund der Beschwerdeführerin eingelangten) Schreibens des RA Mag. Harald Hipfl (= Beklagter im Verfahren 2 Cg 5/06x des LG Wels), das - auszugsweise - folgenden Inhalt hat:

"K GmbH - Mag. Harald Hipfl

Sehr geehrter Herr Kollege!

Unter Bezugnahme auf Ihr Schreiben vom 10.4.2006 erlaube ich mir bekannt zu geben, dass ich eine Verständigung über die Hinterlegung eines zu eigenen Handen zuzustellenden behördlichen Schriftstücks (Rsa-Brief), datiert vom Zusteller am 18.1.06 erhalten habe. Eine Kopie dieser Hinterlegungsanzeige ist angeschlossen.

Da ich eine Ankündigung eines 2. Zustellversuchs nicht im Akt habe, schließe ich aus, dass ich eine solche erhalten habe. Eingehende Poststücke werden mir im Sekretariat jeweils mit dem Akt auf den Posttisch gelegt. Das hinterlegte Schriftstück wurde von mir nicht mehr behoben, nachdem Sie mich am 26.1.2006 darüber informiert haben, dass dies hinfällig wäre.

Mit dem Ersuchen um Kenntnisnahme zeichne ich ..."

Die belangte Behörde legte den Gerichtsakt 2 Cg 5/06x des LG Wels und den Verwaltungsakt vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 21 Abs. 2 ZustG (in der auf den Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Änderung durch BGBl. I Nr. 5/2008) lautete:

"(2) Kann die Sendung beim ersten Zustellversuch nicht zugestellt werden, so ist der Empfänger schriftlich unter Hinweis auf die sonstige Hinterlegung zu ersuchen, zu einer gleichzeitig zu bestimmenden Zeit an der Abgabestelle zur Annahme des Schriftstückes anwesend zu sein. Dieses Ersuchen ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Zur angegebenen Zeit ist ein zweiter Zustellversuch durchzuführen. Ist auch dieser erfolglos, ist nach § 17 zu hinterlegen."

Gemäß § 22 Abs. 1 ZustG ist die Zustellung vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden.

Nach der Anm. 3 zur TP 1 GGG ermäßigen sich die Pauschalgebühren auf ein Viertel u.a. dann, wenn eine Klage vor Zustellung an den Verfahrensgegner zurückgezogen wird.

Im vorliegenden Fall steht zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens allein die Frage in Streit, ob die nach dem vorliegenden Rückschein am 18. Jänner 2006 erfolgte postamtliche Hinterlegung der Klage deshalb unwirksam war, weil - wie die Beschwerdeführerin behauptet - "nach den ihr vom Beklagten erteilten Informationen" entgegen dem Inhalt des Rückscheines keine Ankündigung eines zweiten Zustellversuches erfolgt sei.

Dazu ist die Beschwerde darauf zu verweisen, dass es sich nach ständiger hg. Judikatur bei einem Zustellschein iS des § 22 Abs. 1 ZustG um eine öffentliche Urkunde handelt, die den Beweis dafür erbringt, dass die Zustellung den Angaben auf dem Zustellschein entsprechend erfolgt ist. Dem Empfänger steht allerdings der Gegenbeweis gegen diese Vermutung offen, wozu es jedoch konkreter Darlegungen und eines entsprechenden Beweisanbotes bedarf (vgl. dazu insbesondere das zuletzt ergangene hg. Erkenntnis vom 27. Juli 2007, Zl. 2006/10/0040, aber auch die Abgabensachen betreffenden hg. Erkenntnisse vom 27. Jänner 2005, Zl. 2004/16/0197, vom 24. September 2002, Zl. 2001/16/0405 und vom 22. September 2000, Zl. 2000/15/0027). Die bloße Behauptung (ohne weitere Konkretisierung und ohne Benennung von Beweismitteln), es läge ein die wirksame Zustellung (Hinterlegung) verhindernder Umstand vor, ist für sich allein nicht geeignet, die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit des Zustellnachweises zu entkräften (so die oben zitierte hg. Rechtsprechung, die sich im Einklang mit der des OGH befindet: vgl. z.B. den von der belangten Behörde in der Gegenschrift zutreffend angeführten Beschluss des OGH vom 26. Mai 2004, 3 Ob 60/04a u.a.).

Mehr als eine solche, nicht weiter konkretisierte Behauptung hat aber die Beschwerdeführerin weder in ihrem Antrag vom 2. Februar 2006 noch in ihrem "Rekurs" vom 14. Februar 2006 aufgestellt, weshalb der belangten Behörde keineswegs vorgeworfen werden kann, sie habe irgendwelche Ermittlungspflichten verletzt.

Dazu kommt noch, dass auch das jetzt erstmals (und daher in Verletzung des Neuerungsverbotes; vgl. dazu das oben schon zitierte hg. Erkenntnis Zl. 2000/15/0027) mit der Beschwerde vorgelegte Schreiben des Beklagten nach seinem Inhalt keinerlei Beweis für einen Fehler des Zustellorganes darstellt, sondern nur eine bloße Vermutung äußert, die an der Beweiskraft des Rückscheines auch dann nichts ändern könnte, wenn das Neuerungsverbot gar nicht bestünde.

Da somit der Verfahrensfehler, den die Beschwerde der belangten Behörde zum Vorwurf macht, nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Mit Rücksicht darauf, dass die wesentliche Rechtsfrage dieses Falles bereits durch die oben zitierte hg. Rechtsprechung geklärt ist, konnte die vorstehende Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 23. Oktober 2008

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