VwGH 2005/03/0108

VwGH2005/03/01083.9.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des GB in L, vertreten durch Dr. Bernhard Haid in 6020 Innsbruck, Universitätsstraße 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 27. Jänner 2005, Zl UVS-1-745/E6-2004, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
GütbefG 1995 §17 Abs1 idF 1998/I/017;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z7 idF 2002/I/032;
VStG §24;
VStG §44a Z1;
VStG §5 Abs1;
VStG §9;
AVG §66 Abs4;
GütbefG 1995 §17 Abs1 idF 1998/I/017;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z7 idF 2002/I/032;
VStG §24;
VStG §44a Z1;
VStG §5 Abs1;
VStG §9;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 1. Oktober 2004 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma F Transport- & Logistik GmbH in L, somit als das gemäß § 9 VStG verantwortliche, zur Vertretung nach außen berufene Organ zu verantworten, dass diese Firma als Güterbeförderungsunternehmen eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern über 50 km an 26. April 2004 um 16.30 Uhr in Nüziders, Walgauautobahn A 14, Höhe km 55, Fahrtrichtung Deutschland, mit dem Sattelzugfahrzeug (zulässiges Gesamtgewicht über 3,5 t) / Sattelanhänger (beide nach den Kennzeichen bestimmt, Lenker: UK) durchgeführt habe (Absender: Firma E GmbH in M, Empfänger: Firma Betriebsfeuerwehr W, W), ohne dass ein Frachtbrief mitgeführt worden sei. Beim Ladegut habe es sich um Garderoben gehandelt.

Dadurch habe der Beschwerdeführer § 17 Abs 1 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 verletzt, über ihn wurde gemäß § 23 Abs 1 Z 7 leg cit eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 74 Stunden) verhängt.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der dagegen gerichteten Berufung gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf EUR 363,-- und die für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe auf 48 Stunden herabgesetzt wurden. Im Übrigen wurde der Berufung keine Folge gegeben und das besagte Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass in der Tatbildumschreibung an die Stelle der Worte "Firma F Transport- & Logistik Gesellschaft mbH" die Worte "Firma R. B Internationale Speditions GmbH" zu treten haben. Ferner habe die Übertretungsnorm zu lauten: "§ 23 Abs 1 Z 7 iVm § 17 Abs 1 des Güterbeförderungsgesetzes", die Strafnorm habe zu lauten: "§ 23 Abs 1 iVm Abs 4 des Güterbeförderungsgesetzes".

Begründend wurde unter anderem Folgendes festgehalten: Im Berufungsverfahren habe der Beschwerdeführer (mit Schriftsatz vom 25. November 2004) vorgebracht, dass die Firma F Transport- & Logistik GmbH nicht als Güterbeförderungsunternehmen iSd § 17 Abs 1 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 anzusehen sei. Die Firma T Transport Logistik GmbH in K habe den gegenständlichen Transportauftrag an die Firma R. B Internationale Spedition GmbH erteilt. Diese wiederum habe dem im Unternehmen beschäftigten Fahrer K den Auftrag erteilt, diese Fahrt mit dem Sattelkraftfahrzeug durchzuführen, dessen Zulassungsbesitzer ua auch dieses Unternehmen sei. Die belangte Behörde habe eine mündliche Verhandlung durchgeführt, auf deren Grundlage stehe folgender Sachverhalt fest: Am 26. April 2004, 16.30 Uhr sei UK als Lenker des besagten Sattelkraftfahrzeuges an dem schon angegebenen Ort vom anzeigelegenden Gendarmeriebeamten einer Kontrolle unterzogen worden. Dabei habe festgestellt werden können, dass auf dem Fahrzeug Garderoben geladen gewesen seien, welche von M (Ladeort) nach W (Entladeort) transportiert worden seien. Im genannten Kraftfahrzeug, das auf die Firma R. B Internationale Spedition GmbH (als weitere Zulassungsbesitzerin) zugelassen gewesen und von welcher die beschriebene Güterbeförderung durchgeführt worden sei, sei kein Frachtbrief vorhanden gewesen. Handelsrechtlicher Geschäftsführer des besagten Unternehmens sei der Beschwerdeführer. Somit sei bei der in Rede stehenden gewerbsmäßigen Güterbeförderung von mehr als 50 km kein Frachtbrief mitgeführt worden. Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verwaltungsübertretung sei daher in objektiver Hinsicht verwirklicht worden. Der Anzeigeleger habe als Zeuge in der mündlichen Berufungsverhandlung glaubwürdig ausgesagt, dass ihm der genannte Lenker anlässlich der durchgeführten Kontrolle keinen Frachtbrief, sondern nur den der Anzeige beigeschlossenen Lieferschein der Firma E GmbH habe vorweisen können. Der Lenker hätte angegeben, nicht gewusst zu haben, dass er einen Frachtbrief benötigen würde und er der Meinung gewesen wäre, dass in Österreich das Mitführen eines Frachtbriefes nur dann erforderlich wäre, wenn ein Warentransport über die Grenze durchgeführt würde.

Dem Beschwerdeführer sei es auch nicht gelungen, iSd § 5 VStG glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der übertretenden Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Er habe vorgebracht, dass einem Berufskraftfahrer die Bestimmungen im Güterverkehr berufsbedingt bekannt wären und ein solcher einen CMR-Frachbrief korrekt ausfüllen könnte. Auch der Fahrer des gegenständlichen Fahrzeuges wäre von seinem Arbeitgeber über die Bestimmungen des GütbefG sowohl theoretisch als auch praktisch unterwiesen worden. Mit diesem Vorbringen habe der Beschwerdeführer aber nach Auffassung der belangten Behörde die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems zur Hintanthaltung von Übertretungen der gegenständlichen Art nicht dargetan. Insbesondere habe er nicht konkret dargelegt, welche Maßnahmen getroffen worden seien, um zu gewährleisten, dass der Fahrer vor Antritt der gegenständlichen Fahrt (im Rahmen der gewerbsmäßigen Güterbeförderung von mehr als 50 km) auch tatsächlich einen ausgefüllten Frachtbrief mit sich führe. Es liege daher seitens der genannten Firma ein Verschulden vor, für das der Beschwerdeführer einzustehen habe. Für die belangte Behörde stehe damit fest, dass der Beschwerdeführer auch in subjektiver Hinsicht die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu verantworten habe.

Die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe sei auf die Mindeststrafe herabzusetzen gewesen, weil der Beschwerdeführer (entgegen der Annahme der Erstbehörde) nicht einschlägig vorbestraft sei. Angesichts der Verhängung der Mindeststrafe erübrige sich ein näheres Eingehen auf die Strafbemessung.

Die Tatbildumschreibung sei von der belangten Behörde zu präzisieren gewesen, weil der Beschwerdeführer unter Hinweise auf einen Transportauftrag der Firma T Transport Logistik GmbH vom 26. April 2004 glaubhaft dargelegt habe, dass der gegenständliche Gütertransport von der Firma R. B Internationale Speditions GmbH in L durchgeführt worden sei. Eine diesbezügliche Präzisierung erachte die belangte Behörde (entgegen dem Beschwerdeführer) für zulässig, weil die Inanspruchnahme des Beschwerdeführers als nach § 9 Abs 1 VStG strafrechtlich verantwortliche Person für eine andere Gesellschaft (R. B Internationale Speditions GmbH) als für jene, für welche er im erstinstanzlichen Straferkenntnis verantwortlich gemacht worden sei (Firma F Transport- & Logistik GmbH), weder eine unzulässige Änderung des Tatvorwurfs noch eine Überschreitung der Entscheidungsbefugnis der belangten Behörde nach § 66 Abs 4 AVG darstelle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Regelungen des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl Nr 593/1995 (GütbefG) - § 17 idF BGBl I Nr 17/1998, § 23 idF BGBl I Nr 32/2002 - lauten wie folgt:

"§ 17. (1) Die Güterbeförderungsunternehmer haben bei Güterbeförderungen ab 50 km Entfernung oder über die Grenze für jede Sendung, mindestens jedoch für das auf ein Kraftfahrzeug (einen Kraftwagenzug) verladene Gut, jeweils einen Frachtbrief mitzuführen.

...

§ 23. (1) Abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der Gewerbeordnung 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7267 Euro zu ahnden ist, wer

...;

7. andere als die in Z 1 bis 6 genannten Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nicht einhält;

..."

Die Beschwerde stellt nicht in Abrede, dass der in Rede stehende Lenker bei einer gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern über eine Distanz von über 50 km durchführte und dabei kein Frachtbrief mitgeführt wurde. Unbestritten ist ferner die Position des Beschwerdeführers bei der Firma R. B Internationale Speditions GmbH als deren handelsrechtlicher Geschäftsführer, der Beschwerdeführer bringt auch nicht vor, dass er auf dem Boden des § 9 VStG für dieses Unternehmen strafrechtlich nicht verantwortlich wäre.

Er wendet indes ein, dass die belangte Behörde mit der neuen Gestaltung des Schuldspruches in unzulässiger Weise den im erstinstanzlichen Straferkenntnis enthaltenen Tatvorwurf ausgewechselt und damit den Beschwerdeführer im Ergebnis wegen eines Delikts bestraft habe, welches ihm im Verwaltungsstrafverfahren nie vorgehalten worden war; nach dem Wortlaut der ihm gegenüber gesetzten Verfolgungshandlungen sei ferner bereits Verfolgungsverjährung eingetreten gewesen. Diese Einwände erweisen sich auf dem Boden der hg Rechtsprechung als nicht zielführend. Gemäß § 66 Abs 4 AVG - diese Vorschrift findet zufolge des § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung -

hat die Berufungsbehörde außer dem im Abs 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60 AVG) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid (unter Bedachtnahme auf das im Verwaltungsstrafverfahren geltende Verbot der reformatio in peius) nach jeder Richtung abzuändern. "Sache" im Sinne dieser Gesetzesstelle ist immer die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde gebildet hat. Das bedeutet für den Bereich des Verwaltungsstrafverfahrens, dass die Berufungsbehörde trotz ihrer Berechtigung, den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, doch auf die Ahndung der dem Beschuldigten im Strafverfahren erster Instanz zur Last gelegten Tat beschränkt bleibt, sodass sie ihn nicht für eine Tat schuldig sprechen darf, die ihm im Verfahren vor der ersten Instanz gar nicht zur Last gelegt worden ist. § 9 Abs 1 VStG legt zwar fest, wer unter bestimmten Voraussetzungen als strafrechtlich Verantwortlicher anzusehen ist, normiert jedoch nicht etwa ein zusätzliches, zum Tatbild der jeweiligen Strafnorm hinzutretendes Tatbestandselement, das mit der Änderung des Rechtsgrundes der Heranziehung zur strafrechtlichen Haftung gleichfalls eine Änderung erführe. Wie der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat, findet allein durch die Aufrechterhaltung des Schuldspruches des erstbehördlichen Straferkenntnisses durch die Berufungsbehörde mit der Maßgabe, dass dem Beschuldigten die Straftat nicht für seine Person, sondern als Organ einer juristischen Person zuzurechnen sei, eine Auswechslung oder eine Überschreitung der "Sache" nicht statt. Nichts anderes gilt in dem - vorliegend gegebenen - Fall, in dem die belangte Behörde den Beschuldigten als nach § 9 Abs 1 VStG strafrechtlich verantwortliche Person für eine andere Gesellschaft als jene in Anspruch genommen hat, für welche er im erstinstanzlichen Straferkenntnis verantwortlich gemacht worden war (vgl das hg Erkenntnis vom 26. April 2007, Zl 2006/03/0018, mwH). Vor diesem Hintergrund gehen auch die auf dem zur Auswechslung der Tat erstatteten Vorbringen aufbauenden Ausführungen des Beschwerdeführers fehl, die Tatumschreibung werde dem § 44a Z 1 VStG nicht gerecht.

Auch unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens erweist sich die vorliegende Beschwerde nicht erfolgreich. Da es sich bei der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamsdelikt handelt, hätte er gemäß § 5 Abs 1 VStG glaubhaft machen müssen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft. Dabei hätte es ihm oblegen, ein zur Umsetzung seiner gegenüber seinen Hilfsorganen bestehenden Kontrollpflichten wirksames begleitendes Kontrollsystem einzurichten, durch welches die Einhaltung der einschlägigen Vorschriften jederzeit sichergestellt werden kann. Damit ein solches Kontrollsystem den Beschwerdeführer von seiner Verantwortung für die vorliegende Verwaltungsübertretung befreien hätte können, hätte er konkret darlegen müssen, welche Maßnahmen von ihm getroffen worden seien, um derartige Verstöße zu vermeiden, insbesondere wann, wie oft und auf welche Weise und von wem Kontrollen der Angewiesenen vorgenommen wurden. Der im angefochtenen Bescheid angeführte, vom Beschwerdeführer während des Verwaltungsstrafverfahrens erfolgte Hinweis, der in Rede stehende Fahrer des Fahrzeugs wäre von seinem Arbeitgeber über die Bestimmungen des GütbefG sowohl theoretisch als auch praktisch unterwiesen worden, reicht hiefür jedenfalls nicht aus (vgl dazu etwa die hg Erkenntnisse vom 30. April 2003, Zl 2001/03/0214, und vom 27. Juni 2007, Zl 2005/03/0166, beide mwH). Seine Rüge, der Beschwerdeführer habe im Verwaltungsverfahren lediglich Gelegenheit gehabt, ein "Schulungs- und Kontrollsystem" für die Firma F Transport- & Logistik GmbH darzulegen, und es sei ihm angesichts des schon angesprochenen Austausches des Güterbeförderungsunternehmens im Verwaltungsstrafverfahren keine Gelegenheit gegeben worden, ein wirksames Kontrollsystem bezüglich der Firma R. B Internationale Speditions GmbH darzutun, versagt schon deshalb, weil der Beschwerdeführer ein solches wirksames Kontrollsystem bezüglich des zuletzt genannten Unternehmens auch in der Beschwerde nicht darlegt und es damit unterlässt, die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels aufzuzeigen (vgl § 42 Abs 2 Z 3 VwGG).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333. Wien, am 3. September 2008

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