Normen
ABGB §1438;
BAO §213 Abs1;
BAO §215 Abs4;
BAO §216;
BAO §239 Abs1;
BAO §4;
KO §19;
KO §20;
ABGB §1438;
BAO §213 Abs1;
BAO §215 Abs4;
BAO §216;
BAO §239 Abs1;
BAO §4;
KO §19;
KO §20;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Über das Vermögen des Beschwerdeführers wurde mit Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch vom 30. Oktober 1995 der Konkurs eröffnet. Vom Finanzamt Feldkirch wurden in der Folge Abgabenschuldigkeiten in Höhe von 145.746,31 S (resultierend aus der Umsatzsteuer 1992 samt Säumniszuschlag und Nebengebühren, den Umsatzsteuervorauszahlungen für Oktober 1994 bis Februar 1995 und einem Verspätungszuschlag für Dezember 1995) als Konkursforderungen angemeldet. Am 14. November 1996 kam ein Zwangsausgleich mit dem Inhalt zu Stande, dass die Konkursgläubiger auf ihre Forderungen eine Quote von 21 % - zahlbar in drei Raten zu je 7 % mit Fälligkeiten 7. März, 15. Mai und 15. November 1997 - erhalten sollten. Mit Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch vom 26. November 1996 wurde der Zwangsausgleich bestätigt. Mit Beschluss vom 23. Jänner 1997 wurde der Konkurs über das Vermögen des Beschwerdeführers aufgehoben.
Mit Schriftsatz vom 25. Juni 1997 beantragte der Beschwerdeführer die Auszahlung eines Steuerguthabens von 107.514,26 S. Auf Grund des Zwangsausgleiches seien hinsichtlich der vom Finanzamt als Konkursforderung angemeldeten Abgabenschuldigkeiten im Ausmaß von 145.746,31 S derzeit zwei Raten, somit ein Betrag von 20.404,48 S, fällig. Da jedoch aus den Einkommensteuerbescheiden 1993, 1994 und 1995 vom 22. April 1997 bzw 23. April 1997 Gutschriften von 79.604,00 S, 28.406,00 S und 27.785,00 S, somit insgesamt 135.795,00 S resultierten, sei der Ratenbetrag mit den Gutschriften aufzurechnen. Auch hinsichtlich der im Konkursverfahren nicht geltend gemachten Abgabenschuldigkeiten von insgesamt 56.259,00 S, resultierend aus den Umsatzsteuerbescheiden 1993 bis 1995 vom 22. April 1997 bzw 6. Mai 1997 stehe dem Finanzamt lediglich ein Anspruch in Höhe der Ausgleichsquote, gegenwärtig also 7.876,26 S (14 % von 56.259,00 S), zu. Nach der vom Beschwerdeführer ausdrücklich erklärten Kompensation aller Gutschriften und Abgabenschuldigkeiten verbleibe auf dem Abgabenkonto ein Guthaben in Höhe von 107.514,26 S.
Mit ergänzendem Schriftsatz vom 24. September 1997 erklärte der Beschwerdeführer die Aufrechnung der zwischenzeitlich fälligen Umsatzsteuervorauszahlung für das zweite Quartal 1997 in Höhe von 59.951,00 S mit dem vorhandenen Guthaben und die Auszahlung des verbleibenden Guthabens in Höhe von 47.589,26 S (richtig wohl: 47.563,26 S).
Das Finanzamt wies das Ansuchen auf Rückerstattung im Wesentlichen mit der Begründung ab, es bestehe - wie aus der "Konkursabrechnung" vom 17. September 1997 ersichtlich sei - auf dem Abgabenkonto kein Guthaben.
In seiner Berufung wiederholte der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf seine Aufrechnungserklärungen vom 25. Juni und 24. September 1997 seine Auffassung, dass das Guthaben von 47.589,26 S (richtig wohl: 47.563,26 S) bestehe, und führte aus, dass sich aus § 20 KO kein Aufrechnungsverbot ergäbe und die von ihm vorgenommene Aufrechnung nach der Judikatur des OGH zulässig sei.
Die belangte Behörde gab der Berufung teilweise statt, wobei sie den erstinstanzlichen Bescheid seinem materiellen Gehalt nach als Abrechnungsbescheid i.S. des § 216 BAO deutete. Im angefochtenen Bescheid wurde im Wesentlichen ausgeführt, für die Aufrechnung in Insolvenzfällen gingen die §§ 19 und 20 KO sowie §§ 19 und 20 AO als speziellere Vorschriften den allgemeinen Bestimmungen der §§ 1438 ff ABGB vor. Es genüge daher nicht, wenn die Aufrechenbarkeit im Zeitpunkt der Aufrechnung gegeben sei. Vielmehr sei wesentlich, dass die Ansprüche bereits bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufrechenbar einander gegenüber gestanden seien.
Die Gutschriften für die Einkommensteuer 1993 und 1994 seien vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden und somit aufrechenbar. Bei den Zahllasten betreffend Umsatzsteuer 1993 und 1994 handle es sich ebenfalls um Konkursforderungen. Dies gelte auch für die Umsatzsteuer 1995, da in den Monaten November und Dezember 1995 keine Umsätze getätigt worden seien.
Im Veranlagungsjahr 1995 seien neben Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit auch negative Einkünfte aus Gewebebetrieb in Höhe von 5.874,00 S vorgelegen. Da bezüglich des Gewerbebetriebes 1995 auch ein Verlustabzug im Ausmaß von 10,262.268,00 S schlagend geworden sei, habe das Einkommen 1995 0,00 S betragen. Nach Berücksichtigung der Steuerabsetzbeträge und nach Anrechnung der bereits abgeführten Lohnsteuer habe sich aus der Veranlagung für 1995 somit eine Einkommensteuergutschrift von 27.785,00 S ergeben. Die aus dem Einkommensteuerbescheid 1995 resultierende Gutschrift sei gemäß § 4 Abs 2 lit a Z 2 BAO erst mit Ablauf des Kalenderjahres 1995 und somit nach der Konkurseröffnung am 30. Oktober 1995 entstanden. Auf Grund des Aufrechnungsverbotes des § 20 KO könne daher in diesem Fall mit den gegenständlichen Konkursforderungen nicht aufgerechnet werden.
Mit Ausnahme der aus der Einkommensteuer 1995 resultierenden Gutschrift seien jedoch "alle obig dargelegten Zahllasten und Gutschriften" gegeneinander aufrechenbar. Nach Kompensation verblieben Konkursforderungen in der Höhe von 95.710,00 S. Zum Zeitpunkt der Anträge vom 26. Juni 1997 und vom 24. September 1997 sei somit eine Quote von 13.399,40 S (das seien 14 % von 95.710,00 S) ausständig gewesen. Weiters sei am 18. August 1997 eine Umsatzsteuervorauszahlung für das zweite Kalendervierteljahr 1997 von 59.951,00 S fällig gewesen. Stelle man diesen Abgabenschuldigkeiten die aus der Einkommensteuer 1995 resultierende Gutschrift von 27.785,00 S gegenüber, verbleibe eine Abgabenschuld iHv 45.565,40 S.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, zum Zeitpunkt seiner Anträge vom 25. Juni bzw 24. September 1997 sei ein Guthaben von 47.589,26 S (richtig wohl: 47.563,26 S) infolge der Gutschriften resultierend aus den Bescheiden der veranlagten Einkommensteuer für die Jahre 1993 bis 1995 vorhanden gewesen, welches ihm hätte ausgezahlt werden müssen. Es könne die vom Finanzamt "tatsächlich angemeldete Konkursforderung nicht nachträglich unter Berücksichtigung einer allfälligen Kompensation reduziert werden".
Gemäß § 213 Abs 1 BAO ist bei den von derselben Abgabenbehörde wiederkehrend zu erhebenden Abgaben für jeden Abgabepflichtigen die Gebarung (Lastschriften, Zahlungen und alle sonstigen ohne Rücksicht aus welchem Anlass entstandenen Gutschriften) in laufender Rechnung zusammengefasst zu verbuchen.
Nach § 215 Abs 4 BAO sind Guthaben, soweit sie nicht gemäß Abs 1 bis 3 zu verwenden sind, nach Maßgabe der Bestimmungen des § 239 zurückzuzahlen.
Gemäß § 239 Abs 1 erster Satz BAO kann die Rückzahlung von Guthaben (§ 215 Abs 4 BAO) auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen.
Auf Grund des § 216 BAO hat die Abgabenbehörde auf Antrag einen Abrechungsbescheid zu erlassen, wenn zwischen ihr und einem Abgabepflichtigen Meinungsverschiedenheiten bestehen, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist.
Nach § 19 Abs 1 KO brauchen Forderungen, die zur Zeit der Konkurseröffnung bereits aufrechenbar waren, im Konkurs nicht geltend gemacht zu werden.
Im Sinn des § 19 Abs 2 KO wird die Aufrechnung dadurch nicht ausgeschlossen, dass die Forderung des Gläubigers zur Zeit der Konkurseröffnung noch bedingt oder betagt war.
Gemäß § 20 Abs 1 KO ist die Aufrechnung unzulässig, wenn ein Konkursgläubiger erst nach der Konkurseröffnung Schuldner der Konkursmasse geworden ist (vgl das hg Erkenntnis vom 21. Oktober 1993, 91/15/0077).
Der hg. Rechtsprechung folgend (vgl. die Erkenntnisse vom 21. Oktober 1993, 91/15/0077, und vom 14. September 1993, 91/15/0103) hat die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid seinem materiellen Gehalt nach als Abrechnungsbescheid gedeutet. Es besteht daher im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Streit darüber, ob die Gebarung auf dem Abgabenkonto den gesetzlichen Vorschriften entspricht.
Nach ständiger hg Judikatur kommt den Aufrechnungsvorschriften des Insolvenzrechtes der Vorrang vor den Verrechnungsregeln der BAO zu (vgl das hg Erkenntnis vom 19. März 1997, 96/16/0052, mwN).
Hinsichtlich der Frage des Zeitpunktes der Entstehung eines Vergütungs- bzw Rückforderungsanspruches vertritt der Verwaltungsgerichtshof folgende Ansicht: Bei Rückforderungsansprüchen handelt es sich um nichts anderes als um "negative Abgabenansprüche". Solche Ansprüche entstehen (wie die Abgabenansprüche im engeren Sinn) kraft Gesetzes jeweils zu dem Zeitpunkt, in dem ein gesetzlicher Tatbestand, mit dessen Konkretisierung das Gesetz Abgabenrechtsfolgen verbindet, verwirklicht wird. Auf die Bescheiderlassung kommt es dabei nicht an. Mit dem Bescheid wird lediglich die Durchsetzung des Anspruchs gegenüber der Abgabenbehörde bewirkt, nicht aber das Entstehen des Anspruchs (vgl wieder das hg Erkenntnis vom 19. März 1997, 96/16/0052, mwN).
Da der Abgabenanspruch bei der Einkommensteuer mit Ablauf des Kalenderjahres entsteht, für das die Veranlagung vorgenommen wird, soweit nicht der Abgabenanspruch im Wege von Vorauszahlungen schon früher entstanden ist (vgl das hg Erkenntnis vom 23. November 1994, 91/13/0259), entstand im Beschwerdefall die Einkommensteuergutschrift für die Jahre 1993 und 1994 mit Ablauf der Kalenderjahre 1993 und 1994 und damit, wie die belangte Behörde zutreffend feststellte, vor Konkurseröffnung (30. Oktober 1995). Die Einkommensteuergutschrift 1995 entstand zur Gänze mit Ablauf des Kalenderjahres 1995 und somit nach Konkurseröffnung. Hinsichtlich der Einkommensteuergutschrift 1995 ist anzumerken, dass diese ohnehin mit der Ausgleichsquote verrechnet wurde.
Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, die angemeldete Konkursforderung des Finanzamtes könne nicht nachträglich unter Berücksichtigung einer allfälligen Kompensation reduziert werden, ist auf die herrschende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes hinzuweisen, wonach die Tilgung einer Forderung mit Zugang der Aufrechnungserklärung rückwirkend in dem Zeitpunkt eintritt, in dem die Forderungen einander erstmals aufrechenbar gegenübergestanden sind. Standen Forderungen einander bereits bei Konkurseröffnung aufrechenbar gegenüber, hinderten auch die konkursrechtlichen Vorschriften die Aufrechnung nicht (vgl. das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 25. November 1998, 3 Ob 76/97s).
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ergibt sich damit aus den Aufrechnungsvorschriften der §§ 19 und 20 KO nicht, dass die Abgabenbehörde das aus der Veranlagung der Einkommensteuer für die Jahre 1993 und 1994 resultierende Guthaben (108.010,00 S) nicht mit der angemeldeten Konkursforderung (145.746,31 S) bzw den nicht angemeldeten Abgabenschuldigkeiten (56.259,00 S) (aus der Veranlagung der Umsatzsteuer für die Jahre 1993 bis 1995), sohin mit insgesamt 202.005,31 S, hätte aufrechnen dürfen. Aus § 20 Abs 1 erster Satz KO folgt, dass die Aufrechnung nur dann unzulässig ist, wenn der Konkursgläubiger erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Schuldner der Konkursmasse geworden oder wenn die Forderung gegen den Gemeinschuldner erst nach der Konkurseröffnung erworben worden ist. Beides ist hier nicht der Fall, weil die Abgabenbehörde bereits mit Ablauf der Jahre 1993 und 1994, somit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, Schuldner der Konkursmasse geworden ist. Der Aufrechnung stand auch kein sich aus anderen (insbesondere abgabenrechtlichen) Vorschriften ergebendes Aufrechnungsverbot entgegen. Die Abgabenbehörde durfte daher zu Recht die sich aus der Veranlagung der Einkommensteuer für die Jahre 1993 und 1994 ergebenden Gutschriften von insgesamt 108.010,00 S zur Tilgung der genannten Abgabenschuldigkeiten (202.005,31 S) verwenden (vgl dazu das hg Erkenntnis vom 14. September 1993, 91/15/0103, mwN). Zum Zeitpunkt der Antragstellung bestand somit kein auszahlbares Guthaben.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 29. Jänner 2004
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