Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 24. April 2002, Zl. 2001/16/0604, verwiesen.
Im Beschwerdefall ist strittig, ob die Ersatzzustellung des Bescheides des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 15. Mai 2001 am 18. Mai 2001 rechtmäßig erfolgt oder wegen Ortsabwesenheit des Beschwerdeführers erst am 26. Mai 2001 wirksam geworden ist.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung des Beschwerdeführers vom 1. Juni 2001 gegen den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 15. Mai 2001 als verspätet zurück. Er habe die mit 1. Juni 2001 datierte Vorstellung erst am 5. Juni 2001 zur Post gegeben.
Der Beschwerdeführer habe erklärt, sich vom 18. bis 25. Mai 2001 in Moravce befunden und die Sendung erst am 26. Mai 2001 von seiner Gattin erhalten zu haben. Als Beweis habe er eine Kopie seiner Zimmerrechnung vorgelegt. Diese Zimmerrechnung beweise nicht seine Abwesenheit im Zeitpunkt der Ersatzzustellung. Der Abgabenprüfer habe den Beschwerdeführer um Einsichtnahme in die Betriebsunterlagen ersucht, um sich Klarheit über die Abwesenheit und den Abfahrtszeitpunkt seiner Fahrt nach Moravce zu verschaffen. Wesentliche Hinweise und Aufschlüsse zum Gegenstand hätten Fahrtenbücher, die Betriebsbuchhaltung und deren Belege (die gegenständliche Hotelrechnung trage Buchhaltungsvermerke wie Belegnummer, "Kotierung" usw.) geben können. Dabei hätten nähere Reiseumstände geklärt werden können. Nach Rücksprache mit seinem Rechtsvertreter sei die Einsichtnahme in die Betriebsunterlagen allerdings abgelehnt worden. Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers habe dem Abgabenprüfer mitgeteilt, den entscheidungsrelevanten Sachverhalt könne die Ehegattin des Beschwerdeführers bestätigen und die Hotelrechnung sei bereits vorgelegt worden. Durch die Verweigerung der Einsichtnahme in die Betriebsunterlagen und das Nichtvorlegen von geeigneten Bescheinigungen über den genauen Abfahrtszeitpunkt am 18. Mai 2001 habe der Beschwerdeführer nicht beweisen können, dass er im Zeitpunkt der Ersatzzustellung bereits abgereist und die Ersatzzustellung daher unwirksam gewesen sei. Die belangte Behörde gehe daher von einer wirksamen Ersatzzustellung am 18. Mai 2001 aus, wodurch die am 5. Juni 2001 zur Post gegebene Vorstellung als verspätet angesehen werden müsse.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Sachentscheidung verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Kann die Sendung nicht dem Empfänger zugestellt werden und ist an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend, so darf gemäß § 16 Abs. 1 Zustellgesetz an diesen zugestellt werden (Ersatzzustellung), sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 Zustellgesetz regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.
Eine Ersatzzustellung gilt gemäß § 16 Abs. 5 Zustellgesetz als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 Zustellgesetz wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.
Der ordnungsgemäße Zustellnachweis ist eine öffentliche Urkunde. Er macht Beweis über die Zustellung; ein Gegenbeweis ist nach § 292 Abs. 2 ZPO möglich (vgl. Ritz, BAO Kommentar2, Rz 22 zu § 17 Zustellgesetz).
Behauptet jemand, es lägen Zustellungsmängel vor, so hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, die die vom Gesetz im Zusammenhang mit einem vorhandenen Rückschein aufgestellte Vermutung der vorschriftsgemäßen Zustellung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I2, E 51 zu § 16 Zustellgesetz angeführte Rechtsprechung).
Die bloße Behauptung der Ortsabwesenheit ohne konkrete Angabe über Zeitraum und Grund der Abwesenheit reicht nicht (vgl. die in Ritz, aaO, Rz 23 zu § 17 Zustellgesetz angeführte Rechtsprechung).
Der Beschwerdeführer hat im verwaltungsbehördlichen Verfahren vorgebracht, er habe sich vom 18. bis 25. Mai 2001 in Moravce befunden, und hat für diesen Zeitraum eine Zimmerrechnung eines dort befindlichen Hotels vorgelegt. Weiters hat er als Zeugen im verwaltungsbehördlichen Verfahren seine Gattin und eine Kellnerin namhaft gemacht. Damit hat der Beschwerdeführer die Ortsabwesenheit im Zeitpunkt der Ersatzzustellung nicht nur behauptet, sondern auch Beweise dafür angeführt.
Die belangte Behörde wollte sich Klarheit "über die Abwesenheit und den Abfahrtszeitpunkt" verschaffen und deswegen Einsicht in die Betriebsunterlagen nehmen. Dies wurde vom Beschwerdeführer verweigert. Die belangte Behörde vertritt die Ansicht, durch die Verweigerung der Einsichtnahme in die Betriebsunterlagen und das Nichtvorlegen von geeigneten Bescheinigungsmitteln über den genauen Abfahrtszeitpunkt am 18. Mai 2001 habe der Beschwerdeführer nicht beweisen können, dass er im Zeitpunkt der Ersatzzustellung bereits abgereist und die Ersatzzustellung daher unwirksam gewesen sei.
Die Feststellung des Nichtvorlegens von Bescheinigungsmittel oder -unterlagen durch den Beschwerdeführer ist - wie bereits dargestellt - aktenwidrig. Es wurde eine Zimmerrechnung vorgelegt und es wurden Zeugen namhaft gemacht. Diese wurden allerdings nicht gehört. Gründe für das Unterbleiben der Zeugeneinvernahme sind dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen. Andere Erhebungen als der Versuch der Einsichtnahme in die Betriebsunterlagen zur Feststellung der genauen Uhrzeit der Ersatzzustellung (z.B. durch Befragung des Zustellers) und der Abreise des Beschwerdeführers von der Abgabestelle haben die Verwaltungsbehörden nicht durchgeführt.
Die Verweigerung der Einsichtnahme in die "Betriebsunterlagen" allein berechtigt jedoch nicht zur Feststellung, der Beschwerdeführer habe seine Ortsabwesenheit im Zeitpunkt der Ersatzzustellung nicht "beweisen" können. Dies deshalb, weil primär durch die vom Beschwerdeführer angebotenen Beweismittel die Frage seiner Ortsabwesenheit im Zeitpunkt der Ersatzzustellung zu klären gewesen wäre und sich allenfalls dann weitere Ermittlungsschritte als notwendig angeschlossen hätten. Ferner hat die belangte Behörde nicht näher dargelegt, aus welchen Gründen gerade die Einsichtnahme in die Betriebsunterlagen allein entscheidend für die Beantwortung der Fragen des Zeitpunktes der Ersatzzustellung und des Beginns der Ortsabwesenheit des Beschwerdeführers sein konnte, zumal behauptet wird, der Beschwerdeführer habe seinen privaten Pkw verwendet. Es kann somit keineswegs mit Sicherheit angenommen werden, dass den "Fahrtenbüchern" und der "Betriebsbuchhaltung" der genaue Abfahrtszeitpunkt am 18. Mai 2001 überhaupt entnommen werden kann.
Aus diesen Erwägungen ist die von der belangten Behörde erfolgte Feststellung der wirksamen Ersatzzustellung am 18. Mai 2001 unschlüssig begründet. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Bei Beachtung der vom Beschwerdeführer angebotenen Beweise hätte die belangte Behörde ausgehend von der Rückkehr des Beschwerdeführers am 25. Mai 2001 und der gemäß § 16 Abs. 5 ZustG mit 26. Mai 2001 eingetretenen Wirksamkeit der Zustellung zu einem anderen Bescheid gelangen können.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 27. Jänner 2005
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