VwGH 2006/15/0155

VwGH2006/15/015518.12.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde der E in W, vertreten durch Dr. Herbert Fink, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kaiser-Josefstraße 13, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom 21. Februar 2006, GZ. RV/0385-I/05, betreffend Rückzahlung eines Guthabens gemäß § 239 BAO, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §213;
BAO §214;
BAO §215;
BAO §216;
BAO §239 Abs1;
BAO §239;
BAO §4;
EO §290a Abs1;
EStG 1988 §2 Abs2;
EStG 1988 §2 Abs3;
KO idF vor 1. 7. 2010 §12a;
KO idF vor 1. 7. 2010 §19;
KO idF vor 1. 7. 2010 §199;
KO idF vor 1. 7. 2010 §20;
KO idF vor 1. 7. 2010 §206 Abs1;
KO idF vor 1. 7. 2010 §206 Abs3;
BAO §213;
BAO §214;
BAO §215;
BAO §216;
BAO §239 Abs1;
BAO §239;
BAO §4;
EO §290a Abs1;
EStG 1988 §2 Abs2;
EStG 1988 §2 Abs3;
KO idF vor 1. 7. 2010 §12a;
KO idF vor 1. 7. 2010 §19;
KO idF vor 1. 7. 2010 §199;
KO idF vor 1. 7. 2010 §20;
KO idF vor 1. 7. 2010 §206 Abs1;
KO idF vor 1. 7. 2010 §206 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Finanzamtes, mit dem ihr Antrag vom 13. Juli 2005 auf Rückzahlung eines Guthabens abgewiesen wurde, als unbegründet abgewiesen. Über das Vermögen der Beschwerdeführerin sei mit Beschluss des Bezirksgerichtes vom 23. November 2000 das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet worden. Das Finanzamt habe eine Konkursforderung in Höhe von S 134.774,-- (darunter Umsatzsteuer 1999) angemeldet. Das Bezirksgericht habe mit Beschluss vom 27. April 2001 das Schuldenregulierungsverfahren nach rechtskräftiger Bestätigung eines Zahlungsplanes aufgehoben. Die Beschwerdeführerin habe in der Folge die Änderung des Zahlungsplanes und die eventuelle Einleitung des Abschöpfungsverfahrens beantragt. Mangels Zustimmung der Gläubiger zum geänderten Zahlungsplan habe das Bezirksgericht mit Beschluss vom 3. Juli 2002 das Abschöpfungsverfahren eingeleitet, welches noch anhängig sei.

Das Finanzamt habe im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung mit Bescheiden vom 13. Juli 2005 die Einkommensteuer für die Jahre 2000 bis 2002 sowie die Anspruchszinsen für 2001 festgesetzt. Es seien Gutschriften erteilt worden und zwar für das Jahr 2000 in Höhe von EUR 5,67, für das Jahr 2001 in Höhe von EUR 705,94 samt Anspruchszinsen in Höhe von EUR 72,89 und für das Jahr 2002 in Höhe von EUR 263,40, insgesamt sohin EUR 1.047,90.

Das Finanzamt habe den Antrag der Beschwerdeführerin auf Rückzahlung dieses Guthabens mit Bescheid vom 14. Juli 2005 mit der Begründung abgewiesen, das Guthaben sei teilweise mit offenen Masseforderungen verrechnet worden.

In der Berufung gegen diesen Bescheid habe die Beschwerdeführerin eingewendet, das Guthaben sei für Zeiträume nach der Konkurseröffnung entstanden. Dieses Guthaben stehe als nachträglich ausbezahltes Einkommen im Sinne des § 290c Abs. 3 EO teils der Beschwerdeführerin und teils ihrem Treuhänder zu. Das Guthaben sei nicht mit einer Masseforderung, sondern mit einer Konkursforderung, nämlich Umsatzsteuer 1999, verrechnet worden. Die Aufrechnung eines nach Konkurseröffnung entstandenen Guthabens des Schuldners gegen eine Konkursforderung sei nach konkursrechtlichen Bestimmungen unzulässig. Insolvenzrechtliche Aufrechnungsbeschränkungen seien auch nach Aufhebung des Konkursverfahrens und der Einleitung des Abschöpfungsverfahrens beachtlich. Aus § 206 KO erhelle nämlich, dass der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung auch im Abschöpfungsverfahren zu respektieren sei. Zwar werde die Aufrechnung im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt. Aus § 206 Abs. 3 KO ergebe sich jedoch, dass die Aufrechnungsbeschränkungen der §§ 19, 20 KO auch im Abschöpfungsverfahren weiter gelten würden. Dies betreffe nicht nur den Schuldner des Arbeitseinkommens, sondern auch andere Drittschuldner. § 206 Abs. 3 KO sei auf den Beschwerdefall auch deshalb anwendbar, weil es sich beim Guthaben der Beschwerdeführerin um Einkommen im weiteren Sinn handle. Wäre nämlich die Lohnsteuer schon ursprünglich in der richtigen Höhe bemessen worden, hätte die Beschwerdeführerin im relevanten Zeitraum ein höheres Einkommen bezogen. Die Aufrechnung sei somit unzulässig gewesen.

Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde nach Gesetzeszitaten aus, das Finanzamt habe in seinem Bescheid über die Abweisung eines Rückzahlungsantrages festgestellt, dass das Abgabenguthaben der Beschwerdeführerin mit offenen Konkursforderungen verrechnet worden sei. Die Beschwerdeführerin habe in ihrer Berufung zum Ausdruck gebracht, dass sie die Verrechnung als unrichtig erachte und habe damit die Verbuchung der Gebarung auf dem Abgabenkonto bekämpft. Der in Berufung gezogene Bescheid sei somit seinem materiellen Inhalt nach als Abrechnungsbescheid zu deuten.

Streit bestehe somit darüber, ob die Verrechnung des aus den Einkommensteuerveranlagungen für die Jahre 2000 bis 2002 einschließlich der Festsetzung von Anspruchszinsen für 2001 resultierenden Abgabenguthabens mit der angemeldeten Konkursforderung (Umsatzsteuer für 1999) der Rechtslage entspreche.

Die Beschwerdeführerin habe die Aufrechnung aus konkursrechtlicher Sicht für unzulässig angesehen. Der in Betracht kommenden Aufrechnungsbeschränkung des § 20 Abs. 1 KO komme der Vorrang vor den Verrechnungsregeln der BAO zu.

Abgabenrückforderungsansprüche seien negative Abgabenansprüche, die wie Abgabenansprüche im engeren Sinn kraft Gesetzes jeweils zu dem Zeitpunkt entstünden, in dem ein gesetzlicher Tatbestand verwirklicht wird, mit dessen Konkretisierung das Gesetz Abgabenrechtsfolgen verbinde. Bei der zu veranlagenden Einkommensteuer entstehe der Abgabenanspruch gemäß § 4 Abs. 2 lit. a Z. 2 BAO mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen werde, soweit nicht der Abgabenanspruch im Wege von Vorauszahlungen schon früher entstanden sei. Somit seien die Einkommensteuergutschriften für die Jahre 2000 bis 2002 jeweils mit Ablauf der Kalenderjahre 2000, 2001, 2002 und damit nach der Konkurseröffnung vom 23. November 2000 entstanden. Der Abgabenanspruch für die Anspruchszinsen 2001 sei mit jedem Tag des zinsenrelevanten Zeitraumes vom 1. Oktober 2002 bis 19. Juli 2005, also ebenfalls erst nach der Konkurseröffnung entstanden. Das Finanzamt sei erst nach der Konkurseröffnung Schuldner der Ansprüche der Beschwerdeführerin geworden. Nach herrschender Auffassung gelte die Aufrechnungsbeschränkung des § 20 Abs. 1 erster Satz KO nur während des Konkursverfahrens, somit ab dem Zeitpunkt der Konkurseröffnung bis zur Aufhebung des Konkurses. Hieraus folge, dass die vom Finanzamt vorgenommene Verrechnung nicht der Aufrechnungssperre des § 20 Abs. 1 KO unterlegen sei, weil der Konkurs (Schuldnerregulierungsverfahren) über das Vermögen der Beschwerdeführerin bereits am 27. April 2001 aufgehoben worden sei.

Die Beschwerdeführerin habe sich auch auf § 206 KO gestützt.

Das Exekutionsverbot des § 206 Abs. 1 KO sei der Aufrechnung nicht entgegengestanden, weil eine auf § 215 Abs. 1 BAO gestützte Verrechnung keine Exekutionsmaßnahme darstelle.

Auch § 206 Abs. 2 KO, der Sondervereinbarungen des Schuldners oder anderer Personen mit einem Konkursgläubiger, wodurch diesem besondere Vorteile eingeräumt werden, für ungültig erkläre, mache die Aufrechnung nicht unzulässig, weil diese nicht auf einer Vereinbarung zwischen der Beschwerdeführerin und dem Finanzamt, sondern auf der zwingenden Bestimmung des § 215 Abs. 1 BAO beruhe.

Die Aufrechnungsbeschränkung des § 206 Abs. 3 KO betreffe nur jene Gruppe von Drittschuldnern, die dem Abschöpfungsschuldner Arbeitseinkünfte oder sonstige wiederkehrende Bezüge mit Einkommensersatzfunktion schuldeten. Das Finanzamt befinde sich nicht in der Rolle eines Drittschuldners in diesem Sinne. Der Verweis in § 206 Abs. 3 KO auf die Aufrechnungsbestimmungen der §§ 19, 20 KO beziehe sich auf jene Bezugsforderungen des Abschöpfungsschuldners, die von seiner Abtretungserklärung erfasst seien. Die von der Beschwerdeführerin gemäß § 199 Abs. 2 KO abgegebene Abtretungserklärung umfasse den pfändbaren Teil ihrer Forderungen auf bestehende und zukünftige Einkünfte aus ihrem Arbeitsverhältnis oder auch sonstige wiederkehrende Leistungen mit Einkommensersatzfunktion. Rückforderungsansprüche aus der Einkommensteuerveranlagung stellten weder Forderungen aus einem Arbeitsverhältnis noch sonstige wiederkehrende Leistungen mit Einkommensersatzfunktion dar. Es handle sich um Forderungen gegenüber dem Abgabengläubiger in Gestalt negativer öffentlichrechtlicher Leistungsansprüche. Die Abgabenerstattungsansprüche der Beschwerdeführerin seien auch nicht deshalb zu einem von der Abtretungserklärung erfassten "Einkommen im weiteren Sinn" geworden, weil die Anrechnung der im Abzugsweg einbehaltenen Lohnsteuer auf die Einkommensteuerschuld der betreffenden Veranlagungsjahre zu Gutschriften geführt habe. Dies gelte umso mehr für den Anspruch auf Gutschriftzinsen gemäß § 205 BAO, der als bloßer Nebenanspruch im Sinn des § 3 Abs. 2 lit. b BAO zum Rückerstattungsanspruch hinzugetreten sei. § 206 Abs. 3 KO sei daher im Beschwerdefall nicht anwendbar; es begründe diese Bestimmung kein Aufrechnungsverbot nach § 20 Abs. 1 KO über die Dauer des Konkursverfahrens hinaus.

Zur Behauptung der Beschwerdeführerin, es liege eine Bevorzugung des Abgabengläubigers vor, sei darauf hinzuweisen, dass es sich bei § 215 BAO um zwingendes Recht handle, das keinen Spielraum für eine allfällige Ermessenentscheidung der Abgabenbehörde biete.

Die Beschwerdeführerin habe ihren Rückzahlungsanspruch auch auf § 290c Abs. 3 EO gestützt.

Diese Bestimmung betreffe Nachzahlungen zu Leistungen mit Entgelt- oder Entgeltersatzcharakter, die nur nach Maßgabe der §§ 290b ff EO unter Vorhalt des dem Verpflichteten verbleibenden Existenzminimums pfändbar seien. Derartige Nachzahlungen seien in dem Zeitraum zu berücksichtigen, auf den sie sich bezögen. Dies bedeute, dass Nachzahlungen zu jener Auszahlung gehörten, in der sie bei sofortiger Auszahlung hätten geleistet werden sollen. Der Zweck dieser Vorschrift bestehe darin, den Verpflichteten von der Lohnnachzahlung jenen unpfändbaren Teil zu belassen, der hievon unpfändbar wäre, wenn der Freibetrag schon ursprünglich vom Gesamtbetrag berechnet worden wäre. Bei den Ansprüchen der Beschwerdeführerin handle es sich aber nicht um Arbeitseinkommen, sondern um Ansprüche öffentlich-rechtlicher Art, die als solche keinem Pfändungsschutz unterlägen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Mit dem mit Berufung vor der belangten Behörde bekämpften Bescheid wies das Finanzamt einen Antrag auf Rückzahlung eines Guthabens ab, weil das Guthaben gegen Konkursforderungen aufgerechnet worden sei. Da sohin das Abgabenkonto der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt des Rückzahlungsantrages kein Guthaben ausgewiesen hat, wäre dem Rückzahlungsantrag schon deswegen ein Erfolg zu versagen gewesen. In Wahrheit bestand aber Streit über die Richtigkeit der Gebarung auf dem Abgabenkonto der Beschwerdeführerin. Ein derartiger Streit ist aber nicht in einem Verfahren nach § 239 Abs. 1 BAO, sondern in einem solchen nach § 216 leg. cit. auszutragen. Die belangte Behörde hat daher zutreffend den erstinstanzlichen Bescheid seinem materiellen Gehalt nach als Abrechnungsbescheid gemäß § 216 BAO gedeutet (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2004, 2000/15/0046).

Gemäß § 213 Abs. 1 BAO ist bei den von derselben Abgabenbehörde wiederkehrend zu erhebenden Abgaben für jeden Abgabepflichtigen die Gebarung (Lastschriften, Zahlungen und alle sonstigen ohne Rücksicht aus welchem Anlass entstandenen Gutschriften) in laufender Rechnung zusammengefasst zu verbuchen.

Nach § 215 Abs. 1 leg. cit. ist ein aus der Gebarung gemäß § 213 unter Außerachtlassung von Abgaben, deren Einhebung ausgesetzt ist, sich ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.

Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen übereinstimmend davon aus, dass der Bund als Abgabengläubiger gegenüber der Beschwerdeführerin einen Abgabenanspruch in Höhe der im Schuldenregulierungsverfahren angemeldeten Konkursforderung hatte. Weiters steht außer Streit, dass die im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung ergangenen Bescheide für die Einkommensteuer der Jahre 2000 bis 2002 inklusive der Anspruchszinsen für 2001 eine Gutschrift auswiesen. Auch darüber, dass im vorliegenden Fall die erforderliche Aufrechnungserklärung durch das Finanzamt erfolgte, besteht kein Streit.

Vor dem Hintergrund der Regelungen der §§ 213 bis 215 BAO, die die Verrechnung der Abgaben im Hinblick auf die Anlastung der Abgaben, die nachträglichen Minderungen der Anlastungen und die Tilgung durch Zahlungen und sonstige Gutschriften, einschließlich des Schicksales der entstandenen Guthaben regeln, wäre die vom Finanzamt vorgenommene Verrechnung nicht rechtswidrig.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt aber in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 26. April 1993, VwSlg. 6770 F/1993, und vom 29. Jänner 2004, 2000/15/0046) die Auffassung, dass den Aufrechnungsvorschriften des Insolvenzrechtes der Vorrang vor den Verrechnungsregeln der BAO zukommt. Nach dem von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zutreffend herangezogenen § 20 Abs. 1 KO ist die Aufrechnung unzulässig, wenn ein Konkursgläubiger erst nach der Konkurseröffnung Schuldner der Konkursmasse geworden ist. Diese Beschränkung der Aufrechnung gilt nur im Konkurs. Auf eine Aufrechnung nach Aufhebung des Konkurses findet diese Bestimmung keine Anwendung. Der frühere Gemeinschuldner kann sich nach Aufhebung des Konkurses auf die konkursrechtliche Beschränkung des § 20 Abs. 1 KO nicht berufen (vgl. Schubert in Konecny/Schubert, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen, §§ 19, 20 KO, Rz. 14, 27, und Petschek/Reimer/Schiemer, Das österreichische Insolvenzrecht, 708).

Die belangte Behörde hat vor dem Hintergrund dieser Rechtslage die Auffassung vertreten, dass die vom Finanzamt vorgenommene Verrechnung nicht der Aufrechnungssperre des § 20 Abs. 1 KO unterlegen sei, weil das Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen der Beschwerdeführerin bereits am 27. April 2001 aufgehoben worden sei.

Die jeweils eine Einkommensteuergutschrift ausweisenden Bescheide im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung der Beschwerdeführerin für die Jahre 2000 bis 2002 ergingen lange nach Aufhebung des Schuldenregulierungsverfahrens, nämlich erst am 13. Juli 2005. Auch die Buchungsvorgänge und die Aufrechnungserklärung erfolgten frühestens zu diesem Zeitpunkt, daher aber nach Aufhebung des Schuldenregulierungsverfahrens.

Zu diesem Zeitpunkt stand die konkursrechtliche Aufrechnungssperre einer Verrechnung mit der Konkursforderung nicht entgegen.

Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, § 206 KO stehe der vorgenommenen Aufrechnung entgegen.

Soweit die Beschwerdeführerin die Auffassung der belangten Behörde bekämpft, die Aufrechnungsbeschränkung des § 206 Abs. 3 KO erstrecke sich nur auf einen Arbeitgeber oder einen Schuldner von sonstigen Leistungen mit Einkommensersatzfunktion, ist sie auf Folgendes hinzuweisen:

Dass Forderungen gegenseitig zusammentreffen müssen, wird schon in § 1438 ABGB als Voraussetzung der Kompensation erklärt. Diese Voraussetzung wird im § 1441 erster Satz ABGB näher bestimmt. Demnach bedeutet Gegenseitigkeit, dass der Gläubiger eines Schuldners gleichzeitig dessen Schuldner ist und umgekehrt.

Die Beschwerdeführerin meint, § 206 Abs. 3 KO sei dahingehend auszulegen, dass dieser Bestimmung ein generelles Aufrechnungsverbot zu Lasten aller Konkursgläubiger zu Grunde liege.

Der mit "Gleichbehandlung der Konkursgläubiger" übertitelte § 206 KO normiert in seinem ersten Absatz eine Exekutionssperre. Die Konkursgläubiger dürfen nach dieser Bestimmung während des Abschöpfungsverfahrens gegen den Schuldner nicht Exekution führen. Abs. 2 dieser Bestimmung erklärt Sondervereinbarungen des Schuldners oder anderer Personen mit einem Konkursgläubiger, wodurch diesem besondere Vorteile eingeräumt werden, für ungültig. Der Abs. 3 dieser Bestimmung lautet:

"(3) Gegen die Forderung auf die Bezüge, die von der Abtretungserklärung erfasst werden, kann der Drittschuldner eine Forderung gegen den Schuldner nur aufrechnen, soweit er bei einer Fortdauer des Konkurses nach §§ 19 und 20 zur Aufrechnung berechtigt wäre."

Diese Bestimmung behandelt sohin die Aufrechnung gegen die Forderung auf die Bezüge, die von der Abtretungserklärung erfasst werden. Dies sind gemäß § 199 KO die Forderungen auf Einkünfte aus einem Arbeitsverhältnis oder auf sonstige wiederkehrende Leistungen mit Einkommensersatzfunktion. Der Drittschuldner kann mit einer Forderung gegen den Schuldner nur dann aufrechnen, soweit er bei einer Fortdauer des Konkurses nach §§ 19, 20 KO zur Aufrechnung berechtigt wäre. Angesichts des klaren Wortlautes dieser Bestimmung kann eine Ausdehnung eines Aufrechnungsverbotes zu Lasten aller Konkursgläubiger im Wege der Interpretation nicht vorgenommen werden. Ein allgemeines Aufrechnungsverbot für Konkursgläubiger während des Abschöpfungsverfahrens kann der KO nicht entnommen werden.

Soweit die Beschwerdeführerin die Auffassung vertritt, die Exekutionssperre des § 206 Abs. 1 KO umfasse auch ein generelles Abtretungsverbot, kann ihr nicht gefolgt werden. Während die Exekutionssperre des § 206 Abs. 1 KO das gesamte Vermögen des Schuldners betrifft, trifft § 206 Abs. 3 leg. cit. eine Einschränkung der Aufrechnungsbefugnis auf die Bezüge, die von der Abtretungserklärung erfasst werden. Diese Differenzierung verbietet es, die umfassende Exekutionssperre einem generell geltenden Aufrechnungsverbot gleichzusetzen. Die vorgenommene Einschränkung der Aufrechnungsbefugnis ist, wie sich auch aus § 12a KO ergibt, vom Gesetzgeber gewollt. Das Schuldenregulierungsverfahren setzt voraus, dass den Gläubigern das pfändbare Einkommen des Schuldners als Befriedigungsfonds zur Verfügung steht, weil dieses meist dessen einziges Vermögen darstellt (vgl. Deixler-Hübner in Konecny/Schubert, a.a.O., § 12a KO, Tz. 1). Der Zweck, diese Mittel allen Gläubigern uneingeschränkt zur Verfügung zu stellen, wird durch § 12a und § 206 Abs. 3 KO erreicht.

Schließlich meint die Beschwerdeführerin, ihre Erstattungsansprüche stünden mit ihrem Arbeitsverhältnis in einem engen sachlichen Zusammenhang. Diese Nahebeziehung erfordere, § 206 Abs. 3 KO in erweiternder Auslegung oder im Analogieweg auf derartige Ansprüche anzuwenden. Im Exekutionsrecht werde der Zusammenhang zwischen Arbeitseinkommen und "Lohnsteuerausgleich" anerkannt. Die Rückerstattung zu viel bezahlter Lohnsteuer erhöhe im Ergebnis die Nettobezüge des Schuldners im betroffenen Zeitraum. Wäre die Lohnsteuer bereits ursprünglich in der nachträglich festgesetzten Höhe entrichtet worden, so hätte der Schuldner im relevanten Zeitraum insgesamt ein höheres Nettoeinkommen bezogen, was die Behandlung als Nachzahlung im Sinn des § 290c Abs. 3 EO rechtfertige. Auch im Rahmen des § 206 Abs. 3 KO bewirke die nachträgliche Lohnsteuergutschrift nichts anderes als eine Erhöhung des Nettoeinkommens.

Auch darin kann der Beschwerdeführerin nicht gefolgt werden.

Das Finanzamt hat die Einkommensteuer der Beschwerdeführerin in den Streitjahren veranlagt. Die Einkommensteuer ist eine Geldleistung, die der Bund kraft öffentlichen Rechts erhebt. Der Einkommensteuer ist das Einkommen zu Grunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat. Einkommen ist der Gesamtbetrag der Einkünfte (aus den im § 2 Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten) nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus den einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen sowie der Freibeträge nach den §§ 104 und 105 (§ 2 Abs. 1 und 2 EStG 1988). Die Einkommensteuer setzt daher das Vorliegen von Einkünften, hier aus nichtselbständiger Arbeit, voraus. Der Abgabenanspruch hat aber seine Grundlage im Einkommensteuergesetz, das zum öffentlichen Recht zählt. Bei den in Rede stehenden Rückforderungsansprüchen der Beschwerdeführerin handelt es sich um nichts anderes als um negative Abgabenansprüche. Auch solche Ansprüche entstehen kraft Gesetzes (Ritz, BAO3, § 4 Tz. 2). Der Abgabenanspruch auf Einkommensteuer des Bundes setzt zwar Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit voraus, seine Rechtsgrundlage findet sich aber im öffentlichen Recht. Bei der im Beschwerdefall entstandenen Einkommensteuergutschrift handelt es

sich rechtlich - wie oben ausgeführt - nicht um ein

Arbeitseinkommen, sondern um einen öffentlich-rechtlichen Anspruch gegenüber dem Abgabengläubiger (Bund). Solche Ansprüche unterliegen keinem Pfändungsschutz (vgl. Heller/Berger/Stix, Kommentar zur EO, III/2005). Dem Aufrechnungsverbot des § 206 Abs. 3 KO unterliegen nicht nur Forderungen auf Einkünfte aus einem Arbeitsverhältnis, sondern auch solche auf sonstige wiederkehrende Leistungen mit Einkommensersatzfunktion. Bei der Auslegung des Begriffes wiederkehrende Leistungen mit Einkommensersatzfunktion kann § 290a Abs. 1 Z. 2 bis 12 EO als Grundlage dienen (vgl. Deixler-Hübner, in Konecny/Schubert, a. a.O., § 12a KO, Tz. 4). Dass die in Rede stehenden Einkommensteuergutschriften solchen dort genannten Leistungen gleichzusetzen wären, behauptet die Beschwerdeführerin zu Recht nicht.

Nach dem Gesagten war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 18. Dezember 2008

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